Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. April 2007
Aktenzeichen: 30 W (pat) 246/04

(BPatG: Beschluss v. 13.04.2007, Az.: 30 W (pat) 246/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Wortmarkecashboxfür zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 09, 28 und 42.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patentamts hat durch Beschluss einer Prüferin des gehobenen Dienstes dem angemeldeten Zeichen die Eintragung teilweise versagt, nämlich für

"Geldannahmegeräte, nämlich Geräte zur Annahme und Prüfung von eingegebenen Geldbeträgen oder bargeldlosen Guthaben, insbesondere mit einer elektronischen Schnittstelle, über die der eingegebene Geldbetrag elektronisch ausgegeben wird; Mechaniken für Geld betätigte Automaten; Verkaufsautomaten; Software, insbesondere Steuer- und Abrechnungssoftware für Geld betätigte Automaten und Netzwerke, in denen Geld betätigte Automaten aktivierbar sind; Münz- und Geldscheinprüfgeräte; Geräte zur Aufzeichnung, Wiedergabe oder Übertragung von Bild- oder Tonsignalen; elektrische Anschluss-, Verbindungs- oder Verlängerungskabel sowie Stecker, Dosen und Buchsen für diese Kabel; elektrische Widerstände; Kabeladapter, Kupplungen für elektrische Kabel; Geräte der Nachrichtentechnik und Geräte für die Telekommunikation und Teilnehmerendgeräte zur Verwendung in Daten- und Telekommunikationsnetzen, Code-Karten, insbesondere mit Speicherfunktion zum Abspeichern von Guthabenbeträgen; Peripheriegeräte für die Daten- und Nachrichtenverbreitung, nämlich Computer, Laptops, Drucker, Plotter, Lesegeräte für elektronisch gespeicherte Daten, Scanner, Terminals, Monitore, Tastaturen, magnetische, optische und magnetooptische Laufwerke, CD- und CDi-Laufwerke; Bandlaufwerke, Speichermedien zur Verwendung in den genannten Laufwerken, Computermäuse und Trackballs; Einsteckkarten für Computer und Laptops, einschließlich PCMCIA-Einsteckkarten; Modems; Netzwerke und deren Komponenten sowie in Klasse 9 enthaltene Peripheriegeräte für Netzwerke; geldbetätigte Spiel- und Sportgeräte; Geldspielautomaten".

Zur Begründung ist ausgeführt, der angemeldete Begriff weise in unmittelbar beschreibender Weise darauf hin, dass es sich bei den entsprechenden Waren teilweise um Geräte oder Behälter handele, welche die Verwahrung von Geld ermöglichten. Für diese Waren sei die Marke als beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freizuhalten. Darüber hinaus fehle ihr hinsichtlich dieser wie auch hinsichtlich der übrigen versagten Waren die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Denn die Marke enthielte insoweit lediglich den beschreibenden Hinweis, dass die derart gekennzeichneten Waren mit Hilfe einer (automatisierten) Geldkassette betrieben werden könnten oder damit ausgestattet seien.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders, der zur Begründung ausführt, dass die Markenstelle die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke pauschal ohne nähere Auseinandersetzung mit den einzelnen Waren verneint habe, abgesehen davon, dass bereits ein Minimum an Unterscheidungskraft ausreiche. Die Übersetzung der Marke laute nicht "Geldannahmegerät", sondern "Geldkassette", so dass kein Freihaltungsbedürfnis für "Verkaufsautomaten, Münz- und Geldscheinprüfgeräte; geldbetätigte Spiel- und Sportgeräte, Geldspielautomaten" ersichtlich sei. Ebenso wenig sei verständlich, weshalb die (uspr.) Marke für Waren wie "elektrische Verlängerungskabel, elektrische Widerstände, Kabeladapter, Scanner, Tastaturen" keine Unterscheidungskraft aufweisen solle.

Der Anmelder beantragt, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben, hilfsweiseden Beschluss nach Einschränkung des Warenverzeichnisses mit dem Zusatz

"alle vorgenannten Waren nicht als Geldkassetten, Kassen, Kassenschalter, Kassetten, Sparbüchsen oder sonstige Geldaufbewahrungsbehälter"

aufzuheben.

Zu dem vom Senat übermittelten Recherchematerial hat sich der Anmelder nicht geäußert. Den von ihm beantragten Verhandlungstermin hat er, wie von ihm angekündigt, nicht wahrgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den sonstigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der Anmeldung stehen die Schutzhindernisse eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und der fehlenden Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

1. Bei der angemeldeten Wortverbindung "cashbox" handelt es sich um eine warenbeschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, deren Bedeutung von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres erkannt wird und dem Verkehr zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit und Bestimmung der angemeldeten Waren sowie als Bestimmungsangabe für die angemeldeten Dienstleistungen dienen kann.

Das angemeldete Zeichen ist sprachüblich aus den Bestandteilen "cash" und "box" zusammengesetzt.

Der Zeichenbestandteil "Box" steht im Englischen für "Kasten, Kiste, Schachtel" (Duden-Oxford, Großwörterbuch Englisch, 1990) und hat in den ähnlichen Bedeutungen "kastenförmiger Behälter oder Gegenstand" auch Eingang in die deutsche Sprache gefunden (Duden, Fremdwörterbuch, 6. Aufl., 1997). Über diese Grundbedeutungen hinaus werden mit "Box" auch Gehäuse bezeichnet, die über elektrische bzw. elektronische Inhalte verfügen (Eichborn, Die Sprache unserer Zeit, Englisch-Deutsch, Bd. 1, 1990, S. 190). Insoweit ist auf die auch in der deutschen Sprache geläufigen Begriffe "Lautsprecherbox, Musikbox" hinzuweisen (PAVIS-PROMA CD ROM, Knoll, 30 W (pat) 196/94 - CLIPBOX).

Das Gesamtzeichen ist ebenfalls lexikalisch nachweisbar im Sinne von "Geldkassette, Geldschachtel, Geldschatulle" (vgl. Hamblock/Wessels, Großwörterbuch Wirtschaftsenglisch, 1998, S. 217; Langenscheidts Enzyklopädisches Wörterbuch, Teil I, 1. Band (A-M) 12. Aufl. 2000, S. 219) und sogar allgemein für "Kasse" oder "Ladenkasse" (vgl. von Eichborn, Die Sprache unserer Zeit, Deutsch-Englisch, Band III A-K, 1994, S. 999; Duden Oxford, Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005, S. 407; Langenscheidts Großwörterbuch Englisch, Teil II Deutsch-Englisch, 11. Aufl. 2001, S. 648, jeweils unter dem Stichwort "Kasse") und steht damit für ein Gerät, mit dem die Verwahrung von Geld möglich ist. Über die bereits von der Markenstelle geführten Nachweise über einen Gebrauch des Zeichenwortes hat die vom Senat durchgeführte Recherche weitere Belege für eine beschreibende Verwendung ergeben. Zum einen werden herstellerübergreifend Geldkassetten mit dem Markenwort umschrieben, aber auch ein Gerät von der Firma A..., das als Münzgerät fungiert und mit "Mycashbox" bezeichnet wird (www.mytronic.de/1101_cashbox_payment_device.php). Auf der Homepage heißt es unter der Überschrift "Mycashbox der kostengünstige Kompakt-Münzer": "...Unsere Geräte unterstützen Schnittstellen wie USB, ...oder auch eine Hardwareschnittstelle ... Auch als Einzelkomponenten erhalten Sie von uns die notwendigen Bauteile um Ihr individuelles Bezahlsystem zu realisieren. Auf Wunsch entwickeln wir für Sie individuelle Lösungen. Unsere Produkte sind in Kiosk-Terminals sowie auch in Münzautomaten wie Spielautomaten, Verkaufsautomaten, Münzwaschmaschinen, Solariensteuerungen und auch in SB-Kopiergeräten erfolgreich im Einsatz. ... Das Münzgerät eignet sich hervorragend als Bezahlsystem für Unterhaltungsautomaten, ... Für nahezu alle Münzen erhältlich und individuell programmierbar ... Münzprüfer mit hervorragender Münzakzeptanz Zuverlässige Erkennung der einprogrammierten Münzen ... Optional mit Kartenleser für Wertkarten lieferbar. Stabiles Münzergehäuse aus Stahlblech". In dieser Geräteumschreibung werden nicht nur das Geldannahmegerät an sich, sondern auch nahezu alle Einzelkomponenten und die Software für dieses Gerät aufgeführt, die im Warenverzeichnis des Anmelders von der Markenstelle zurückgewiesen worden ist und in der Beschwerde weiterhin beansprucht werden. Damit ist das Zeichen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibend jedenfalls in Gestalt einer Bestimmungsangabe, da sie sich auf den Betrieb entsprechend ausgestatteter Kassen sowie die Erstellung und Wartung der dafür erforderlichen Software beziehen. Eine solche Bestimmungsangabe muss sowohl für diese Komponenten als auch für die ebenfalls zurückgewiesenen Dienstleistungen der Softwarelizensierung und EDV-Fachberatung zur ungehinderten Verwendung durch die Mitbewerber freigehalten werden.

Entgegen der Auffassung des Anmelders entfällt ein Freihaltungsbedürfnis auch nicht deshalb, weil Mitbewerber andere Bezeichnungen verwenden und nicht auf das Markenwort angewiesen sind. Vielmehr reicht es aus, dass dieses für eine beschreibende Verwendung geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 - BIOMILD), was für die angemeldete Marke als Bestimmungsangabe zutrifft.

2. Dem angemeldeten Zeichen fehlt für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch jegliche Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die angesprochenen Verkehrskreise, die sich hier im Wesentlichen aus Fachleuten oder zumindest fachlich interessierten Abnehmern zusammensetzen, werden in der beschreibenden Angabe keinen Hinweis auf die Herkunft der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb sehen. Denn der beschreibende Gehalt der Marke, der sich angesichts einfachster und auch im hiesigen Sprachraum geläufiger Einzelbegriffe ohne weiteres ergibt, wenn nicht gar aufdrängt, steht so deutlich und unmissverständlich im Vordergrund, dass der Gedanke an einen betrieblichen Herkunftshinweis fernliegt. Soweit sich der Anmelder im Übrigen darauf beruft, dass einer Marke die Eintragung nicht versagt werden könne, wenn sie wie hier über ein Minimum an Unterscheidungskraft verfüge, so ist dem entgegenzuhalten, dass sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) ausdrücklich gegen eine solche Differenzierung gewendet hat, da dem Gesetzeswortlaut eine Reduzierung des Maßstabes der Unterscheidungskraft nicht entnommen werden könne (EuGH GRUR 2003, 58 (59) - Companyline; vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 8 Rdn. 75).

Soweit der Anmelder hilfsweise ein eingeschränktes Verzeichnis von Waren eingereicht hat, wonach sämtliche Waren nicht als Geldaufbewahrungsbehälter beansprucht würden, kann er damit keinen Erfolg haben. Zum einen wird dadurch die Eignung der Marke als Bestimmungsangabe nicht ausgeschlossen, zum andern steht ihr das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 Abs. 3 MarkenG entgegen. Danach sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ersichtlich geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, Beschaffenheit oder geografische Herkunft der Waren zu täuschen. Dies trifft auf die beanspruchte Marke zu. Denn die Bezeichnung "cashbox" für Waren "nicht als Geldaufbewahrungsbehälter" ruft beim betroffenen Verkehr nahezu zwangsläufig Fehlvorstellungen über die Beschaffenheit der damit gekennzeichneten Waren hervor, nachdem mit dem Wort Geldkassetten oder ähnliche Aufbewahrungsbehälter bezeichnet werden. Insbesondere Fachleute, Händler und informierte Endabnehmer müssen annehmen, dass ein so gekennzeichnetes Produkt auch eine "Cashbox" enthält oder sich darauf bezieht. Da dies aber nach der eingeschränkten Fassung des Warenverzeichnisses ausgeschlossen ist, unterliegt der Verkehr aufgrund dieser unrichtigen verkehrswesentlichen Sachinformation Fehlvorstellungen hinsichtlich der Produktzusammensetzung. Nachdem die Fassung auch keinen Raum für eine Verwendung der Marke in einem sachlichen Zusammenhang mit Geldbehältern lässt, mithin also kein Fall einer nicht täuschenden Verwendung mehr in Betracht kommt, ist die Eignung zur Täuschung dann auch ersichtlich im Sinne von § 37 Abs. 3 MarkenG (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. Rdn. 378; § 37 Rdn. 10 m. w. N.; vgl. auch BPatG 26 W (pat) 36/01 - KOMBUCHA; 30 W (pat) 170/00 - INTERNET schnell & einfach; Zusammenfassungen jeweils veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM), so dass der Versagungsgrund der Täuschungsgefahr eingreift unabhängig davon, ob man deshalb die vorgenommene Einschränkung bereits als unzulässig erachten müsste (so Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 208., 378 m. w. N.).

Nach alledem musste die Beschwerde des Anmelders ohne Erfolg bleiben.






BPatG:
Beschluss v. 13.04.2007
Az: 30 W (pat) 246/04


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