Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. September 2010
Aktenzeichen: 24 W (pat) 15/09

(BPatG: Beschluss v. 28.09.2010, Az.: 24 W (pat) 15/09)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentund Markenamts vom 9. September 2005 und vom 16. Januar 2009 aufgehoben.

Gründe

I.

Die am 1. April 2004 angemeldete WortmarkenetEstatewar ursprünglich für folgende Waren und Dienstleistungen bestimmt:

"9: Digitale Datenträger mit darauf aufgezeichneten Datenverarbeitungsprogrammen; digitale Datenträger mit darauf aufgezeichneten Textund/oder Bilddokumenten; Computer und deren Teile; Internetrouter; Internet-Firewall-Rechner; Netzwerk-Hubs; Netzwerk-Switches 38: Telekommunikation; Bereitstellen von Informationen im Internet; Bereitstellen von Internetzugängen (Software); Bereitstellung von Plattformen im Internet; Bereitstellung von Portalen im Internet; Betrieb von Chatlines, Chatrooms und Foren; E-Mail-Dienste; Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internetadressen (Webmessaging); Betrieb von DNS-Nameservern für Dritte im Internet; Betrieb von Web-Content-Management-Systemen für Dritte im Internet; Betrieb von Internet-Firewalls für Dritte; Dienstleistungen des Erbringens von Internetdiensten für Dritte; alle vorgenannten Dienstleistungen ausgenommen solche, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Vermarktung oder Bewirtschaftung von Grundstücken oder anderen Immobilien stehen 42: Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; Aktualisieren von Internetseiten; Beratung bei der Gestaltung von Homepages und Internetseiten; Beratung für Telekommunikationstechnik; Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen; Datenverwaltung auf Servern; Erstellen von Webseiten; EDV-Beratung; Hardund Softwareberatung; Installieren von Computerprogrammen; Konvertieren von Computerprogrammen und Daten (ausgenommen physische Veränderung); Vergabe und Registrierung von Domainnames; Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites für Dritte (Hosting); Vermietung von Speicherplatz im Internet; Vermietung von Webservern; Wartung von Internetzugängen; Zur-Verfügung-Stellen von Platz im Rechenzentrum für Dritte zur Aufnahme von Serverrechnern mit Anbindung an das Internet (co-Location); EDV-Dienstleistungen; Gestaltung von Websites; Vermietung von EDV-Systemen; Wartung von EDV-Systemen; Vermietung von Software; Erstellung, Pflege und Wartung von Software; Erstellung und Pflege von Datenbanken für Dritte; technische EDV-Dienstleistungen für Dritte; alle vorgenannten Dienstleistungen ausgenommen solche, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Vermarktung oder Bewirtschaftung von Grundstücken oder anderen Immobilien stehen."

Seitens der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentund Markenamts ist die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung in einem ersten Beschluss vom 9. September 2005 wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen worden. Der Bestandteil "net" stelle die Kurzform von "Internet" dar, der Begriff "estate" bedeute "Vermögen, Eigentum, Gesamtbesitz, Konkursmasse, Nachlass" (unter Hinweis auf Wörterbücher). Beide Begriffe ergänzten sich nicht zu einer Gesamtaussage, könnten aber einen Hinweis auf Bestimmung, Verwendung und Inhalt der beanspruchten Waren und Dienstleistungen vermitteln.

Die Anmelderin hat Erinnerung eingelegt und ein geändertes Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen vorgelegt (Schriftsatz vom 4. Dezember 2006), welches sog. Disclaimer enthält, bei denen es sich aber um "Formulierungsversuche" handeln soll.

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle hat die Erinnerung in einem zweiten Beschluss vom 16. Januar 2009 zurückgewiesen. Dieser setzt sich im Wesentlichen mit der Bedeutung der sog. Disclaimer auseinander.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und zur Begründung u. a. vorgetragen, zwischen dem Sinngehalt der Marke und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen bestehe kein konkreter Bezug, der sich den beteiligten Verkehrskreisen unmittelbar aufdrängen würde.

In der mündlichen Verhandlung am 28. September 2010 hat die Anmelderin die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle beantragt, mit der Maßgabe, dass das mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2006 (Bl. 64/65 d. A.) eingereichte Warenund Dienstleistungsverzeichnis zurückgezogen wird und das ursprüngliche Waren und Dienstleistungsverzeichnis wie folgt modifiziert wird Klasse 9: unverändert Klasse 38: -vor dem Begriff "Telekommunikation" wird eingefügt: "technische Dienstleistungen der"

-gestrichen werden: "Bereitstellen von Informationen im Internet; Bereitstellung von Plattformen im Internet; Bereitstellung von Portalen im Internet; Betrieb von Chatlines, Chatrooms und Foren; E-Mail-Dienste; Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internet-Adressen (Web-Messaging); Dienstleistungen des Erbringens von Internet-Diensten für Dritte"

Klasse 42: -gestrichen werden: "Aktualisieren von Internetseiten; Erstellen von Webseiten; EDV-Dienstleistungen" sowie die Worte "Erstellung und" vor "Pflege von Datenbanken..."

-die Angabe "Zur-Verfügung-Stellen von Platz..." wird ersetzt durch die Angabe "Vermietung von Platz..."

-die Angabe "Wartung von EDV-Systemen" wird ersetzt durch die Angabe "Wartung von Hardund Software-Systemen".

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin (§ 66 MarkenG) ist nach den in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Änderungen des Warenund Dienstleistungsverzeichnisses -teils Streichungen, teils Klarstellungen -in der Sache begründet.

Die angemeldete Bezeichnung "netEstate" verfügt über die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Eignung, die betriebliche Herkunft so gekennzeichneter Waren und Dienstleistungen in den Klassen 9, 38 und 42, welche die Anmelderin beansprucht, anzeigen zu können; mithin kommt ihr das nach der Rechtsprechung notwendige (Mindest-)Maß an Unterscheidungskraft zu (vgl. Ströbele in: Ströbele/ Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 41, 42 m. w. Nachw.).

Die Bezeichnung "net estate" ist ein in der englischen Sprache in seiner Bedeutung feststehender (vor allem erbrechtlicher) Begriff, der im Deutschen etwa mit "Netto-Nachlass" wiedergegeben werden kann. In Internet-Veröffentlichungen finden sich folgende Definitionen:

http://legaldictionary.thefreedictionary.com/net+estate. net estate n. the remaining estate of a person who has died, calculated by taking the value of all assets and subtracting all debts of the person who died, including funeral costs, expenses of administering the estate, and any other allowable deductions. The federal estate tax (and/or state inheritance tax where it exists) is then based on the net estate value. (See: gift tax)

http://www.investorwords.com/3246/net_estate.html. The part of an estate which remains after all deductions for administering the estate have been made; the net estate is what is given to the beneficiaries.

Unabhängig davon, ob sich deutschen (allgemeinen) Publikumskreisen dieser Bedeutungsgehalt ohne weiteres erschließt, ist es nicht geboten, auf sonstige -eher fernliegende -Verständnismöglichkeiten abzustellen. Mit einem "net estate" im aufgezeigten Sinn haben die von der Anmelderin (jetzt noch) beanspruchten Waren und Dienstleistungen nichts zu tun. Die angemeldete Marke "netEstate" ist daher weder unmittelbar warenund dienstleistungsbeschreibend nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG -auf diesen Zurückweisungsgrund ist die Entscheidung der Markenstelle auch nicht gestützt -noch entbehrt sie der für eine Eintragung erforderlichen Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle können deshalb keinen Bestand haben und sind auf die Beschwerde hin aufzuheben.

Prof. Dr. Hacker Dr. Mittenberger-Huber Viereck Fa






BPatG:
Beschluss v. 28.09.2010
Az: 24 W (pat) 15/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/46ae3cd95162/BPatG_Beschluss_vom_28-September-2010_Az_24-W-pat-15-09


Admody

Rechtsanwälte Aktiengesellschaft


service@admody.com

0511 60 49 81 27 ☏

Kontaktformular ✎

Rückrufbitte ✆

Admody RAe AG
Theaterstraße 14 C
30159 Hannover
Deutschland

www.admody.com ▸





Für Recht.
Für geistiges Eigentum.
Für Schutz vor unlauterem Wettbewerb.
Für Unternehmen.
Für Sie.



 



§
Justitia

Bundesweite Dienstleistungen:

  • Beratung
  • Gerichtliche Vertretung
  • Außergerichtliche Vertretung

Rechtsgebiete:

Gewerblicher Rechtsschutz

  • Wettbewerbsrecht
  • Markenrecht
  • Domainrecht
  • Lizenzrecht
  • Designrecht
  • Urheberrecht
  • Patentrecht
  • Lauterkeitsrecht
  • Namensrecht

Handels- & Gesellschaftsrecht

  • Kapitalgesellschaftsrecht
  • Personengesellschaftsrecht
  • Handelsgeschäftsrecht
  • Handelsstandsrecht
  • Internationales Kaufrecht
  • Internationales Gesellschaftsrecht
  • Konzernrecht
  • Umwandlungsrecht
  • Kartellrecht
  • Wirtschaftsrecht

IT-Recht

  • Vertragsrecht der Informationstechnologien
  • Recht des elektronischen Geschäftsverkehrs
  • Immaterialgüterrecht
  • Datenschutzrecht
  • Telekommunikationsrecht



Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share









Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft






Jetzt Kontakt aufnehmen:


service@admody.com

☏ 0511 60 49 81 27

✎ Kontaktformular

✆ Rückrufbitte





Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft Stamp Logo




Hinweise zur Urteilsdatenbank:
Bitte beachten Sie, dass das in der Urteilsdatenbank veröffentlichte Urteil weder eine rechtliche noch tatsächliche Meinung der Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft widerspiegelt. Es wird für den Inhalt keine Haftung übernommen, insbesondere kann die Lektüre eines Urteils keine Beratung im Einzelfall ersetzen. Bitte verlassen Sie sich nicht darauf, dass die Entscheidung in der hier angegeben Art und Weise Bestand hat oder von anderen Gerichten in ähnlicher Weise entschieden werden würde.

Sollten Sie sich auf die angegebene Entscheidung [BPatG: Beschluss v. 28.09.2010, Az.: 24 W (pat) 15/09] verlassen wollen, so bitten Sie das angegebene Gericht um die Übersendung einer Kopie oder schlagen in zitierfähigen Werken diese Entscheidung nach.
Durch die Bereitstellung oder Zusammenfassung einer Entscheidung wird weder ein Mandatsverhähltnis begründet noch angebahnt.
Sollten Sie eine rechtliche Beratung und/oder eine Ersteinschätzung Ihres Falles wünschen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.


"Admody" und das Admody-Logo sind registrierte Marken von
Rechtsanwalt Sebastian Höhne, LL.M., LL.M.

29.03.2024 - 10:26 Uhr

Tag-Cloud:
Rechtsanwalt Domainrecht - Rechtsanwalt Internetrecht - Rechtsanwalt Markenrecht - Rechtsanwalt Medienrecht - Rechtsanwalt Wettbewerbsrecht - Mitbewerber abmahnen lassen - PayPal Konto gesperrt


Aus der Urteilsdatenbank
OLG Hamm, Beschluss vom 22. Mai 2007, Az.: 27 W 58/06VG Berlin, Urteil vom 23. Oktober 2013, Az.: 2 K 294.12LG Düsseldorf, Urteil vom 22. Juli 2004, Az.: XIV 5/03BPatG, Beschluss vom 11. November 2002, Az.: 14 W (pat) 16/01AGH des Landes Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. August 2005, Az.: 1 ZU 46/04BPatG, Beschluss vom 17. Dezember 2001, Az.: 30 W (pat) 219/00BPatG, Beschluss vom 23. Mai 2007, Az.: 32 W (pat) 28/05BGH, Beschluss vom 21. September 2000, Az.: I ZB 37/98BPatG, Beschluss vom 15. April 2004, Az.: 10 W (pat) 47/01BPatG, Beschluss vom 8. Juni 2004, Az.: 33 W (pat) 360/02