Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Februar 2000
Aktenzeichen: 33 W (pat) 187/99

(BPatG: Beschluss v. 18.02.2000, Az.: 33 W (pat) 187/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der farbigen Wort-Bildmarkedie am 23. Juli 1997 angemeldet und für die Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 42

"Aktualisierung von Werbematerial; Verbreitung von Werbeanzeigen; Auskünfte in Geschäftsangelegenheiten; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Fernsehwerbung; Herausgabe von Werbetexten; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Plakatanschlagwerbung; Vermietung von Werbeflächen; Verbreitung von Werbematerial; Werbung; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Sammeln und Liefern von Pressemitteilungen; Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten"

bestimmt ist, hat die Beschwerdeführerin Widerspruch auf Grund ihrer Wortmarke 394 05 221 erhoben, die für Waren und Dienstleistungen sämtlicher Klassen und insbesondere für die Dienstleistungen

"Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Bau- und Reparaturwesen, soweit in Klasse 37 enthalten; Installationsarbeiten; Telekommunikation; Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen, Materialbearbeitung; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Verpflegung; Beherbergung von Gästen; ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schönheitspflege; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin und der Landwirtschaft; Rechtsberatung und -vertretung; wissenschaftliche und industrielle Forschung; Dienstleistungen von Architekten, Designern und Ingenieuren; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung"

am 22. Dezember 1997 eingetragen worden ist.

Die Markenstelle für Klasse 35 des Patentamts hat den Widerspruch durch zwei Beschlüsse, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen, weil nach dem Gesamteindruck der Marken weder eine unmittelbare Verwechslungsgefahr noch die Gefahr einer gedanklichen Verbindung der Marken auf der Grundlage der EuGH Rechtsprechung gegeben sei. Der Gesamteindruck der Widerspruchsmarke werde nicht von den Angaben "EXPO 2000" geprägt, da die Widerspruchsmarke auf Grund der faktischen Monopolstellung lediglich als Gesamtbegriff geschützt worden sei. Auch fehle der Bezeichnung "EXPO 2000" der für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr erforderliche Hinweischarakter eines Stammbestandteils.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Sie ist der Auffassung, daß der Gesamteindruck beider Marken von dem Bestandteil "EXPO 2000" geprägt werde. Der Verkehr werde um so mehr dazu neigen, die Bezeichnung "EXPO 2000 Hannover" auf die Worte "EXPO 2000" zu verkürzen, weil diese verkürzte Bezeichnung dem Publikum in den Medien fast täglich als Kennzeichnung der von der Widersprechenden seit Jahren geplanten und organisierten Weltausstellung nahegebracht werde. Hierzu verweist die Widersprechende auf die Ergebnisse einer Verkehrsbefragung der Ipsos Deutschland GmbH vom 12. Juli 1999, auf die Bezug genommen wird. Auf den Gesamteindruck der angegriffenen Marke treffe der Erfahrungssatz zu, daß eine Wort-Bildmarke in der Regel durch den Wortbestandteil geprägt werde. Dabei dominiere der Begriff "EXPO 2000" gegenüber den weiteren Wortelementen "PROJEKT" und "Schleswig Holstein". Zumindest bestehe eine Verwechslungsgefahr auf Grund gedanklicher Verbindung, weil der Markenteil "EXPO 2000" einen erheblichen Bekanntheitsgrad genieße und wegen der faktischen Monopolstellung auf die Widersprechende hinweise. Dem angesprochenen Verkehr dränge sich der Eindruck rechtlicher oder wirtschaftlicher Beziehungen zwischen den Markeninhabern in der Weise auf, daß die Widersprechende unter "EXPO 2000" unter anderem ein Projekt in dem benachbarten Schleswig-Holstein durchführe. Die Widersprechende hat hierzu zwei Broschüren "Weltweite Projekte in Deutschland" eingereicht, auf die Bezug genommen wird.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

Zur Begründung ihres Antrags bezieht sie sich im wesentlichen auf die Gründe des angefochtenen Erinnerungsbeschlusses und trägt ergänzend vor, daß die Widerspruchsmarke aus drei Bestandteilen bestehe, die gleichermaßen freihaltungsbedürftig seien und nennenswerter Kennzeichnungskraft entbehrten. Sie bestreitet im einzelnen die Aussagekraft der eingereichten Verkehrsbefragung und macht im übrigen geltend, daß sich die angegriffene Marke durch die grafische Gestaltung und den hervorgehobenen Bestandteil "PROJEKT" von der Widerspruchsmarke abhebe. Die Verwechslungsgefahr aufgrund gedanklicher Verbindung scheide aus, weil die Angabe "EXPO 2000" rein beschreibend sei und der Verkehr sie nicht der Widersprechenden zuordne, sondern als Hinweis auf ein historisches Ereignis verstehe.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Nach Auffassung des Senats kann eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen der Wort/Bildmarke "EXPO PROJEKT 2000 Schleswig-Holstein" und der Widerspruchsmarke "EXPO 2000 Hannover" nicht festgestellt werden.

Zwar ist wegen der Identität der Dienstleistungen, für die die Marken bestimmt sind, ein strenger Maßstab an den Abstand anzulegen, den die jüngere Marke gegenüber der Widerspruchsmarke einzuhalten hat, um die Gefahr von Markenverwechslungen auszuschließen. Dies beruht auf dem in ständiger Rechtsprechung anerkannten Grundsatz der wechselseitigen Beeinflussung der für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigenden Faktoren, so daß die Gefahr von Markenverwechslungen bei enger Ähnlichkeit oder gar Identität der durch sie erfaßten Waren oder Dienstleistungen schon dann anzunehmen sein kann, wenn der Grad der Ähnlichkeit der Marken relativ gering ist (vgl EuGH GRUR 1998, 387, 389 "Sabèl/Puma", 1998, 922, 923 "Canon"; BGH GRUR 1999, 995 "HONKA"). Jedoch reicht der Markenabstand nach Auffassung des Senats - jedenfalls bei der hier gebotenen Zugrundelegung einer (nur) normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke - zur Verneinung der Verwechslungsgefahr in jeder Richtung aus.

Abzustellen ist bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen (st. Rspr zuletzt BGH MarkenR 2000, 20, 21 - RAUSCH/ELFI/RAUCH m.w.N.). In ihrer Gesamtheit weicht die jüngere Marke aber aufgrund der graphischen Elemente und des zusätzlichen, zwischen den Markenteilen "EXPO" und "2000" farblich hervorgehobenen Wortbestandteils "PROJEKT" sowie der abweichenden geographischen Angabe "Schleswig-Holstein" im optischen Eindruck und bei der Benennung so erheblich von der Widerspruchsmarke ab, daß eine unmittelbare Gleichsetzung der Marken durch den Verkehr nicht zu befürchten ist. Hinzu kommt, daß die angegriffene Marke in auffallenden Farben gestaltet ist, die im Hinblick auf die farbig beantragte Eintragung als Markenelement zu berücksichtigen sind (vgl. BPatGE 37, 98, 101 "Visa-Streifenbild", E 38, 161, 165 "PAPPA-GALLO/GALLO").

Es läßt sich, wenn von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke als ganzer ausgegangen wird, auch nicht feststellen, daß der Bestandteil "EXPO 2000" die Widerspruchsmarke prägt. Die Widerspruchsmarke besteht aus der gebräuchlichen Abkürzung EXPO für das englische wie gleichermaßen französische Wort "Exposition", das in seiner Bedeutung von "Ausstellung, Weltausstellung" Eingang in die deutsche Sprache gefunden hat, der Jahreszahl "2000" sowie der Ortsangabe "Hannover", die im einzelnen jeweils beschreibenden Charakter haben. Als Gesamtbezeichnung ist " EXPO 2000 Hannover" jedoch in der für offizielle Weltausstellungen typischen Art mit der Jahreszahl und dem Veranstaltungsort gebildet. Nachdem die mit der Ausrichtung der offiziellen und einzigen Weltausstellung im Jahr 2000 für den Ausstellungsort Hannover beauftragte Bundesrepublik Deutschland der Widersprechenden Ende 1994 die Planung, Durchführung und Vermarktung der Weltausstellung allein übertragen hatte, war der Widersprechenden die faktische Monopolstellung an der Gesamtbezeichnung eingeräumt worden, die das Freihaltebedürfnis ausschloß. Dementsprechend erfolgte die Eintragung der Widerspruchsmarke für die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit und auch nur aufgrund dieser faktischen Monopolstellung (vgl BPatG 33 W (pat) 199/96).

Auf der Grundlage einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke als ganzer ist die Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, nicht zu bejahen. Für die Gefahr mittelbarer Verwechslungen unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens fehlt es an einer entsprechenden Serie.

Die Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne ist ebenfalls zu verneinen. Dem steht zwar nicht entgegen - wie die Inhaberin der jüngeren Marke meint -, daß die Widerspruchsmarke zugleich die Bezeichnung der Veranstaltung selbst ist. Grundlage und Voraussetzung für die Annahme von Beziehungen geschäftlicher, wirtschaftlicher oder organisatorischer Art ist aber, daß es sich um einen entsprechend kennzeichnungskräftigen, jedenfalls schutzfähigen Bestandteil handelt, was auf die Angabe "EXPO 2000" allein - unter Berücksichtigung einer nur normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke als ganzes - nicht zutrifft. Inwieweit die Markeninhaberin möglicherweise ihrerseits - wie sie es in ihrem Vorbringen hat anklingen lassen - die angegriffene Marke im Hinblick auf die bevorstehende "EXPO 2000" zur eventuellen Lizenzvergabe verwenden möchte, ist insoweit jedenfalls bei dieser Sachlage nicht relevant.

Soweit die Widersprechende eine gesteigerte Kennzeichnungskraft und eine Durchsetzung des Bestandteils "EXPO 2000" geltend macht, kann dieses Vorbringen im vorliegenden Widerspruchsverfahren zu keiner anderen Beurteilung führen. Es mag zwar zutreffen, daß die zunehmende Intensität der Berichterstattung in Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen Medien zur "EXPO 2000" und den Begleitprojekten zu einer entsprechenden Bekanntheit geführt hat. Ob unter Zugrundelegung der derzeitigen Verhältnisse etwaige marken- oder wettbewerbsrechtliche Ansprüche gegen die Markeninhaberin mit Erfolg geltend gemacht werden können, muß hier jedoch dahinstehen.

Denn im registerrechtlichen Widerspruchsverfahren kann die Behauptung, ein von Hause aus schutzunfähiger Bestandteil der Widerspruchsmarke (hier "EXPO 2000") habe sich im Verkehr als Kennzeichen der Waren und Dienstleistungen der Widersprechenden durchgesetzt, grundsätzlich nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH GRUR 1965, 183 - derma). Hinzu kommt, daß bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr eine Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in jedem Fall nur insoweit zu berücksichtigen ist, als sie bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke, hier also am 23. Juli 1997 vorlag (vgl. BGH GRUR 61, 347 - Almglocke). Die Widersprechende hat dies nicht ausreichend dargetan. So beziehen sich die Ergebnisse der Verkehrsumfrage der Ipsos Deutschland GmbH auf einen Zeitraum, der nach dem maßgeblichen Tag der Anmeldung der angegriffenen Marke liegt, und sind daher vorliegend nicht zu berücksichtigen. Ebensowenig können die eingereichten Werbebroschüren den behaupteten erhöhten Bekanntheitsgrad von "EXPO 2000" allein für den relevanten Zeitraum belegen, da sie ausdrücklich den Stand vom 8. Dezember 1999 wiedergeben.

Für eine Kostenauferlegung gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG bestand bei der gegebenen Sach- und Rechtslage kein Anlaß.

Winkler Dr. Schermer Pagenberg Ko






BPatG:
Beschluss v. 18.02.2000
Az: 33 W (pat) 187/99


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