Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Januar 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 304/03

(BPatG: Beschluss v. 27.01.2004, Az.: 27 W (pat) 304/03)

Tenor

1. Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 1. August 2003 und vom 4. September 2003 werden aufgehoben.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I Die Widersprechenden haben gegen die Eintragung der Marke 398 60 255 aufgrund ihrer Marken 2 914 053 und 2 005 400 Widerspruch eingelegt. Mit Beschluss vom 26. September 2000 hat die Markenstelle durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die Widersprüche zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle mit Beschluss vom 1. August 2003 zurückgewiesen. Bereits mit Schriftsatz vom 7. Juli 2003 hatten die Widersprechenden ihre Widersprüche gegen die angegriffene Marke zurückgenommen. Der Schriftsatz, dessen Original nicht zur Verfahrensakte gelangte, ist ausweislich des von den Widersprechenden vorgelegten Eingangsstempels des Deutschen Patent- und Markenamtes diesem am 7. Juli 2003 zugegangen. Nach am 6. August 2003 erfolgter Zustellung des Beschlusses vom 1. August 2003 haben die Widersprechenden unter Anzeige der bereits vor Beschlusserlass erklärten Widerspruchsrücknahme beantragt, den Beschluss aufzuheben und gleichzeitig Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 4. September 2003 hat die Markenstelle den Beschluss vom 1. August 2003 für wirkungslos erklärt.

Die Widersprechenden beantragen, 1. den Beschluss vom 1. August 2003 aufzuheben, 2. die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.

Die Beschwerdegegnerin hat sich nicht geäußert.

II Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist das Rechtsschutzbedürfnis der Widersprechenden nicht durch die mit Beschluss vom 4. September 2003 erklärte Wirkungslosigkeit des Beschlusses vom 1. August 2003 entfallen. Denn anders als die von den Widersprechenden mit ihrer Beschwerde erstrebten Aufhebung des Beschlusses hat die Erklärung seiner Wirkungslosigkeit einen weniger weitreichenden Inhalt, weil hiermit lediglich die Rechtsfolgen einer Entscheidung beseitigt werden, während die von dem Antrag auf Aufhebung erfasste Frage, ob sie überhaupt hätte erlassen werden dürfen, unberührt bleibt.

Die somit zulässige Beschwerde ist in der Sache auch begründet. Denn der Beschluss der Markenstelle vom 1. August 2003 ist infolge der zuvor erklärten Rücknahme der Widersprüche der Widersprechenden ohne Rechtsgrundlage ergangen und damit nichtig (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 269 Rn. 14 und Vor § 300 Rn. 19; BPatG 33 W (pat) 232/98 und 28 W (pat) 246/00, beides veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM). Dass die Rücknahmeerklärung nicht zur Verfahrensakte gelangte und die Markenstelle bei Erlass des Beschlusses hiervon daher keine Kenntnis haben konnte, steht dem nicht entgegen; denn es reicht, wenn die Rücknahmeerklärung jedenfalls in den Einflussbereich des Deutschen Patent- und Markenamtes gelangt ist; hiervon ist aber infolge der von den Widersprechenden vorgelegten, auf den 7. Juli 2003 datierten Eingangsbestätigung auszugehen.

Aus diesem Grund ist der Beschluss der Markenstelle vom 1. August 2003 auf die Beschwerde der Widersprechenden aufzuheben. Da hiermit auch dem weiteren Beschluss der Markenstelle vom 4. September 2003 der Boden entzogen ist, war von Amts wegen auch dieser Beschluss aus Gründen der Verfahrensökonomie mit aufzuheben.

Dagegen ist der Erstbeschluss der Markenstelle vom 26. September 2000, der wegen der nach seinem Erlass erfolgten Widerspruchsrücknahme nicht nichtig ist, sondern nur nach § 269 Abs. 3 Satz1 ZPO analog für wirkungslos erklärt werden kann, mangels ausdrücklichen Antrags der Widersprechenden (vgl. § 269 Abs. 4 ZPO analog) nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

III.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist gem. § 71 Abs. 3 MarkenG aus Billigkeitsgründen anzuordnen. Denn die von der Widersprechenden erstrebte Aufhebung des nichtigen Beschlusses der Markenstelle ist nach der ständigen Rechtsprechung nur im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens möglich (vgl. BPatG a.a.O.). Da es sich bei dem Erlass eines wegen vorheriger Widerspruchsrücknahme nichtigen Beschlusses um einen schweren Verfahrensverstoß handelt, wäre es unbillig, die Beschwerdeführerin mit den für seine Beseitigung erforderlichen Gerichtskosten zu belasten.

Da die Eintragung der Beschwerde nicht auf einem sorgfaltswidrigen Verhalten eines Verfahrensbeteiligten beruht und auch sonstige Gründe für eine Kostenauferlegung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG nicht bestehen, hat es bei dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zu verbleiben, demzufolge die Beteiligten ihre Kosten selbst tragen.

Dr. Schermer Dr. van Raden Schwarz Ko






BPatG:
Beschluss v. 27.01.2004
Az: 27 W (pat) 304/03


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