Landgericht Bielefeld:
Urteil vom 20. Oktober 2006
Aktenzeichen: 17 O 100/06

(LG Bielefeld: Urteil v. 20.10.2006, Az.: 17 O 100/06)

Tenor

1. Die Beklagte wird entsprechend ihrem Anerkenntnis verurteilt, es zu unterlas-sen, im Wettbewerb handelnd für ihren Geschäftsbetrieb mit der Aussage zu werben „Wir sind eine seit 25 Jahren in Ostwestfalen etablierte und anerkannte Schönheitsklinik und Zahnklinik“.

2. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd Leitun-gen der Zahnheilkunde zu bewerben und/oder anzubieten.

3. Für jeden Fall der zukünftigen schuldhaften Zuwiderhandlung gegen eins der vorstehenden Unterlassungsgebote wird der Beklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monate angedroht, wobei die Ordnungshaft an den Geschäfts-führer der Beklagten zu vollziehen ist.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 189,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.09.2006 zu zahlen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

6. Das Urteil ist hinsichtlich des Ausspruchs zu Ziffer 1 vorläufig vollstreckbar. Im übrigen ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 € vorläu-fig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte, die durch Gesellschaftsvertrag vom 07.11.2001 gegründet und am 04.02.2002 ins Handelsregister eingetragen wurde, betreibt in B. eine Privatkrankenanstalt. Durch Urkunde des Oberbürgermeisters der Stadt B. vom 28.05.2002 (Anlage A 1) erhielt sie die Erlaubnis nach § 30 Gewerbeordnung zum Betrieb einer Privatklinik, die der Durchführung von Schönheitsoperationen und chirurgischen Laserbehandlungen sowie verwandten Behandlungen dient. Die Beklagte hat die Erweiterung der Erlaubnis auf zahnärztliche Leistungen beantragt. Mit Schreiben vom 19.10.2006 teilte der Oberbürgermeister der Stadt B. der Beklagten mit, sie habe nunmehr die dafür erforderlichen Unterlagen vorgelegt, so dass die Erweiterung der Erlaubnis in den nächsten Tagen erteilt werde. Am Tage der mündlichen Verhandlung am 20.10.2006 lag die Erlaubnis noch nicht vor.

Die Beklagte warb am 29.06.2006 im Internet auf ihrer Homepage XXX unter anderem mit dem Satz "Wir sind eine seit 25 Jahren in Ostwestfalen/Lippe etablierte und anerkannte Schönheitsklinik und Zahnklinik" (Anlage A 2). Die Klägerin mahnte sie deshalb mit Schreiben vom 30.06.2006 erfolglos ab; für die Abmahnung verlangt sie Kostenersatz in Höhe von 189,00 Euro.

Die Beklagte warb ferner im Internet am 31.08.2006 mit der Bezeichnung "Zahnklinik" sowie den Leistungen "Zahnästhetik, Zahnaufhellung, Zahnverblendung, Zahnüberkronung, Zahnimplantation, Zahnprothetik, Maryland Klebebrücken, Zahninlays".

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Die Alterswerbung vom 29.06.2006 sei irreführend, weil die Beklagte erst seit Ende 2001/Anfang 2002 bestehe. Die Werbung mit Leistungen der Zahnheilkunde sei unlauter nach § 4 Nr. 11 UWG, weil die Beklagte keine Konzession nach § 30 Gewerbeordnung als Zahnklinik habe und keinen Zahnarzt beschäftige, so dass das Angebot zahnärztlicher Leistungen gegen § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde verstoße. Die von der Beklagten angegebenen Zahnärzte Dr. C. und Dr. Dr. O. seien in Wahrheit nicht für die Beklagte tätig. Dr. C. sei 84 Jahre alt; er habe in einem berufsgerichtlichen Verfahren am 12.05.2006 selbst vorgetragen, er sei für die Beklagte nur zahnärztlichkonsiliarisch tätig geworden, und zwar in geringem Umfange und unentgeltlich. Der Arzt Dr. Dr. O. wohne in Glücksburg; dass er für die Beklagte tätig sei, sei unglaubhaft; wenn er bei der Beklagten Leistungen erbrächte, müsste er bei der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe gemeldet sein; das sei er aber nicht. Es sei auch zu bestreiten, dass er überhaupt approbierter Zahnarzt sei.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte erkennt den Klageantrag 1) unter Protest gegen die Kosten an. Im übrigen beantragt sie,

die Klage abzuweisen.

Zum Klageantrag zu 1) führt sie aus, an sich sei ihr Hinweis auf eine 25jährige Erfahrung nicht falsch, weil die Ärzte Dr. Dr. O. und Dr. C. eine so lange Berufserfahrung aufwiesen. Gleichwohl habe sie inzwischen den Internetauftritt, der nur versehentlich erfolgt sei, geändert. Sie erkenne aber nur unter Protest gegen die Kosten an, weil die Klägerin in ihrer Abmahnung zu Unrecht auch die Existenz der Beklagten als Zahnklinik abgemahnt habe.

Der Unterlassungsantrag zu 2) sei hingegen unbegründet. Die Beklagte dürfe Leistungen der Zahnheilkunde bewerben. Aus § 30 Gewerbeordnung könne die Klägerin keine Rechte herleiten, weil das eine reine Ordnungsvorschrift sei; außerdem sei die Erlaubnis bereits beantragt und werde in Kürze vorliegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und ihre protokollierten Erklärungen im Termin am 20.10.2006 Bezug genommen.

Die Klägerin hat während des Rechtsstreits angekündigt, den Klageantrag zu 2) vorsorglich dahin konkretisieren zu wollen, dass die Beklagte es zu unterlassen habe, im Wettbewerb handelnd Leistungen der Zahnheilkunde zu bewerben und/oder anzubieten, solange ihr die nach § 30 Gewerbeordnung erforderliche Erlaubnis zur Erbringung von Leistungen der Zahnheilkunde nicht vorliege und/oder die beworbenen/angebotenen Leistungen nicht von einem approbierten Zahnarzt erbracht würden. In der mündlichen Verhandlung ist jedoch der Antrag in der ursprünglichen, oben aufgeführten Form gestellt worden.

Gründe

1. Der Antrag zu 1) ist von der Beklagten anerkannt worden. Insoweit ergeht Anerkenntnisurteil.

2. Der Unterlassungsantrag zu 2) ist begründet.

Die Beklagte hat es nach gegenwärtigem Sachstand zu unterlassen, Leistungen der Zahnheilkunde zu bewerben und/oder anzubieten. Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG zu.

Die Beklagte hat in ihrem Internetauftritt vom 31.08.2006 zahnärztliche Leistungen beworben. Ihr Internetauftritt verstößt insoweit gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 30 Gewerbeordnung. Denn ohne die nach § 30 Gewerbeordnung geforderte Konzession darf ein Privatkrankenhaus mit stationärer Behandlung, wie es die von der Beklagten beworbene Zahnklinik ist, nicht betrieben werden.

Die genannte Vorschrift bezweckt unter anderem den Schutz von Patienten vor einer stationären Behandlung, bei der die medizinische Versorgung nicht ausreichend gewährleistet ist. Es handelt sich daher um keine bloße Ordnungsvorschrift, sondern um eine gesetzliche Vorschrift, die im Interesse von Marktteilnehmern - nämlich der Verbraucher - das Marktverhalten regelt (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht 23. Auflage, § 4 UWG Randnummer 11.49).

Es ist Wiederholungsgefahr gegeben. Zwar spricht das vorgelegte Schreiben des Oberbürgermeisters der Stadt B. dafür, dass die Beklagte in Kürze die erforderliche Erlaubnis erhält. Sie ist aber noch nicht erteilt. Die Beklagte hat bereits vor längerer Zeit die Erlaubnis beantragt, offenbar zunächst nicht die erforderlichen Unterlagen vorgelegt und gleichwohl in diesem Zeitraum mit zahnärztlichen Leistungen geworben. Angesichts dieses dauerhaften Gesetzesverstoßes ist nicht ausreichend sichergestellt, dass die Beklagte in der bis zur Erteilung der Erlaubnis vergehender Zeit nicht ihre Werbung und ihr Angebot wiederholt. Ein solcher erneuter Verstoß wäre wegen der auf dem Spiel stehenden Patienteninteressen auch nicht unerheblich im Sinne des § 3 UWG.

Darauf, ob die Beklagte einen approbierten Zahnarzt beschäftigt bzw. jederzeit zuziehen kann, kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an.

3. Die Androhung von Ordnungsmitteln beruht auf § 890 ZPO.

4. Die Beklagte schuldet aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag die Kosten der Abmahnung vom 30.06.2006 in Höhe von 189,00 Euro.

Die Abmahnung war im vollem Umfange gerechtfertigt, was sich letztlich bereits aus dem Anerkenntnis der Beklagten ergibt. Denn der Inhalt der Abmahnung ist mit dem Klageantrag zu 1), den die Beklagte anerkannt hat, identisch.

Die Klägerin hat im damaligen Schreiben die Bezeichnung als Zahnklinik nicht abgemahnt; es ging um die Werbung mit einem Alter von 25 Jahren.

Auf den geschuldeten Betrag hat die Beklagte Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Auch soweit die Beklagte anerkannt hat, ist sie im Sinne dieser Vorschrift unterlegen. Die Ausnahme des § 93 ZPO greift nicht ein, weil die Beklagte zwar den Klageantrag zu 1) sofort anerkannt, aber Veranlassung zur Klage gegeben hat. Denn sie ist vorprozessual abgemahnt worden, hat aber die geforderte Erklärung nicht abgegeben. Es trifft nicht zu, dass die Abmahnung sich auch mit der Bezeichnung der Beklagten als Zahnklinik befasst hätte. Selbst wenn das aber der Fall wäre, hätte die Beklagte im übrigen, soweit die Abmahnung gerechtfertigt gewesen wäre, sich unterwerfen müssen.

Die Beklagte hat auch im übrigen als Unterlegene die Kosten zu tragen. Soweit die Klägerin eine vorsorgliche Konkretisierung des Klageantrages zu 2) angekündigt, dann aber doch beim ursprünglichen Antrag verblieben ist, mag dahinstehen, ob darin eine teilweise Rücknahme zu sehen ist. Jedenfalls wäre eine solche Rücknahme als geringfügig zu beurteilen. Sie hat auch keine höheren Kosten verursacht. Es ist deshalb angemessen, nach §§ 269 Abs. 3, 92 Abs. 2 ZPO der Beklagten alle Kosten aufzuerlegen.

6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 1, 709 ZPO.






LG Bielefeld:
Urteil v. 20.10.2006
Az: 17 O 100/06


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