Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Juni 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 126/08

(BPatG: Beschluss v. 22.06.2009, Az.: 27 W (pat) 126/08)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154

Gründe

I Die Anmeldung der Wortmarke ROCK COUTURE hat die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patentund Markenamts mit Erstbeschluss vom 21. Dezember 2006 teilweise, nämlich für die Waren

"Aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren; kunstgewerbliche Gegenstände und Ziergegenstände, soweit sie in Klasse 14 enthalten sind; Juwelierwaren, echte und unechte Schmuckwaren, Uhren und andere Zeitmessinstrumente, Uhrarmbänder, Uhrketten, Teile der vorstehenden Waren, soweit sie in Klasse 14 enthalten sind; Waren aus Leder und Lederersatzstoffen, soweit sie in Klasse 18 enthalten sind, insbesondere Kleinlederwaren, Taschen und andere nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Behältnisse, Geldbörsen, Brieftaschen, Handtaschen, Reisetaschen, Reiseund Handkoffer, Aktentaschen, Einkaufstaschen, Schlüsseltaschen, Rucksäcke, Schulranzen, Reisenecessaires, Umhängeriemen; Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts; Handschuhe; Gürtel; Kopfbedeckungen", wegen fehlender Unterscheidungskraft und einem Freihaltungsbedürfnis zurückgewiesen. Bei der angemeldeten Wortmarke handele es sich um einen eindeutigen Sachbegriff im Sinne einer hohen Schneideroder Handwerkskunst im Rock-Style. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Rock-Style, der stark angelehnt sei an das Outfit der Künstler aus der Rock-Szene, derzeit wieder boome, was insbesondere auch ein Blick in die Fachzeitschriften der Modebranche zeige. Es müsse davon ausgegangen werden, dass solche aktuellen Trends nicht nur dem modeinteressierten Publikum geläufig seien, sondern auch dem Anmelder als Fachanbieter auf dem Modesektor. Dem Beschluss beigefügt sind Auszüge aus Modezeitschriften, bei denen das Wort "Rock" im Zusammenhang mit Bekleidungsstücken (meist im Sinne von Rock-Style) verwendet wird. Der Modefachbegriff "Couture" bezeichne heutzutage nicht nur ausschließlich Produkte der hohen Schneiderkunst, sondern auch die dazugehörigen Accessoires. So weise die neueste Auflage des Textilund Modelexikons von Denninger/Giese unter dem Stichwort "Haute Couture" u. a. darauf hin, dass die Haute Couture als aufwendiges und kostspieliges Experimentierfeld der Mode auch heute noch bei der Entwicklung neuer Stoffe, Schnitte und Accessoires nach wie vor eine bedeutende Rolle spiele. Insoweit könnten von dem vorliegend angemeldeten Begriff "ROCK COUTURE" auch sämtliche versagten Waren, also auch alle weitestgehend als Schmuckaccessoires, Gürtel oder Lederbzw. Lederimitationsbehältnisse bezeichneten Waren umfasst werden.

Die gegen diese Entscheidung eingelegte Erinnerung hat die Markenstelle mit Zweitbeschluss vom 9. Juni 2008 im Wesentlichen aus den Gründen des Erstbeschlusses zurückgewiesen. Die Erinnerungsprüferin hält die angemeldete Bezeichnung für freihaltungsbedürftig. Der Ausdruck "ROCK COUTURE" sei im Hinblick auf die beanspruchten Waren eine die Art und Eignung sowie die Bestimmung glatt beschreibende Angabe. Die Marke beschreibe lediglich die versagten Waren, die alle das Thema "Rock" hätten und dem für diese Art des Tanzes als derzeitige Mode in höchster Materialqualität und Verarbeitungsart, nämlich mit dem längst in die deutsche Sprache, jedenfalls der Modebranche im weitesten Sinne, eingegangenen sloganartigen und werbemäßigen Schlagwort "COUTURE". Es müsse den Mitbewerbern des Anmelders unbenommen bleiben, in solch schlagwortartiger Weise auf ihre für die mit dem Tanz "Rock" bestimmten und geeigneten Waren hinzuweisen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle in dem Umfang aufzuheben, in dem die Anmeldung zurückgewiesen wurde und die angemeldete Marke in vollem Umfang einzutragen.

Der Anmelder hält die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit für schutzfähig. Für die Waren der Klassen 14 und 18 hätte die Markenstelle keine Indizien für eine beschreibende Bedeutung vorgebracht. Bezüglich der Waren in der Klasse 25 habe die Erstprüferin zu Unrecht den in der Textilbranche verwendeten Begriff "Rock Style" mit der Marke "ROCK COUTURE" gleichgesetzt. Das Wort "Style" habe eine andere Bedeutung wie der Markenbestandteil "COUTURE".

An der auf den Hilfsantrag des Anmelders anberaumten mündlichen Verhandlung hat der Anmelder, wie vorher angekündigt, nicht teilgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde des Anmelders bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der als Marke angemeldeten Bezeichnung für die beschwerdegegenständlichen Waren jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Hauptfunktion einer Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren zu gewährleisten (st. Rspr.; vgl. z. B.

EuGH GRUR Int. 2005, 1012 Rdn. 27 -BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854 -FUSSBALL WM 2006). Die Prüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss -seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz -streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Rdn. 50 -Libertel; GRUR 2004, 674, Rdn. 123 -Postkantoor). Enthält eine Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der vom Verkehr, d. h. von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Rdn. 50 -Henkel) ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erkannt wird, so ist ihr die Registrierung als Marke zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151 -marktfrisch; 2005, 417 -BerlinCard). Dies gilt auch für fremdsprachige Bezeichnungen, die aus gängigen Ausdrücken einer Welthandelssprache oder der einschlägigen Fachsprache gebildet sind (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 110).

Nach diesen Grundsätzen weist das angemeldete Zeichen nicht die für eine Eintragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft auf. Den Bedeutungsgehalt der Wortfolge "ROCK COUTURE" hat die Markenstelle auch in ihrer Gesamtbedeutung zutreffend dargelegt. In Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren wird der angesprochene inländische Verkehr der Marke lediglich einen sachbezogenen beschreibenden Hinweis auf deren Stilrichtung entnehmen. Er wird die Wortfolge ohne Weiteres in dem Sinne verstehen, dass es sich bei den so gekennzeichneten Waren um hochwertige Modewaren bzw. Modeaccessoires im Rock-Stil handelt.

Durch die von der Markenstelle ermittelten Internetausdrucke ist ausreichend belegt, dass es im Bereich der Mode bzw. der Modeaccessoires eine bestimmte Stilrichtung gibt, die als rockig bzw. im Rockstil bezeichnet wird. Dass es eine entsprechende Moderichtung gibt, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Insbesondere in der Rocker-Szene ist es seit Jahrzehnten üblich, dass die Mitglieder dieser Szene spezielle Kleidung (meist aus Leder) und spezielle Schmuckwaren tragen.

Bei dem nachgestellten Wort "COUTURE" handelt es sich um die Kurzform des ursprünglich aus dem Französischen stammenden Begriffs "Haute Couture", der als sog. Lehnwort in die deutsche Sprache eingegangen ist (vgl. Duden Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., Mannheim 2006) und der im Modebereich als Hinweis auf eine Hochwertigkeit verstanden und vielfach verwendet wird. Der Verkehr wird die Marke daher in ihrer Gesamtheit ohne weiteres als Hinweis auf eine hochwertige Ware für die Rockszene verstehen.

Aus den dem Anmelder mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übersandten Internetausdrucken ergibt sich, dass die Wortfolge "ROCK COUTURE" im Bereich der Bekleidungsstücke im aufgezeigten Sinn von Dritten bereits verwendet wird. Dies gilt entgegen der Auffassung des Anmelders auch für Waren der Klassen 14 und 18, da etwa Schmuckwaren und Lederwaren in einem hochwertigen Rockstil gestaltet sein können. Dafür spricht beispielsweise der dem Anmelder übermittelte Internetausdruck www.theoutletstore.com/product, in dem von einem FrauenT-Shirt die Rede ist, das von eingefassten Steinen umrandet ist.

Ob einer Registrierung der angemeldeten Marke auch das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

Dr. van Raden Schwarz Kruppa Ko






BPatG:
Beschluss v. 22.06.2009
Az: 27 W (pat) 126/08


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