Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 14. Oktober 1999
Aktenzeichen: 4 O 362/98

(LG Düsseldorf: Urteil v. 14.10.1999, Az.: 4 O 362/98)

Tenor

für R e c h t erkannt:

I.

Die Beklagten werden verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

Vorrichtungen zum Entleeren von Behältern, insbesondere von Müllbehältern in Sammelbehälter, bei denen eine durch mindestens einen Druckmittelmotor angetriebene Hubkippvorrichtung oder Kippvorrichtung mit einem den zu entleerenden Behälter aufnehmenden Hubkipprahmen bzw. Kipprahmen versehen ist, wobei der Druckmittelmotor bzw. die Druckmittelmotoren mittels eines in den Druckmittel-Leistungskreis eingesetzten Druckmittelventils gesteuert ist bzw. sind, das mit seiner Betätigungseinrichtung direkt oder indirekt an einen Steuerkreis angeschlossen ist, der einen die zeitliche Ventilsteuerung für die Bewegungsabläufe des Entleerungsvorganges bestimmenden Zeitschalter enthält, der mit einem Schaltelement zu seiner Betätigung und Ingangsetzen des Steuerungsablaufes verbunden ist,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen das mit dem Zeitschalter verbundene Schaltelement im Ansetzbereich für den zu entleerenden Behälter an der Kippvorrichtung bzw. Hubkippvorrichtung angebracht und mit auf den jeweils angesetzten Behälter ansprechenden Betätigungseinrichtungen versehen ist und der Arbeitsbereich im Umkreis der Kippvorrichtung bzw. Hubkippvorrichtung mittels bei Verlassen der Sicherungsstellung blockierend auf den Steuerkreis einwirkender Barrieren absicherbar ist;

2.

der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 8. Februar 1987 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Liefermengen nebst Typenbezeichnungen, Lieferzeiten, Lieferpreisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer (einschließlich der öffentlichen Hand)

b) der Angebotsmengen nebst Typenbezeichnungen, Angebotszeiten und Angebotspreisen,

c) der Art und des Umfangs der betriebenen Wer-bung,

d) der Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie

e) des erzielten Gewinns,

wobei

- sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt;

- den Beklagten vorbehalten bleibt, hinsichtlich der vor dem 1. Juli 1990 liegenden, vorstehend zu I. 1. beschriebenen Handlungen, die Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit ver-pflichteten, vereidigten und in der Bundesre-publik Deutschland ansässigen Wirtschafts-prüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen, der Klägerin auf konkrete Anfrage Auskunft darüber zu erteilen, ob ein bestimmter Abnehmer in der Aufstellung enthalten ist.

II.

Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 8. Februar 1987 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei sich die Verpflichtung zum Schadensersatz für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 beste-henden Grenzen beschränkt.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

IV.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,-- DM vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents X (vgl. Anlage K 1; nachfolgend: Klagepatent), das eine Vorrichtung zum Entleeren von Behältern, insbesondere von Müllbehältern in Sammelbehälter betrifft. Das Klagepatent beruht auf einer Anmeldung vom 20. Februar 1984, die am 22. August 1985 offengelegt wurde. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 8. Januar 1987 mit dem folgenden Patentanspruch 1:

Vorrichtung zum Entleeren von Behältern, insbesondere von Müllbehältern in Sammelbehälter, bei der eine durch mindestens einen Druckmittelmotor angetriebene Hubkippvorrichtung oder Kippvorrichtung mit einem den zu entleerenden Behälter aufnehmenden Hubkipprahmen oder Kippvorrichtung mit einem den zu entleerenden Behälter aufnehmenden Hubkipprahmen bzw. Kipprahmen versehen ist, wobei der Druckmittelmotor bzw. die Druckmittelmotore mittels eines in den Druckmittel-Leistungskreis eingesetzten Druckmittelventils gesteuert ist bzw. sind, das mit seiner Betätigungseinrichtung direkt oder indirekt an einen Steuerkreis angeschlossen ist, der einen die zeitliche Ventilsteuerung für die Bewegungsabläufe des Entleerungsvorganges bestimmenden Zeitschalter enthält, der mit einem Schaltelement zu seiner Betätigung und Ingangsetzung des Steuerungsablaufes verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, daß das mit dem Zeitschalter (45) verbundene Schaltelement (Schalter 12) im Ansetzbereich für den zu entleerenden Schalter (1) an der Kippvorrichtung bzw. Hubkippvorrichtung (4) angebracht und mit auf den jeweils angesetzten Behälter (1) ansprechenden Betätigungseinrichtungen versehen ist und der Arbeitsbereich im Umkreis der Kippvorrichtung bzw. Hubkippvorrichtung (4) mittels Verlassen blockierend auf den Steuerkreis einwirkender Barrieren (Barriereelemente 15) absicherbar ist.

Auf eine von dritter Seite erhobene Nichtigkeitsklage erklärte das Bundespatentgericht das Klagepatent durch Urteil vom 10. Juli 1991 (Anlage K 2) dadurch teilweise für nichtig, daß es in dem erteilten Patentanspruch 1 hinter das Wort "mittels" und vor dem Wort "blockierend" die Wörter "in Ruhestellung und Sicherstellung bewegbarer und in Ruhestellung" einfügte. Auf die von der hiesigen Klägerin sowie von der Nichtigkeitsklägerin hiergegen eingelegte Berufungen änderte der Bundesgerichtshof nach Einholung eines Sachverständigengutachtens das Urteil des Bundespatentgerichts durch Urteil vom 25. Oktober 1994 (Anlage K 3) teilweise ab und erklärte das Klagepatent dadurch teilweise für nichtig, daß in den erteilten Patentanspruch hinter das Wort "mittels" und vor dem Wort "blockierend" die Wörter "bei Verlassen der Sicherungsstellung" eingefügt wurden.

Das Klagepatent steht in Kraft. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des Klagepatents auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung sowie Feststellung ihrer Schadenersatzpflicht in Anspruch. Der Patentanspruch 1 des Klagepatents in der durch das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25. Oktober 1994 teilvernichteten Fassung hat folgenden Wortlaut:

Vorrichtung zum Entleeren von Behältern, insbesondere von Müllbehältern in Sammelbehälter, bei der eine durch mindestens einen Druckmittelmotor angetriebene Hubkippvorrichtung oder Kippvorrichtung mit einem den zu entleerenden Behälter aufnehmenden Hubkipprahmen oder Kippvorrichtung mit einem den zu entleerenden Behälter aufnehmenden Hubkipprahmen bzw. Kipprahmen versehen ist, wobei der Druckmittelmotor bzw. die Druckmittelmotore mittels eines in den Druckmittel-Leistungskreis eingesetzten Druckmittelventils gesteuert ist bzw. sind, das mit seiner Betätigungseinrichtung direkt oder indirekt an einen Steuerkreis angeschlossen ist, der einen die zeitliche Ventilsteuerung für die Bewegungsabläufe des Entleerungsvorganges bestimmenden Zeitschalter enthält, der mit einem Schaltelement zu seiner Betätigung und Ingangsetzen des Steuerungsablaufes verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, daß das mit dem Zeitschalter (45) verbundene Schaltelement (Schalter 12) im Ansetzbereich für den zu entleerenden Schalter (1) an der Kippvorrichtung bzw. Hubkippvorrichtung (4) angebracht und mit auf den jeweils angesetzten Behälter (1) ansprechenden Betätigungseinrichtungen versehen ist und der Arbeitsbereich im Umkreis der Kippvorrichtung bzw. Hubkippvorrichtung (4) mittels bei Verlassung der Sicherungsstellung blockierend auf den Steuerkreis einwirkender Barrieren (Barriereelemente 15) absicherbar ist.

Die nachstehend wiedergegebenen Figuren stammen aus der Klagepatentschrift und erläutern die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels näher. Figur 1 zeigt eine Hub-Kippvorrichtung bei geöffneten Barriereelementen und ohne zu entleerenden Behälter, Figur 2 zeigt eine Hub-Kippvorrichtung bei geschlossenen Barriereelementen und angesetztem Müllgefäß und Figur 3 zeigt eine Schemadarstellung des hydraulischen Druckmittel-Leistungskreises und des Steuerungssystems für Einfachschüttungen.

Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der vormals bei der Klägerin beschäftigte Beklagte zu 2. ist, bietet Hub-Kippvorrichtungen zum Entleeren von Müllgefässen in Sammelbehälter an. Diese Hub-Kippvorrichtung, von der die Klägerin die nachstehend wiedergegebenen Fotografien gemäß Anlagen K 10 und K 21 vorgelegt hat, stellte sie im Mai 1998 auf der Fachmesse "X" aus.

Der Beklagte zu 3., der der Vater des Beklagten zu 2. ist und früher als Vertriebsleiter bei der Klägerin beschäftigt war, ist für die Beklagte zu 1. tätig. In einem von der Klägerin als Anlage K 14 überreichten Prospekt der Beklagten zu 1. heißt es über ihn:

"Seit über 40 Jahren ist unser Senior im Bereich der Investitionsgüterindustrie für die Kommunalwirtschaft und Städtereinigung tätig. Er hat die Entwicklung des DIN 1,1 m3 Behälters in den frühen 60er Jahren maßgeblich beeinflußt und auch den Anstoß zur Entwicklung des heute gängigen Müll-Groß-Behälter (MGB) gegeben.

Durch seinen hohen Bekanntheitsgrad, seine langjährigen Erfahrungen und seine privaten wie auch beruflichen Verbindungen hat er sich zum Ziel gesetzt, seinen Söhnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen."

Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, bietet der Beklagte zu 3. die Hub-Kippvorrichtung der Beklagten zu 1. für diese an (vgl. Anlage K 19).

Die Klägerin sieht im Anbieten der Hub-Kippvorrichtung der Beklagten zu 1. eine Verletzung des Klagepatents. Sie macht geltend, daß die Vorrichtung der Beklagten zu 1. sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß verwirkliche. Der Beklagte zu 3. sei neben den Beklagten zu 1. und 2. passivlegitimiert. Denn er bestimme die Geschicke der Beklagten zu 1. mit und sei deren "führender Kopf", auch wenn er nicht offiziell Mitglied der Geschäftsleitung sei.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, ihnen für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und Empfänger von Angeboten statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie - die Beklagten - dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmte Lieferung, ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

Sie stellen eine Verletzung des Klagepatents in Abrede. Diesbezüglich machen sie geltend, daß der Steuerkreis ihrer Hub-Kippvorrichtung keinen "Zeitschalter" im Sinne des Klagepatents enthalte, welcher die Ventilsteuerung für die Bewegungsabläufe des Entleervorgangs zeitlich bestimme. Zwar treffe es zu, daß bei der angegriffenen Ausführungsform die Hub-Kippvorrichtung in der Endstellung, in welcher der Müllbehälter entleert werde, für eine gewisse Zeit verharre. Dies werde jedoch nicht mit einem Zeitschalter, sondern mit einem "Verzögerungselement" bewirkt. Dieses Verzögerungselement bewirke aber ausschließlich, daß der Müllbehälter in dieser Position einen Moment verharre. Ansonsten habe das Verzögerungselement auf die Bewegungsabläufe und die Ventilsteuerung hierfür keinen Einfluß. Das Verzögerungselement sei deshalb kein Zeitschalter, welcher die Ventilsteuerung für die Bewegungsabläufe des Entleervorganges zeitlich bestimme. Denn eine zeitliche Steuerung liege nach dem Verständnis des Fachmanns nicht bereits dann vor, wenn der Entleerungsvorgang nach einer gewissen, unbestimmten und mehr oder weniger langen Zeitspanne beendet werde. Denn dann müsse jede Steuerung, die zwei oder mehr aufeinanderfolgende Vorgänge kontrolliere, einen "Zeitschalter" haben. Daß das Klagepatent hierauf nicht abstelle, ergebe sich bereits daraus, daß der Patentanspruch 1 des Klagepatents von einer "zeitlichen" Ventilsteuerung spreche, also einer besonderen Art von Ventilsteuerung. Eine "Ventilsteuerung" liege vor, wenn ein oder mehrere Ventile kontrolliert würden, die eine oder verschiedene Funktionen erfüllten. Eine "zeitliche Ventilsteuerung" sei dagegen für den Fachmann eine an ein zeitliches Moment geknüpfte Ventilsteuerung. Dieses Verständnis des Fachmanns werde durch das im Klagepatent beschriebene Ausführungsbeispiel verstärkt. Die angegriffene Ausführungsform habe dementgegen keine zeitabhängige Steuerung; sie sei nicht zeit-, sondern vielmehr wegeabhängig gesteuert. Die vorhandenen Sensoren entlang des Fahrweges des Hubwagens gäben jeweils ein Signal, wenn der Müllbehälter bzw. Hubwagen in ihren Bereich gelangten, sowie dies in dem von der Klägerin als Anlage K 20 vorgelegten deutschen Gebrauchsmuster X der Beklagten zu 1. geschildert sei. Bei der angegriffenen Ausführungsform werde dann, wenn ein bestimmtes Stadium des Bewegungsablaufes erreicht sei, der nächste Schritt des Bewegungsablaufes durch die Bewegung der Hub-Kippvorrichtung ausgelöst. Diese wegabhängige Steuerung sei zeitunabhängig, jeglicher zeitliche Anknüpfungspunkt fehle. Weder sehe die Steuerung der angegriffenen Ausführungsform für eine Bewegung der Hubvorrichtung eine bestimmte Zeitdauer vor, noch stelle sie einen elektrischen Kontakt zu den Steuerventilen für eine vorgegebene Zeitdauer her. Die Bewegungen zwischen den einzelnen Stadien des Entleerungsvorganges wie auch der gesamte Entleerungsvorgang könnten also rasch oder langsam ablaufen; auf die zeitliche Dauer der Bewegung komme es nicht an. Bei der angegriffenen Ausführungsform könne demzufolge auch nicht sicher gestellt werden, daß der Entleerungsvorgang nach einer gewissen Zeit automatisch beendet werde. Der Entleerungsvorgang sei vielmehr nur und erst beendet, wenn der Hubwagen die ganze Wegstrecke zurückgelegt und dies der letzte Optosensor wahrgenommen habe.

Darüber hinaus sei bei der angegriffenen Ausführungsform auch kein Zeitschalter vorhanden, welcher mit einem Schaltelement zu dessen Betätigung und Ingangsetzen des Steuerablaufs verbunden sei. Die bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandenen und von der Klägerin angesprochenen Optosensoren seien nicht mit einem derartigen Zeitschalter verbunden. Die Optosensoren bewirkten lediglich, daß die Schüttung anfahre und ordnungsgemäß weiter laufe. Darüber hinaus seien die Optosensoren auch nicht mit einem Zeitglied verbunden.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Klägerin stehen die gegen die Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, und Schadensersatz gemäß §§ 9 Nr. 1, 14, 139 Abs. 1 und Abs. 2, 140b Abs. 1 und Abs. 2 Patentgesetz (PatG), §§ 242, 259 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu, weil die Beklagten das Klagepatent mit der angegriffenen Ausführungsform schuldhaft benutzen.

I.

Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zum Entleeren von Behältern, insbesondere von Müllbehältern in Sammelbehälter, mit Hilfe einer Hub-Kippvorrichtung oder Kippvorrichtung, die durch mindestens einen Druckmittelmotor angetrieben wird.

Derartige Vorrichtungen befinden sich z.B. am Heck von Müllfahrzeugen. Der vom Müllwerker herangebrachte Müllbehälter (z.B. eine Mülltonne) wird von der Vorrichtung ergriffen, angehoben und gekippt, meist auch noch gerüttelt (vgl. Spalte 8 Zeile 40 bis Spalte 9 Zeile 9 der Klagepatentschrift) sowie anschließend zurückgekippt, abgesenkt und abgesetzt.

In der Klagepatentschrift ist angegeben, daß dieser aus mehreren Teilvorgängen zusammengesetzte Entleervorgang nach dem Stand der Technik dadurch eingeleitet wird, daß der Müllwerker den Antrieb der Vorrichtung anschaltet, indem er ein Handbetätigungselement in die Betätigungsstellung bringt (vgl. Spalte 2, Zeilen 44 ff.). Danach läuft der gesamte Entleervorgang automatisch ab. Dem ist zu entnehmen, daß sich der Entleervorgang im Sinne der Erfindung nach dem Klagepatent aus mehreren Teilvorgängen zusammensetzt, die vorstehend im einzelnen angegeben sind, und die Erfindung nicht zwischen dem eigentlichen Entleervorgang (Einkippen) und den anderen Teilvorgängen differenziert. Wichtig ist ferner, daß nach dem Stand der Technik der aus den genannten mehreren Teilvorgängen bestehende Entleerungsvorgang nur durch ein Handbetätigungselement in Gang gesetzt wurde und dann automatisch ablief. Der Müllwerker konnte also z.B., nachdem er das Handbetätigungselement in die Betätigungsstellung gebracht hatte, bereits weitere Müllbehälter heranschaffen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. vom 19. Dezember 1996 - 2 U 55/95 (4 O 39/90) - Anlage K 22, Seite 21).

Die Klagepatentschrift nennt als Beispiel für diesen Stand der Technik die deutsche Patentschrift X (vgl. Anlage K 4). Die nachfolgend zur Verdeutlichung dieses Standes der Technik wiedergegebenen Figuren 1 und 2 dieser Patentschrift zeigen deren Gegenstand anhand eines Ausführungsbeispiels, wobei Figur 1 die Vorrichtung von der Seite gesehen und Figur 2 die Vorrichtung von der Rückseite des Fahrzeugs in Fahrtrichtung gesehen zeigt (vgl. Anlage K 4, Spalte 1, Zeilen 41 bis 46).

Bei dieser Vorrichtung ist das Steuerventil (41; Bezugsziffern gemäß der deutschen Patentschrift X) für den Druckmittelmotor mit einem Handbetätigungselement in Form eines Steuerhebels (45) versehen, das bei in Betätigungsstellung für den Druckmittelmotor gebrachtem Ventil hinter einem Rückhalteriegel (Anschlag 56 der Anschlagleiste 48; vgl. Fig. 2) einlegbar ist, dem eine Ausrückvorrichtung (51 - 53) derart zugeordnet ist, daß sie das Handbetätigungselement (45) des Steuerventils (41) hinter dem Rückhalteriegel hervorschiebt und zum Rücklaufen des Steuerventils in die Ausgangsstellung freilegt, sobald eine entsprechende Druckmittelbeaufschlagung an der Ausrückvorrichtung erreicht wird. Das Ausrückventil wird dabei von einem Überströmventil (12) gesteuert, das von der Schwenkwelle der Kippvorrichtung bzw. Hub-Kippvorrichtung her betätigt wird und - so die Klagepatentschrift in Spalte 2, Zeile 59 - "in Art eines Zeitschalters" zusammen mit der Ausrückvorrichtung in einem vom Druckmittel-Leistungskreis abgezweigten Steuerkreis angeordnet ist. Zum Rütteln des zu entleerenden Behälters können ein Betätigungs- bzw. Steuernocken (38) an der Schwenkwelle der Kipp- bzw. Hub-Kippvorrichtung für das Überströmventil (12) und im Steuerkreis - in der Zuleitung (62) zur Ausrückvorrichtung (51 bis 53) - eine Strömungsdrossel (Düse, 63) vorgesehen werden, um solange eine mehrfache Einkipp- und Rückkippbewegung im Endeinkippbereich der Kippvorrichtung bzw. der Hub-Kippvorrichtung hervorzurufen, bis die Ausrückvorrichtung das Handbetätigungselement vom Rückhalteriegel befreit hat (vgl. Spalte 2 Zeile 44 bis Spalte 3 Zeile 4 der Klagepatentschrift). Hierzu nimmt der Steuernocken (38) die beim Einschwenken der Vorrichtung entstehende Drehbewegung auf, betätigt über den Steuerbügel (36) den Ventilstift (13) des Überströmventils (12) und läßt Druckmittel aus der mit der Druckmittelzuleitung (58) verbundenen Zuleitung (11) in die Rücklaufleitung (18) überströmen. Hierdurch fällt der Druck in den Leitungen (58) und im Kippzylinder (60) ab, so daß die Frontplatte (2) der Vorrichtung über die Mülltonne und den Schwenkarm den Kippzylinder (60) zurückdrückt. Dabei schließt der Ventilstift (13) das Überströmventil (12), so daß der Druck im Kippzylinder (60) wieder ansteigt und die Frontplatte (2) mit der Mülltonne wieder eingeschwenkt wird. Bei jeder dieser sich hieraus ergebenden Rüttelbewegungen tritt über die Rücklaufleitung (18) durch die Düse (63) der Abzweigleitung (62) eine geringe Druckmittelmenge in den Ausrückzylinder (51) ein, die die Kolbenstange des Kolbens (52) allmählich und schrittweise ausfahren läßt und das Handbetätigungselement (45) vom Rückhalteriegel (56) herunterschiebt (vgl. Anlage K 4, Spalte 3 Zeile 15 bis Spalte 4 Zeile 3).

Als nachteilig sieht die Klagepatentschrift bei einer derartigen Vorrichtung an, daß es für eine einzige Bedienungsperson schwierig sei, gleichzeitig den Müllbehälter im Eingriffsbereich der Hub-Kippvorrichtung zu halten und das Handbetätigungselement in die Betätigungsstellung zu bringen. Für ein sicheres Aufnehmen des Müllbehälters - so die Klagepatentschrift - müsse entweder die Hub-Kippvorrichtung so gestaltet sein, daß der Müllwerker zunächst den zu entleerenden Müllbehälter unter Aufwendung menschlicher Körperkraft in entsprechende Einrichtungen des Hub-Kipprahmens einhänge und danach das Handbetätigungselement bediene oder es seien, wenn keine Einhängevorrichtung vorhanden sei, zwei Müllwerker notwendig, nämlich einer, der den Müllbehälter im Eingriffsbereich der Hub-Kippvorrichtung halte, und ein anderer, der das Handbetätigungselement bediene (Spalte 3, Zeilen 4 bis 22 der Klagepatentschrift).

Die Zeitschaltung des Standes der Technik wird hiernach von der Patentschrift nicht im einzelnen kritisiert. Es wird jedoch als nachteilig angesehen und damit als von der erfindungsgemäßen Lehre zu vermeiden (bei Vorhandensein einer Einhängevorrichtung), daß zunächst zum Zwecke der Entleerung - vgl. die oben zum Entleerungsbegriff gegebene Definition - der Müllbehälter eingehängt werden und danach das Handbetätigungselement bedient werden muß, also gleichsam zwei Bedienungsschritte vorzunehmen sind. Wie aus den Vorteilsangaben in Spalte 3, Zeilen 37 ff. der Klagepatentschrift zu entnehmen ist, soll erreicht werden, daß der Müllbehälter von einer Bedienungsperson nur noch an den Hub-Kipprahmen bzw. Kipprahmen herangebracht, nicht aber ein Handbetätigungselement zusätzlich bedient werden muß (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Urt. vom 19. Dezember 1996 - 2 U 55/95 - Anlage K 22, Seite 25).

Der Erfindung nach dem Klagepatent liegt das technische Problem ("die Aufgabe") zugrunde, bei einer Vorrichtung der eingangs angegebenen Art, d. h. bei einer Vorrichtung mit den Merkmalen 1 bis 5 der nachfolgenden Merkmalsgliederung, eine verbesserte selbsttätige Steuerung zu erzielen, ohne Personen im Arbeitsbereich der Vorrichtung zu gefährden (Spalte 3, Zeilen 23 bis 27 der Klagepatentschrift; vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 25. Oktober 1994 - X ZR 10/92 - Anlage K 3, Seite 9 oben; OLG Düsseldorf, Urt. vom 19. Dezember 1996 - 2 U 55/95 - Anlage K 22, Seite 25).

Zur Lösung dieses Problems schlägt das Klagepatent in seinem Patentanspruch 1 in der teilvernichteten Fassung eine Vorrichtung zum Entleeren von Behältern, insbesondere von Müllbehältern in Sammelbehälter mit folgenden Merkmalen vor:

1.

Eine durch mindestens einen Druckmittelmotor angetriebene Hub-Kippvorrichtung oder Kippvorrichtung ist mit einem den zu entleerenden Behälter aufnehmenden Hub-Kipprahmen bzw. Kipprahmen versehen;

2.

der Druckmittelmotor ist bzw. die Druckmittelmotore sind mittels eines in den Druckmittel-Leistungskreis eingesetzten Druckmittelventils gesteuert;

3.

das Druckmittelventil ist mit seiner Betätigungseinrichtung direkt oder indirekt an einen Steuerkreis angeschlossen;

4.

der Steuerkreis enthält einen die zeitliche Ventilsteuerung für die Bewegungsabläufe des Entleerungsvorganges bestimmenden Zeitschalter;

5.

der Zeitschalter ist mit einem Schaltelement zu seiner Betätigung und Ingangsetzen des Steuerungsablaufes verbunden;

6.

das mit dem Zeitschalter verbundene Schaltelement ist im Ansetzbereich für den zu entleerenden Behälter an der Kippvorrichtung bzw. Hub-Kippvorrichtung angebracht;

7.

das Schaltelement ist mit auf den jeweils angesetzten Behälter ansprechenden Betätigungseinrichtungen versehen;

8.

der Arbeitsbereich im Umkreis der Kippvorrichtung bzw. Hub-Kippvorrichtung ist mittels bei Verlassen der Sicherungsstellung blockierend auf den Steuerkreis einwirkender Barrieren absicherbar.

Als Vorteile der Erfindung nennt die Klagepatentschrift, daß der zu entleerende Behälter infolge einer weitestgehend selbsttätigen Steuerung des Entleervorgangs von einer Bedienungsperson lediglich an den Hub-Kipprahmen herangebracht werden müsse (also kein Handbetätigungselement zusätzlich bedient werden muß; vgl. Urteil des OLG Düsseldorf vom 19. Dezember 1996 - 2 U 55/95 - Anlage K 22, Seite 27) und diese sodann während des Schüttvorgangs die Vorrichtung verlassen könne, um einen entleerten Behälter wegzubringen oder einen zu entleerenden Behälter heranzuholen. Durch die gemäß der Erfindung vorgesehenen, blockierend auf den Steuerkreis einwirkenden Barrieren werde der Arbeitsbereich im Umkreis der Hub-Kippvorrichtung ausreichend abgesichert, so daß während des selbsttätig ablaufenden Entleerungsvorgangs keine Gefahr von der Vorrichtung für das Bedienungspersonal oder Passanten entsteht (Spalte 3, Zeilen 37 bis 46 und Zeilen 52 bis 59 der Klagepatentschrift).

Die erfindungsgemäßen Merkmale 6 und 7 der vorstehenden Merkmalsgliederung bewirken, daß es anders als nach dem Stand der Technik gemäß der deutschen Patentschrift X (Anlage K 4), von dem das Klagepatent ausgeht, nunmehr durch bloßes Heranbringen des zu entleerenden Müllbehälters an den Hub-Kipprahmen zu einer selbsttätigen Steuerung des Entleervorgangs kommt. Ein Handbetätigungselement, welches zusätzlich zu bedienen wäre, ist nicht mehr erforderlich. Wie so etwas beispielhaft auszuführen ist, machen die Figuren 1 und 2 in Verbindung mit Figur 3 der Klagepatentschrift deutlich. In den Figuren 1 und 3 sieht man das mit dem Zeitschalter (45 in Figur 3) verbundene Schaltelement 12, welches, wie aus Figur 1 ersichtlich, im Ansatzbereich für den zu entleerenden Behälter an der Kippvorrichtung bzw. Hub-Kippvorrichtung angebracht ist. Dieses Schaltelement 12 ist, wie aus der Figur 3 ersichtlich und wie in der dazugehörigen Beschreibung in Spalte 7 Zeilen 50 bis Spalte 8 Zeile 36 der Patentschrift angegeben ist, mit auf den jeweils angesetzten Behälter ansprechenden Betätigungseinrichtungen versehen, durch die der sich selbsttätig vollziehende Entleerungsvorgang, bestehend aus den oben im einzelnen aufgeführten Teilvorgängen, veranlaßt wird (vgl. auch Urteil des OLG Düsseldorf vom 19. Dezember 1996 - 2 U 55/95 - gemäß Anlage K 22, Seite 27 3. letzter Abs. bis Seite 28 oben).

Das Merkmal 8, das Gegenstand der Teilvernichtung durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Oktober 1994 (Anlage K 3) gewesen ist, so daß dessen Entscheidungsgründe zur Auslegung dieses Merkmals mit heranzuziehen sind, bewirkt, daß anders als beim eingangs genannten Stand der Technik gemäß der deutschen Patentschrift X (Anlage K 4) der Arbeitsbereich im Umkreis der Hub-Kippvorrichtung ausreichend abgesichert ist, so daß während des selbsttätig ablaufenden Entleervorgangs keine Gefahr von der Vorrichtung für das Bedienungspersonal oder Passanten entsteht. Gerade wegen des nicht von den Müllwerkern von Hand gesteuerten, sondern automatisch ablaufenden Entleervorgangs soll der Arbeitsbereich der Kippvorrichtung bzw. Hub-Kippvorrichtung seitlich durch Barriereelemente abgesichert werden. Diese Barriereelemente haben zwei Funktionen: In der Sicherungsstellung dienen sie als mechanische Zugangssperre und sollen so verhindern, daß z.B. Passanten in den Arbeitsbereich der Kippvorrichtung bzw. Hub-Kippvorrichtung gelangen und von dieser während des automatisch ablaufenden Entleervorgangs erfaßt werden können. Im übrigen sollen die Barriereelemente dann, wenn sie sich nicht in der Sicherungsstellung befinden, die Betriebsmöglichkeit der Kippvorrichtung bzw. Hub-Kippvorrichtung blockieren, d.h. der automatisch ablaufende Entleervorgang soll nur in der Sicherungsstellung der Barriereelemente möglich sein (vgl. Urteil des BGH vom 25. Oktober 1994 gemäß Anlage K 3, Seite 13 unten/14 oben sowie Urteil des OLG Düsseldorf, Urt. vom 19. Dezember 1996 - 2 U 55/95 - gemäß Anlage K 22, Seite 28). Hieraus ergibt sich zum einen, daß die Erfindung zwischen einer Sicherungsstellung und einer zweiten Stellung ("nicht in der Sicherungsstellung") unterscheidet und daß die Sicherungsstellung als die Stellung definiert wird, in der die Barriereelemente als mechanische Zugangssperre dienen und verhindern, daß z.B. Passanten in den Arbeitsbereich der Kippvorrichtung bzw. Hub-Kippvorrichtung gelangen und von dieser während des automatisch ablaufenden Entleervorgangs erfaßt werden können. Ferner ergibt sich hieraus, daß die Entleerung nur in der Sicherungsstellung möglich sein soll. Die Druckmittelzufuhr zum Druckmittel-Leistungskreis soll dagegen abgesperrt werden, sobald sich die Barriereelemente nicht mehr in der Sicherungsstellung befinden, sondern diese verlassen.

Abschließend ist hinsichtlich der erfindungsgemäßen Lehre angesichts des diesbezüglichen Streits der Parteien noch auf den Begriff "Zeitschalter" einzugehen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß die Klagepatentschrift in Spalte 2, Zeilen 44 bis 46, angibt, daß aus der in ihrer Einleitung gewürdigten deutschen Patentschrift X (Anlage K 4) ein Mülltonnenkipper "der oben angegebenen Art" bekannt sei, wobei die oben angegebene Art u.a. dadurch charakterisiert ist, daß bei dem Mülltonnenkipper ein "Zeitschalter" bzw. "eine Art Zeitschalter" vorhanden ist, der mit einem Schaltelement zu seiner Betätigung und Ingangsetzen des Steuerungsablaufes verbunden ist. Demgemäß ist dieses Merkmal in Patentanspruch 1 auch dem Oberbegriff zugeordnet worden, und im Kennzeichen (Merkmal 6) ist dieses Merkmal lediglich als Anknüpfungspunkt wieder aufgegriffen worden, ohne jedoch insoweit Anweisungen zur Umgestaltung oder dergleichen zu geben. Da das Klagepatent hinsichtlich des in seinem Anspruch 1 gebrauchten Begriffs "Zeitschalter" von der in der Einleitung der Klagepatentschrift gewürdigten deutschen Patentschrift X ausgeht, ist diese - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch zur Auslegung dieses Begriffs heranzuziehen. Schaut man sich die in dieser Druckschrift (Anlage K 4) beschriebene Hub-Kippvorrichtung an, die die Klagepatentschrift als mit einem "Zeitschalter" ausgerüstet ansieht, dann erkennt man, daß dort keine vorher eingestellte Zeitspanne die Dauer des Entleervorganges begrenzt, sondern der Entleervorgang beendet wird, wenn die Ausrückvorrichtung (51 - 53) das Handbetätigungselement (45) vom Rückhalteriegel (Anschlag 56) herunterschiebt, was eine bestimmte Anzahl von Rüttelbewegungen erfordert, die aber nicht vorher eingestellt ist und deswegen von Entleerungsvorgang zu Entleerungsvorgang geringfügig differieren kann. Wie der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf in dem von der Klägerin als Anlage K 22 zur Akte gereichten Urteil vom 19. Dezember 1996 - 2 U 55/95 - in anderer Sache zum Merkmal "Zeitschalter" des Anspruchs 1 des Klagepatents zutreffend ausgeführt hat (vgl. Seite 31 2. Absatz bis Seite 32 oben), ist schon dies mithin im Sinne der Lehre des Klagepatents ein "Zeitschalter". Im Rahmen der erfindungsgemäßen Lehre soll der Zeitschalter sicherstellen, daß der Entleerungsvorgang nach einer gewissen Zeit automatisch beendet wird. Nach dem Ausführungsbeispiel des Klagepatents ist zwar der an die elektrische Betätigungseinrichtung des Steuerventils 36 angeschlossene Zeitschalter 45 mit einer Zeitkonstanten auf eine solche Zeitdauer eingestellt, welche die Hub-Kippvorrichtung vom Anheben über Verschwenken bis zum vollständigen Entleeren des Behälters benötigt (vgl. Spalte 8, Zeilen 13 bis 20). Auf eine solche Ausgestaltung des Zeitschalters ist die erfindungsgemäße Lehre jedoch nicht beschränkt, weil sie die Ausbildung des Zeitschalters selbst dem Fachmann überläßt. Ausführungsbeispiele dienen lediglich der Beschreibung von Möglichkeiten der Verwirklichung des Erfindungsgedankens; zu einer Beschränkung des Schutzbereichs führen sie nicht. Erfindungsgemäß ist entscheidend, daß eine Einrichtung vorhanden ist, die sicherstellt, daß der Entleerungsvorgang nach einer bestimmten Zeit automatisch beendet wird, wobei der Entleervorgang nicht notwendig binnen einer vorgegebenen Zeitspanne ablaufen muß. Wie der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf in der vorzitierten Entscheidung festgestellt hat, ist deshalb z. B. eine Einrichtung, die die Zahl der Rüttelbewegungen vorgibt und den Entleerungsvorgang erst beenden läßt, wenn die Hub-Kippvorrichtung die vorgegebene Zahl der Rüttelbewegungen ausgeführt hat, im Sinne der patentgemäßen Lehre ein Zeitschalter, weil sie die für die eingestellte Zahl von Rüttelbewegungen benötigte Zeitdauer vorgibt und auf diese Weise die zeitliche Ventilsteuerung für die Bewegungsabläufe des Entleerungsvorganges bestimmt (vgl. Anlage K 22, Seite 32 oben).

II.

Mit der angegriffenen Ausführungsform machen die Beklagten von der zuvor gekennzeichneten Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.

Zwischen den Parteien ist - zu Recht - unstreitig, daß die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 1 bis 3 der vorstehenden Merkmalsgliederung wortlautgemäß verwirklicht, weshalb es weiterer Ausführungen hierzu nicht bedarf.

Wortsinngemäß erfüllt ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch das Merkmal 4, welches besagt, daß der Steuerkreis einen die zeitliche Ventilsteuerung für die Bewegungsabläufe des Entleerungsvorganges bestimmenden Zeitschalter enthält. Es ist bereits im Rahmen der Erörterung der erfindungsgemäßen Lehre aufgezeigt worden, daß Gegenstand der Erfindung nicht die in den Ausführungsbeispielen der Klagepatentschrift, auf die sich die Beklagten berufen, erfolgte Ausgestaltung eines Zeitschalters und die Art und Weise, wie dieser die zeitliche Ventilsteuerung für die Bewegungsabläufe des Entleervorganges bestimmt, ist, sondern die Automatisierung des Entleervorganges im Vordergrund steht. An die Stelle der aus dem Stand der Technik bekannten Einleitung des Entleervorganges durch die Handsteuerung des Müllwerkers soll bei der Erfindung nach dem Klagepatent die Einleitung durch das Ansetzen des Behälters an die Hub-Kippvorrichtung treten (Merkmal 6), und in diesem Rahmen soll der Zeitschalter nur sicherstellen, daß der Entleervorgang nach einer gewissen Zeit automatisch beendet wird, ohne daß der gesamte Entleervorgang hierbei binnen einer vorgegebenen Zeitkonstante ablaufen müßte (vgl. hierzu auch Urteil des OLG Düsseldorf vom 19. Dezember 1996 - 2 U 55/95 - gemäß Anlage K 22, Seite 31 2. Absatz bis Seite 32 oben, sowie Seite 36 letzter Abs. bis Seite 37 oben). Wenn dem aber so ist, verwirklicht die angegriffene Ausführungsform das Merkmal 4.

Die grundsätzliche Ausgestaltung sowie Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich als den von der Klägerin vorgelegten Lichtbildern gemäß Anlagen K 10 und K 21, der Zeichnung gemäß K 13 sowie aus der deutschen Gebrauchsmusterschrift X gemäß Anlage K 20 der Beklagten zu 1. Hiernach wird die Stellung eines zu der Kammaufnahme bzw. dem Lifterkamm hingeschobenen Müllbehälters von dem in einer der Lücken zwischen den zahnförmigen Klötzen des Lifterkammes angeordneten Sensors, dem aus der Fotografie II gemäß Anlage K 10 ersichtlichen Optosensor I, abgetastet und ein entsprechendes Signal abgegeben. Dadurch erhalten der Betätigungszylinder und der Drehantrieb Druckmittel, wodurch der Hubwagen angehoben wird und der Lifterkamm mit seinen Zähnen den Rand des Müllbehälters untergreift. Dieser Zustand wird durch einen weiteren Sensor erfaßt, der auf der Rückseite des Sensors I angeordnet ist. Es handelt sich hierbei um den Optosensor II, der sich aus den Lichtbildern gemäß Anlage K 10 nicht ergibt, jedoch in der unstreitig zutreffenden Zeichnung gemäß Anlage K 13, auf die Bezug genommen wird, dargestellt ist. Der Optosensor II meldet der elektrischen Steuerung der angegriffenen Ausführungsform den ordnungsgemäßen Betrieb. Sollte der Lifterkamm den Rand des Müllbehälters nicht richtig untergreifen bzw. nicht richtig in die Griffhöhle des Müllbehälters eingefahren sein, wird der Betrieb unterbrochen. Andernfalls - im Normalfall - erhalten der Betätigungszylinder und der Drehantriebszylinder weiterhin Hydrauliköl und fahren den Hubwagen weiter nach oben in die Füllöffnung hinein. Dabei gelangt nach den Ausführungen in der Gebrauchsmusterschrift nach Anlage K 20 (Seite 7, 2. Abs.) ein mit dem Drehantrieb verbundener Sensorbestätiger in den Bereich eines weiteren Sensors und schaltet diesen, woraufhin der weitere Antrieb des Hubwagens unterbrochen wird. Es handelt sich hierbei um das von der Beklagten zugestandene "Verzögerungselement". Der Müllbehälter hängt nun schräg in der Einfüllöffnung und der Müll kann ins Innere des Sammelbehälters rutschen. In dieser Entleerstellung verharrt der Müllbehälter über eine gewisse Zeit. Je nach den Gegebenheiten kann am Bedienungsfeld der Vorrichtung außerdem ein "Rütteln" des Müllbehälters eingestellt werden. Dieses "Rütteln" wird ausweislich des von der Klägerin als Anlage K 21 überreichten Lichtbildes mit dem zweituntersten Bedienknopf eingestellt, der die Bezeichnung "Bio" trägt, weil ein Rütteln insbesondere bei Biomüll (der sich in der Mülltonne festsetzen kann) wünschenswert ist. Nach der Leerung des Müllbehälters läuft der Entleervorgang automatisch weiter. Der Müllbehälter wird in die Absenkstellung zurückgefahren und am Boden abgestellt.

Es läßt sich hiernach feststellen, daß die Einleitung des Entleervorganges im Sinne des Klagepatents, der sich gemäß den obigen Ausführungen aus mehreren Teilvorgängen zusammensetzt, bei der angegriffenen Ausführungsform durch das Ansetzen des Müllbehälters an die Hub-Kippvorrichtung automatisch ausgelöst wird, der so eingeleitete Entleervorgang dann automatisch abläuft und durch eine Einrichtung in Gestalt einer elektronischen Steuerung sichergestellt ist, daß der Entleervorgang nach Zurücklegung eines bestimmten Weges und damit auch nach einer gewissen Zeit automatisch beendet wird, wobei diese Einrichtung unter anderem dafür sorgt, daß der Müllbehälter für eine bestimmte Zeit in der eigentlichen "Entleerstellung", in der er geleert wird, verweilt und wobei diese Einrichtung - wenn eingestellt - auch die für die eingestellte Zahl von Rüttelbewegungen benötigte Zeitdauer vorgibt. Damit verfügt die angegriffene Ausführungsform aber über einen "Zeitschalter" im Sinne des Klagepatents. Denn eine Einrichtung, die - wie bei der angegriffenen Ausführungsform - den Entleerungsvorgang erst beenden läßt, wenn der automatisch in die "Entleerstellung" bewegte Müllbehälter in dieser Stellung eine bestimmte Zeit verweilt hat bzw. in dieser Stellung eine bestimmte Anzahl von Rüttelbewegungen ausgeführt hat, ist im Sinne der patentgemäßen Lehre schon deshalb ein "Zeitschalter", weil sie eine für die (eigentliche) Entleerung des Müllbehälters bzw. für die vorgegebene Zahl von Rüttelbewegungen benötigte Zeitdauer vorgibt und auf diese Weise die zeitliche Ventilsteuerung für die Bewegungsabläufe des Entleervorganges bestimmt. Es findet insoweit bei der angegriffenen Ausführungsform zum einen eine "echte" zeitliche Verzögerung im Rahmen des Entleervorganges statt, nämlich dann, wenn der Müllbehälter in der Entleerstellung (Einkippstellung) gehalten wird. Gleiches gilt für den voreinstellbaren Rüttelvorgang. Dieses Verharren bzw. diese Rüttelbewegung stellt den wesentlichen zeitgesteuerten Teil des Entleervorgangs dar. Ferner wird durch die Steuerung sichergestellt, daß der Entleervorgang nach einer bestimmten Wegstrecke und damit auch nach Ablauf einer gewissen Zeit automatisch beendet wird. Hierdurch wird der zeitliche Faktor des Entleervorgangs definiert. Dies reicht für die Verwirklichung des Merkmals 4 aus. Wie bereits dargelegt, ist es für die Erfüllung des Begriffs "Zeitschalter" irrelevant, ob für den Entleervorgang eine bestimmte Zeitdauer vorgegeben ist bzw. der Entleervorgang in einzelne, vorgegebene Zeitabschnitte unterteilt ist. Zwar mag der Begriff "Zeitschalter" allgemein auf ein solches Verständnis hindeuten. Dies ist jedoch nicht entscheidend. Denn Patentschriften stellen im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon dar. Weichen diese vom allgemeinen (technischen) Sprachgebrauch ab, ist letztlich nur der sich aus der Patentschrift ergebende Begriffsinhalt maßgebend (vgl. BGH, Mitt. 1999, 304 - Spannschraube).

Die Merkmale 5 und 6, die besagten, daß der Zeitschalter mit einem Schaltelement zu seiner Betätigung und Ingangsetzen des Steuerungsablaufes verbunden ist (Merkmal 5) und dieses Schaltelement im Ansetzbereich für den zu entleerenden Behälter an der Kippvorrichtung bzw. Hub-Kippvorrichtung angebracht ist (Merkmal 6), werden von der angegriffenen Ausführungsform ebenfalls wortsinngemäß verwirklicht.

Im Rahmen der obigen Darlegung der Lehre des Klagepatents ist bereits ausgeführt worden, was ein Schaltelement im Sinne dieser Merkmale ist, nämlich ein Element, welches mit auf den jeweils aufgesetzten Behälter ansprechenden Betätigungseinrichtungen versehen ist, die dafür sorgen, daß der zu entleerende Müllbehälter von einer Bedienungsperson lediglich an den Hub-Kipprahmen herangebracht werden muß. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen zur Ausgestaltung und Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform ergibt, ist ein solches Schaltelement bei dieser vorhanden. Es handelt sich um den ausweislich der Anlage K 13 an der Aufnahmeseite des Kamms vorgesehenen Optosensor I, der in der Gebrauchsmusterschrift der Beklagten zu 1. als Sensor 31 bezeichnet und beschrieben ist. Mit diesem Schaltelement ist die programmierte Zeitsteuerung der angegriffenen Ausführungsform zu ihrer Betätigung und Ingangsetzung verbunden. Denn der Sensor bewirkt, daß der hydraulische Betriebskreislauf zum Antrieb des Hubwagens in Gang gesetzt wird. Der hydraulische Betriebskreislauf ist zwingend abhängig von der Programmsteuerung. Setzt somit der Optosensor I an der Kammaufnahme den Steuerungsablauf in Gang, so wird damit - mittelbar - gleichzeitig auch das "Verzögerungselement" der angegriffenen Ausführungsform durch ein und denselben Schalter in Gang gesetzt. Insoweit kommt es nicht darauf an, daß bei der angegriffenen Ausführungsform die Programmsteuerung offenbar nicht sogleich mit der "Beaufschlagung" bzw. "Auslösung" des Sensors den Programmbestandteil "Verzögerungsdauer" in Gang setzt, sondern dies erst im Verlauf des Programms zu einem späteren Zeitpunkt - durch einen weiteren Sensor - erfolgt. Denn der betreffende Optosensor setzt die Zeitsteuerung jedenfalls mittelbar in Gang, weil er dafür sorgt, daß die Programmsteuerung überhaupt in Gang gesetzt wird. Mehr verlangt das Merkmal 5 nicht. Es kommt darauf an, daß der Entleervorgang durch die bloße Betätigung des Schaltelements automatisiert wird und es - anders als im Stand der Technik - keiner zusätzlichen, manuellen Maßnahme hierzu bedarf. Dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall. Insoweit ist es gleichgültig, auf welche Art und Weise und zu welchem Zeitpunkt innerhalb des automatischen Entleervorganges das für diesen wesentliche zeitliche "Verharren" des Müllbehälters in der Entleerstellung durch einen entsprechenden Programmschritt bewerkstelligt wird.

Darüber hinaus ist das Merkmal 5 auch im Hinblick auf den bereits angesprochenen Rüttelvorgang verwirklicht. Denn der den Rüttelvorgang bestimmende Programmablauf wird ebenfalls durch die "Beaufschlagung" des Optosensors I ausgelöst. Insoweit ist sogar unstreitig, daß das "Rüttelprogramm" unmittelbar durch die Beaufschlagung des betreffenden Sensors zugeschaltet wird, so daß sie dann bei Erreichen der Einkippstellung aktiv wird. Denn wenn mit dem zuvor bereits beschriebenen "Bio-Schalter" nicht von vornherein, also vor dem Ingangsetzen des automatischen Entleervorgangs, auf "Rütteln" geschaltet worden ist, läßt sich nach den unwidersprochenen Angaben der Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt, d. h. nach der "Beaufschlagung" des Optosensors, der Rüttelvorgang nicht mehr zuschalten.

Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, daß auch die Merkmal 6 und 7 wortsinngemäß verwirklicht sind. Denn das Schaltelement in Form des Optosensors I ist entsprechend der Vorgabe des Merkmals 6 im Ansetzbereich für den zu entleerenden Behälter angebracht und der Sensor ist entsprechend dem Merkmal 7 auch mit einer auf den jeweils angesetzten Behälter ansprechenden Betätigungseinrichtung versehen.

Daß die angegriffene Ausführungsform das Merkmal 8, dessen Bedeutung bereits erläutert worden ist, wortlautgemäß verwirklicht, ist zwischen den Parteien unstreitig und bedarf daher keiner weiteren Darlegungen.

III.

1. Da die Beklagten den Gegenstand des Klagepatents rechtswidrig benutzt haben, sind sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1 PatG.

Dies gilt auch für den Beklagten zu 3., obgleich dieser offiziell nicht Mitglied der Geschäftsleitung der Beklagten zu 1. ist. Bei Patentverletzung durch ein Unternehmen können Ansprüche aus § 139 PatG nicht nur gegen das Unternehmen selbst und dessen verantwortliche Mitglieder (vgl. hierzu Benkard/Rogge, Patentgesetz/Gebrauchsmustergesetz, 9. Auflage, § 139 PatG Rdnr. 22), sondern auch gegenüber Angestellten des Unternehmens bestehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um Angestellte in leitender Funktion handelt (vgl. hierzu Kammer, GRUR Int. 1986, 807 - Feldversuche; Benkard/Rogge, a.a.O., § 139 PatG Rdnr. 23). Bei Patentverletzungen wird ebensowenig wie sonst im allgemeinen Recht der unerlaubten Handlung danach differenziert, ob eine Verletzungshandlung im eigenen oder fremden Namen, auf Weisung oder auf eigene Entscheidung erfolgt ist (Kammer, GRUR Int. 1986, 807, 808 - Feldversuche). § 139 PatG stellt lediglich auf die patentverletzende Tätigkeit ab. Es sind zwar Fälle denkbar, in denen die Inanspruchnahme eines die Zusammenhänge nicht übersehenden, untergeordneten Angestellten oder Arbeiters rechtsmißbräuchlich erscheinen könnte und deshalb abzulehnen sein dürfte. Grundsätzlich muß sich der Patentinhaber jedoch gegen denjenigen zur Wehr setzen können, der das geschützte Recht durch seine Handlung verletzt, auch wenn er nicht auf eigenen Entschluß und/oder ohne die Rechtslage zu überblicken handelt (Kammer, GRUR Int. 1986, 807, 808 - Feldversuche; Benkard/Rogge, a.a.O., § 139 PatG Rdnr. 23). Hiervon ausgehend haftet im Streitfall auch der Beklagte zu 3. Denn der für die Beklagte zu 1. tätige Beklagte zu 3. ist unstreitig am Anbieten der angegriffene Ausführungsform beteiligt und es muß auch davon ausgegangen werden, daß er eine zentrale Stellung im Unternehmen der Beklagten zu 1. einnimmt. Dies ergibt sich daraus, daß er in dem von der Klägerin als Anlage K 14 vorgelegtem Prospekt der Beklagten zu 1. mit Photo noch vor seinen Söhnen (dem Beklagten zu 2. sowie den Herren X und X), von denen zwei die Geschäftsleitung offiziell innehaben, abgebildet und im Gegensatz zu seinen Söhnen ist dort sein beruflicher Werdegang herausgestellt ist, wobei sogar seine Durchwahl im Unternehmen und eine eigene Fax-Nummer angegeben sind, unter denen er im Unternehmen der Beklagten zu erreichen ist. Im Text wird der Beklagte zu 3. als "unser Senior" bezeichnet und es wird mitgeteilt, daß der Beklagte zu 3. seinen Söhnen "mit Rat und Tat zur Seite" steht. Ausweislich des von der Klägerin als Anlage K 15 überreichten Schreibens sucht der Beklagte zu 3. potentielle Kunden zum Zwecke der Akquisition auf. Aus der von der Klägerin als Anlage K 16 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Beklagten zu 3., die in einem beim Landgericht Mainz geführten Rechtsstreit vorgelegt worden ist, ergibt sich ebenfalls, daß der Beklagte zu 3., der sich hiernach offensichtlich mit dem Unternehmen identifiziert ("stellten wir auf der Messe in X ... jeweils einen Schneider-Lifter aus"; "unser Lifter"), im Rahmen der Akquisition tätig wird und auch von Kunden um die Abgabe eines Angebots gebeten wird. Wie durch das als Anlage K 19 überreichte Schreiben vom 20. Mai 1988 belegt wird und zwischen den Parteien auch unstreitig ist, gibt der Beklagte zu 3. schriftliche Angebote für die Beklagte zu 3. betreffend die angegebene Ausführungsform ab. Schließlich ist der Beklagte zu 3. für die Beklagte zu 1. unstreitig auf Fachmessen präsent und führt dort Kundengespräche. Bei dieser Sachlage kann im übrigen auch von einer rechtsmißbräuchlichen Inanspruchnahme des Beklagten zu 3. keine Rede sein. Die Beklagten haben im letzten Verhandlungstermin im übrigen auch zum Ausdruck gebracht, daß sie der Passivlegitimation des Beklagten zu 3. nicht länger entgegentreten.

2.

Die Beklagten haben der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten, § 139 Abs. 2 PatG. Denn als Fachunternehmen hätte die Beklagte zu 1. die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB, und das gleiche gilt für den Beklagten zu 2., der als ihr gesetzlicher Vertreter für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen hatte und nach § 840 Abs. 1 gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 1. haftet. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, daß der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.

Dies gilt wiederum auch für den Beklagten zu 3. Bei der aufgezeigten Sachlage besteht keine Veranlassung, den Beklagten von der Schadensersatzhaftung auszunehmen. Insoweit fehlt es weder an einem Verschulden (vgl. hierzu Benkard/Rogge, a.a.O., § 139 PatG Rdnr. 23) noch kann - auch insoweit - von einer rechtsmißbräuchlichen Inanspruchnahme ausgegangen werden. Der Beklagte zu 3. ist faktisch in leitender Position bei der Beklagten zu 1. tätig und ihm sind unstreitig auch die technischen Details der Lifter der Beklagten zu 1. bekannt. Aufgrund seiner früheren Tätigkeit bei der Klägerin ist ihm außerdem - nicht anders als dem Beklagten zu 2. (vgl. Bl. 46 d. A.) - bekannt, daß die Klägerin Inhaberin von Schutzrechten ist.

3.

Außerdem sind die Beklagten zur Rechnungslegung verpflichtet, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können, § 242 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte - die auch für die Zeit nach Schluß der mündlichen Verhandlung zu erteilen sind, § 259 ZPO - nicht unzumutbar belastet.

4.

Gemäß § 140b PatG haben die Beklagten schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I.2 mit den Angaben zusammengefaßt, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind.

Ein Wirtschaftsprüfervorbehalt kann den Beklagten nur in dem von der Klägerin eingeräumten Umfang gewährt werden. Die beantragte Einräumung eines weitergehenden Wirtschaftsvorbehaltes kommt nicht in Betracht, weil die Beklagten keine Umstände dargetan haben, die eine Bekanntgabe ihrer gewerblichen Abnehmer (mit ihrem Rechnungslegungsantrag hat die Klägerin nur die Angabe der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, nicht jedoch auch der Angebotsempfänger begehrt, weshalb sich die Rechnungslegungsverpflichtung der Beklagten auf letztere nicht erstreckt) ausnahmsweise als unverhältnismäßig erscheinen lassen könnte.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert beträgt 750.000,-- DM.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 14.10.1999
Az: 4 O 362/98


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/41a886bdaa30/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_14-Oktober-1999_Az_4-O-362-98




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