Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Januar 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 114/02

(BPatG: Beschluss v. 08.01.2003, Az.: 29 W (pat) 114/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 22. März 2002 in Punkt 2 des Tenors aufgehoben.

Gründe

I.

Gegen die für die Dienstleistungen

"Telekommunikation; Ausbildung; Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; elektronische Berichterstattung"

am 15. April 1999 eingetragene Bildmarkeist am 7. Juli 1999 Widerspruch erhoben worden aus der rangälteren, am 12. März 1996 eingetragenen Bildmarke 395 38 265 Grafik der Marke 39538265.3

, eingetragen für

"Mit Daten bespielte und leere Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, Daten- und Musik-CDs, Videos, mit Programmen und Daten versehene Datenträger aller Art; Druckereierzeugnisse; Sammeln und Liefern von Nachrichten, Faxservice; Kartenvorverkauf für Veranstaltungen aller Art, Schreibservice; Druckservice, Einscannen von Bildern und Texten, Errichten und Betreiben von Datenbanken aller Art, Zugangsverschaffung zu nationalen und internationalen Datennetzen, Richten und Betreiben eines Archivs für Software".

Mit Beschluss vom 22. März 2002 hat die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes, besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes, den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die Vergleichszeichen seien ausschließlich in ihrer konkreten, in das Register eingetragenen (graphischen) Gestaltung schutzfähig, so dass der Schutz auch auf die eingetragene Form beschränkt sei. Zudem sei das Widerspruchszeichen als Gesamtbegriff ausgestaltet, so dass ein Herauslösen des Wortbestandteils der angegriffenen Marke fern liege. Nachdem zwischen den Vergleichszeichen in der graphischen Gestaltung keine Ähnlichkeit bestehe, sei insgesamt eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen. Infolge der klaren Schutzunfähigkeit des Wortes "News" und der sich daraus ergebenden Beschränkung des Schutzumfangs der Vergleichszeichen auf die konkret eingetragene Form sei die Einlegung des Widerspruchs und der damit verbundene Versuch, ein Verbietungsrecht über diesen eingeschränkten Schutzumfang hinaus geltend zu machen, rechtsmissbräuchlich, so dass es vorliegend der Billigkeit entspreche, der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Dementsprechend legte die Markenstelle der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens auf.

Die Widersprechende hat Beschwerde, beschränkt auf die Kostenauferlegung, eingelegt und ausgeführt, es sei im Regelfall davon auszugehen, dass jeder der Beteiligten seine Kosten selbst trage, unabhängig vom Verfahrensausgang. Für eine Abweichung von diesem Regelfall müssten deshalb besondere Voraussetzungen vorliegen, die hier nicht gegeben seien. Durch die Anmeldung der angegriffenen Marke habe die Anmelderin zu erkennen gegeben, diesen Begriff für sich alleine monopolisieren zu wollen. Da das deutsche Recht einem Dritten nicht die Möglichkeit eröffne, derartige Einwendungen im Eintragungsverfahren geltend zu machen, habe daher Widerspruch eingelegt werden müssen. Zudem habe sich seit dem Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung die Rechtsprechung hinsichtlich der Verwechslungsgefahr geändert, so dass eine möglicherweise erfolgte Änderung der Rechtsprechung nicht zu einer Bejahung besonderer Umstände führen könne, die eine einseitige Auferlegung der Kosten rechtfertige.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle hinsichtlich der Kostenentscheidung aufzuheben.

Die Markeninhaberin hält die Entscheidung der Markenstelle für richtig und trägt vor, die Widersprechende hätte ihren Widerspruch zu einem früheren Zeitpunkt zurücknehmen können.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist begründet. Es entspricht im vorliegenden Fall nicht der Billigkeit, der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren prinzipiell jeder Verfahrensbeteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst trägt, § 63 Absatz 1 Satz 2 MarkenG. Eine Abweichung von diesem Grundsatz ist gemäß § 63 Absatz 1 Satz 2 MarkenG nur dann angebracht, wenn Billigkeitsgesichtspunkte es unvertretbar erscheinen lassen, dass die obsiegende Partei durch das Verfahren mit Kosten belastet wird. Solche Billigkeitsgesichtspunkte liegen insbesondere dann vor, wenn ein Verhalten eines Verfahrensbeteiligten feststellbar ist, das mit der prozessualen Sorgfaltspflicht nicht vereinbart werden kann. Davon wäre etwa auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versuchen würde.

Solche Gesichtspunkte hat die Markenstelle darin gesehen, dass die jüngere Marke ebenso wie die Widerspruchsmarke lediglich in der konkreten graphischen Ausgestaltung schutzfähig seien und Verbietungsrechte daher nur daraus resultieren könnten, da die den beiderseitigen Zeichen zugrunde liegenden Wortfolgen als solche von vornherein schutzunfähig gewesen seien.

Im vorliegenden Fall ist die Markenstelle zu Unrecht vom Vorliegen einer solchen, vom Grundtatbestand abweichenden Lage, ausgegangen. Der Umstand, dass vorliegend eine Verwechslungsgefahr zu verneinen war, rechtfertigt noch keine Kostenauferlegung, weil sich hierin lediglich das in jedem markenrechtlichen Widerspruchsverfahren angelegte Risiko realisiert hat.

Zwar handelt es sich bei der Frage, ob und in welchem Umfang Kosten auferlegt werden, um eine Ermessensentscheidung, so dass gerichtlich nur überprüfbar ist, ob die Markenstelle die Voraussetzungen für die Ausübung dieses Ermessens und seine Grenzen eingehalten und von diesem Ermessensspielraum in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl dazu Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl, § 114 Rdn 7 ff; BPatGE 34, 99).

Aber auch bei Zugrundelegung dieses Maßstabs hält sich die Kostenentscheidung der Markenstelle insoweit nicht in den Grenzen dieses Ermessensspielraums, da die Markenstelle im Rahmen der Prüfung grundsätzlich von der Schutzfähigkeit der älteren Marke auszugehen hatte. Die Übereinstimmung beider Marken in dem Wortbestandteil "News" ist vorliegend nicht von der Hand zu weisen, zumal der Grundsatz gilt, dass beim Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen der Verkehr in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform besondere Beachtung schenkt (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 194). Denn auch wenn im Allgemeinen schutzunfähige Bestandteile zur Prüfung der Verwechslungsgefahr nicht heranzuziehen sind (vgl. Althammer/Ströbele aaO, § 9 Rdn 160), ist hier doch auch der eher geringe Schutzumfang der angegriffenen Marke zusammen mit einer - der Registerlage nach - weitgehenden Waren- beziehungsweise Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit zu berücksichtigen. In der Gesamtschau ist daher nicht von einer Konstellation auszugehen, in der ein Verfolgen des Widerspruchs einen so eklatanten Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht darstellt, der eine Abweichung rechtfertigte. Die Rechtsverfolgung der Widersprechenden mag zwar von Anfang an nicht besonders erfolgversprechend gewesen sein, andererseits kann sie aber auch nicht als völlig aussichtslos oder gar als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, weshalb kein Anlass besteht, vom Grundsatz des § 63 Abs 1 MarkenG abzuweichen.

Demgemäß scheidet auch eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus; vielmehr verbleibt es insoweit bei der gesetzlichen Kostenverteilung nach MarkenG § 71 Abs 1 Satz 2.

Grabrucker Voit Finkbr/Na






BPatG:
Beschluss v. 08.01.2003
Az: 29 W (pat) 114/02


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