Finanzgericht Köln:
Urteil vom 30. April 2003
Aktenzeichen: 7 K 7400/99

(FG Köln: Urteil v. 30.04.2003, Az.: 7 K 7400/99)

Tenor

Anmerkung: Der Klage wurde stattgegeben.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Abzug von Kosten wegen der Aufhebung einer Gütergemeinschaft zur Vorbereitung der Ehescheidung als außergewöhnliche Belastungen.

Der Kläger hatte 1968 Frau E..............., geb. ........., geheiratet und durch notariellen Vertrag von 1975 mit ihr den ehelichen Güterstand der Gütergemeinschaft im Sinne der §§ 1415 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vereinbart.

Im Streitjahr (1995) trennten sich die Eheleute. Zum gemeinsamen Vermögen der Eheleute gehörten unter anderem das selbstgenutzte Hausgrundstück in der ........ .. in .........-......... sowie drei weitere Objekte in ......-........ beziehungsweise in ........, die die Eheleute vermieteten. Alle Objekte waren mit Grundpfandrechten belastet.

Am 31. März 1995 ließen die Eheleute vor dem Notar ...... in ...... einen Ehe- und Auseinandersetzungvertrag beurkunden, in dem die Gütergemeinschaft aufgehoben und - nach näherer Maßgabe der Urkunde - auseinandergesetzt wurde; von nun an sollte der Güterstand der Gütertrennung gelten. Wegen der Einzelheiten über den Inhalt der Auseinandersetzung wird auf die notarielle Urkunde Bezug genommen. Zur Vorbereitung dieses Vertrages hatten sowohl der Kläger als auch Frau ......... jeweils getrennt voneinander die Beratung durch Rechtsanwälte in Anspruch genommen.

Die Ehe wurde vom Amtsgericht ........ durch Urteil vom 3. September 1996 im gegenseitigen Einvernehmen der Eheleute geschieden, und das Urteil sofort rechtskräftig. Die Eheleute wurden dabei von den Rechtsanwälten vertreten, die sie zuvor auch bei der Vorbereitung des notariellen Vertrages beraten hatten.

Die Eheleute zahlten im Streitjahr für die Beurkundung des notariellen Vertrages 8.476,31 DM und für die Beratung durch die Rechtsanwälte weitere 33.971,93 DM , insgesamt 42.448,24 DM, die sie in ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als außergewöhnliche Belastung geltend machten. In der Rechnung des Notars ....... vom 24. Juli 1995 für die Beurkundung des Vertrages wird der Geschäftswert mit ......... DM angegeben.

Im Einkommensteuerbescheid vom 13. März 1998 ließ der Beklagte diese Kosten nicht zum Abzug zu mit der Begründung, sie seien nicht zwangsläufig im Sinne des Gesetzes entstanden. Den dagegen erhobenen Einspruch des Klägers wies der Beklagte am 4. Oktober 1999 als unbegründet zurück.

Mit der Klage verfolgt der Kläger den Abzug der Aufwendungen weiter. Er trägt - teilweise unter Bezugnahme auf das Einspruchsverfahren - vor:

Die strittigen Kosten müssten ebenso wie die Kosten der eigentlichen Scheidung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Die Ehe habe vom Amtsgericht ....... nur deswegen einvernehmlich geschieden werden können, weil die Eheleute vor dem Scheidungstermin eine entsprechende Vereinbarung geschlossen hätten.

Nach dem ab 1. Juli 1977 geltenden Scheidungsrecht seien sämtliche Kosten der Ehescheidung auch hinsichtlich der Scheidungsfolgen als zwangsläufig erwachsen anzusehen, weil alle mit der Scheidung zusammenhängenden Fragen grundsätzlich in einem gerichtlichen Verfahren geregelt würden. Hierzu gehörten insbesondere die Kosten, die durch die Entscheidung über die Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse entstünden. Außergewöhnliche Belastungen seien auch die für die Vermögensbewertung entstehenden Gutachterkosten, selbst wenn sie nicht zu denen des Rechtsstreites gehörten. Auch die Kosten einer Scheidungsvereinbarung seien danach zwangsläufig, denn dieses Verfahren unterscheide sich nicht von dem sonstigen Scheidungsverfahren. Im vorliegenden Fall bestehe die Besonderheit, dass die Eheleute ursprünglich in Gütergemeinschaft gelebt hätten und deshalb die Regelung der Vermögensverhältnisse vor allem wegen des Grundvermögens erheblichen Aufwand nach sich gezogen habe.

Die Kosten der Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft sei nach §§ 621 Abs. 1 Nr. 8, 623 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) eine sog. Ehescheidungsfolgesache, die unmittelbar mit dem Scheidungsrechtsstreit zusammenhinge, weil sie im Entscheidungsverbund geltend zu machen sei. Denn die Gütergemeinschaft ende kraft Gesetzes mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils. Allerdings habe die im Ehescheidungsverbund geltend gemachte Auseinandersetzungsklage den Nachteil, dass der Richter nach herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung keinen Gestaltungsspielraum habe und lediglich den Teilungsplan entweder bestätigen oder zurückweisen könne. Es sei deshalb ein Gebot der Vernunft jeder Partei, den Ehescheidungsprozess durch die Herbeiführung einer Auseinandersetzungsvereinbarung gemäß § 1474 BGB vorzubereiten. Durch die außergerichtliche Aufhebung der Gütergemeinschaft werde in nahezu allen Fällen eine Ehescheidung erst möglich. Bei einer - im Streitfall vorliegenden - einvernehmlichen Scheidung müsse die Antragsschrift auf Ehescheidung die Einigung der Ehegatten über die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht sowie über die Rechtsverhältnisse am gemeinsamen Vermögen und Hausrat enthalten (§ 630 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Das Gericht solle dem Scheidungsantrag erst dann stattgeben, wenn die Ehegatten über diese Gegenstände einen vollstreckbaren Schuldtitel herbeigeführt hätten (§ 630 Abs. 3 ZPO), dies sei nicht als Ermessensvorschrift zu verstehen; das Gericht dürfe erst dann dem Antrag stattgeben und die Ehe scheiden, wenn der Schuldtitel vorliege. Deshalb sei die notarielle Vereinbarung im Streitfall zwingende Voraussetzung für eine einvernehmliche Scheidung; ebenso habe das FG Rheinland-Pfalz in einem vergleichbaren Fall entschieden. Es müsse ferner berücksichtigt werden, dass Frau ......... im Falle einer nicht einvernehmlichen Scheidung ihm, dem Kläger, erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten hätte machen können, da die Vermögenswerte in der Gütergemeinschaft gebunden gewesen seien.

Die vom Beklagten angeführten Urteile könnten auf den Streitfall nicht herangezogen werden. Die hier vorliegende Gütergemeinschaft stehe unmittelbar mit der Scheidung in Zusammenhang und könne nur durch notarielle Verträge geändert werden. Insofern seien die angefallenen Kosten für den Notar und die Beratung über die Auseinandersetzung unbedingt als zwangsläufig anzusehen. Auch in der Literatur werde vertreten, dass die Kosten der unmittelbaren güterrechtlichen Auseinandersetzung selbst dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar seien, wenn sie nicht zu den Kosten des Rechtsstreites gehören und nicht vom Familiengericht festgesetzt seien.

Der Einkommensteuerbescheid der Eheleute für das Streitjahr ist während des Klageverfahrens am 19. Januar 2000 aus hier nicht interessierenden Gründen geändert worden. Der Gesamtbetrag der Einkünfte beträgt nunmehr ....... DM, und es sind keine Kinder berücksichtigt; über diese Punkte streiten die Beteiligten nicht. Der Kläger hat den Bescheid zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht.

Der Kläger beantragt, im Streitjahr 1995 Aufwendungen in Höhe von 42.448,24 DM als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen und die Einkommensteuer 1995 entsprechend herabzusetzen, im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Er stimmt dem Kläger nunmehr insoweit zu, als es um die im Vorgriff auf eine gütliche Scheidung angefallenen Kosten für den notariellen Vertrag über die Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft geht. Insoweit handele es sich um Ehescheidungsfolgekosten, die unmittelbar mit dem Scheidungsrechtsstreit in Zusammenhang stünden und die deshalb als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien. Eine Änderung der festgesetzten Einkommensteuer ergebe sich aber trotzdem nicht, weil die zumutbare Eigenbelastung in Höhe von ...... DM (= 6% von ....... DM) nicht überschritten werde.

Die im übrigen geltend gemachten Rechtsanwaltskosten für die Rechtsberatung im Zusammenhang mit dem Ehe- und Auseinandersetzungsvertrag seien jedoch keine zwangsläufigen Folgekosten der Ehescheidung, denen sich der Kläger auf keinen Fall habe entziehen können, wenn seine Ehe geschieden wurde. Einer anwaltlichen Vertretung habe es anders als im nachfolgenden Scheidungsprozess für dieses Verfahren nicht bedurft. Folgekosten eines Ehescheidungsprozesses seien aber nur insoweit als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, als sie unmittelbar und unvermeidbar durch die Ehescheidung entstünden. Die Einschaltung der Rechtsanwälte möge für die Eheleute zweckmäßig gewesen sein, dies begründe aber keine objektive Zwangsläufigkeit, wie sie das Gesetz erfordere. Die Allgemeinheit dürfe nicht mit solchen Kosten belastet werden, die nur deshalb entstanden seien, weil sich die Steuerpflichtigen nicht ohne Beratung hätten einigen wollen.

In der Einspruchsentscheidung hat sich der Beklagte außerdem darauf gestützt, dass die Kosten einer der Scheidung nachfolgenden Vermögensauseinandersetzung über die im gemeinschaftlichen Eigentum noch verbliebenen Vermögensgegenstände keine Scheidungsfolgesachen seien und diese Fragen nicht nach § 623 ZPO zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und zu entscheiden seien. Die dabei anfallenden Kosten erwüchsen nach der Rechtsprechung nicht zwangsläufig. Nichts anderes könne gelten, wenn sich die Ehegatten wie im Streitfall bereits vor der eigentlichen Scheidung vermögensrechtlich auseinandersetzten. In diesem Falle entscheide das Gericht nicht über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung. Zivilprozessrechtlich bestehe der Entscheidungsverbund in Scheidungssachen nach §§ 621, 623 ZPO ohne entsprechenden Antrag nur für die Regelung der elterlichen Sorge für ein gemeinsames Kind und für die Durchführung des Versorgungsausgleichs. Hinsichtlich der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung erfolge eine Entscheidung des Familiengerichtes nur dann zusammen mit der Scheidungssache, wenn dies rechtzeitig von einem Ehegatten begehrt werde. Eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung sei somit nach wie vor ohne Gerichtsverfahren möglich.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die festgesetzte Einkommensteuer ist nach § 100 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) antragsgemäß herabzusetzen, weil der zum Gegenstand des Klageverfahrens gewordene Einkommensteuerbescheid vom 19. Januar 2000 insoweit rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, als der Beklagte darin die Einkommensteuer gegen den Kläger festgesetzt hat, ohne den Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß §§ 2 Abs. 4, 33 Abs. 1 EStG um die geltend gemachten außergewöhnliche Belastungen zu mindern.

Ein Abzug von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Abs. 1 EStG setzt voraus, dass dem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen erwachsen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes. Aufwendungen entstehen nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG zwangsläufig, wenn sich der Steuerpflichtige den Aufwendungen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und die Aufwendungen einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall allesamt erfüllt.

Steuerpflichtiger im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG sind im Streitfall nach § 26b EStG der Kläger und seine damalige Ehefrau, da beide für das Streitjahr zusammenveranlagt werden. Die 42.448,24 DM Beratungs- und Beurkundungskosten sind größere Aufwendungen, als sie der überwiegenden Mehrzahl der Eheleute gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwachsen. Die Kosten überschreiten in Anbetracht des mit ......... DM nicht unbeträchtlichen Vermögens sowie der rechtlichen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten bei der Aufhebung einer - eher selten anzutreffenden - Gütergemeinschaft einen angemessenen Betrag nicht. Hierüber streiten die Beteiligten nicht. Die Aufwendungen waren für den Kläger und seine damalige Ehefrau schließlich insofern zwangsläufig, als sie sich ihnen aus rechtlichen Gründen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht entziehen konnten. Denn die Kosten sind in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Ehescheidungsverfahren zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau angefallen, das seinerseits für beide Ehegatten zwangsläufig war.

1. Mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sieht der Senat die Kosten einer Ehescheidung als solche grundsätzlich als zwangsläufig entstanden an (etwa BFH-Urteile vom 8. November 1974 VI R 22/72, BFHE 114, 90, BStBl II 1975, 111; vom 2. Oktober 1981 VI R 38/78, BFHE 134, 286, BStBl II 1982, 116 und vom 21. Februar 1992 III R 88/90, BFHE 168, 39, BStBl II 1992, 795). Dies lässt sich zum einen mit der Überlegung begründen, dass eine Ehe nach dem Zivilrecht nur durch ein gerichtliches Urteil geschieden werden kann (§ 1564 Abs. 1 Satz 1 BGB) und die Eheleute sich deshalb den Aufwendungen dafür aus rechtlichen Gründen nicht entziehen können. Zum anderen kann wegen des im Ehescheidungsverfahren geltenden Zerrüttungsprinzipes (§ 1565 BGB) in der Regel davon ausgegangen werden, dass sich die Ehepartner nur scheiden lassen, wenn die Ehe so zerrüttet ist, dass ihnen ein Festhalten an der Ehe nicht mehr möglich ist und damit die Aufwendungen für die Scheidung aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig sind.

2. Der Höhe nach sind nach der Rechtsprechung jedenfalls die infolge der prozessualen Durchführung des Ehescheidungsverfahrens unmittelbar und unvermeidbar entstehenden Kosten als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen, also insbesondere die Gerichts- und Anwaltskosten des Scheidungsprozesses (BFH-Urteile vom 10. Februar 1977 IV R 87/74, BFHE 121, 440 und vom 21. Februar 1992 III 88/90, BFHE 168, 39, BStBl II 1992, 795). Demgegenüber sollten nach der älteren Rechtsprechung des BFH die Aufwendungen für die Durchführung der auf eine Ehescheidung folgenden Regelung der Vermögensverhältnisse der Ehegatten nicht mehr als zwangsläufig entstanden anzusehen sein, weil diese Regelungen auch ohne Zivilprozess getroffen werden könnten (BFH-Urteil vom 10. Februar 1977 IV R 87/74, BFHE 121, 440, BStBl II 1977, 462). Lediglich hinsichtlich des Sorgerechts für die ehelichen Kinder ist die Zwangsläufigkeit der Kosten mit der Begründung bejaht worden, dass das Sorgerecht nach § 1671 BGB a.F. nur durch eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts einem Elternteil zugeordnet werden konnte (BFH-Urteil vom 2. Oktober 1981 VI R 38/78, BFHE 134, 286, BStBl II 1982, 116)

a) Ab 1977 hat sich jedoch die zivilprozessuale Lage bei Ehescheidungsverfahren durch das 1. Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts (BGBl. I 1976, 1421) erheblich geändert. § 623 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmt seither, dass es bei sogenannten Folgesachen zu einer Scheidung (§ 606 ZPO) in bestimmten Fällen kraft Gesetzes und in anderen Fallen auf Antrag eines Ehegatten zu einem Verbund kommt mit der Folge, dass das Familiengericht über alle zu dem Verbund gehörenden Sachen zusammen entscheiden muss und zwar einschließlich der Kosten (§ 93a ZPO). Für das Streitjahr gilt § 623 ZPO in der Fassung vor dem Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2942).

Die strittigen Kosten sind im Streitfall im Zusammenhang mit einer zum Entscheidungsverbund gehörenden Sache entstanden. Darunter fallen nach §§ 621 Abs. 1 Nr. 8, 623 Abs. 1 und 2 ZPO Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, wenn sie bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung über die Scheidungssache geltend gemacht werden. Zu den Ansprüchen aus dem ehelichen Güterrecht gehört der Anspruch auf Auflösung der Gütergemeinschaft nach § 1478 BGB. Im Streitfall sind die Kosten vom Kläger und seiner Ehefrau zur Beendigung der zwischen ihnen bestehenden Gütergemeinschaft aufgewendet worden. Dass die Gütergemeinschaft sonst - ohne einvernehmliche Aufhebung - erst mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils endet (Kanzleiter in Münchener Kommentar zum BGB, 3. Auflage, § 1471 Rn. 2), steht der Einbeziehung des Anspruches auf Auflösung der Gütergemeinschaft nach § 1478 BGB in den Entscheidungsverbund nicht entgegen (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Urteil vom 1. Juli 1982 IX R 32/81, BGHZ 84, 333 [336 f.]). Hätten also die Eheleute sich im Streitfall nicht vorab über die Auflösung der Gütergemeinschaft verständigt und wäre der Anspruch auf Auflösung der Gütergemeinschaft nur von einem der Ehegatten im Scheidungsverfahren vor dem Familiengericht geltend gemacht worden, hätte die Ehe nicht ohne einen Ausspruch des Familiengerichtes zu dieser Frage geschieden werden können.

b) Der BFH hat in seinen neueren Urteilen (vom 9. Mai 1996 III B 180/95, BFH/NV 1996, 882 und vom 22. März 2002 III B 158/01, BFH/NV 2002, 1025) wegen der Nichtabziehbarkeit der Kosten zur Regelung der vermögensrechtlichen Verhältnisse der Eheleute zunächst auf seine alte Rechtsprechung verwiesen, aber dann ausgeführt, dass sich daran bei Scheidungsfolgesachen, die nicht nach § 623 ZPO n.F. zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und entscheiden seien, durch die Reform des Prozessrechtes nicht geändert habe. Der erkennende Senat versteht diese Urteile in der Weise, dass jedenfalls die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten für eine nach § 623 ZPO n.F. zusammen mit der Scheidungssache zu verhandelnde und zu entscheidende Scheidungsfolgensache unmittelbar und untrennbar durch die Ehescheidung entstehen und deswegen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG als zwangsläufig anzusehen sind. Denn für alle Scheidungsfolgensachen im Sinne des § 623 ZPO ergibt sich die vom BFH in seiner älteren Rechtsprechung geforderte unmittelbare und unvermeidbare Entstehung der Kosten durch die Ehescheidung unmittelbar aus dem Gesetz. Indem die ZPO anordnet, dass in Fällen des Entscheidungsverbundes eine Ehescheidung ohne einen Ausspruch über die Folgesachen nicht möglich ist, werden die entsprechenden Kosten für die Ehegatten zwangsläufig, da sie sich ihnen aus rechtlichen Gründen nicht entziehen können. Diese Auffassung wird in der Literatur einhellig geteilt (vgl. nur Drenseck in Schmidt, EStG, 21. Auflage, § 33 Rn. 35 Stichwort "Ehescheidung").

Der Senat folgt nicht der Auffassung des Beklagten, es könnten nur die Aufwendungen für solche Folgesachen außergewöhnliche Belastungen sein, für die der Entscheidungsverbund unabhängig vom Antrag eines Ehegatten kraft Gesetzes entstehe, also im Ergebnis lediglich beim Versorgungsausgleich und bei der Regelung der elterlichen Sorge für minderjährige Kinder (§ 623 Abs. 3 ZPO in der im Streitjahr gültigen Fassung). Denn in einem - streitigen - Ehescheidungsverfahren hat ein Ehegatte gerade keinen Einfluss darauf, welche der gesetzlich möglichen Folgesachen der andere Ehegatte geltend macht. In der neueren BFH-Rechtsprechung wird lediglich darauf abgestellt, dass die Scheidungsfolgesachen nach § 623 ZPO zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und zu entscheiden seien, ob dies auf einem Begehren der Beteiligten beruht oder nicht, spielt keine Rolle. Mit seiner Ansicht steht der Beklagte ferner im Widerspruch zur Rechtsauffassung im amtlichen Einkommensteuerhandbuch 2002( herausgegeben vom Bundesministerium der Finanzen (BMF), H 186-189 Stichwort "Scheidung", in dem ausgeführt wird, dass zu den zwangsläufig erwachsenen Scheidungskosten insbesondere die Kosten zur Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse gehören, die jedoch - wie ausgeführt - nach § 623 Abs. 3 ZPO nur auf entsprechenden Antrag eines Ehegatten in den Entscheidungsverbund einbezogen werden.

c) Zu den zwangsläufig im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG entstandenen Kosten müssen nach Auffassung des erkennenden Senats die Aufwendungen für Ehescheidungsfolgesachen selbst dann gehören, wenn sie nicht aufgrund eines förmlichen Verfahrens vor dem Familiengericht, sondern wie hier bereits vorab im Rahmen einer einvernehmlichen Regelung entstanden sind, durch die eine sonst notwendige Entscheidung des Familiengerichtes ersetzt geworden ist. Der Senat folgt in dieser Frage den Urteilen des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (vom 14. April 1988 3 K 6/87, EFG 1988, 420 rechtskräftig) und des Finanzgerichts Hamburg, vom 19. Januar 1996 V 213/94, EFG 1996, 383 rechtskräftig) sowie der ganz überwiegenden Auffassung in der Literatur (Drenseck in Schmidt, § 33 Rn. 35 Stichwort "Ehescheidung"; Arndt in Kirchhof/Söhn, EStG, § 33 Rn. C 43; Kanzler in Hermann/Heuer/ Raupach, Kommentar zum EStG und KStG, § 33 EStG Anm. 122 f.; Schmieszek in Bordewin/Brandt, EStG, § 33 Rn. 166 ff.; Frotscher, EStG, § 33 Rn. 107; Heger in Blümich, Kommentar zum EStG, § 33 Rn. 232; Lademann/Söffing, EStG, Kommentar zum EStG, § 33 Rn. 78 Stichwort "Prozesskosten, unter 1.4"; vgl. auch Oberfinanzdirektion - OFD - Frankfurt, Verfügung vom 23. Oktober 1997 - S 2284 A - 24 St II , FR 1998, 80; anderer Ansicht teilweise Seithel, DStR 1978, 574 und Wilke, DStZ A 1976, 341).

aa) Im Streitfall haben die Eheleute nach Beratung durch ihre Rechtsanwälte durch notariell beurkundeten Vertrag gemäß §§ 1408, 1410 BGB ihren Güterstand der Gütergemeinschaft einvernehmlich aufgehoben mit der Folge, dass damit dieser Streitpunkt nicht mehr Gegenstand des Ehescheidungsverfahrens mehr werden konnte. Dass für eine sogenannte einvernehmliche Scheidung in § 630 ZPO lediglich ein vollstreckbarer Schuldtitel betreffend die Einigung über den Kindes- und Ehegattenunterhalt sowie über die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat erforderlich ist, nicht aber über die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, besagt in diesem Zusammenhang nichts. Denn wenn insoweit keine Einigung zwischen den Beteiligten besteht, kann jeder Ehegatte durch Geltendmachung seines Anspruches gemäß §§ 623, 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO den erwähnten Entscheidungsverbund herstellen mit der Folge, dass eine einvernehmliche Scheidung nicht möglich ist.

bb) Es ist auch sonst kein Grund ersichtlich, warum die Aufwendungen steuerlich nur deshalb anders behandelt werden sollen, weil sie bereits im Vorfeld der Ehescheidung angefallen sind und damit das spätere Verfahren vor dem Familiengericht entsprechend vereinfacht haben. Es wäre sonst im übrigen fraglich, mit welcher Begründung man die Anerkennung der Scheidungsfolgekosten vor dem Familiengericht aufrechterhalten wollte, weil dem entgegengehalten werden könnte, sie seien jedenfalls insoweit nicht mehr zwangsläufig, als die im Rechtsstreit entschiedenen Fragen nicht bereits außergerichtlich geklärt worden seien, was den Eheleuten zuzumuten gewesen sei (so Arndt in Kirchhof/Söhn, EStG, § 33 Rn. C 43). Ausschlaggebend für die Anerkennung der Kosten als zwangsläufig bleibt allein die Erwägung, dass ohne eine Regelung der Scheidungsfolgen die Scheidung selbst rechtlich nicht möglich ist, wenn auch nur ein Ehepartner auf einer Regelung besteht. Es kann daher in der Sache keinen Unterschied machen, ob die Regelung schon vorab durch eine einvernehmliche Verständigung der Ehegatten oder erst später durch eine gerichtliche Entscheidung getroffen wird. Da mit der nachfolgenden Ehescheidung ein zeitlicher Zusammenhang - wie im Streitfall - bestehen muss, ist die Einbeziehung der hier relevanten Kosten auch in der Praxis ohne weiteres durchführbar. Im übrigen bleibt es dabei, dass erst nach der Ehescheidung noch anfallende Kosten für die Vermögensauseinandersetzung zwischen den Eheleuten nicht mehr als zwangsläufig geltend gemacht werden können, wie der Beklagte in der Einspruchsentscheidung zutreffend ausgeführt hat.

Entgegen der Ansicht des Beklagten kann nicht zwischen den Kosten des Notares und denen der beratenden Rechtsanwälte differenziert werden. Der Einwand, dass der Notarvertrag ohne die Beteiligung der Rechtsanwälte hätte entworfen und beurkundet werden können, greift nicht durch. Er verkennt, dass die Kosten für die Rechtsanwälte - ohne eine Einigung der Eheleute - im förmlichen Scheidungsverfahren ebenfalls angefallen wären, da sich die Eheleute vor den Familiengerichten in Ehesachen und Folgesachen von Scheidungssachen grundsätzlich durch Rechtsanwälte vertreten lassen müssen (§§ 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Kostenrechtlich gelten Scheidungs- und Folgesachen zwar als eine Angelegenheit, die Gebühren werden aber nach § 19a Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG), § 7 Abs. 2 und 3 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) nach dem zusammengerechneten Wert der einzelnen Gegenstände festgesetzt. Ohne eine vorherige Einigung über die Scheidungsfolgen würden demzufolge die dafür anfallenden Kosten für die Rechtsanwälte und den Notar lediglich in das spätere Ehescheidungsverfahren verlagert. Dass sich damit den Beteiligten letztlich ein gewisser steuerlicher Gestaltungsspielraum eröffnet, ist dem Senat bewusst, das ändert aber nichts daran, dass die Kosten als solche gleichwohl zwangsläufig bleiben.

3. Die Einkommensteuer ist gemäß § 33 Abs. 1 EStG dadurch zu ermäßigen, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Eigenbelastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird

a) Die zumutbare Eigenbelastung beträgt im Streitfall nach § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG 6% des Gesamtbetrages der Einkünfte, weil der Kläger im Streitjahr keine berücksichtigungsfähigen Kinder hatte, die Einkommensteuer nach dem Splittingverfahren zu berechnen ist und der Gesamtbetrag der Einkünfte der Eheleute mit ....... DM über 100.000 DM liegt. 6% von ....... DM sind - abgerundet - ...... DM.

b) Die festzusetzende Einkommensteuer berechnet sich wie folgt

zu versteuerndes Einkommen lt. Bescheid vom 19. Januar 2000 ....... DM außergewöhnliche Belastungen lt. Urteil, aufgerundet 42.449 DM abzüglich zumutbare Eigenbelastung-....... DM abziehbarer Teil der Aufwendungen .......... DM -.......... DM zu versteuernde Einkommen lt. Urteil ............ DM darauf Einkommensteuer nach der Splittingtabelle, lfd. Nr. 1232 ........... DM

Der festzusetzende Betrag beträgt umgerechnet ........... Euro.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 135 Abs. 1, 151 FGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision zu, weil er der Frage der Abziehbarkeit von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen, die zur Vermeidung sonst anfallender gerichtlicher Scheidungsfolgekosten entstanden sind, grundsätzliche Bedeutung beimisst.






FG Köln:
Urteil v. 30.04.2003
Az: 7 K 7400/99


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