Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. September 2011
Aktenzeichen: 35 W (pat) 5/10

(BPatG: Beschluss v. 30.09.2011, Az.: 35 W (pat) 5/10)

Tenor

Die Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluss der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patentund Markenamts vom 4. September 2009, mit dem die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung eines Vertreters für die Gebrauchs-

BPatG 152 musteranmeldung ... "...

..." abgelehnt wurden, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Anmelder und Beschwerdeführer (im Folgenden: Anmelder) hat am 30. April 2008 die Eintragung eines Gebrauchsmusters mit der Bezeichnung "...

..." beantragt und die Abzweigung aus der Patentanmeldung ... vom 7. November 2006 erklärt.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2008, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am 8. August 2008, hat er des Weiteren Verfahrenskostenhilfe für die Anmeldegebühr und die Beiordnung eines Vertreters beantragt. Mit Schreiben der Gebrauchsmusterstelle vom 20. August 2008 ist der Anmelder darauf hingewiesen worden, dass neben den wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe auch eine hinreichende Aussicht auf Eintragung des Schutzrechts gegeben sein müsse. Da die vom Anmelder angemeldete Bepflanzung in Gärten, Wäldern, Städten und um Bäume mit bestimmten Gewächsen keine technische Erfindung sei, da sie kein konkretes technisches Problem mit technischen Mitteln löse, könne die Eintragung eines Gebrauchsmusters nicht in Aussicht gestellt werden, so dass die Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht vorlägen und damit auch die Beiordnung eines Vertreters nicht in Betracht käme. In seiner Erwiderung auf diesen Bescheid hat der Anmelder eingeräumt, dass seine Erfindung nicht auf technischem Gebiet liege, er wolle diese Gebrauchsmusteranmeldung (neben 3 weiteren) aber auch als Marke eintragen lassen.

Mit einem weiteren Schreiben der Gebrauchsmusterstelle vom 8. September 2008 ist der Anmelder erneut zum einen darauf hingewiesen worden, dass seine Anmeldung keine technische Erfindung beträfe, und zum anderen darauf, dass Gebrauchsmuster und Marken unterschiedliche Schutzrechte seien.

Mit Beschluss vom 4. September 2009 hat die Gebrauchsmusterstelle die Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung eines Vertreters zurückgewiesen, da keine hinreichende Aussicht auf Erteilung des beantragten Schutzrechts bestehe. Es fehle an einer technischen Erfindung. Gegenstand der Gebrauchsmusteranmeldung sei der Vorschlag, Bäume mit bestimmten Gewächsen zu bepflanzen, was keine Offenbarung einer Lehre zum technischen Handeln erkennen lasse.

Gegen diesen ihm am 11. September 2009 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders, die mit Begleitschreiben vom 1. Oktober 2009 am 5. Oktober 2009 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangen ist. In seiner Beschwerdebegründung weist der Anmelder auf eine Textstelle in DB Welt, Juli/August 2009 hin, wonach vor allem nichttechnische, kundenorientierte Vorschläge gesucht würden, sowie darauf, dass seine Anmeldung sehr wohl auch eine Lehre zum planmäßigen Handeln enthalte. Außerdem legt er eine Vielzahl von Unterlagen vor, aus denen sich nach Auffassung des Anmelders die Notwendigkeit für den Gegenstand seiner Anmeldung ergibt.

Der Anmelder beantragt sinngemäß, den Beschluss der Gebrauchsmusterstelle vom 4. September 2009 aufzuheben und ihm zur Gebrauchsmusteranmeldung ... mit der Bezeichnung "......" für das Eintragungsverfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und ihm einen Vertreter beizuordnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die gebührenfreie, formund fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Die Gebrauchsmusterstelle hat den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen, da keine hinreichende Aussicht auf Eintragung eines Schutzrechts besteht (§ 21 Abs. 2 GebrMG i. V. m. §§ 129, 130 Abs. 1 PatG, 114 S. 1 ZPO). Damit besteht auch keine rechtliche Möglichkeit, dem Antragsteller einen anwaltlichen Vertreter beizuordnen (§ 21 Abs. 2 GebrMG i. V.m. §133 S. 1 PatG).

1.

Dem Anmelder eines Gebrauchsmusters kann auf Antrag gemäß § 21 Abs. 1 GebrMG i. V. m. § 130 Abs. 1 S. 2 PatG Verfahrenskostenhilfe für das Eintragungsverfahren gewährt werden. Bei der Entscheidung über die Bewilligung ist -wie in allen Fällen der Verfahrenskostenhilfe -§ 114 ZPO entsprechend anzuwenden. Nach dieser Vorschrift muss die mit dem Verfahrenskostenhilfeantrag beabsichtigte Rechtsverfolgung, d. h. die Gebrauchsmusteranmeldung Erfolg versprechend sein. Diese Einschränkung ist erforderlich, um den Einsatz öffentlicher Mittel zur Verfahrensführung nur in rechtlich und wirtschaftlich sinnvollen Fällen zu gewährleisten. Denn das im Grundgesetz verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet es nur, die Situation von vermögenden Personen und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes einander anzunähern. Verfassungsrechtlich ist keine vollständige Gleichstellung geboten, sondern nur eine weitgehende Angleichung. Wirtschaftlich schwache Personen sollen nicht allein aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse von der Verwirklichung des Rechtsschutzes ausgeschlossen werden.

2.

Die Gebrauchsmusterstelle hat diese Grundsätze beachtet und den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen. Sie hat im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten zutreffend darauf abgestellt, dass Gebrauchsmuster nur für technische Erfindungen eingetragen werden (vgl. Bühring, GebrMG, 8. Aufl. 2011, § 1 Rn. 28 m. w. N.) und eine solche hier nicht vorliegt, was auch der Anmelder einräumt. Die Lehre der vorliegenden Gebrauchsmusteranmeldung dient aus fachmännischer Sicht nicht zur Lösung einer technischen Aufgabe und führt auch nicht zu einem technischen Ergebnis. Technisch ist eine Problemlösung, wenn eine Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolgs vorliegt (BGH GRUR 1969, 672 "Rote Taube"). Der Klärung der Frage, ob das hier der Fall ist, legt der erkennende Senat die Methodik zugrunde, die der Bundesgerichtshof in den Entscheidungen "Dispositionsprogramm" und "Antiblockiersystem" für den Fall des Algorithmus entwickelt hat (BGH GRUR 1977, 96; BGH GRUR 1980, 849). Nur wenn bei dem zu schützenden Gegenstand die Verwendung technischer Mittel Bestandteil der Problemlösung selbst ist, die Erzielung des kausal übersehbaren Erfolgs bezweckt und nicht entfallen kann, ohne dass zugleich der angestrebte Erfolg entfiele, liegt eine technische Erfindung vor. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage der Technizität auf Grund einer Gesamtbetrachtung des Anmeldungsgegenstandes im Einzelfall festzustellen. Dabei sind alle Merkmale des im Anspruch definierten Gegenstands zu bewerten, wobei entscheidend ist, wie der Fachmann diesen versteht (vgl. BGH GRUR 2000, 498 ff. -Logikverifikation m. w. N.). Die vorliegende Anmeldung hat zwar die Lösung des Problems zum Ziel, dass sich Baumscheiben, worunter bei Straßenbäumen der im Pflaster offene Bereich um den Stammfuß verstanden wird, oft in schlechtem Zustand befinden, weil der Boden durch Begehen stark verdichtet ist und/oder als Abstellfläche für Müll aller Art oder Fahrräder oder als Hundetoilettemissbraucht wird. Die Anmeldung enthält aber für die Lösung des Problems keine technische Anweisung, auf welche Weise hierzu technische Mittel eingesetzt werden sollen. Sie gibt hierzu lediglich den allgemeinen aufgabenhaften Hinweis, dass eine Baumscheibe, deren Umrahmung und deren Inneres, mit bestimmten, im Einzelnen aufgeführten Pflanzen bepflanzt ist oder bepflanzt werden kann. Wie die vorgeschlagene Begrünung der Baumscheibe, die ein Betreten oder Befahren der Baumscheibe sowie deren Nutzung als "Hundeklo" oder Abfalleimer wenn auch nicht ganz verhindern, so aber doch erschweren kann, letztlich erfolgen soll, bleibt offen. Die Ausführung ist völlig in das Belieben des Fachmanns gestellt, eine konkrete Anweisung zum Handeln für den Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung des Erfolges fehlt. Letztlich erfolgt damit die Ausführung, die Bepflanzung, allein aufgrund der menschlichen Verstandestätigkeit des Fachmanns, und nicht aufgrund einer in der Anmeldung offenbarten technischen Lehre.

3.

Unabhängig davon, ob die vorgeschlagenen Begrünung aus ästhetischen oder aus gesellschaftspolitischen Gründen, insbesondere aus Gründen des Umweltschutzes, wünschenswert erscheint, ist die Anmeldung damit von der Eintragung als Gebrauchsmuster ausgeschlossen, die -wie dargelegt nur für technische Erfindungen erfolgen kann.

Dementsprechend fehlt es an den für die Gewährung der Verfahrenskostenhilfe erforderlichen Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung, so dass der Beschwerde gegen deren Versagung der Erfolg versagt bleiben muss.

Dies gilt auch hinsichtlich der beantragten Beiordnung eines Vertreters, fürdie nach § 133 S. 1 PatG zwingende Voraussetzung die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist.

Baumgärtner Dr. Gerster Eisenrauch Cl






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