Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 26. Juni 2002
Aktenzeichen: 16 Wx 109/02

(OLG Köln: Beschluss v. 26.06.2002, Az.: 16 Wx 109/02)

Tenor

Die weitere sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2.) gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 08.05.2002 - 1 T 483/01 - wird zurückgewiesen.

Gründe

Die kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss gem. § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Entscheidung des Landgerichts ist ohne Rechtsfehler.

Der Senat ist mit dem Beschwerdegericht der Auffassung, dass es sich bei den außergerichtlichen Tätigkeiten des Beteiligten zu 2.) als Betreuer in Sachen B./Stadtsparkasse K. und B./LVA jeweils um berufsspezifische Dienste handelte, für die der Beteiligte zu 2.) im Hinblick auf die Mittellosigkeit der Betroffenen Aufwendungsersatz gem. der §§ 1908 i Abs. 1, 1835 Abs. 3 BGB nur in Höhe der Gebühren der §§ 131 ff. BRAGO verlangen kann.

Ist ein Rechtsanwalt als Berufsbetreuer tätig, hat er grundsätzlich die Wahl, ob er seine Tätigkeit nach § 1836 BGB vergüten lassen will, oder ob er bei berufsspezifischen Tätigkeiten auf den Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 2 BGB zurückgreift (vgl. BayObLG BtPrax 1999, 29). Wählt er - wie vorliegend - den Aufwendungsersatzanspruch gem. § 1835 Abs. 3 BGB gilt der Grundsatz, dass der Betreuer die gleiche Vergütung erhalten soll, die ein herangezogener Dritter als Rechtsanwalt für seine Dienste halten würde. Der Betreute bzw. im Falle seiner Mittellosigkeit die Staatskasse soll weder einen Vorteil noch einen Nachteil daraus ziehen, dass die kostenrelevante Heranziehung eines Rechtsanwalts wegen der besonderen Qualifikation des Betreuers unterbleiben konnte. Das Betreuungsverhältnis rechtfertigt es nicht, dem Rechtsanwalt in Sachen des mittellosen Betreuten eine höhere Entschädigung aus der Staatskasse zu zahlen als gegenüber jedem anderen mittellosen Mandanten (vgl. OLG Schleswig, FamRZ 2001, 1642; OLG Oldenburg FamRZ 1996,

1346; Bayer ObLG a.a.O. ; Erman-Holzhauer, BGB, 10. Auflage, § 1835 Rdziff. 9; Knittel, BtG, § 1835 BGB, Anm. 2.1. Rdziff. 27), zumal der Betreuer gehalten ist, die Aufwendungen im Interesse des Betroffenen möglichst niedrig zu halten.

Der Beteiligte zu 2.) wird deshalb im Hinblick auf seine anwaltspezifischen Dienste gegenüber der Stadtsparkasse K. und der LVA so gestellt, als wenn er nicht zugleich Betreuer der Betroffenen wäre, sondern diesem wie ein als Dritter beauftragter Rechtsanwalt gegenüber stünde. Ein solcher Rechtsanwalt könnte vorliegend nicht die Regelgebührensätze, sondern lediglich die Gebühren für die Beratungshilfe gem. den §§ 131 ff BRAGO abrechnen.

Der als Rechtsanwalt tätige Betreuer ist, damit er die Gebühren für die Beratungshilfe abrechnen kann nicht verpflichtet, für den mittellosen Betreuten auch tatsächlich ein Beratungshilfeverfahren einzuleiten. Der Bewilligung der Beratungshilfe ist nur der Filter der Mutwilligkeit vorgeschaltet (§ 1 Nr. 3 BerHG), so dass angesichts der Pflichtbindung des Betreuers und seiner Kontrolle durch das Vormundschaftsgericht die zusätzliche Durchführung eines Beratungshilfeverfahrens nicht gerechtfertigt ist.

Ob abweichend von den vorstehenden Feststellungen im Falle der Prozessvertretung einer mittellosen Partei Voraussetzung für den Aufwendungsersatzanspruch nach § 1835 Abs. 3 BGB die Durchführung des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens ist, bedarf keiner Entscheidung, da vorliegend allein die Vergütung für außergerichtliche Tätigkeiten des Beteiligten zu 2.) im Streit ist.

Sowohl die Tätigkeit des Beteiligten zu 2.) gegenüber der Stadtsparkasse K. als auch diejenige gegenüber der LVA stellen sich als Beratungshilfe im Sinne von § 1 Abs. 1 BERHG in Angelegenheiten im Sinne von § 1 Abs. 2 BerHG in Angelegenheiten des Zivilrechts (§ 2 Abs. 1 Ziff. 1 BerHG) dar. Fragen der Zwangsvollstreckung, die Gegenstand der Tätigkeit des Beteiligten zu 2.) gegenüber der LVA waren, betreffen zweifellos die Wahrnehmung subjektiver Rechte der Betroffenen. Auch die Tätigkeit des Beteiligten zu 2.) im Rahmen der Schuldenregulierung betraf eine Rechtssache. Es handelte sich hier nicht nur um wirtschaftlich Fragen, sondern es stand auch die rechtliche Erörterung der Vertragsbeziehung im Vordergrund, nachdem die beiden Darlehen von der Stadtsparkasse K. gekündigt worden waren und zunächst die Verwertung der Eigentumswohnung im Dachgeschoss zwecks Tilgung des Darlehens betreffend die von der Betroffenen bewohnten Eigentumswohnung im Erdgeschoss zur Erörterung stand.

Das Landgericht hat die dem Beteiligten zu 2.) nach den Vorschriften der BRAGO zustehenden Gebühren zutreffend festgesetzt. Im Hinblick auf das Verschlechterungsgebot kam eine Herabsetzung der nach § 123 BRAGO berechneten Gebühren für die Tätigkeit des Beteiligten zu 2.) gegenüber der LVA auf der Grundlage der §§ 131 ff BRAGO nicht in betracht.

Dass das Landgericht dem Beteiligten zu 2, vor seiner Entscheidung keine Gelegenheit gegeben hat, gegebenenfalls nach § 1836 BGB abzurechnen, hat sich für diesen nicht nachteilig ausgewirkt, da es auch jetzt noch an jeglichem Vortrag fehlt, dass diese Abrechnungsweise auch tatsächlich ein günstigeres Ergebnis erbracht hätte.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Geschäftswert der Rechtsbeschwerde: 3.083,36 Euro






OLG Köln:
Beschluss v. 26.06.2002
Az: 16 Wx 109/02


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