Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Januar 2010
Aktenzeichen: 19 W (pat) 5/06

(BPatG: Beschluss v. 11.01.2010, Az.: 19 W (pat) 5/06)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154 2. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.

Gründe

I.

Die am 13. Mai 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung mit der Bezeichnung

"Datenträger mit einer auf dem Datenträger gespeicherten Steuerdatei für eine Steuereinrichtung für eine Maschine und hiermit zusammenhängende Verfahren und Einrichtungen"

wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G05B durch Beschluss vom 15. November 2005 mit der Begründung zurückgewiesen, die Patentansprüche 18, 21 und 36 beträfen Datenträger, die lediglich die Aufgabe hätten, Informationen zu speichern, und dieses läge im rahmen des fachmännischen Wissens (Seiten 9 und 10 des angefochtenen Beschlusses). Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G05B des Deutschen Patentund Markenamtes vom 15. November 2005 aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilten:

- neue Patentansprüche 1 bis 39 und - Beschreibungsseite 3a sowie redaktionelle Änderungen zu Beschreibungsseiten 6, 7, 8, 12, 16 und 23, eingegangen am 21. April 2005,

- im Übrigen Beschreibungseiten 1 bis 3, 4 bis 26 sowie 5 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 9, vom Anmeldetag 13. Mai 2004, hilfsweise,

-

Patentansprüche 1 bis 37 gemäß Hilfsantrag 1,

-

Patentansprüche 1 bis 38 gemäß Hilfsantrag 2, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung,

- übrige Unterlagen wie Hauptantrag.

Der geltende Patentanspruch 1, eingegangen am 21. April 2005, lautet unter Einfügung einer Merkmalsgliederung:

a) Erstellverfahren für eine Steuerdatei (11) für eine Steuereinrichtung (6) zum Steuern einer Maschine (1) mit mindestens einer Achsantriebseinheit (2 bis 4), b) wobei einem Rechner (20) einer von der Maschine (1) zu realisierende Bearbeitung in funktionalen Anweisungen vorgegeben wird, c) wobei der Rechner (20) unter Abarbeitung eines Erstellprogramms (22) anhand der funktionalen Anweisungen eine Folge von Steuervektoren (16) ermittelt, d) wobei jeder Steuervektor (16) eine Anzahl von Vektorelementen (17) aufweist, e) wobei jedes Vektorelement (17) für maximal eine der Achsantriebseinheiten (2 bis 4) der Maschine bestimmt ist, f) wobei jeder Steuervektor (16) für jede Achsantriebseinheit (2 bis 4) der Maschine (1) mindestens ein Vektorelement (17) aufweist, g) wobei die für die Achsantriebseinheit (2 bis 4) bestimmten Vektorelemente (17) zumindest einen Positioniersollwert (s*) umfassen, h) wobei unmittelbar aufeinanderfolgende Steuervektoren (16) von der Steuereinrichtung (6) um eine vorbestimmte Minimaltaktzeit (t') zeitlich versetzt auszuführen sind, i) wobei der Rechner (20) die ermittelte Folge von Steuervektoren (16) als Steuerdatei (11, 11') abspeichert undj) wobei für jeden Zeitpunkt der Ansteuerzustand jeder Achsantriebseinheit (2 bis 4) der Maschine (1) von der Steuereinrichtung (6) anhand der für diese Achsantriebseinheit (2 bis 4) bestimmten Vektorelemente (17) bestimmbar ist.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet unter Einfügung einer Merkmalsgliederung:

a) Erstellverfahren für eine Steuerdatei (11) für eine Steuereinrichtung (6) zum Steuern einer Maschine (1) mit mindestens einer Achsantriebseinheit (2 bis 4), b) wobei einem Rechner (20) einer von der Maschine (1) zu realisierende Bearbeitung in funktionalen Anweisungen vorgegeben wird, c) wobei der Rechner (20) unter Abarbeitung eines Erstellprogramms (22) anhand der funktionalen Anweisungen eine Folge von Steuervektoren (16) ermittelt, d) wobei jeder Steuervektor (16) eine Anzahl von Vektorelementen (17) aufweist, e) wobei jedes Vektorelement (17) für maximal eine der Achsantriebseinheiten (2 bis 4) der Maschine bestimmt ist, f) wobei jeder Steuervektor (16) für jede Achsantriebseinheit (2 bis 4) der Maschine (1) mindestens ein Vektorelement (17) aufweist, g) wobei die für die Achsantriebseinheit (2 bis 4) bestimmten Vektorelemente (17) zumindest einen Positioniersollwert (s*) umfassen, h) wobei unmittelbar aufeinanderfolgende Steuervektoren (16) von der Steuereinrichtung (6) um eine vorbestimmte Minimaltaktzeit (t') zeitlich versetzt auszuführen sind, i) wobei der Rechner (20) die ermittelte Folge von Steuervektoren (16) als Steuerdatei (11, 11') abspeichert, j) wobei für jeden Zeitpunkt der Ansteuerzustand jeder Achsantriebseinheit (2 bis 4) der Maschine (1) von der Steuereinrichtung (6) anhand der für diese Achsantriebseinheit(2 bis 4) bestimmten Vektorelemente (17) bestimmbar ist, k) wobei der Rechner (20) die Folge von Steuervektoren (16) anhand eines parametrierbaren Modells (27) der Maschine (1) ermittelt, l) wobei dem Rechner (20) Maschinenparameter (MP) vorgegeben werden, anhand derer der Rechner (20) das Modell (27) parametriert, m) wobei der Rechner (20) zusammen mit den Steuervektoren (16) auch Sollzustandsvektoren (V) für Sensorelemente (19') der Maschine (1) ermittelt und den Steuervektoren (16) zuordnet und dassn) der Rechner (20) die Sollzustandsvektoren (V) zusammen mit den Steuervektoren (16) in der Steuerdatei (11, 11') abspeichert, undo) wobei die Steuereinrichtung über Sensorelemente Istzustände der Maschine erfasst und den jeweiligen Steuervektor nur dann ausführt, wenn die erfassten Istzustände der Maschine mit den zugeordneten Sollzustandsvektoren korrespondieren.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet unter Einfügung einer Merkmalsgliederung:

a) Erstellverfahren für eine Steuerdatei (11) für eine Steuereinrichtung (6) zum Steuern einer Maschine (1) mit mindestens einer Achsantriebseinheit (2 bis 4), b) wobei einem Rechner (20) einer von der Maschine (1) zu realisierende Bearbeitung in funktionalen Anweisungen vorgegeben wird, c) wobei der Rechner (20) unter Abarbeitung eines Erstellprogramms (22) anhand der funktionalen Anweisungen eine Folge von Steuervektoren (16) ermittelt, d) wobei jeder Steuervektor (16) eine Anzahl von Vektorelementen (17) aufweist, e) wobei jedes Vektorelement (17) für maximal eine der Achsantriebseinheiten (2 bis 4) der Maschine (1) bestimmt ist, f) wobei jeder Steuervektor (16) für jede Achsantriebseinheit (2 bis 4) der Maschine (1) mindestens ein Vektorelement (17) aufweist, g) wobei die für die Achsantriebseinheit (2 bis 4) bestimmten Vektorelemente (17) zumindest einen Positioniersollwert (s*) umfassen, h) wobei unmittelbar aufeinanderfolgende Steuervektoren (16) von der Steuereinrichtung (6) um eine vorbestimmte Minimaltaktzeit (t') zeitlich versetzt auszuführen sind, i) wobei der Rechner (20) die ermittelte Folge von Steuervektoren (16) als Steuerdatei (11, 11') abspeichert, j) wobei für jeden Zeitpunkt der Ansteuerzustand jeder Achsantriebseinheit (2 bis 4) der Maschine (1) von der Steuereinrichtung (6) anhand der für diese Achsantriebseinheit (2 bis 4) bestimmten Vektorelemente (17) bestimmbar ist, p) wobei die für die Achsantriebseinheit (2 bis 4) bestimmten Vektorelemente (17) auch mindestens einen Ergänzungswert (e) umfassen, q) wobei der Ergänzungswert ein Geschwindigkeitssollwert, ein Beschleunigungssollwert oder ein Rucksollwert ist.

Als Aufgabenstellung nennt die Anmelderin (Seite 3, Zeilen 22 bis 24 der ursprünglichen Unterlagen):

eine Möglichkeit zu schaffen, die von ihr beim Stand der Technik gesehenen Nachteile zu vermeiden.

So könne der Rechner, der bislang die Steuervektoren ermittelte, ausfallen. Dies hätte den Stillstand der Maschine sowie Reparaturkosten zur Folge.

Weiterhin müsse der Rechner die Steuervektoren in Echtzeit ermitteln, da sie unmittelbar für die Ansteuerung der Achsantriebseinheiten der Maschine herangezogen würden. Daher müsse entweder die Rechenleistung des Rechners sehr hoch sein, was entsprechende Kosten zur Folge habe, oder es könne die Taktzeit nicht klein gewählt werden, wodurch dann eventuell die Bearbeitungsgenauigkeit der Werkzeugmaschine begrenzt werde.

Schließlich seien Aktualisierungen der Steuerungssoftware der numerischen Steuerung und Optimierungen der funktionalen Anweisungen nur vor Ort möglich. Darüber hinaus bringt die Anmelderin vor, durch ihre Erfindung werde es möglich, das Steuerprogramm im Rahmen einer ohnehin stattfindenden Simulation zu erstellen und die dabei erzielten Resultate abzuspeichern. Später könnten diese Resultate als Sollwerte in die Steuereinrichtung der realen Maschine übernommen werden und müssten daher nicht wie bislang online errechnet werden. Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch der weiteren Patentansprüche gemäß den jeweiligen Anträgen, wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die frist- und formgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, obwohl die Entscheidung auf unrichtiger Auslegung der Rechtsprechung beruht. In der zitierten Entscheidung "Suche fehlerhafter Zeichenketten" ist zwar von "prägenden Merkmalen" die Rede, jedoch in anderem Zusammenhang als im angefochtenen Beschluss verwendet. Zur Beurteilung der Patentfähigkeit eines Datenträgers mit gespeichertem Programm zur Durchführung eines Verfahrens ist eben dieses Verfahren miteinzubeziehen (BHG GRUR 2002 Heft 2 "Suche fehlerhafte Zeichenketten" 143, 145 re. Sp. Punkt b) Absatz 1 und 3 und 145/146 Punkt c), so dass die Patentfähigkeit des Verfahrens z. B. nach Patentanspruch 1 auch die Patentfähigkeit der Patentansprüche 18 und 21 begründet hätte. Der jeweilige Gegenstand der Patentansprüche 1 gemäß Haupt- und Hilfsanträge 1 und 2 beruht nach § 1 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 4 PatG nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

1.) Aus der bereits im Prüfungsverfahren zitierten Druckschrift DE 42 91 619 T1 ist Folgendes bekannt: eina) Verfahren zum Steuern einer Maschine

(Titel: " Steuerung von CNC-Werkzeugmaschinen")

mit mindestens einer Achsantriebseinheit

(Abb. 5: Stellglieder zu J1 - J5), b) wobei einem Rechner eine von der Maschine zu realisierende Bearbeitung in funktionalen Anweisungen vorgegebenwird

(Abb. 2: "Bewegungs-Befehle"), c) wobei der Rechner unter Abarbeitung eines Erstellprogramms anhand der funktionalen Anweisungen eine Folgevon Steuervektoren ermittelt (Abb. 2: Bahninterpolator 2; Koordinaten-Transformationsmodul 3), d) wobei jeder Steuervektor eine Anzahl von Vektorelementen aufweist (Abb. 3: J1 = (j1, j2, j3, j4, j5), e) wobei jedes Vektorelement für maximal eine der Achsantriebseinheiten der Maschine bestimmt ist (Seite 34 Absatz 1: "Der Positionsregler steuert dann die Stellglieder ...". Das bedeutet, dass jeweils eines der Vektorelemente für ein Stellglied und damit für eine Achsantriebseinheit bestimmt ist.), f) wobei jeder Steuervektor für jede Achsantriebseinheit der Maschine mindestens ein Vektorelement aufweist (Abb. 3 in Verbindung mit Seite 34 Zeilen 13 bis 16 und 21 bis 28): Die Maschine hat 5 Gelenke (=Achsen), die Gelenkvektoren (=Steuervektoren) haben 5 Vektorelmente), g) wobei die für die Achsantriebseinheit bestimmten Vektorelemente zumindest einen Positioniersollwert umfassen (Seite 35, Absatz 1, letzter Satz: " ... und bewirken, dass das Schneidwerkzeug die gewünschte Position (=Positionssollwert) ... einnimmt.), h) wobei unmittelbar aufeinanderfolgende Steuervektoren von der Steuereinrichtung um eine vorbestimmte Minimaltaktzeit zeitlich versetzt auszuführen sind (Seite 33, Absatz 3, 3. Satz: "..., mit einer Häufigkeit von einem Achsenvektor pro Maschinenaktualisierungsperiode (=Minimaltaktzeit)). Da jede Achse über eine Regelung verfügt, die Messerte mit den Sollwerten vergleicht ist auch gewährleistet, j) dass für jeden Zeitpunkt der Ansteuerzustand jeder Achsantriebseinheit der Maschine von der Steuereinrichtung anhand der für diese Achsantriebseinheit bestimmten Vektorelemente bestimmbar ist.

Weiter gehört es zum Selbstverständlichen, dass mit einer numerische gesteuerten Maschine eine große Stückzahl identischer Teile hergestellt werden. Daher ist es unumgänglich, dass die Maschine wiederholt die gleichen Arbeitsschritte ausführt, die in einem Programm hinterlegt, also entsprechend Merkmal i) gespeichert sind. Dies wird daher in der DE 42 91 619 T1 schon als bekannt vorausgesetzt (Seite 2, Absatz 3).

Somit besteht der einzige Unterschied des Erstellverfahrens gemäß Patentanspruch 1 gegenüber der Lehre der DE 42 91 619 T1 darin, dass in der Steuerdatei, wie im Merkmal i) angegeben, eine Folge von Steuervektoren abgespeichert wird.

In der DE 40 41 869 A1 (Spalte 4, Zeilen 49 bis 52) wird ausgeführt, dass optimierte Soll-Werte, also ein Steuerprogramm im Sinne des Patentanspruchs 1, zur Steuerung einer Maschine in einer Datenbank zum beliebigen Abrufen gespeichert werden. Wahlweise solle dies in Form von Prozessabläufe darstellenden Vektoren und Kurven oder in Form von daraus unter Zugrundelegung der maschinen- bzw. prozessspezifischen Daten errechneten Polygonzügen geschehen (Spalte 4, Zeilen 64 bzw. 68).

Durch die DE 40 41 869 A1 wird der Fachmann also darauf hingewiesen, dass ein Programm zur Steuerung einer Maschine in unterschiedlichen Berechnungsstadien zum beliebigen Aufrufen gespeichert werden kann. Zwar sieht weder die DE 42 91 619 T1 noch die DE 40 41 869 A1 explizit die Folge von Steuervektoren, wie sie im Merkmal i) des Patentanspruchs 1 genannt ist als Inhalt der zu speichernden Steuerdatei vor, aber es ist vom Fachmann zu erwarten, dass er aufgrund der Anregungen aus der DE 40 41 869 A1 bei der Betrachtung des Funktionsschema gemäß Abb. 2 der DE 42 91619 T1 Überlegungen über mögliche sinnvolle Schnittstelle anstellt und unter Abwägung der jeweiligen Vor- und Nachteile die für seinen Fall geeignetste auswählt.

Da aus der Abb. 2 und 3 nur wenige Schnittstellen ersichtlich sind, stellt die Auswahl der Gelenkvektor- Werte, die den im Merkmal i) des Patentanspruchs 1 genannten Steuervektoren entsprechen, als Inhalt der Steuerdatei, wie sie durch den Patentanspruch 1 über die DE 42 91 619 T1 hinaus unter Schutz gestellt werden soll, keine erfinderische Tätigkeit dar.

2. Über den Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hinaus ist im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 angeben:

k) wobei der Rechner (20) die Folge von Steuervektoren (16) anhand eines parametrierbaren Modells (27) der Maschine ermittelt, l) wobei dem Rechner (20) Maschinenparameter (MP) vorgegeben werden, anhand derer der Rechner (20) das Modell (27) parametriert, m) wobei der Rechner (20) zusammen mit den Steuervektoren (16) auch Sollzustandsvektoren (16) für Sensorelemente (19') der Maschine (1) ermittelt und den Steuervektoren zuordnet und dassn) der Rechner (20) die Sollzustandsvektoren (V) zusammen mit den Steuervektoren (16) in der Steuerdatei (11, 11') abspeichert, undo) wobei die Steuereinrichtung über Sensorelemente Istzustände der Maschine erfasst und den jeweiligen Steuervektor nur dann ausführt, wenn die erfassten Istzustände der Maschine mit den zugeordneten Sollzustandsvektoren korrespondieren.

Selbst wenn man aufgrund des Merkmals o) davon ausgeht, dass der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht wie angegeben, ein Erstellverfahren für eine Steuerdatei betrifft, sondern ein Betriebsverfahren, das eine mithilfe eines derartigen Erstellverfahrens erstellte Steuerdatei ausführt, beruht auch der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Zum einen implizieren schon die Angaben in den Merkmalen a) bis c), wonach der Rechner anhand von funktionalen Anweisungen eine Folge von Steuervektoren ermittelt, dass im Rechner bereits ein Modell der Maschine mit allen für die Berechnung von Steuervektoren erforderlichen Parametern hinterlegt ist, so dass der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 mit den Merkmalen k) und l) inhaltlich nicht über den Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag 1 hinausgeht.

Zum anderen wird auch in der DE 40 41 869 A1 (Spalte 4, letzte Zeile bis Spalte 5 Zeile 4), die Simulation des Echtzeitverhaltens einer realen Maschine vorgeschlagen. Eine solche Simulation setzt zwingend voraus, dass ein parametrierbares Modell der simulierten Maschine vorhanden ist und dem Simulationsrechner die Maschinenparamter vorgegeben werden, anhand derer der Rechner das Modell parametriert.

Weiter umfassen die im Merkmal m) genannten Sensorelemente auch Sensoren zur Erfassung der Ist-Position von Achsen oder Werkzeugen, die mit den Sollpositionen im Sollzustandsvektor verglichen werden.

Zumindest bezüglich dieser Variante geht der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 mit den Merkmalen m) bis o) nicht über eine übliche weggetaktete Steuerung hinaus, bei der die vorgegebenen Sollwerte mit den erreichten Istwerten verglichen werden und der nächste Steuervektor erst dann ausgeführt wird, wenn die erfassten Istzustände der Maschine mit den vorgegeben Sollzuständen übereinstimmen.

Dem entsprechend sind in der DE 40 41 869 A1 sowohl Wegtaktung als Zeittaktung erwähnt und erläutert (Spalte 3, Zeilen 16 bis 50). Ebenso ist in dieser Druckschrift die Erfassung von Istwerten und deren Abgleich mit den dazu korrespondieren Sollwerten erläutert (Spalte 4, Zeilen 18 bis 37).

Somit beruht ein Betriebsverfahren, das de facto durch den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unter Schutz gestellt werden soll, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3. Über den Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hinaus ist im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 angeben:

p) wobei die für die Achsantriebseinheit (2 bis 4) bestimmten Vektorelemente (17) auch mindestens einen Ergänzungswert (e) umfassen, q) wobei der Ergänzungswert ein Geschwindigkeitssollwert, ein Beschleunigungssollwert oder ein Rucksollwert ist.

Geschwindigkeit und Beschleunigung werden in der DE 40 41 869 A1 (Spalte 3, Zeilen 28 bis 29) als Größen dargestellt, die selbstverständlich bei der Steuerung einer Maschine beachtet werden.

Dies schließt mit ein, dass das Steuerprogramm auch diesbezügliche Anweisungen umfasst. Da sich das Steuerprogramm in Form einer Folge von Steuervektoren, wie zum Hauptantrag dargelegt, in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, gilt das auch für Steuervektoren, die Vektorelemente umfassen, die sich auf Geschwindigkeit und/oder Beschleunigung beziehen.

Somit beruht ein Erstellverfahren, das durch den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unter Schutz gestellt werden soll, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Somit war die Beschwerde zurückzuweisen.

4. Die Beschwerdegebühr wird aus Billigkeitsgründen gemäß § 80 Abs. 3 PatG zurückgezahlt. Mit der Ablehnung der beantragten Anhörung hat die Prüfungsstelle der Anmelderin nicht das ihr zustehende rechtliche Gehör gewährt. Auch ist nicht auszuschließen, dass die Entscheidung der Prüfungsstelle ohne diesen Verfahrensverstoß für die Anmelderin günstiger ausgefallen und folglich die Einlegung der Beschwerde nicht notwendig geworden wäre.

Selbst wenn im Verlauf einer Anhörung -wie von der Prüfungsstelle unterstellt -die grundsätzlichen Meinungsdifferenzen bezüglich der Patentierbarkeit eines Datenträgers nicht hätten ausgeräumt werden können, wäre nach Überzeugung des Senats von der in patentrechtlichen Angelegenheiten erfahrenen Anmelderin zu erwarten gewesen, dass sie zumindest einen Hilfsantrag ohne die strittigen, auf einen Datenträger gerichteten abhängigen Patentansprüche gestellt hätte. Die Prüfungsstelle wäre im Übrigen sogar entsprechend § 139 Abs. 1 ZPO gehalten gewesen, im Hilfsantrags hinzuweisen, nachdem sie den Patentanspruch 1 bereits in der ursprünglichen Fassung als gewährbar bezeichnet und nach der Bescheidserwiderung durch die Anmelderin an einem Großteil ihrer Bedenken nicht mehr festgehalten hatte, vgl. Schulte PatG, 8. Aufl., Einleitung Rdn. 103, 104, Busse Patentgesetz 6. Aufl. vor § 34, Rdnr. 51.

Bertl Kirschneck Dr. Scholz J. Müller prö






BPatG:
Beschluss v. 11.01.2010
Az: 19 W (pat) 5/06


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