Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. März 2011
Aktenzeichen: 27 W (pat) 564/10

(BPatG: Beschluss v. 14.03.2011, Az.: 27 W (pat) 564/10)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 152

Gründe

I.

Die Bezeichnung Lebensart-Münsterist am 23. April 2009 für Waren und Dienstleistungen der Klasse 16, 35 und 41 zur Eintragung in das Markenregister als Wortmarke angemeldet worden.

Mit Beschluss vom 1. Juni 2010, der Anmelderin am 4. Juni 2010 zugestellt, hat die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patentund Markenamts die Anmeldung teilweise gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen, nämlich für folgende Waren und Dienstleistungen der Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere Magazine (Zeitschriften) für Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft, Leben und Genießen; Druckschriften, Magazine (Zeitschriften), Zeitschriften (Magazine), Zeitungen, Bücher; Poster, Aufkleber, Kalender; Schilder und Modelle aus Papier und Pappe; Bilder, Fotografien, grafische Reproduktionen und Lichtbilderzeugnisse;

Klasse 35: Werbung einschließlich Printund Internetwerbung; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Verkaufsförderung (Sales Promotion); Durchführung von Werbeveranstaltungen; Vermittlung von Zeitungsabonnements [für Dritte]; Vermittlung von Anzeigen, auch Online; kommerzielle Verwaltung der Lizenzierung von Waren und Dienstleistungen für Dritte; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Verbreitung von Werbeanzeigen; Herausgabe von Werbetexten; Verfassen von Werbetexten; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken;

Klasse 41: Herausgabe von Verlagsdruckererzeugnissen auch in elektronischer Form, auch im Internet; Online-Publikation von elektronischen Zeitschriften und Magazinen, Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten).

Das ist damit begründet, "Lebensart" beschreibe insoweit die Art zu leben, eine Lebensweise, angenehmes Benehmen und gute Umfangsformen. "Münster" stehe für eine große Kirche eines Klosters oder Domkapitels, eine Stiftskirche, eine Stadt im Münsterland und als Kurzwort für eine Käsesorte. In ihrer allein maßgeblichen Gesamtheit und im Zusammenhang mit den versagten Waren und Dienstleistungen sei die Kombination "Lebensart-Münster" ein Sachhinweis auf die Lebensart in der Stadt Münster (die Lebensart der Münsteraner). Maßgeblich sei die Frage, ob die Angesprochenen in der Bezeichnung "Lebensart-Münster" einen Hinweis auf das Angebot der Waren oder die Erbringung der Dienstleistungen durch einen ganz bestimmten Anbieter (die Anmelderin) sähen, was hier nicht der Fall sei. Die angemeldete Bezeichnung besitze für die versagten Waren und Dienstleistungen, die alle einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen könnten, unmittelbar beschreibenden Charakter, da sie erkennbar darauf hinweise, dass sich diese inhaltlich auf die Lebensart, also die Art zu leben oder die Lebensweise bezögen und in der / für die Stadt Münster angeboten und vertrieben oder erbracht würden. Ferner könnten die Waren und Dienstleistungen auch dem Zweck einer

(z. B. stilvollen) Lebensart in Münster dienen. Dass der Begriff "Lebensart" sowohl im Sinn von "Lebenskunst" als auch im Sinn von "die Art und Weise zu leben" verstanden werden könne, führe noch nicht zu einer Mehrdeutigkeit. "Lebensart-Münster" sei im Sinn von Lebenskunst in Münster oder der Art und Weise der Münsteraner, zu leben, zu verstehen. Die Wortfolge sei auch mit der allgemein üblichen Bindestrichverknüpfung nicht unterscheidungskräftig. Der Bindestrich sei kein schutzbegründendes Element, da er die Sachaussage der angemeldeten Wortfolge gänzlich unberührt lasse. Eine als Marke angemeldete Bezeichnung sei ferner von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich aus Angaben bestehe, die u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG enthalte keine abschließende Aufzählung beschreibender Zeichen und Angaben. Das stelle Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Marken-Richtl. mit der Formulierung "... zur Bezeichnung sonstiger Merkmale ..." klar. Allein der fehlende Nachweis einer derzeitigen beschreibenden Verwendung (etwa im Internet) begründe noch nicht die Schutzfähigkeit einer -neuen -Begriffsbildung, wenn sie einen unmissverständlich beschreibenden Aussagegehalt aufweise und vollkommen sprachüblich gebildet sei wie hier. Selbst wenn man zugunsten der Anmelderin darauf abstellen wollte, dass nur die Anmelderin Waren und Dienstleistungen unter der Bezeichnung "Lebensart-Münster" anbiete, sei zumindest ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis gegeben, da die künftige Notwendigkeit der beschreibenden Verwendung dieser Sachangabe durch Mitbewerber nicht ausgeschlossen werden könne. Es sei (wie die beigefügten Unterlagen zeigten) eine Tendenz erkennbar, auf den Bezug entsprechender Waren und Dienstleistungen durch den Begriff "Lebensart" in Kombination mit geographischen Angaben hinzuweisen.

Gegen den ihr am 4. Juni 2010 zugestellten Beschluss wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde, die am Montag, dem 5. Juli 2010, eingegangen ist. Sie vertritt die Auffassung, die angemeldete Bezeichnung sei unterscheidungskräftig sowie nicht lediglich beschreibender Natur, also nicht freihaltungsbedürftig. Schon "Münster" sei mehrdeutig; dies gelte um so mehr für "Lebensart-Münster". Beides zusammen, "Lebensart-Münster", könne man verstehen als Art und Weise des Lebens in Münster, in der Region Münster, der Bevölkerung in und um Münster, die Lebensführung, also z .B. den Wohnstil, Kleidung, speziell im Bereich Münster in Abgrenzung zu anderen Städten oder Landesteilen. Der Bestandteil "Lebensart" dominiere nicht, im Gesamteindruck sei er jedoch außergewöhnlich und trete er hervor, so dass beide Wörter zusammen mehr ergäben, als die Summe ihrer Teile und einen darüber hinausreichenden herkunftshinweisenden Gesamteindruck schaffen würden. Denkbar seien Produkte wie etwa Fotografien, Schilder, Magazine oder Kalender mit dem Aufdruck "Lebensart-Münster". Es gebe unter dieser Bezeichnung auch bereits eine Zeitschrift mit einer Auflage von 30.000 Stück; dies belege eine Unterscheidungseignung.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patentund Markenamts vom 1. Juni 2010 insoweit aufzuheben, als dem angemeldeten Zeichen die Eintragung versagt wurde.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, denn der Eintragung der Bezeichnung "Lebensart-Münster" steht hinsichtlich der versagten Waren und Dienstleistungen zumindest das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen.

1.

Da die Anmelderin keinen Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt hat und der Senat eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet, kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden, nachdem die Anmelderin ausreichend Gelegenheit hatte, ihre Beschwerde zu begründen (§ 69 MarkenG).

2.

Zu Recht und mit eingehender sowie zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Wortfolge die Eintragung für die noch streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt.

Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.

a) Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die Eignung, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer zu unterscheiden, auch wenn eine Marke zusätzlich noch weitere Funktionen, etwa Werbefunktion, haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 -Das Prinzip der Bequemlichkeit; BGH GRUR 2009, 949, Rn. 28 -My World). Kann einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um einen Begriff, den die Verbraucher nicht als Unterscheidungsmittel auffassen, fehlt, wie vorliegend, jegliche Unterscheidungskraft (vgl. BGH GRUR 2003, 1050, 1051 -Cityservice). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verbraucher zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung durch einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 -SAT.2). Dies sind hier allgemeine Verbraucherkreise.

b) "Lebensart-Münster" hat nach den genannten Grundsätzen nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt.

"Lebensart" ist ein Wort der deutschen Sprache, das in Bezug auf die strittigen Waren und Dienstleistungen aussagt, diese entsprächen einem bestimmten Lebensstil. Dass die Bezeichnung die Art eines Münsteraner Lebensstils nicht näher definiert, ändert nichts daran, dass das Publikum die Angabe als Sachhinweis und nicht als Herkunftshinweis versteht. Auch relativ allgemeine Angaben können als verbraucherorientierte Sachinformation zu bewerten sein, insbesondere wenn sie sichwie hier -auf allgemeine Sachverhalte beziehen. Dass Waren und Dienstleistungen für irgendeinen Lebensstil stehen oder dafür bestimmt sind, ist ein Hinweis, der dem Kunden eine Sachinformation liefert, auch wenn diese recht allgemein ist.

Der Zusatz "Münster" scheint auch geeignet, eine Lebensart näher zu beschreiben oder zu definieren. Vorrangig erscheint dazu die Ortsangabe "Münster" geeignet, denn die Verbraucher kennen Ausdrücke wie "bairische Lebensart, Berliner Lebensart, italienische Lebensart" usw. "Münster" wirkt damit nicht als markenmäßiger Herkunftshinweis, wie das etwa bei "Lebensart Audi" denkbar wäre.

Auch die Aneinanderreihung mit dem nachgestellten "Münster" und dem Bindestrich wirkt nicht so ungewöhnlich, dass dadurch Unterscheidungskraft entstehen würde. Im Werbebereich gibt es Phrasen und schlagwortartig gebildete Zusammenstellungen zweier Hauptwörter, bei denen deren jeweilige Stellung nicht kennzeichnend wirkt (Lebensraum Wald, Zukunft Europa, Küche Frankreich etc.) Entgegen der Annahme der Anmelderin ist auch kein besonderer, phantasievoller Gehalt oder eine eigentümliche Charakteristik der Wortzusammensetzung erkennbar; es handelt sich nicht um eine Wortneuschöpfung, sondern um die Kombination gebräuchlicher Begriffe, die das angesprochene Publikum aufgrund der Häufigkeit der Verwendung der Einzelbestandteile auch als Wortkombination ohne weiteres und mit ihrem ursprünglichen Sinngehalt versteht.

Zu den hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen besteht jedenfalls ein thematischer Bezug. So können Druckereierzeugnisse, insbesondere Magazine und Zeitschriften für Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft, Leben und Genießen, Zeitungen, Bücher; Poster, Aufkleber, Kalender; Schilder und Modelle aus Papier und Pappe; Bilder, Fotografien, grafische Reproduktionen und Lichtbilderzeugnisse auf die Lebensart, also die Art zu leben oder die Lebensweise in der oder für die Stadt Münster hinweisen, sich damit befassen, diese anbieten oder erbringen. Ferner könnten die Waren und Dienstleistungen in jeglicher erdenklichen Form auch dem Zweck einer (z.B. stilvollen) Lebensart in Münster dienen oder für diese werben.

Für wesentliche Teile der angesprochenen Verbraucherkreise steht ein solcher Sinngehalt der angemeldeten Wortkombination ohne gedankliche Ergänzungen oder Zwischenschritte oder analysierende Betrachtung so stark im Vordergrund, dass die Annahme, es könnte sich (auch noch) um einen betrieblichen Herkunftshinweis handeln, nicht nahegelegt ist.

Soweit die Anmelderin darauf verwiesen hat, "Lebensart Münster" habe sich als Titel einer Zeitschrift als unterscheidungskräftig erwiesen, führt dies vorliegend nicht zur Unterscheidungskraft. Der angesprochene Titel wirkt durch seine grafische Gestaltung.

3.

Billigkeitsgründe für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr sind nicht ersichtlich.

4.

Der Senat sieht keinen Anlass, die Rechtsbeschwerde (§ 83 Abs. 2 MarkenG i. V. m. § 574 ZPO) zuzulassen, weil dies weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist, noch Fragen von grundsätzlicher Bedeutung einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen, noch der Senat mit dieser Entscheidung von anderen gerichtlichen Entscheidungen abweicht.

Dr. Albrecht Kruppa Werner Pr






BPatG:
Beschluss v. 14.03.2011
Az: 27 W (pat) 564/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/492e41c5d8f7/BPatG_Beschluss_vom_14-Maerz-2011_Az_27-W-pat-564-10




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share