Landgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 10. Oktober 2012
Aktenzeichen: 3-08 O 136/12

(LG Frankfurt am Main: Urteil v. 10.10.2012, Az.: 3-08 O 136/12)

Tenor

Die einstweilige Verfügung vom 20.07.2012wird bestätigt.

Die Antragsgegnerin hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien bieten Telekommunikationsdienstleistung und Produkte in Festnetz- und Mobilfunkbereich an.

Die Antragsgegnerin bewarb am 10.01.2012 ihre sogenannte Happiness-Kampagne mit einem in Bl. 75 d. A. (Seite 8 der Schutzschrift) wiedergegebenen Werbemittel, bei dem unten rechts das Signet des Kundenmonitors Deutschland mit folgender Aussage abgebildet wurde

€Bestes Preis-Leistungs-Verhältnis unter den 4 großen Mobilfunkanbietern Branchenmobilfunkanbieter 2011€.

Außerdem hieß es in dieser Werbung oben links (Bl. 75 d. A.)

€€ - Vom Netz mit den zufriedensten Kunden€.

Die Antragsgegnerin gab wegen dieser Werbung am 09.03.2012 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung mit folgendem Inhalt ab

€€ zu unterlassen, im Rahmen der Werbung von Mobilfunkdienstleistungen kanalübergreifend zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, die zufriedensten Kunden zu haben, soweit dabei ein Quellennachweis verwendet wird, der die Aussage nicht rechtfertigt.€

Seit 02.07.2012 warb die Antragsgegnerin für ihr Angebot €4 Flatrates€ mit einer €Extra Festnetznummer€ für 19,99 € monatlich mit einem TV-Spot. Dabei wurde folgender Text gesprochen

€€ denkt an Sie. Deshalb gibt es jetzt für alle Smartphones 4 Flatrates plus extra Festnetznummer für nur 19,99 € monatlich. Jetzt online und im €-Shop. Wechseln Sie jetzt zu € - dem Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden.€

Wegen der dabei eingeblendeten Bilderfolge wird auf die Anlage K 1 in Bl. 16 d. A. und der CD-ROM in Bl. 16 a d. A. verwiesen.

Am Ende des TV-Spots wird das Signet vom Kundenmonitor Deutschland mit folgendem Text eingeblendet

€€, der Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden*.€

Darüber und darunter befindet sich ein weiterer Text, der wie folgt lautet

€Höchste Globalzufriedenheit unter den 4 Netzbetreibern B, C, D und € Branche: Mobilfunkanbieter 2011€

sowie

€Laut Kundenmonitor 2011: Getestet wurden insgesamt 10 Anbieter. Unter den Netzbetreibern B, C, D und € als Produktanbieter erreichte € die höchste Wertung. Detaillierte Informationen zur Gesamtwertung der Studie unter www. €€

Wenn man die im Fußnotentext angegebene Internetadresse €€€ aufrief, gelangte man auf die in Anlagen SCH 3 bis SCH 7 (€ Deutschland betreffend Mobilfunkanbieter in den Jahren 2007 bis 2011) wiedergegebenen Internetseiten der Antragsgegnerin.

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse der vom € Deutschland durchgeführten Interviews, mit denen die Antragsgegnerin im TV-Spot warb, konnte unter dem Link €Serviceprofil: Mobilfunkanbieter 2011€ über die Internetseite des € Deutschland heruntergeladen werden. In dieser Zusammenfassung hieß es unter anderem (Bl. 17 d. A.)

€Hohe Kundenzufriedenheit bei Mobilfunk-Discountern In der Mobilfunkbranche haben sich die Discount-Anbieter in Sachen Kundenzufriedenheit deutlich vor den etablierten Netzbetreibern positioniert. Die Anbieter E, F und G führen das Anbieterranking der Globalzufriedenheit mit Spitzenwerten von 1,56 bis 1,76 an. € Mit Abstand folgen die vier großen Netzbetreiber, allen voran € mit einem Mittelwert von 2,08 oberhalb des Branchendurchschnitts.€

Wegen der weiteren Einzelheiten der Zusammenfassung wird auf Bl. 17 und 18 d. A. verwiesen.

Die vollständige Studie kostete 7.400,00 €.

Die Kammer hat am 20.07.2012 eine einstweilige Verfügung erlassen, wegen deren Inhalts auf Bl. 116 bis 118 d. A. verwiesen wird.

Die Antragstellerin trägt vor, dass ihr die in der Schutzschrift vorgetragene Werbung der Antragsgegnerin (Flyer, TV-Spot, Werbebanner, Online-Newsletter) nicht bekannt gewesen sei.

Eine allgemeine Marktbeobachtungspflicht existiere nicht. Sie werde auch nicht von ihr betrieben. Sie lasse sich auch nicht aus der Unterlassungserklärung vom 09.03.2012 ableiten. Ihr Mitarbeiter, der Zeuge A, habe das streitige Kundenmonitor-Signet erstmals am 05.07.2012 zur Kenntnis genommen, nachdem er auf einen Spot der Antragsgegnerin aufmerksam gemacht worden sei, der sich um €zufriedenste Kunden€ gedreht habe. Auf der Suche danach sei er auf den nunmehr streitgegenständlichen Spot gestoßen. Zeitlich früher ausgestrahlte Spots, die einen vergleichbaren Kundenmonitor-Hinweis gehabt hätten, wie in der jetzt angegriffenen Werbung, habe er zuvor nicht wahrgenommen (eidesstattliche Versicherung des Zeugen A vom 11.07.2012 in Bl. 64 und 65 d. A.).

Außerdem sei Streitgegenstand ein konkreter TV-Spot der Antragsgegnerin, so dass es unerheblich sei, ob und inwieweit die Antragsgegnerin mit ähnlichen oder identischen Aussagen, wie im TV-Spot wiedergegeben, bereits früher geworben habe. Denn daraus würden sich keine verlässlichen Rückschlüsse ziehen lassen, ob die konkrete Aussage im nunmehr gestellten Zusammenhang wettbewerbswidrig sei.

Die Antragstellerin trägt weiter vor, dass der Verbraucher am Ende des TV-Spots lediglich das Signet vom € Deutschland sowie die Angaben

€€ Deutschland€

und

€ €, der Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€,

habe erkennen können. Insbesondere sei die Fundstellenangabe €www€€ für den Verbraucher nicht erkennbar gewesen.

Verbraucher, die mit dem TV-Spot der Antragsgegnerin konfrontiert werden, würden angesichts der Herausstellung, Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden zu sein, annehmen, dass die Antragsgegnerin als Testsieger aus der Umfrage hervorgegangen sei und als bester Mobilfunkanbieter getestet worden sei. Andere Mobilfunkanbieter seien jedoch besser als die Antragsgegnerin getestet worden.

Selbst Verbraucher, die die Zusammenfassung abrufen könnten, müssten feststellen, dass E den Testsieg erzielt habe und nicht ... Irgendeine feinsinnige Unterscheidung zu Netzbetreibern nehme der Verbraucher nicht vor oder wahr. Zumal der sehr klein gedruckte und nur wenige Sekunden eingeblendete Text für den Verbraucher nicht zu erkennen sei. Deshalb gehe der Verbraucher auch nicht von irgendeiner Teilmenge bzw. einer Differenzierung der Mobilfunkanbieter aus. Es sei unzulässig, aus einem Teilergebnis eigenständig eine Teilmenge der untersuchten Anbieter herauszuschneiden, um sich daraus in dieser Teilmenge als im Spitzenbereich liegend zu bezeichnen. Insoweit gelte nichts anderes als bei einer Werbung mit einem Testergebnis €gut€, bei dem - obwohl andere Erzeugnisse mit sehr gut bewertet worden seien- der Rang des Qualitätsurteils im Rahmen des Gesamturteils nicht deutlich gemacht werde.

Die Werbung sei deshalb nach §§ 3, 5 UWG wegen Irreführung unlauter.

Eine Fundstelle für den Text, mit dessen Ergebnis geworben worden sei, sei nicht vorhanden.

Für die Werbung mit einer Umfrage gelte nichts anderes als für sonstige Testergebniserhebungen. Der Test müsse nachvollziehbar sein, so dass Verbraucher die testbezogene Werbung vor diesem Hintergrund überprüfen und auf dieser Grundlage dann eine entsprechende Entscheidung treffen können. Der Verbraucher könne vorliegend aber überhaupt nicht die weiteren Grundlagen des Tests einsehen.

Die Angaben über die Untersuchungsergebnisse seien für den Verbraucher nicht leicht und eindeutig nachprüfbar.

Die Werbung sei deshalb darüber hinaus auch nach §§ 3, 5, 5 a UWG unlauter.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 20.07.2012 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin behauptet, dass sie am 15.11.2011 den mit der Schutzschrift überreichten Flyer (Anlage SCH 25) in rund 1.000 €-Shops ausgelegt habe, und zwar in einer Menge, dass sichergestellt gewesen sei, dass der Flyer durchgängig 2 Monate lang ausgelegt worden sei (eidesstattliche Versicherung der Zeugin Z1 vom 05.10.2012 in Anlage EVK 1).

Die Antragsgegnerin trägt weiter vor, dass sie im Zeitraum vom 01.03. bis 02.04.2012 in allen €-Shops einen mehrseitigen Produkt-Flyer €Frühlings-Highlights€ vertrieben habe, auf dessen Seiten 34 und 35 die in Bl. 77 und 78 d. A. wiedergegebene Werbung zu finden gewesen sei (Beweis: Eidesstattliche Versicherung der Zeugin Z1 vom 05.10.2012 in Anlage EVK 1).

Darüber hinaus sei in der Zeit vom 16.01. bis 01.04.2012 mit dem €SME-Flyer€ die in Bl. 80 wiedergegebene Werbung vertrieben worden.

In der Zeit vom 21.03. bis 01.04.2012 habe sie ihren Mobilfunktarif €€€ in einem TV-Spot umfangreich (Anlage SCH 0) beworben. Insoweit wird auf das Storyboard in Bl. 82 d. A. verwiesen.

In diesem TV-Spot sei am Ende das Signet des € Deutschland zusammen mit den Aussagen €Höchste Globalzufriedenheit€ und €€ - Der Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€ eingeblendet worden. Zusätzlich sei gesprochen worden

€Wechseln Sie jetzt zu €, dem Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden.€

Im Rahmen des Sternchentextes sei gut leserlich auf folgendes hingewiesen worden:

€Laut Kundenmonitor 2011: Getestet wurden insgesamt 10 Anbieter. Produktanbieter erreichte € die höchste Wertung. Detaillierte Informationen zur Gesamtwertung der Studie unter www...€

Dieser Abspann sei in weiteren TV-Spots seit 09.04.2012 bis 24.06.2012 verwendet worden. Wegen der Einzelheiten der weiteren TV-Spots wird auf die Seite 4 des Schriftsatzes vom 05.10.2012 und der eidesstattlichen Versicherungen des Zeugen Z2 vom 05.10.2012 und 08.10.2012 nebst Anlagen verwiesen.

Wegen der weiteren von der Antragsgegnerin behaupteten Werbung im März 2012 mit dem Signet des € Deutschland und den Aussagen €Höchste Globalzufriedenheit€ sowie "€ - Der Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€ wird auf die Seiten 17 bis 23 der Schutzschrift in Bl. 84 bis 90 d. A. verwiesen.

Die Antragsgegnerin trägt vor, dass die nunmehr angegriffene Werbung quasi identisch mit dem TV-Spot €€€ und den weiteren TV-Spots sei, soweit es um die letzte Einstellung gehe (Seite 25 und 26 der Schutzschrift in Bl. 92 und 93 d. A.).

Die Antragsgegnerin habe 8 Monate lang seit 15.11.2011 die Aussage €€ - Das Netz mit den zufriedensten Kunden€ zusammen mit dem Signet des € Deutschland beworben, so dass es undenkbar sei, dass die Antragstellerin von dieser Werbung keine Kenntnis erlangt habe. Im Hinblick auf die Abmahnung der Antragstellerin vom 09.03.2012 sei es schlechterdings unmöglich, dass der Antragstellerin das massive Werbeverhalten der Antragsgegnerin nicht zur Kenntnis gelangt sei. Besonders deutlich werde dies aufgrund der seit März 2012 in Deutschland ausgestrahlten TV-Spots, die im Hinblick auf den Abspann mit dem angegriffenen TV-Spot identisch seien.

Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der positiven Kenntnis die grobe fahrlässige Unkenntnis gleichstehe. Sie liege vor, wenn - wie hier - die Antragstellerin sich bewusst der Kenntnis verschließe oder ihr nach der Lage der Dinge der Wettbewerbsverstoß nicht verborgen geblieben sein könne.

Die Antragsgegnerin trägt weiter vor, dass aufgrund des eingeblendeten Textes deutlich werde, dass sich die Aussage

€€ - Dem Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€

nur auf die 4 Mobilfunkanbieter mit eigenem Netz, B, C, D und €, beziehe. Diese 4 Mobilfunkanbieter seien gegenüber den sogenannten Discountern nach dem Verkehrsverständnis abzugrenzen. Es liege auf der Hand, dass es aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ein maßgeblicher Unterschied mache, ob ein Vertragspartner selbst ein Mobilfunknetz betreibe oder lediglich Mobilfunk-Provider sei. Insoweit wird auf die Seiten 38 bis 40 der Schutzschrift in Bl. 105 bis 107 d. A. verwiesen.

In der Rechtsprechung sei es auch anerkannt, dass eine Werbung nicht deshalb unlauter sei, weil nur das Testergebnis eines Einzelmerkmals angegeben werde, nicht aber das Gesamturteil. Dies müsse erst recht gelten, wenn - wie vorliegend - mit einem Testergebnis des Kundenmonitors geworben werde, bei dem die Antragsgegnerin unter den 4 Netzbetreibern die höchste Globalzufriedenheit erreicht habe.

Die von der Antragsgegnerin beworbenen Angaben seien auch leicht und eindeutig nachprüfbar. In der Werbung selbst werde eine Fundstelle angegeben, anhand derer die Verbraucher die werbliche Herausstellung nachvollziehen und sich die Möglichkeit verschaffen könne, hierzu weitere Informationen zu erhalten.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Der Antrag ist zulässig.

Die Antragsgegnerin hat nämlich die zugunsten der Antragstellerin sprechende Dringlichkeitsvermutung gemäß § 12Absatz 2 UWG nicht widerlegt.

Zwar fehlt es an der Dringlichkeit für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, wenn die Antragstellerin gegen einen früheren Verstoß der Antragsgegnerin nicht vorgegangen ist und der Antrag auf Unterlassung eines neuerlichen (zumindest kerngleichen)Verstoßes gerichtet ist (Köhler, in: Köhler/Bornkamm UWG 30.Auflage § 12 R. 3.19). Dies erfordert aber, dass die Antragstellerin Kenntnis von dem früheren Verstoß hatte. Denn nur dann könnte ihr Nichtvorgehen gegen einen früheren Verstoßdringlichkeitsschädlich in Bezug auf einen aktuellen (zumindest kerngleichen) Verstoß sein. Eine solche Kenntnis von der früheren Werbung der Antragsgegnerin unter Benutzung des Signets des € Deutschland und unter Verwendung der Aussage

€€ - Der Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€ (wie in Bl. 79 bis 89 d. A. von der Antragsgegnerin vorgetragen) hat die Antragsgegnerin jedoch nicht glaubhaft gemacht. Allein die Unterlassungserklärung der Antragsgegnerin vom 09.03.2012 und die umfangreiche, von der Antragsgegnerin vorgetragenen Werbung, insbesondere die verschiedenen TV-Spots mit identischem Abspann, reichen nicht aus, um daraus zwingend schließen zu können, die maßgeblichen Wissensvertreter der Antragstellerin hatten Kenntnis von der Werbung der Antragsgegnerin, insbesondere dem Abspann in den von der Antragsgegnerin vorgetragenen TV-Spots. Gegen eine solche Kenntnis spricht nämlich ganz erheblich, dass es die Kammer für wenig wahrscheinlich hält, dass die Antragstellerin monatelang die Werbung der Antragsgegnerin, insbesondere den identischen Abspann in den verschiedenen TV-Spots, hingenommen haben sollte und dann plötzlich gegen den streitgegenständlichen TV-Spot vorgeht.

Eine solche Vorgehensweise der Antragstellerin wäre zumindest untypisch für die Antragstellerin. Der Kammer ist nämlich aus einer Vielzahl von Verfahren mit Beteiligung der Antragstellerin bekannt,dass die Antragstellerin gegen von ihr erkannte Wettbewerbsverstöße umgehend vorgeht.

Ob die Nichtkenntnis der Antragstellerin von der Werbung der Antragsgegnerin auf grober Fahrlässigkeit beruhte, kann offen bleiben. Denn die grobe Fahrlässigkeit steht der positiven Kenntnis nur insoweit gleich, als es um die Kenntnis des konkreten Wettbewerbsverstoßes und die Selbstwiderlegung der Dringlichkeit durch die Antragstellerin durch ein zu langes Zuwarten mit der Antragstellung nach Kenntniserlangung von dem Wettbewerbsverstoßgeht, der Streitgegenstand der einstweiligen Verfügung ist (Köhler,in: Köhler/Bornkamm UWG 30. Auflage § 12 R. 15 und R. 15 a).

Darum geht es vorliegend jedoch nicht, weil der streitgegenständliche TV-Spot erst seit dem 02.07.2012 ausgestrahlt wurde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung schon am 12.07.2012 gestellt wurde. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Antragstellerin Kenntnis von der früheren Werbung der Antragsgegnerin hatte, in der die Antragsgegnerin mit dem Signet des € Deutschland unter Verwendung der Aussage €€ - Der Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€ warb. Insoweit reicht grobe Fahrlässigkeit jedenfalls nicht aus, um der Antragstellerin vorzuwerfen, dass sie gegen die frühere Werbung nicht vorgegangen sei und deshalb keine Dringlichkeit mehr bestehe. Vielmehr ist positive Kenntnis von der früheren Werbung zu verlangen.

Außerdem handelt es sich bei dem konkret angegriffenen TV-Spot der Antragsgegnerin nicht um eine im Vergleich zur vorangegangenen Werbung der Antragsgegnerin kerngleiche Werbung. Denn die Antragstellerin will der Antragsgegnerin nicht abstrakt untersagen,das Signet des € Deutschland im Zusammenhang mit der Aussage €€ - Dem Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€ zu verwenden, sondern ganz konkret die Ausstrahlung eines bestimmten TV-Spots. Allein der Umstand, dass der Abspann des angegriffenen TV-Spots mit dem Abspann in den vorangegangenen TV-Spots identisch ist, führt noch nicht dazu, dass die angegriffene Werbung kerngleich mit der vorangegangenen ist. Denn der Abspann steht in einem ganz konkreten Äußerungszusammenhang,z.B. wird für eine bestimmte Flatrate geworben und die gesprochene Äußerung

€Wechseln Sie jetzt zu € - Dem Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden.€

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass das Signet nur etwa 2Sekunden am Ende des TV-Spots eingeblendet ist und der übrige Text sehr klein geschrieben ist, was nach der Begründung des Antrags wesentlicher Umstand für die Unlauterkeit des TV-Spots sein soll.Demgegenüber ist das Signet des € Deutschland und die Aussage €€ - Dem Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€ in der vorangegangenen Werbung in einem ganz anderen Zusammenhang eingebettet. So geht es z.B. in dem Ende März 2012ausgestrahlten TV-Spot um den Tarif €€€.

Der Antrag ist auch begründet.

Der Antragstellerin steht ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 5UWG wegen irreführender Werbung zu, soweit in dem TV-Spot unter Hinweis auf das Signet des € Deutschland mit der besprochenen Aussage

€Wechseln Sie jetzt zu € - Dem Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€ und der am Ende des TV-Spots eingeblendeten Aussage

€€ - Dem Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€

geworben wird (Antrag zu 2.).

Eine geschäftliche Handlung - wie hier der beanstandete TV-Spot der Antragsgegnerin - ist irreführend, wenn sie unrichtige oder missverständliche, zu Fehlvorstellung führende und wettbewerbsrechtlich relevante Angaben enthält.

Ob Angaben unrichtig oder missverständlich sind und eine Fehlvorstellung hervorrufen, bestimmt sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht.

Der TV-Spot der Antragsgegnerin richtete sich an Fernsehzuschauer. Bei diesen Personen handelt es sich um Verbraucher im Sinne von § 2 Absatz 2 UWG in Verbindung mit § 13BGB. Für die Beurteilung der Werbung ist demgemäß auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers (aus diesem Adressatenkreis) abzustellen, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt.

Soweit es um die Aufmerksamkeit geht, mit der sich ein Verbraucher dem TV-Spot der Antragsgegnerin zuwendet, ist zu berücksichtigen, dass Fernsehzuschauer Werbung im Allgemeinen eher beiläufig oder nur in sie interessierenden Teilen zur Kenntnis nehmen. Verbraucher, die der TV-Werbung mit ungeteilter und gespannter Aufmerksamkeit folgen und sie in allen Details erfassen,bilden die Ausnahme. Im Unterschied zur schriftlichen Werbung besteht bei der Fernsehwerbung auch keine Gelegenheit, sich einzelne Werbeaussagen nochmals genauer vor Augen zu führen (OLGFrankfurt am Main GRUR-RR 2005, 128). Deshalb ist - wie bei einer Zeitungsanzeige (hierzu BGH NJW 2004, 2235, 2236) - eine Irreführung auch dann anzunehmen, wenn nach vollständiger Wahrnehmung der Werbung und nach einigem Nachdenken Fehlvorstellungen hätten vermieden werden können.

Ein solcher Fernsehzuschauer wird den Abspann des TV-Spots, der etwa 2 Sekunden lang dauert, dahingehend verstehen, dass die Antragsgegnerin bzw. € im Rahmen einer Kundenbefragung des € Deutschland als Sieger unter allen getesteten Anbietern -nicht nur die Netzbetreiber - hervorgegangen ist. Ein darüber hinausgehendes Verständnis kann dem 2 Sekunden lang eingeblendeten Abspann nicht entnommen werden, weil der Fernsehzuschauer allenfalls das Signet des € Deutschland, die eingeblendete Aussage €€ - Der Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€ und den gesprochenen Text €Wechseln Sie jetzt zu € - Dem Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€wahrnehmen wird. Demgegenüber wird der Fernsehzuschauer den zusätzlich eingeblendeten Text €Höchste Globalzufriedenheit unter den 4 Netzbetreibern B, C, D und €

Branche: Mobilfunkanbieter 2011€

und

€Laut Kundenmonitor 2011: Getestet wurden insgesamt 10Anbieter. Unter den Netzbetreibern B, C, D und € als Produktanbieter erreichte € die höchste Wertung.Detaillierte Informationen zur Gesamtwertung der Studie unter www€€.

wegen der Kürze der Zeit - 2 Sekunden - und der Größe des Textes nicht wahrnehmen. Insbesondere ist der Text €Laut Kundenmonitor 2011€ überhaupt nicht lesbar. Dies gilt nach den Feststellungen der Kammer, die sich den TV-Spot mehrfach angesehen hat, selbst dann, wenn der TV-Spot angehalten wird.

Der Text €Höchste Globalzufriedenheit€ ist jedenfalls bei laufender Werbung nicht lesbar. Ein Fernsehzuschauer wird - wenn überhaupt - nur die Wörter €Höchste Globalzufriedenheit€ lesen können. Der übrige Text ist viel zu klein und im Hinblick auf die Kürze der Zeit überhaupt nicht lesbar. Zumal der Fernsehzuschauer durch den gesprochenen Text und das Signet des € Deutschland sowie den gut eingeblendeten Text €€ - Dem Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€ so in Anspruch genommen wird, dass die 2 Sekunden um sind, bevor er überhaupt wahrnimmt, dass noch weiterer Text eingeblendet ist. Wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass ein Fernsehzuschauer Werbung nicht mit ungeteilter Aufmerksamkeit und nicht in allen Details wahrnimmt, ist davon auszugehen, dass die aufklärenden Hinweise von ihm nicht beachtet werden, zumal sie größtenteils überhaupt nicht lesbar sind.

Das vorstehend ermittelte Verständnis eines Verbrauchers, der den TV-Spot der Antragsgegnerin gesehen hat, ist unrichtig und damit irreführend.

Denn Sieger der Umfrage €Serviceprofil: Mobilfunkbereich 2011€ war der Mobilfunkanbieter E und € folgte erst auf dem 6. Platz. Dass die Antragsgegnerin bzw. € nur unter den 4 Netzbetreibern am besten abgeschnitten hat, nicht aber unter den 10 getesteten Anbietern, ergibt sich aus der wahrzunehmenden Werbung nicht. Allein aus der Formulierung

€Dem Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€

erschließt sich einem Verbraucher nicht, dass damit gemeint war,dass die Antragsgegnerin nur unter den 4 Netzbetreibern am besten abgeschnitten hatte. Vielmehr wird der Verbraucher unzutreffender Weise davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin unter allen getesteten Anbietern die zufriedensten Kunden habe. Denn aus der wahrnehmbaren Werbung ergibt sich gerade nicht, dass neben den Netzbetreibern auch Discountanbieter getestet wurden, die besser als die Netzbetreiber abgeschnitten hatten.

Zwar ist es zulässig, dass in der Werbung nur eine oder einzelne Testkategorien wiedergegeben werden, in denen der Werbende besonders gut abgeschnitten hat, nicht aber das Gesamturteil. Dies ist aber nur insoweit zulässig, als dadurch kein falsches Gesamtergebnis ausgewiesen wird. Letzteres ist jedoch nach den vorstehenden Ausführungen gegeben.

Deshalb kann es offen bleiben, ob die Antragsgegnerin überhaupt damit werben darf, dass sie unter den 4 Netzbetreibern die zufriedensten Kunden aufgrund der Umfrage des € Deutschland in der Branche Mobilfunkanbieter 2011 hat. Denn so, wie die Antragsgegnerin damit geworben hat, ohne für die Fernsehzuschauer wahrnehmbar darauf hinzuweisen, dass außer den 4 Netzbetreibern auch andere Mobilfunkanbieter getestet wurden, die überwiegend besser als die Antragsgegnerin bewertet wurden, gibt die Werbung im TV-Spot ein unzutreffendes Bild des Ergebnisses der vom €Deutschland durchgeführten Umfrage wieder.

Ebenso ist der Antrag zu 1. aus §§ 3 Absatz 2, 5 a Absatz 2 UWGbegründet, weil die Antragsgegnerin in ihrem TV-Spot unter Hinweis auf eine Umfrage des € Deutschland warb, ohne eine Fundstelle über das Ergebnis der Umfrage anzugeben.

Denn es gehört zum Gebot einer fachlichen Sorgfalt, mit Umfrageergebnissen nur zu werben, wenn dem Verbraucher dabei die Fundstelle eindeutig und leicht zugänglich angegeben und ihm so eine einfache Möglichkeit eröffnet wird, den Text selbst zur Kenntnis zu nehmen. Wird eine Fundstelle überhaupt nicht angegeben,wird dem Verbraucher eine wesentliche Information im Sinne von § 5a Absatz 2 UWG vorenthalten (BGH GRUR 2010, 248 Tz. 31 - Kamerakauf im Internet) und es kommt dann nicht mehr darauf an, ob die Angabe für den Verkehr aufgrund der Gestaltung der Werbung leicht auffindbar ist oder nicht.

Diese Verpflichtung, auf in der Werbung in Bezug genommene Umfrageergebnisse deutlich und leicht zugänglich hinzuweisen, gilt nicht nur für jede Texthinweiswerbung, sondern auch für jede Werbung unter Hinweis auf von Dritten durchgeführte Interviews und Umfragen. Auch in diesen Fällen muss ein Hinweis auf die Fundstelle in eindeutiger und leicht zugänglicher Weise in der Werbung selbst gegeben werden.

Der Hinweis auf die Fundstelle ist nur dann eindeutig und leicht zugänglich, wenn bei einer Werbung im Internet die Fundstelle entweder bereits deutlich auf der ersten Bildschirmseite dieser Werbung angegeben wird oder jedenfalls ein deutlicher Sternchenhinweis unmittelbar bei der Werbeüberschrift den Verbraucher ohne weiteres zu der Fundstellenangabe führt (BGH GRUR2010, 248 Tz. 32 - Kamerakauf im Internet).

Werden diese Grundsätze auf die Werbung der Antragsgegnerin unter Hinweis auf die vom Kundenmonitor Deutschland durchgeführte Umfrage €Mobilfunkanbieter 2011€ übertragen, bedeutet dies, dass ein Hinweis auf die Fundstelle der Umfrage im TV-Spot selbst, und zwar zeitlich zusammen mit der Einblendung des Signets der € Deutschland unter Aussage €€ - Der Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€ gegeben werden muss.

Zwar befindet sich am Ende der Aussage

€€ - Der Netzbetreiber mit den zufriedensten Kunden€

ein Sternchen, das unterhalb dieser Aussage wie folgt aufgelöst wird:

€Detaillierte Informationen zur Gesamtwertung der Studie unter www€€.

Aber diese Angabe ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht lesbar und damit für einen Fernsehzuschauer, der die Werbung der Antragsgegnerin sieht und hört, nicht wahrnehmbar. Deshalb liegt eine Werbung unter Hinweis auf eine Studie vor, ohne dass überhaupt eine Fundstelle in der Werbung selbst angegeben wird. Eine solche Werbung ist nach den vorstehenden Ausführungen unlauter.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.






LG Frankfurt am Main:
Urteil v. 10.10.2012
Az: 3-08 O 136/12


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