Landgericht Aachen:
Urteil vom 3. Juni 2008
Aktenzeichen: 41 O 64/07

(LG Aachen: Urteil v. 03.06.2008, Az.: 41 O 64/07)

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Nebeninterventionen auf Klägerseite sind unzulässig.

Die Gerichtskosten tragen die Kläger zu jeweils 1/9.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Klägerinnen zu 1, 3, 5, 6, 7, 8 und 9 jeweils zu 1/8 und die Kläger zu 2. und 4. zu jeweils 1/16.

Die Kosten der Nebenintervention auf Beklagtenseite tragen die Klägerinnen zu 1, 3, 5, 6, 7, 8 und 9 zu jeweils 1/7.

Im übrigen tragen die Kläger sowie die Nebenintervenienten auf Klägerseite ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zur Vollstreckung kommenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses der Beklagten.

Diese ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in B. Sie ist eine der führenden Software-Hersteller von "Unified Communications" Lösungen für mittelgroße und große Unternehmen.

Im Juni 2003 erwarb die T AG insgesamt 51,51 % der Aktienstimmrechte. Infolge des Kontrollerwerbs führte die T AG von Juli bis September 2003 ein Pflichtangebot zum Ankauf von Aktien durch, was dazu führte, dass sich ihr Anteilsbesitz auf 86,21 % aufstockte. Dieser Besitz wurde im weiteren Verlauf auf 85,33 % gesenkt.

Mit Vertrag vom 18. Dezember 2006 brachte die T AG die von ihr gehaltenen Anteile an der Beklagten mit Wirkung zum 02. Januar 2007 in die D (im Folgenden "D KG") ein, die dadurch Mehrheitsaktionärin der Beklagten wurde.

Mit Datum vom 16./19. März 2007 schloss die Beklagte mit der D KG einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der gemäß den §§ 304, 305 Aktiengesetz einen Ausgleich bzw. eine Abfindung für die Aktionäre vorsah und legte gemäß § 293 lit. a AktG einen gemeinsamen Vertragsbericht vor. Vor Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages hatte die Pricewaterhouse Coopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden "Q") mit Datum vom 06. März 2007 ein Gutachten zum Unternehmenswert der Beklagten erstellt.

Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wurde wiederum von der C GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden "C") geprüft und die Ergebnisse in einem Prüfungsbericht vom 20. März 2007 vorgelegt.

Die Beklagte berief mit Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger vom 23. März 2007 ihre ordentliche Hauptversammlung 2007 für den 03. Mai 2007 in Aachen ein.

In dieser Einladung wurde die Hauptversammlung unter dem Tagesordnungspunkt 5 um Zustimmung zum Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 16./19. März 2007 gebeten.

Die Aktionäre wurden in der Einladung aufgefordert, einen Berechtigungsnachweis vorzulegen. Im Wortlaut hieß es dazu:

"Der Berechtigungsnachweis hat sich auf den Beginn des 21. Tages vor der Hauptversammlung, d. h. den 12. April 2007 (0:00 Uhr), zu beziehen."

Die Hauptversammlung am 03. Mai 2007 dauerte insgesamt 8,5 Stunden. Ihr Verlauf wurde durch einen Notar protokolliert. Den überwiegenden Teil der Hauptversammlung machte eine Generaldebatte von 6 Stunden aus, in deren Rahmen von Aktionären gestellte Fragen beantwortet wurden.

Im Anschluss kam es zur Abstimmung unter Anderem über den Tagesordnungspunkt 5. Dabei stimmte die Hauptversammlung mit 6.639.735 Ja-Stimmen dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zu. Es gab 531.324 Nein-Stimmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Protokolls wird verwiesen auf die notarielle Niederschrift der Hauptversammlung vom 03. Mai 2007, Anlage B 4 zur Klageerwiderungsschrift.

Am 14. September 2007 wurde der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ins Handelsregister eingetragen.

Die Kläger sind der Ansicht, dass der gefasste Beschluss auf der Hauptversammlung aus mehreren Gründen unwirksam sei.

So entspräche der in der Einladung zur Hauptversammlung geforderte Berechtigungsnachweis nicht § 19 Abs. 2 Satz 2 der Satzung der Beklagten, da nach dieser Regelung der Berechtigungsnachweis zu keinem bestimmten Zeitpunkt, wie in der Einladung verlangt, sondern irgendwann im Verlaufe des 21. Tages vor der Hauptversammlung vorliegen müsse.

Des weiteren sind die Kläger der Ansicht, dass der von dem Vorstand der Beklagten vorgelegte Vertragsbericht nicht den Anforderungen des § 293 lit. a Abs. 1, 1. Halbsatz AktG entspräche, da er nicht umfassend genug die Aktionäre über die Vor- und Nachteile des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages informiere. Insbesondere gebe es keine Informationen zur Bonität, Liquidität und dem Haftungskapital der D KG, was zur Meinungsbildung der Aktionäre aber notwendig sei.

Darüber hinaus sei auch die Vertragsprüfung durch C nicht ordnungsgemäß erfolgt, da diese pauschal die Ergebnisse des Gutachtens von Q bestätigt hätten, ohne eine Begutachtung vorzunehmen.

Die Kläger sind ferner der Ansicht, die Beklagte habe in der Hauptversammlung ihr Informationsinteresse gem. § 131 AktG verletzt, da nicht alle Fragen zu dem Tagesordnungspunkt 5 beantwortet worden seien. Insbesondere, so trägt es der Kläger zu 6. vor, seien Fragen in Bezug auf den T-Skandal nicht beantwortet worden.

Die Kläger zu 5. bis 8. sind zudem der Auffassung, dass die Beklagte gegen die aus § 129 AktG resultierende Pflicht zur Aufstellung einer Präsenzliste verstoßen habe, da das Verzeichnis der erschienenen oder vertretenen Aktionäre nicht bereits vor der ersten Abstimmung vorgelegen habe.

Schließlich sei die in dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vorgesehene Abfindung bzw. der Ausgleich nicht ordnungsgemäß festgelegt worden, jedenfalls der Höhe nach unangemessen und stelle damit eine Benachteiligung der außenstehenden Aktionäre dar.

Die Kammer hat die durch Beschluss zunächst getrennt geführten Verfahren der Kläger miteinander verbunden. Die Klägerinnen zu 2. und 4. haben mit Schreiben vom 16. Juli 2007 bzw. vom 31. August 2007 ihre Klagen zurückgenommen.

Die verbleibenden Kläger beantragen, teilweise mit unterschiedlichem Wortlaut, sinngemäß dasselbe, nämlich,

den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 03. Mai 2007 zum Tagesordnungspunkt 5

"Beschlussfassung über die Zustimmung zu einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der D KG als herrschende Gesellschaft"

für nichtig zu erklären.

Mit Ausnahme der Klägerin zu 1. beantragen die anderen Kläger zudem hilfsweise die Feststellung, dass der oben wiedergegebene Beschluss nichtig ist, äußerst hilfsweise, dass er unwirksam ist.

Wegen des genauen Wortlauts der einzelnen Anträge wird verwiesen auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 22.04.2008 mit den dortigen weiteren Verweisungen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass ihr Hauptversammlungsbeschluss wirksam zustande gekommen sei. Insbesondere sei die Einladung zur Hauptversammlung nicht fehlerhaft, da sie den Vorgaben in § 123 Abs. 3 Satz 3 AktG entspreche.

Außerdem sei die Präsenzliste bereits vor der ersten Abstimmung erstellt worden, wie es sich der notariellen Abschrift der Hauptversammlung entnehmen lasse.

Der Vertragsbericht erfülle zudem die gesetzlichen Anforderungen nach § 293 lit. a Abs. 1, 1. Halbsatz AktG, weil er ausführlich das rechtliche Für und Wider des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages erläutere.

Des weiteren sei in der Hauptversammlung auch nicht das Informationsinteresse der Kläger nach § 131 AktG verletzt worden. Alle von den Klägern bzw. deren Vertretern gestellten Fragen seien umfassend beantwortet worden.

Zudem ist die Beklagte der Meinung, dass im Rahmen der Anfechtungs- Nichtigkeitsklage keine Überprüfung der Angemessenheit des vertraglich vorgesehenen Ausgleichs bzw. der Abfindung erfolgen dürfe. Dies sei alleine Gegenstand des Spruchverfahrens.

Schließlich ist die Beklagte der Ansicht, dass die Klage der Klägerin zu 8 unbegründet sei, da diese nicht an der Hauptversammlung teilgenommen habe. Hinsichtlich des Klägers zu 3. rügt die Beklagte, dass dessen Klage nicht rechtzeitig eingegangen sei.

Darüber hinaus hält die Beklagte den Beitritt beider Streithelfer der Klägerin wegen Verfristung für unwirksam.

Der Streithelfer der Kläger zu 1., N, ist mit am 10. August 2007 bei dem Landgericht eingegangenem Faxschreiben dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beigetreten. Der Streithelfer der Kläger zu 2. (T1 GmbH & Co. KG) ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger mit am 14. August per Fax bei dem Landgericht Köln eingegangenem Schriftsatz beigetreten.

Der Streithelfer auf Beklagtenseite ist mit am 10. August 2007 per Fax eingegangenem Schriftsatz auf Beklagtenseite beigetreten.

Sämtliche Streithelfer schließen sich den Anträgen der von ihnen unterstützten Hauptpartei an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 22.04.2008 und der dort erwähnten in der Hauptverhandlung vorliegenden Akten. Des weiteren wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst den von ihnen zu den Akten gereichten Unterlagen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet (siehe dazu unter I.).

Der Beitritt der Streithelferin auf Klägerseite ist unwirksam (siehe dazu unter II.)

I.

Es kann nach Auffassung der Kammer dahinstehen, ob sämtliche Kläger substantiiert dargelegt und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß nachgewiesen haben, dass sie zum für die Anfechtung maßgeblichen Zeitpunkt Aktionäre der Beklagten gewesen sind und auch zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage waren.

Darüber hinaus ist es für die Entscheidung des Rechtsstreits auch ohne Belang, ob sämtliche anfechtende Aktionäre bei der Hauptversammlung am 03. Mai 2007 zugegen und Widerspruch gegen den gefassten Beschluss zu Protokoll erklärt haben.

Auch kommt es nicht darauf an, ob die Kläger auf Grund der Handelsregistereintragung des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses ihren Klageantrag auf einen Schadensersatzanspruch hätten umstellen müssen (vgl. Büchel, ZIP 2006, 2289).

Selbst wenn man zugunsten der Kläger davon ausgehen würde, dass sämtliche dieser Anforderungen zu ihren Gunsten erfüllt sind, so ist die Klage dennoch unbegründet. Denn der angefochtene Hauptversammlungsbeschluss ist wirksam zustande gekommen.

a)

Die Formulierung in der Einladung zur Hauptversammlung führt nicht zur Unwirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses.

Die Forderung an die Aktionäre, einen Berechtigungsnachweis vorzulegen, der sich auf den Beginn des 21. Tages vor der Hauptversammlung, also dem 12. April 2007, um 0:00 Uhr bezog, entspricht den gesetzlichen Anforderungen des § 123 Abs. 3 Satz 3 AktG. Das darin geregelte sogenannte "record date" sieht vor, dass die Legitimation des Aktionärs zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegen muss, nämlich genau zu Beginn des 21. Tages vor der Hauptversammlung.

Dieser Regelung kann auch die Satzung der Beklagten nicht entgegenstehen. Zwar weist § 19 Abs. 2 Satz 2 der Satzung auf keinen Zeitpunkt, sondern auf den Zeitraum des 21. Tages hin. Jedoch ist diese Regelung nicht gesetzeskonform. § 123 Abs. 3 Satz 3 AktG ist zwingendes Recht und kann durch eine Satzung nicht zugunsten oder ungunsten der Aktionäre abbedungen werden (vgl. Begr RegE BT-Dr. 15/5092, S. 14; Simon/Zetsche NZG 2005, 369, 373; Spintlei, NZG 2005, 825, 827; Kammerbeschluss vom 6.9.2007 - 41 O 85/07).

Die Satzung der börsennotierten Beklagten muss deshalb hinter die gesetzliche Vorschrift zurücktreten bzw. wird von ihr in dem Sinne konkretisiert, dass der Berechtigungsnachweis bereits zu Beginn des 21. Tages, d. h. um 0:00 Uhr vorliegen muss und nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt im Verlauf des 21. Tages.

Dem entspricht die Einladung.

b)

Entgegen der klägerischen Auffassung genügt der vom Vorstand der Beklagten vorgelegte schriftliche Bericht den Anforderungen des § 293 a Abs. 1, 1. Halbsatz AktG, so dass auf etwaige Mängel dieses Berichtes eine Unwirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses nicht gestützt werden kann. Nach der genannten Vorschrift hat der Vorstand jeder an einen Unternehmensvertrag beteiligten Aktiengesellschaft einen ausführlichen schriftlichen Bericht zu erstatten, in dem der Abschluss des Unternehmensvertrages, der Vertrag im einzelnen und insbesondere Art und Höhe des Ausgleichs nach § 304 AktG und der Abfindung nach § 305 AktG rechtlich und wirtschaftlich erläutert und begründet werden.

Dieser sogenannte Vertragsbericht dient dazu, die Aktionäre der an einem Unternehmensvertrag beteiligten Gesellschaften in bestimmten Grenzen zu informieren und insbesondere die außenstehenden Aktionäre über ihre jeweiligen Rechte zu unterrichten (vgl. Hoffmann-Becking, Münchener Vertragshandbuch Gesellschaftsrecht, 6. Auflage, Seite 1395).

Wie weit diese Berichterstattung gehen muss, das heißt wie umfangreich sie zu erfolgen hat, ist nicht ausdrücklich geregelt. Nach herrschender Meinung muss der Bericht in jedem Fall das rechtliche Für und Wider des Unternehmensvertrages erläutern (vgl. Münchner Kommentar zum AktG/Altmeppen, 2. Auflage, § 293 a Rdnr. 38; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 4. Auflage, § 293 a Rdnr. 19 ff.).

Nach Auffassung der Kammer hat der Vorstand der Beklagten eine ausreichende Erläuterung des wirtschaftlichen und rechtlichen Für und Wider vorgenommen und im schriftlichen Bericht insbesondere auch die Nachteile aus dem Abschluss des Unternehmensvertrages ausreichend dargestellt. Unter dem Kapitel "Gründe für den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages" wird auf Seite 22 ff. umfassend auf die Vor- und Nachteile des Vertrages eingegangen (vgl. K 3 zur Klageschrift der Klägerin zu 1.). Insbesondere erläutert der Vorstand auf den Seiten 23 und 24, dass die D KG einen Anspruch auf Gewinnabführung und die Beklagte im Gegenzug einen Anspruch auf Verlustausgleich erhält.

Darüber hinaus geht der Bericht auf die Interessen der außenstehenden Aktionäre ein und betont, dass diese dadurch gewahrt werden, dass die D KG durch den Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages gesetzlich dazu verpflichtet wird, gem. § 302 AktG etwaige Verluste der Beklagten zu übernehmen.

(Vertragsbericht Seite 24 unten).

Zudem verpflichtet der Unternehmensvertrag die D KG den außenstehenden Aktionären der Beklagten gem. § 308 AktG eine angemessene jährliche Ausgleichszahlung zu garantieren oder alternativ gem. § 305 AktG eine angemessene Barabfindung für ihre Aktionäre anzubieten, was ebenfalls berichtet wird.

Dass die Aktionäre durch Abschluss des Unternehmensvertrages auf eine Abfindung bzw. einen Ausgleich beschränkt werden, ergibt sich aus der Natur des Gewinnabführungsvertrages. Gem. § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG kennzeichnet den Gewinnabführungsvertrag, dass sich eine Aktiengesellschaft verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen. Wenn der ganze Gewinn abgeführt wird, ist es zwingend, dass kein Gewinn übrig bleibt, der in Form einer Dividende an die außenstehenden Aktionäre ausgeschüttet werden kann. Die Verpflichtung zur Abführung des ganzen Gewinns ist entsprechend in § 2 Abs. 1 des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags explizit normiert und auf Seite 33 des Vertragsberichts erläutert.

Neben der Abwägung des rechtlichen Für und Wider muss ein Vertragsbericht nach § 293 a Abs. 1, 1. Halbsatz AktG auch die wirtschaftliche Situation des beherrschenden Unternehmens so umfassend darstellen, dass sich die Aktionäre ein eigenes Bild von der wirtschaftlichen Leistungskraft machen können und damit sicher davon ausgehen, dass ihre Ausgleichsgarantien auch erfüllt werden können. Diese wirtschaftliche Darstellung erfolgt ebenfalls im Vertragsbericht in einer ausreichend umfassenden Weise. Den Aktionären ist es aufgrund des Vertragsberichtes möglich, die wirtschaftliche und finanzielle Ausstattung der D KG einzuschätzen. Die D wird im Bericht unter Punkt III. Punkt 2. dargestellt. Dort finden sich Erläuterungen zu den Gesellschaftern und Beteiligungen der D, ihre Bilanzsumme, ihre wesentlichen Aktiva, dem Eigenkapital und den Verbindlichkeiten gegenüber der T AG. Dass im Hinblick auf die T AG keine weiteren Einzelheiten zu deren wirtschaftlicher Situation gemacht werden, ist nicht fehlerhaft, da die T AG nicht Partner des Vertrages ist, so dass sich die Pflichten des Vorstandes über den Vertrag, und damit auch über die Vertragspartner zu berichten, nicht auf die T AG beziehen kann.

Weitere detaillierte Angaben zur wirtschaftlichen Situation der D KG, wie sie von den Klägern zur Bonität, Liquidität und dem Haftkapital gewünscht werden, sind im Rahmen des Vertragsberichtes nicht zu verlangen, da der Vertragsbericht durch die sogenannte Vertragsprüfung gem. § 293 b AktG ergänzt werden muss (vgl. Emmerich, a. a. O., § 293 a Rdnr. 20.).

c)

Diese Vertragsprüfung, die durch C vorgenommen worden ist, ist entgegen der Auffassung der Kläger ebenfalls ordnungsgemäß erfolgt.

Für eine ordnungsgemäße Prüfung im Sinne der §§ 293 b, 293 e AktG reicht es aus, wenn der Wirtschaftsprüfer Bezug nimmt auf bereits vorgenommene Gutachten, weil der geforderte Prüfungsbericht lediglich ein Ergebnisbericht ist (siehe: OLG Hamm, AG 1989, 31, 33; Hüffer, AktG, 8. Auflage, § 293 e Rdnr. 6 mit weiteren Nachweisen).

Somit ist die Bezugnahme in der Vertragsprüfung durch C auf die Ergebnisse der Studie von Q nicht zu beanstanden.

Darüber hinaus enthält der Prüfungsbericht von C sämtliche weiteren von § 293 e AktG geforderten Mindestinhalte. Insbesondere findet sich auf Seite 38 des Berichts die gem. § 293 e Abs. 1 Satz 2 AktG erforderliche Erklärung zur Angemessenheit von Ausgleich und Abfindung.

Dass die im Prüfbericht auf Seite 27 aufgenommene Tabelle zur Darstellung des Kapitalisierungszinssatzes nicht in jedem Punkt identisch ist mit der in der gutachterlichen Stellungnahme von Q auf Seite 54 aufgeführten Tabelle, führt nicht zu einem Fehler des Prüfberichtes. Abgesehen von vorgenommenen kaufmännischen Rundungen besteht der Unterschied darin, dass im Prüfungsbericht die Ergebnisse, die in der Stellungnahme bei Q für die Jahre ab 2010/2011 aufgeführt worden sind, bei C unter der Überschrift 2009/2010 ff. zusammengefasst worden sind. Damit wollte aber der Prüfungsbericht erkennbar keine abweichenden Zahlen neu einführen. Vielmehr ist die Tabelle von Q Gegenstand der Untersuchung des Prüfungsbericht gewesen, wie sich aus den dortigen Ausführungen auf Seite 26 unten ergibt, wo darauf hingewiesen wird, dass auf der Grundlage der vorstehenden Überlegungen der Bewertungsgutachter zu folgender Ableitung des Kapitalisierungszinssatzes für die D1 AG kommt. Wenn in der nachstehend dargestellten Tabelle die Zahlungen des Bewertungsgutachters Q nicht kongruent übernommen worden sind, so ändert dies nichts daran, dass dennoch diese Zahlen erkennbar Grundlage des Prüfungsbericht waren. Darüber hinaus wird aber auch ein etwaiger Fehler insoweit nicht zu einem beachtenswerten Fehler des Prüfungsbericht führen, da die Darstellung der Tabelle nicht zum von § 293 e AktG geforderten Mindestinhalt gehört.

d)

Die Beklagte hat in der Hauptversammlung auch nicht ihre Informationspflichten nach § 131 AktG verletzt. Der Vortrag der Kläger ist in dieser Hinsicht unsubstantiiert. Es wird nicht hinreichend detailliert dargelegt, welche in der Hauptversammlung angeblich gestellten Fragen nicht beantwortet worden sind.

Pauschale Informationsrügen wie der Vortrag, es seien "zahlreiche Fragen" nicht oder nur unzureichend beantwortet worden, reichen nicht aus, um eine Verletzung der Informationspflicht der Beklagten zu begründen (so: OLG Düsseldorf, WM 2005, 650, 654; Hüffer, a. a. O., § 246 Rdnr. 26).

Die Kläger hätten ihrer Substantiierungspflicht nur genügt, wenn sie konkret ausgeführt hätten, welche im Einzelnen dargestellten Fragen nicht beantwortet worden sind, so dass die Kammer anhand der vorgelegten Antwortbögen diese Behauptung hätte nachvollziehen können. Zu einer derartigen detaillierten Darstellung ist es aber nicht gekommen.

Auch der Vortrag, es seien Fragen in Bezug auf den T-Skandal nicht beantwortet worden, stellt eine pauschale Rüge dar. Denn es bleibt unklar, welche konkrete Frage im Hinblick auf diesen Vorgang nicht beantwortet worden ist.

e)

Die Beklagte hat auch nicht gegen die sich aus § 129 AktG resultierende Pflicht zur Aufstellung einer Präsenzliste verstoßen.

In § 129 Abs. 1 Satz 2 AktG ist geregelt, dass in der Hauptversammlung ein Verzeichnis der erschienenen oder vertretenen Aktionäre und der Vertreter von Aktionären mit Angaben ihres Namens und Wohnortes sowie bei Nennbetragsaktien des Betrages, bei Stückaktien der Zahl, der von jedem vertretenen Aktien unter Angabe ihrer Gattung aufzustellen ist.

Dieses Verzeichnis muss gemäß § 129 Abs. 4 Satz 2 AktG vor der ersten Abstimmung allen Teilnehmern zugänglich gemacht werden.

Wie es sich im Fall aus der notariellen Niederschrift nachvollziehen lässt, lag das Verzeichnis bereits vor der ersten Abstimmung vor. Der Vorsitzende wies um 11:12 Uhr darauf hin, dass er das Teilnehmerverzeichnis unterzeichnet habe und es am Wortmeldetisch eingesehen werden könne (vgl. Seite 10 der notariellen Niederschrift).

Ob die Beklagte ihre sich weiterhin aus § 129 AktG ergebenden Pflicht, das Präsenzverzeichnis zu aktualisieren, vor der Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 5 erfüllt hat, kann dahinstehen.

Selbst wenn ein derartiger Verstoß vorgelegen hätte und dies zu einer Gesetzesverletzung geführt hätte, würde dies nicht zur Anfechtbarkeit des Beschlusses führen, da dies voraussetzen würde, dass die Gesetzesverletzung für das Beschlussergebnis von Bedeutung war (vgl. OLG Hamburg, NJW 1990, 1120, 1121; Hüffer, a. a. O., Rdnr. 16 zu § 129 m. w. Nachweisen). Hier ist aber eine Auswirkung auf das Beschlussergebnis ohne Bedeutung, da der Versammlungsleiter zu Tagesordnungspunkt 5 die abgegebenen Nein-Stimmen und die abgegebenen Ja-Stimmen positiv hat feststellen lassen. Dabei hat sich ergeben, dass vom stimmberechtigten Grundkapitel der Gesellschaft von 7.791.229,00 € (= 7.791.229 Stückaktien) 6.639.735 Stimmen ihre Zustimmung zu einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der D KG als herrschender Gesellschafterin abgegeben haben.

Demgegenüber haben ihre Zustimmung zu dem Vertrag verweigert nur 531.324 Stimmen, so dass ein möglicher Fehler bei der Feststellung der Präsenz ohne Bedeutung für die Beschlussfassung gewesen ist. Darüber hinaus spricht aber auch aufgrund der Darstellung in der Niederschrift zur Hauptversammlung, dort Blatt 24, dass der Präsenz ordnungsgemäß vor der Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 5 aktualisiert worden ist.

f)

Ferner ist es den Klägern im vorliegenden Verfahren versagt, den Umfang der vertraglich vorgesehenen Abfindung bzw. den Ausgleich überprüfen zu lassen. Denn gemäß § 304 Abs. 3 Satz 2 AktG kann die Anfechtung eines Beschlusses, durch den die Hauptversammlung einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zugestimmt hat, nicht darauf gestützt werden, dass der vertraglich festgelegte Ausgleich nicht angemessen ist. Entsprechendes gilt nach § 305 Abs. 5 Satz 1 AktG für die vertraglich vorgesehene Abfindung. Hierüber ist vielmehr im Rahmen eines Spruchverfahrens zu befinden, § 1 Nr. 1 SpruchG.

g)

Entgegen klägerischer Auffassung verstößt der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 5 der Hauptversammlung der Beklagten auch nicht gegen gesellschaftsrechtliche Treuepflichten. Zum Abschluss dieses Vertrages bedarf es keiner besonderen Rechtfertigung, da der Gesetzgeber diese Rechtfertigung bereits selbst mit der Zulassung derartiger Unternehmensverträge geliefert hat (vgl. §§ 291 ff. AktG). Es kann deshalb keine außergesetzliche Nachbesserung für ein in sich geschlossenes Regelungssystem geben, in dem der Gesetzgeber bereits "Grundzüge einer Konzernverfassung" verwirklicht sieht (vgl. Hüffer a. a. O., § 293 Rdnr. 7). Dies schließt nicht aus, dass der Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung im Einzelfall wegen Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuebindung anfechtbar ist. Derartige Sonderfälle sind hier nicht erkennbar, so dass es keiner sachlichen Rechtfertigung, welche die Aktiengesellschaft von sich aus zu leisten hätte, bedurfte (Hüffer, ebenda).

h)

Entgegen der Auffassung der Kläger liegt auch kein Verstoß gegen Meldepflichten nach dem WPHG vor.

In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob die WPHG-Meldung der T AG von handlungsbevollmächtigten Mitarbeitern der genannten Aktiengesellschaft veranlasst worden ist. Zwar sind Mitteilungen nach dem WPHG und nach dem AktG grundsätzlich vom mitteilungspflichtigen Unternehmen zu tätigen, Mitteilungen Dritter genügen nicht. Etwas Anderes gilt jedoch dann, sofern Dritte erkennbar im Auftrag des mitteilungspflichtigen Unternehmens handeln (vgl. BGHZ 114, 203, 215; BGH NJW 2000, 3647, 3648; Hüffer, a. a. O., § 20 Rdnr. 8). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn es ist offenkundig, dass sich die Firma T auf das Handeln ihrer Mitarbeiter gestützt und verlassen hat, so dass die Mitteilungspflicht erkennbar im Namen der mitteilungspflichtigen Unternehmung T AG vorgenommen wurde. Zumindest liegt eine konkludente Zustimmung zu deren Handeln vor.

Nach alledem ist eine Unwirksamkeit des angegriffenen Beschlusses nicht festzustellen.

II.

Über die Zulässigkeit des Beitritts der Streithelferin auf Klägerseite ist mit dem Schlussurteil zu entscheiden. Zwar ist grundsätzlich ein Zwischenstreit über die Nebenintervention durch Zwischenurteil zu bescheiden (vgl. § 71 ZPO). Zulässig ist aber auch eine Entscheidung über die Zulassung des Beitritts im Endurteil (vgl. RGZ 38, 402; BGH NJW 1992, 2070; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Auflage, § 71 Rdnr. 5), so dass keine Bedenken bestehen, hier so vorzugehen.

Der Beitritt der Streithelferinnen ist unwirksam, da er nicht fristgerecht erfolgte. Nach § 246 Abs. 4 Satz 2 AktG kann sich ein Aktionär als Nebenintervenient nur innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung der Klage gemäß § 246 Abs. 4 Satz 1 AktG an dieser beteiligen.

Diese Monatsfrist ist hier seitens der Streithelfer der Kläger nicht eingehalten worden.

Die in § 246 Abs. 4 Satz 2 AktG festgelegte Frist wird dann, wenn mehrere Klagen gegen denselben Beschluss erhoben werden, mit der Bekanntmachung der ersten Klage in Gang gesetzt. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung in § 246 Abs. 4 Satz 2 AktG in Verbindung mit § 246 Abs. 4 Satz 1 AktG, möglichst bald nach Beschlussfassung Klarheit darüber zu verschaffen, ob und in welchem Umfange gegen einen getroffenen Hauptversammlungsbeschluss Einwände erhoben werden.

Hier veröffentlichte die Beklagte am 03.07.2007 die Erhebung der unter den Aktenzeichen 41 O 64/07 und 41 O 65/07 LG Aachen anhängigen Klagen im elektronischen Bundesanzeiger. Die Monatsfrist des § 246 Abs. 4 Satz 2 AktG endete somit am 03. August 2007. Der am 10.08.2007 (vgl. Bl. 163 der GA) erfolgte Beitritt ist somit verspätet, so dass die Nebenintervention des klägerischen Streithelfers zu 1.) verspätet ist.

Entsprechendes gilt hinsichtlich der Nebenintervention der klägerischen Streithelferin zu 2.). Diese ist ebenfalls nicht fristgerecht erhoben worden. Die Nebenintervention dieser Streithelferin ist bei Gericht erst am 14. August 2007 (vgl. Bl. 192 d. A.) eingegangen. Selbst wenn man zu Gunsten dieser Streithelferin darauf abstellen würde, dass die Einmonatsfrist des § 246 Abs. 2 Satz 2 AktG erst mit Bekanntmachung der bei dem unzuständigen Landgericht in Köln anhängigen Klagen zu laufen begonnen hätte, wäre diese Frist nicht eingehalten worden. Denn die Bekanntmachung erfolgte am 12.07.2007, so dass die genannte Einmonatsfrist am 13.07.2007 (Montag, Tagesende) ablief. Die am 14. August 2007 bei Gericht eingegangene Nebenintervention ist somit selbst bei dieser Betrachtungsweise unzulässig, da verspätet.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist insoweit nicht zu gewähren. Selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich bei der genannten Frist nicht um eine materielle, sondern um eine prozessuale Frist handelt, bei der grundsätzlich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt, so kommt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur unter den in § 233 ZPO genannten Voraussetzungen in Betracht. Hiervon ist für den Fall alleine von Bedeutung, ob eine Versäumung einer Notfrist vorliegt. Notfristen sind nur diejenigen Fristen, die im Gesetz als solche bezeichnet sind, vgl. § 124 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Eine solche Bezeichnung findet sich in § 246 Abs. 4 Satz 2 AktG nicht.

Im Übrigen wäre aber auch dann, wenn Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre, der Beitritt nicht rechtzeitig erklärt. Denn nach dem oben Gesagten begann die Frist zur Erklärung des Beitrittes nicht mit der Bekanntgabe der Veröffentlichung der vor dem unzuständigen Landgericht in Köln erhobenen Klagen. Vielmehr ist dem Informationsbedürfnis der Aktionäre der Beklagten mit der Bekanntmachung und Erhebung der ersten Klage genüge getan. Denn weitere Klagen müssen vom Vorstand der Beklagten nicht bekannt gemacht werden. Richten sich nämlich mehrere Klagen gegen denselben Beschluss, so können zwar alle Klagen bekannt gemacht werden. Eine entsprechende Verpflichtung ergibt sich aber aus § 246 AktG nicht. Danach reicht es aus, wenn die Erhebung der ersten Klage veröffentlicht wird (vgl. Hüffer in Münchner Kommentar zum AktG, § 246 Rndr. 71). Deshalb ist maßgebliches Datum hier für den Fristablauf der 03. August 2007 (vgl. die obigen Ausführungen). Diese Frist ist seitens der klägerischen Streithelferin zu 2.) nicht eingehalten worden, da ihr Beitritt selbst bei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erst am 13. August 2007 erfolgt wäre.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen den §§ 91 Abs. 1, 101, 709 ZPO.

Gemäß § 247 Abs. 1 AktG wird angesichts des Stammkapitals der Beklagten und der Bedeutung der Sache für die Parteien, insbesondere für die Beklagte (Verlustübernahme durch die D KG) der Streitwert wie folgt festgesetzt:

Bis zur Eintragung des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses in das Handelsregister am 14. September 2007:

250.000,00 €,

danach:

10.000,00 €.

Q1

Dr. S






LG Aachen:
Urteil v. 03.06.2008
Az: 41 O 64/07


Link zum Urteil:
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