Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. November 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 3/04

(BPatG: Beschluss v. 24.11.2004, Az.: 32 W (pat) 3/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 23. Mai 2001 für zahlreiche Dienstleistungen unterschiedlicher Klassen zur Eintragung in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts angemeldete Wortfolge Rügen Radiohat die Markenstelle für Klasse 41 nach vorangegangener Beanstandung in einem ersten Beschluss vom 13. Dezember 2002 hinsichtlich folgender Dienstleistungen zurückgewiesen:

Ausstrahlung von drahtgebundenen und drahtlosen Fernsehprogrammen, Hörfunksendungen, Rundfunksendungen und Nachrichtenübertragungen; elektronische Nachrichtenübermittlung; Funkdienst; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Telekommunikations-Dienstleistungen, nämlich Verkehrsinformationsdienste; Übermittlung von Nachrichten; Information über Veranstaltungen; Musikdarbietungen; Rundfunkunterhaltung; Zusammenstellung von Rundfunkprogrammen.

Die Ostseeinsel Rügen sei die größte Insel Deutschlands und habe über 78.000 Einwohner. Die angemeldete Marke bezeichne mithin Radio von der Insel Rügen und stelle damit für die zurückgewiesenen Dienstleistungen lediglich eine beschreibende Sachangabe bezüglich deren Thematik, Bestimmung und geografischer Herkunft dar. Der angesprochene Verkehr werde diese Bedeutung sofort erkennen, weil die Leistungen einer Rundfunkanstalt ebenso bekannt seien wie Wortverbindungen von "Radio" mit einer geografischen Bezeichnung. Zum Leistungsumfang einer modernen Radiostation gehörten auch Telekommunikationsdienstleistungen (unter Hinweis auf beigefügte Belege aus dem Internet). Die als Marke angemeldete Bezeichnung unterliege einem erheblichen Freihalteinteresse der Allgemeinheit, auch im Hinblick auf eine etwaige zukünftige Verwendung; zudem fehle ihr jegliche Unterscheidungskraft.

Die Erinnerung des Anmelders hat die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle durch Beschluss vom 13. Oktober 2003 zurückgewiesen. Die Erinnerungsprüferin ist ebenfalls der Auffassung, dass die angemeldete Bezeichnung nicht unterscheidungskräftig und freihaltebedürftig sei.

Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt. Er erstrebt die Aufhebung der Beschlüsse der Markenstelle und die Eintragung der angemeldeten Marke auch für die versagten Dienstleistungen.

Unter teilweiser Bezugnahme auf seine Ausführungen im patentamtlichen Verfahren vertritt er die Ansicht, die angemeldete Marke verfüge über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Es handele sich um eine betriebliche Herkunftskennzeichnung, welche eine Abgrenzung der angebotenen Dienstleistungen von denen anderer Mitbewerber ermögliche. Der Verkehr sei in der Lage, zwischen verschiedenen Rundfunkanbietern und deren Produkten allein aufgrund der Namensgebung zu unterscheiden. Ein im Zeitpunkt der Prüfung der Markenanmeldung tatsächlich vorhandenes, aktuelles Freihaltungsbedürfnis sei nicht ausreichend belegt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass auf der Insel Rügen weitere regionale Radiostationen errichtet würden. Im Übrigen würden die Interessen etwaiger Mitbewerber durch die Regelung des § 23 MarkenG ausreichend geschützt.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Amtsakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet, weil einer Registrierung der als Marke angemeldeten Wortfolge das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen steht. Danach sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft, der Zeit der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale dienen können.

Gerade in der Zusammenfassung der beiden Einzelwörter ergibt sich vorliegend für die von der Markenstelle versagten Dienstleistungen ein beschreibender Sinngehalt. In Verbindung mit einer geografischen Angabe wie Rügen bezeichnet das Wort Radio nämlich nicht den Radioapparat, d.h. das Empfangsgerät für Rundfunksendungen, sondern den Sender bzw. Veranstalter von Rundfunksendungen (Hörfunk ebenso wie Fernsehen), und zwar unabhängig davon, ob dieser nun als öffentlichrechtliche Anstalt verfasst oder privatrechtlich organisiert ist. Dass es im In- und Ausland derart benannte, vergleichbare Rundfunksender gibt, hat die Markenstelle anhand von Internetseiten ausreichend belegt; der Anmelder will dies wohl auch nicht in Abrede stellen. Insoweit ist auch nicht maßgeblich, ob die geografische Bezeichnung dem Wort Radio vor- oder nachgestellt ist. Rügen Radio bezeichnet deshalb einen Rundfunksender, der auf dieser Insel angesiedelt ist und/oder ein Programm ausstrahlt, welches - zumindest hinsichtlich seines Informationsteils - vorwiegend für die Bewohner und Gäste dieser Insel von Interesse ist.

Dass es einen so bezeichneten Sender auf bzw. für Rügen geben könnte, liegt im Zuge der Regionalisierung und Privatisierung des Rundfunkwesens keineswegs fern. Rügen ist eine - für deutsche Verhältnisse - große Insel mit keiner unbeträchtlichen Zahl von ständigen Bewohnern; darüber hinaus stellt diese Insel aber auch ein bedeutendes Ferien- und Erholungsgebiet dar, das von Besuchern aus ganz Deutschland und darüber hinaus aufgesucht wird. Angesichts der Größe und der Bedeutung dieser Insel als Erholungsgebiet und Urlaubsziel kann auch nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass mehr als ein Interessent an der Ausstrahlung von Rundfunksendungen mit einem entsprechenden regionalen Schwerpunkt vorhanden ist. Die als solche zweifelsfrei vorhandene Eignung der angemeldeten Wortfolge, in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen deren Art, Bestimmung und geografische Verbreitung zu beschreiben, kann nicht unter Hinweis auf eine angeblich fehlende Konkurrenzsituation verneint werden. Das der Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zugrunde liegende Allgemeininteresse an der Freihaltung einer solchen Bezeichnung besteht unabhängig davon, ob aktuell Mitbewerber des Anmelders vorhanden sind. Denn es kann - wie ausgeführt - nicht ausgeschlossen werden, dass solche in Zukunft in Erscheinung treten werden.

Die Regelung des § 23 Nr. 2 MarkenG, auf die sich der Anmelder bezogen hat, ist nicht geeignet, ein vorhandenes Eintragungshindernis i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 zu relativieren (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 23 Rdn. 23 m.w.Nachw.). Der Regelungsgehalt beider Bestimmungen ist nämlich ein unterschiedlicher. Schutzzweck des Eintragungsverbots nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es, bereits im Registerverfahren die Entstehung von Fehlmonopolisierungen bei beschreibenden Angaben zu verhindern. § 23 Nr. 2 MarkenG stellt demgegenüber eine zusätzliche Sicherung der Mitbewerber bei der Verwendung derartiger beschreibender Angaben dar. Die negativen Folgen einer etwaigen Fehleintragung sollen abgemildert werden, die Regelung stellt aber keine Rechtfertigung dafür dar, die gebotene gründliche und umfassende Prüfung der Schutzhindernisse im Registrierungsverfahren zu beschränken (vgl. Ströbele/Hacker, aaO, § 8 Rdn. 246).

Der Senat sieht auch keine Möglichkeiten, hinsichtlich der streitbefangenen Dienstleistungen weiter zu differenzieren. Denn die Grenzen zwischen der Ausstrahlung herkömmlicher Rundfunk- und Fernsehprogramme und sonstiger Informationsübermittlung, z.B. auf elektronischem Wege, sind fließend.

Ob einer Eintragung der angemeldeten Marke zusätzlich auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) entgegen steht, kann dahingestellt bleiben.

Auf Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG hat der Anmelder sein Eintragungsbegehren nicht gestützt.

Viereck Müllner Kruppa Hu






BPatG:
Beschluss v. 24.11.2004
Az: 32 W (pat) 3/04


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