Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Februar 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 58/99

(BPatG: Beschluss v. 21.02.2000, Az.: 29 W (pat) 58/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Dezember 1998 aufgehoben.

Gründe

I.

Das Wort PALETTE soll für "Forschung auf dem Gebiet der Haarpflege; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper und Schönheitspflege, Mittel zum Pflegen, Reinigen, Tönen, Blondieren, Färben, Festigen und dauerhaften Formverändern (Wellen) der Haare; Seifen und Seifenersatz, Waschmittel; mechanische Geräte zur Körper- und Schönheitspflege (soweit in Klasse 21 enthalten); Schwämme, Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Geräte und Behälter zum Auftragen von Haarfarben" in das Markenregister eingetragen werden.

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Anmeldung wegen eines Freihaltungsbedürfnisses und fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Das angemeldete Wort bedeute ua "reiche, vielfältige Auswahl", es beschreibe lediglich, daß eine Vielfalt von Waren angeboten werde bzw. daß für eine Vielzahl von Waren Forschungsdienstleistungen erbracht würden. Auch in der Bedeutung "Farbenmischbrett" und "Vielfalt an Farben" sei das Markenwort für den Großteil der angemeldeten Waren und die angemeldete Dienstleistung beschreibend. Es weise nämlich darauf hin, daß Haartönungen und Haarfärbemittel in verschiedenen Farben angeboten würden und die beanspruchten Geräte zum Auftragen verschiedener Farben dienen könnten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschlußbegründung vom 2. Dezember 1998 Bezug genommen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin geltend, daß das Wort "PALETTE" in Alleinstellung allgemein mit einem genormten Lademittel für Stückgüter etc. in Verbindung gebracht werde. Darum habe die Marke im Zusammenhang mit Produkten der Haarpflege keine beschreibende Bedeutung.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und sie hat auch in der Sache Erfolg. Für die angemeldete Marke "PALETTE" läßt sich weder ein ernsthaftes Freihaltebedürfnis, noch das Fehlen der erforderlichen Unterscheidungskraft mit der für eine Zurückweisung der Anmeldung erforderlichen Sicherheit feststellen (§ 8 Abs 2 Nr 2 und 1 MarkenG).

Einen gegenwärtigen beschreibenden Gebrauch des Wortes für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen hat der Senat nicht belegen können.

Das Markenwort "PALETTE" hat seinen Ursprung in dem lateinischen Wort "pala"(= die Schaufel), im Französischen bedeutet es ursprünglich "kleine Schaufel". Im Deutschen hat das Wort ganz unterschiedliche Bedeutungen wie z.B. "runde Holz- oder Metallscheibe mit Loch für den Daumen zum Mischen der Farben beim Malen", "Untersatz zum Stapeln von Versandgütern, die dadurch leichter gehoben und bewegt werden können" (vgl. Bertelsmann, Die neue deutsche Rechtschreibung, 1996), aber auch "reiche, vielfältige Auswahl, Vielfalt, Farbenskala" (vgl. DUDEN, Dt. Universalwörterbuch A-Z, 3. Aufl. 1996). In diesen Bedeutungen ist es als Sachbeschreibung für die hier relevanten Waren und die Dienstleistung nicht nachweisbar. Eine Internetrecherche hat zwar zahlreiche Fundstellen, die das Wort "PALETTE" in der Bedeutung "Vielfalt, reiche Auswahl" in unterschiedlichsten Zusammenhängen beinhalten, aber häufig auch eine Verwendung als Name von Firmen oder Einrichtungen ergeben. Das reicht für den Nachweis eines beschreibenden Gebrauchs in bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht aus. Die Dienstleistung "Forschung auf dem Gebiet der Haarpflege" umfaßt ein breites Spektrum von Forschungsmaßnahmen, z.B. auf dem Gebiet der Chemie, um die Zusammensetzung von Haarpflege-, -tönungs- oder -färbemittel zu optimieren oder im Bereich des Marketing und der Werbung, um etwa die Beliebtheit bestimmter Produkte zu ermitteln und diese durch entsprechende Maßnahmen zu fördern. Das Wort "PALETTE" bezeichnet dabei weder Art, noch Beschaffenheit, noch Bestimmung und auch keine sonstigen Merkmale dieser breitgefächerten Dienstleistung. Ebensowenig ist für die Waren "Parfümerien, Pflegemittel, Seifen und Waschmittel" und die "mechanischen Geräte zur Körper- und Schönheitspflege" ein konkret warenbeschreibender Inhalt erkennbar. Das Wort "PALETTE" deutet zum einen an, daß diese Waren in einer großen Auswahl und Vielfalt angeboten werden, zum anderen enthält es einen Hinweis darauf, daß diese Waren auf einer Palette, also einem Lademittel für Stückgut, das mit den Waren selbst bzw. ihren Eigenschaften keine Berührungspunkte aufweist, angeordnet sind. In den genannten Fällen beinhaltet das Markenwort also allenfalls einen noch dazu mehrdeutigen, diffusen Hinweis auf die Art der Darbietung der Waren und der Dienstleistung, es bezeichnet nicht konkret eines ihrer Merkmale.

Die darüber hinaus beanspruchten "Geräte und Behälter zum Auftragen von Haarfarben" können zwar in Form einer Mischpalette gestaltet sein und damit unmittelbar mit dem Markenwort bezeichnet werden. Heute ist es jedoch üblich, beim Färben der Haare die gewünschte Haarfarbe vor dem Auftragen in einem Behältnis, z.B. einer Schale bzw. einer Plastikflasche mit aufschraubbarem Spender zu mischen bzw. anzurühren und sie dann mit Hilfe dieses Spenders oder eines Pinsels aufzutragen. Eine Palette in dem oben genannten lexikalisch nachgewiesenen Sinn wird dabei nicht verwendet, so daß auch kein Bedürfnis besteht, das Wort für diese Waren als beschreibende Angabe freizuhalten.

Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß Dritte künftig ein legitimes Interesse an der werblichen Verwendung des angemeldeten Wortes für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen haben könnten. An ein solches künftiges Freihaltebedürfnis sind strenge Anforderungen zu stellen. Es müssen konkrete Anzeichen für eine entsprechende Entwicklung vorliegen, die bloße theoretische Möglichkeit genügt nicht (vgl. BGH GRUR 1990, 517, 518 "SMARTWARE"; 1992, 515, 516 "VAMOS"). Das Wort "PALETTE" hat, wie oben dargelegt, zahlreiche Bedeutungen, die keine konkreten Merkmale der angemeldeten Waren und Dienstleistungen bezeichnen. Die konkrete Bedeutung des an sich allgemein bekannten Wortes für das jeweilige Produkt ist damit für den Verkehr nicht eindeutig erkennbar. Es sind vielmehr detaillierte Überlegungen erforderlich, welche Bedeutung dem Wort gerade im Zusammenhang mit dieser Ware oder Dienstleistung zukommen mag. Bei derartig inhaltsreichen Begriffen fehlt es aber an Anhaltspunkten dafür, daß sie vom Verkehr zur sinnvollen Beschreibung in einem bestimmten Sinn benötigt werden (vgl. BGH GRUR 1995, 269 "U-Key"; 1997, 627 "à la carte"; 1997, 468, 469 "NetCom").

Bei dieser Ausgangslage ist auch die erforderliche Unterscheidungskraft gegeben. Der Verkehr kann mit der angemeldeten Marke zwar bestimmte Bedeutungsinhalte verbinden, die letztlich aber wegen der Vielzahl möglicher Interpretationen des Wortes in bezug auf die konkreten Produkte vage bleiben.

Der Verkehr wird deshalb die Marke nicht als reinen Sachhinweis, sondern als betriebliche Herkunftskennzeichnung auffassen.

Meinhardt Dr. Vogel von Falckenstein Schuster Cl






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Az: 29 W (pat) 58/99


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