Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. März 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 67/02

(BPatG: Beschluss v. 26.03.2003, Az.: 28 W (pat) 67/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 29 - vom 12. März 2002 aufgehoben, soweit der Widerspruch für die Waren "Milch und Milchprodukte, Getreidepräparate, Speiseeis" zurückgewiesen worden ist.

Wegen der Widersprüche aus den Marken 396 07 692 und 1 190 119 wird insoweit die Löschung der Marke 398 03 570 angeordnet.

Gründe

I.

Gegen die für die Waren

"Eier, Milch und Milchprodukte; Mehle und Getreidepräparate, Backwaren, Konditorwaren, Speiseeis"

eingetragene Wortmarke MUNDANA ist Widerspruch erhobena) aus der seit dem 29. April 1996 für die Waren "Milch und Milchprodukte" eingetragenen Wort-Bild-Marke 396 07 692 Abb. 1 am Endeb) sowie der seit dem 14. April 1994 für die Ware "Käse" eingetragenen Wortmarke 1 190 119 MONTANA.

Die Markenstelle für Klasse 29 hat beide Widersprüche zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Marken selbst vor dem Hintergrund großer Warenähnlichkeit bzw Warenidentität und der breiten Verkehrskreise, an die sich die beiderseitigen Waren wenden, sowohl im Gesamteindruck wie auch bei Gegenüberstellung der Markenkennwörter auf Grund der unterschiedlichen Wortanfänge und des Begriffsinhalts von "Montana" als Staat in den USA noch einen ausreichenden Abstand in Klang und Bild einhielten, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, allerdings nunmehr beschränkt auf die Waren "Milch und Milchprodukte, Getreidepräparate, Speiseeis". Sie macht nicht nur eine erhöhte Kennzeichnungskraft ihrer Marken zumindest für die Ware "Käse" geltend, sondern hält zudem die Marken in Klang und Bild für hochgradig ähnlich, was vor dem Hintergrund weitgehend identischer Waren zwingend zur Annahme einer Verwechslungsgefahr führe.

Die Markeninhaberin hat keine Anträge gestellt, sondern nur mitgeteilt, dass sie den Abstand der Marken zueinander für ausreichend halte. An der mündlichen Verhandlung hat sie nicht teilgenommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig und im Umfang des beschränkten Widerspruchs auch begründet, da die Vergleichsmarken verwechselbar ähnlich im Sinne von §§ 42 Abs 2 Nr 1, 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG sind.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG ab von der Identität oder Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Waren. Darüber hinaus sind auch alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke. Nach diesen Grundsätzen muß im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr bejaht werden.

Die Vergleichsmarken können sich nach der Beschränkung des Widerspruchs auf identischen (Milch, Milchprodukte) oder sehr ähnlichen Waren (Speiseeis, Getreidepräparate, vgl. Richter/Stoppel, Warenähnlichkeit, 12. Aufl. 2002, S.156, 310) begegnen. Des weiteren richten sich die Waren als Artikel des täglichen Bedarfs an breiteste Verkehrskreise, die auch als durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher solche Waren erfahrungsgemäß häufig mit eher geringerer Aufmerksamkeit gegenüber den Kennzeichnungen erwerben. Angesichts dieser Ausgangslage ist zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr von einem sehr deutlichen Abstand zwischen den Marken auszugehen, der vorliegend unabhängig von der Frage einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht mehr eingehalten wird.

Beim Vergleich der sich gegenüberstehenden Marken auf eine unmittelbare Verwechslungsgefahr hin ist von dem Grundsatz auszugehen, daß auf den Gesamteindruck des jeweiligen Zeichens abzustellen ist. Daß die Widerspruchsmarke 396 07 692 als Kombination von Wort und Bildelementen den Anforderungen an eine Unterscheidung der Marken in ihrer Gesamtheit genügt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Allerdings muß in rechtserheblichem Umfang davon ausgegangen werden, dass die in der Widerspruchsmarke enthaltenen graphischen Elemente vor allem bei der Benennung der Marke in den Hintergrund treten und sich der Verkehr allein an dem herausgestellten Wortbestandteil als die Marke auch in ihrer Gesamtheit prägendem Element orientiert, so dass rechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn bei der Prüfung der Markenähnlichkeit die Markenwörter "mundana" und "montana" isoliert kollisionsbegründend gegenübergestellt werden.

Angesichts der klanglichen wie schriftbildlichen Nähe dieser Wörter, die auf den Großteil des Verkehrs mangels Sachbezug zu den Waren als reine Phantasiebezeichnungen wirken, sind Verwechslungen hier nicht auszuschließen. Beide Zeichenwörter werden von der Lautfolge "M-nd/tana" geprägt, die in beiden Zeichen identisch vorhanden ist. Die unterschiedlichen Vokale "u/o" in der ersten Silbe fallen demgegenüber nicht ausreichend ins Gewicht, zumal sie beide als dunkle Vokale gelten und die Gefahr besteht, daß sie bei zB schlechten Übermittlungsbedingungen im verbalen Bereich untergehen. Im übrigen bieten die Bezeichnungen von der Wort- und Begriffsbildung her auch keine Hilfestellung gegen ein eventuelles Verhören oder ein fehlerhaftes Erinnerungsbild, da der Bezug der angegriffenen Marke als geographischen Angabe allenfalls bei einer markenregisterrechtlich unbeachtlichen analytischen Betrachtung auffällt. Angesichts der starken Übereinstimmungen der Marken und der aufgezeigten Warensituation ergibt sich mithin eine Konstellation, die im System der Wechselwirkung von Waren- und Markenähnlichkeit zwangsläufig zur Annahme einer Verwechslungsgefahr führt.

Die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle waren damit auf die Beschwerde der Widersprechenden im Umfang des beschränkten Widerspruchs aufzuheben. Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen bestand nach der Sach- und Rechtslage keine Veranlassung.

Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Bb Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D64536.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 26.03.2003
Az: 28 W (pat) 67/02


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