Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juli 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 235/04

(BPatG: Beschluss v. 26.07.2005, Az.: 27 W (pat) 235/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26. Juli 2004 teilweise aufgehoben, soweit die Anmeldung für "Häute und Hautimitationen und verwandte Materialien" zurückgewiesen worden ist.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 26. Juli 2004 die als Wortmarke für

"Taschen (Rucksäcke, Umhängetaschen, Handtaschen, Reise- und Handkoffer) aus Leder und Lederimitationen, Textilien, Webstoffen, Fellen, Fellimitationen, Häute und Hautimitationen und verwandte Materialien"

angemeldete Bezeichnung POMP nach §§ 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftigeAngabe zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Marke fehle die erforderliche Unterscheidungskraft, da "POMP" wie das Adjektiv "pompös" im Sinne von "aufwändig, prächtig, prunkhaft" verstanden werde und damit die beanspruchten Waren beschreibe. Der Verkehr werde daher in bezug auf diese Waren nur an aufwändige, prächtige oder prunkhaft ausgestattete Produkte denken; auch wenn es sich um einen altmodischen Begriff handele, sei er geeignet, den Geschmack derjenigen Verbraucher zu treffen, welche eine prunkvolle Aufmachung schätzten. Einen individuellen Herkunftshinweis werde der Verkehr demgegenüber in der Anmeldemarke nicht sehen. Auch der Hinweis der Anmelderin auf die Voreintragung 302 44 857 in den Klassen 32 und 33 führe zu keinem anderen Ergebnis, weil sich der Begriff nicht zur Bezeichnung von Getränkeaufmachungen, wohl aber der hier beanspruchten Waren eigne; auch weitere Eintragungen wie "POMP-ART", "Esprit", "Triumph", "Exact", "Privileg", "Paradies" oder "Premiere" rechtfertigten keine andere Beurteilung, zumal sich aus Voreintragungen ohnehin kein Eintragungsanspruch herleiten ließe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die nicht begründete Beschwerde der Anmelderin. Sie hält die angemeldete Bezeichnung für schutzfähig. Das Wort "POMP" habe als Substantiv lediglich bezeichnenden Charakter; beschreibend könne lediglich das Adjektiv "pompös" sein, das "übertrieben, prächtig und prunkhaft" bedeute. Der Begriff "POMP" weise auch nicht branchenüblich auf die prachtvolle Aufmachung und Ausstattung hin, da nach den vorgenannten Definitionen auch negative Beschreibungsinhalte vorhanden seien. Im allgemeinen Sprachgebrauch sei es, gerade auch wegen der negativen Besetzung, deutlich zurückgetreten und aus der Alltagssprache beinahe verschwunden. Da es sich um einen altmodischen, nicht mehr zeitgemäßen Begriff handele, sei nicht anzunehmen, dass der Verkehr ihn ohne weiteres beschreibend verstehe.

Ihren Hilfsantrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 13. Mai 005 zurückgenommen und um Entcheidung ohne mündlichen Verhandlung gebeten.

II Die nach den §§ 64, 66 MarkenG sowie nach § 165 Abs. 4 und 5 MarkenG in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung zulässige Beschwerde ist nur teilweise in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, weil der Eintragung der Anmeldemarke lediglich in bezug auf die dort genannten Waren - vorbehaltlich einer noch erforderlichen Präzisierung der im Warenverzeichnis nicht näher bezeichneten "verwandten Materialien" - keine absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG entgegenstehen. Für die darüber hinaus angemeldeten Waren teilt der Senat demgegenüber die Auffassung der Markenstelle, dass die angemeldete Bezeichnung jedenfalls in Ermangelung der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderlichen Unterscheidungskraft nicht schutzfähig ist.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl. (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns) die Eignung einer Marke, vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittserbraucher (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2) als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Diensteistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Trotz des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) fehlt einer Kennzeichnung die Unterscheidungskraft stets dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen, was etwa bei einem für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m.w.N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) oder bei Werbeaussagen allgemeiner Art (vgl. BGH MarkenR 2000, 262, 263 - Unter uns; WRP 2000, 298, 299 - Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 - Partner with the best; GRUR 2001, 1047, 1048 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - "Test it."; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft) der Fall ist.

Entgegen der Ansicht der Anmelderin ist nicht nur das Adjektiv "pompös", sondern auch das Substantiv "Pomp" eine die beanspruchten Taschen beschreibende Angabe. Dieser Begriff, der "großer Aufwand (an Pracht), prachtvolle Aufmachung, Ausstattung, als übertrieben empfundener Prunk, Gepränge" bedeutet (vgl. DUDEN PC-Bibliothek 3.0, Stichwort "Pomp"), wird entgegen der Ansicht der Anmelderin auch heute noch - gerade auch in Alleinstellung - in zahlreichen redaktionellen Beiträgen als rein beschreibende Angabe eines bestimmten Modestils verwendet, wobei dies nach den Erkenntnissen des Senats auch für die vorliegend beanspruchten Taschen gilt, wie nach Eingabe der Suchworte "Pomp + Handtaschen" und "Pomp + Taschen" in die Internet-Suchmaschine GOOGLE sowie im Archiv der Fachzeitschrift TEXTILWIRTSCHAFT (abrufbar unter http://www.dfvarchiv.de/rechercheshop/direktzursuche/indextw.html) ohne weiteres feststellbar ist.

Dem steht auch nicht der Einwand der Anmelderin entgegen, dass er Begriff "POMP" im Sinne von "Prunk, übertriebener Aufwand" auch negativ verstanden werden kann. Denn abgesehen davon, dass dieser Begriff, wie bereits die oben genannte lexikalische Definition belegt, allein in beschreibender, also kein Werturteil enthaltender Bedeutung verwendet wird, was nicht ausschließt, dass mit ihm aufgrund des Zusammenhanges, in welchem er verwendet wird, auch positive oder negative Vorstellungen verbunden sein können, ändert dies nichts daran, dass auch in einem solchen Fall der Begriff allein als Sachhinweis auf - im Fall eines negativen Werturteils ungünstige - Eigenschaften der damit bezeichneten Waren und damit eben nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden wird.

Angesichts des eindeutigen Sinngehalts des hier beanspruchten Substantivs "Pomp" und seiner beschreibenden Verwendung gerade auch in Zusammenhang mit Taschen dürfte den angesprochenen Verkehrskreisen der Gedanke, es weise auf die Herkunft der damit gekennzeichneten Taschen hin, eher fern liegen; vielmehr steht auch hier der rein beschreibende Hinweis auf prunkvolle Taschen eindeutig im Vordergrund, so dass die Anmeldemarke in bezug auf diese Waren nicht schutzfähig ist. Auch die Voreintragungen, auf welche sich die Anmelderin vor der Markenstelle berufen hat, rechtfertigen keine andere Sichtweise; ungeachtet des Umstandes, dass Voreintragungen ohnehin keinen Anspruch auf Eintragung begründen können, ist dabei auch darauf hinzuweisen, dass mit Ausnahme der Marke 302 44 857, die für Waren der Klassen 32und 33 eingetragen und - wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat - schon aus diesem Grund mit der Anmeldemarke nicht vergleichbar ist, die übrigen Drittmarken den Begriff "Pomp" nicht in Alleinstellung enthalten; aus ihrer Eintragung lässt sich daher, auch soweit sie für vergleichbare Waren erfolgte, schon aus diesem Grund nichts für die Schutzfähigkeit der hier zu beurteilenden Anmeldung für Taschen herleiten.

Etwas anderes gilt allerdings für die darüber hinaus ebenfalls beanspruchten Waren "Häute und Hautimitationen und verwandte Materialien". Zwar handelt es sich hierbei um mögliche Ausgangsmaterialien insbesondere für Lederwaren, die wiederum - wie z.B. Lederhandtaschen - mit Pomp, d.h. prachtvoll ausgestaltet sein können. Da diese Ausgangsmaterialien aber nicht nur eine bestimmte - nämlich prunkvolle - Gestaltung der aus ihnen hergestellten Waren gestatten und zudem deren Gestaltung nur zu einem geringen Teil von den Eigenschaften der verwendeten Ausgangsmaterialien, sondern ganz entscheidend von dem gewählten Design abhängt, wird der von diesen beanspruchten Waren angesprochene Fachverkehr, bei dem es sich im wesentlichen um die Einkäufer der entsprechenden Lederwarenhersteller handelt, keine Veranlassung haben, die Anmeldemarke in bezug auf diese Waren allein als beschreibende Angabe anzusehen; vielmehr wird es für sie näher liegen, sie als Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Ausgangsmaterialien aus einem bestimmten Unternehmen und damit als Marke zu verstehen. In bezug auf diese ebenfalls beanspruchten Waren kann der Anmeldemarke daher das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden, so dass der ihr die Eintragung ganz versagende Beschluss der Markenstelle hinsichtlich dieser Waren teilweise aufzuheben und die Beschwerde im übrigen zurückzuweisen war.

Dr. van Raden Prietzel-Funk Schwarz Na






BPatG:
Beschluss v. 26.07.2005
Az: 27 W (pat) 235/04


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