Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. November 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 329/00

(BPatG: Beschluss v. 05.11.2002, Az.: 27 W (pat) 329/00)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. August 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Für die Waren und Dienstleistungen

"Röntgengeräte, insbesondere für Hand- und checkin Gepäck, für Sachkontrolle vorzugsweise im Zugangs-, Sicherheits- oder Flughafenbereich; Postdurchleuchtungssysteme; elektrische und elektronische Geräte, Apparaturen und Anlagen sowie Zusatzkomponenten, zB Monitorhubeinheit und ergonomische Stehhilfe, soweit in Klasse 09 enthalten;

Sicherheitskontrollen von Sachen und Personen"

istsiehe Abb. 1 am Endezur Eintragung als Bildmarke angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Patentamts hat durch eine Beamtin des höheren Dienstes die Anmeldung als beschreibende und freizuhaltende Angabe zurückgewiesen. Bei der angemeldeten Marke handele es sich um die Bezeichnung einer wesensbestimmenden Eigenschaft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen, nämlich um den Hinweis, dass sie einer für Profis angebotenen Produktlinie bzw einer von Fachleuten genutzten Produktreihe/-serie angehörten.

Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Nach ihrer Ansicht ist die angemeldete Wort-/Bildmarke schutzfähig. Es handele sich bei "ProLine" nicht um einen im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen üblichen, unmittelbar verständlichen beschreibenden Begriff. Die von der Markenstelle vorgenommene Gleichsetzung mit "Profiline" sei nicht zutreffend. Im übrigen enthalte die angemeldete Marke in dem Bestandteil "Pro" weder einen Bezug zu Röntgengeräten oder Sicherheitskontrollen noch eine eindeutige Abkürzung für "professionell" oder "Profi". Letzteres sei schon deshalb nicht anzunehmen, weil die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sich ausschließlich an Fachleute richteten, was die Auslegung in diesem Sinne nicht nahe lege.

Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 20. September 2002 ein eingeschränktes Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vorgelegt, nach dem der Schutz nunmehr für

"Röntgengeräte, nämlich für Hand- und checkin Gepäck, für Sachkontrolle vorzugsweise im Zugangs-, Sicherheits- oder Flughafenbereich;

Röntgengeräte für die Postdurchleuchtung;

Elektrische und elektronische Geräte, Apparaturen und Anlagen sowie Zusatzkomponenten, wie Monitorhubeinheiten, ergonomische Stehilfen, Bedienpulte, Eingabeeinheiten für Hand- und checkin Gepäck, für Sachkontrolle vorzugsweise im Zugangs-, Sicherheits- oder Flughafenbereich;

Sicherheitskontrolle von Sachen und Personen"

begehrt wird. Damit soll nach Ansicht der Anmelderin klargestellt sein, dass ein Bezug des Markenbestandteils "Line" auf eine Produktlinie ausgeschlossen sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Anmelderin wird auf die bei den Akten befindlichen Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde musste in der Sache Erfolg haben, da absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG der Eintragung der angemeldeten Marke nicht entgegen stehen.

Ein beschreibender Sinngehalt, der hinter der angemeldeten Bezeichnung "ProLine" stehen könnte, ist im Hinblick auf die nunmehr noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen für die angesprochenen Verkehrsbeteiligten nicht ohne weiteres klar und eindeutig erkennbar. Dem Umstand, dass die Markenbestandteile "Pro" und "Line" für sich genommen jeweils einen beschreibenden Inhalt haben können, kann keine maßgebliche Bedeutung beigemessen werden. Denn zum einen ist als Gegenstand der Beurteilung allein die Marke in ihrer angemeldeten Form anzusehen, da der Verkehr, auf dessen Verständnis es ankommt, die Marken üblicherweise in ihrer Gesamtheit und ohne eine die Einzelbestandteile analysierende Betrachtungsweise aufnimmt (vgl ua BGH GRUR 1995, 408 - PRO-TECH). Soweit zum anderen von der Markenstelle angenommen wurde, Teile des Verkehrs sähen in der angemeldeten Marke insgesamt einen naheliegenden Hinweis auf eine professionelle Produktserie, ist dies jedenfalls für die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht zutreffend. Ein Verständnis von "Pro-Line" im Sinne von (Produkt)Linie für Profis liegt bei Waren, die sich ihrer Art nach ausschließlich an Fachleute, also Profis wenden, wie Röntgengeräte für Handgepäck und Postdurchleuchtung, sowie elektrische und elektronische Geräte einschließlich Zusatzkomponenten für die Sachkontrolle, vorzugsweise im Zugangs-, Sicherheits- oder Flughafenbereich, nicht nahe. Denn da derartige Waren regelmäßig nur von Profis erworben und verwendet werden, erwartet der angesprochene Verkehr auch nicht, dass sie in mehreren Produktlinien einerseits für Profis und andererseits für Nichtprofis (zB für Amateure oder Endverbraucher) hergestellt und angeboten werden. Im Zusammenhang mit den nunmehr noch beanspruchten Produkten stellt sich "ProLine" mithin als eine Bezeichnung dar, der die angesprochenen Verkehrskreise, sofern sie ihre Bedeutung überhaupt analysieren und hinterfragen, keine die Waren in klar verständlicher und üblicher Weise beschreibende Aussage entnehmen können. Dies gilt erst recht hinsichtlich der auf die Sicherheitskontrolle von Sachen und Personen gerichteten Dienstleistungen.

Es bestehen daher weder konkrete Anhaltspunkte für ein ernsthaftes Bedürfnis der Mitbewerber an der Verwendung der Bezeichnung "ProLine" in dem beanspruchten speziellen Waren- und Dienstleistungsbereich noch kann ihr jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Gründe, die eine Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs 3 MarkenG rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Soweit die Anmelderin geltend macht, daß ihr zu Unrecht statt der Erinnerung nur die Beschwerde "gestattet worden sei", übersieht sie, daß sich der gegen die Beschlüsse der Markenstellen zulässige Rechtsweg aus dem Gesetz ergibt und nicht vom Patentamt zugelassen wird. Nach der Vorschrift des § 66 Abs 1 Satz 1 in Verbindung mit § 64 Abs 1 MarkenG findet aber gegen Beschlüsse der Markenstellen, die von einem Beamten des höheren Dienstes erlassen sind - hier: einer Regierungsrätin z.A. - das Rechtsmittel der Beschwerde und nicht die Erinnerung statt.

Dr. Schermer Friehe-Wich Dr. van Raden Pü

Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/27W(pat)329-00.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 05.11.2002
Az: 27 W (pat) 329/00


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