Landgericht Bonn:
Urteil vom 9. März 2004
Aktenzeichen: 11 O 35/03

(LG Bonn: Urteil v. 09.03.2004, Az.: 11 O 35/03)

Tenor

Die noch vom Kläger zu 2. betriebene Klage wird abgewiesen.

Die Gerichtskosten werden dem Kläger zu 2. zu 3/4, und der Klägerin zu 1. zu 1/4 auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern zu 1. und 2. zu je 1/2 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120% des ihnen gegenüber aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger zu 2. ist Minderheitsaktionär der Beklagten mit einer Beteiligung von, so behauptet er, 25 Aktien. Die Hauptaktionärin der Beklagten, die Firma B & Co., hält über ihre beiden Töchter eine Beteiligung von 97,98 %. Die 100 %ige G AG ist mit 77,23 % und die 99,9 %ige I AG mit 20,75 % an der Beklagten beteiligt.

Am 25. Februar 2003 beschloss die Hauptversammlung der Beklagten die Übertragung der Aktien aller Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung auf die Hauptaktionärin. Diesem Beschluss widersprach der Kläger zu 2. zur Niederschrift des Notars.

Der Kläger zu 2. ist der Ansicht, die Hauptaktionärin habe in der Hauptverhandlung ihr Stimmrecht nicht ausüben dürfen, da sie ihrer Mitteilungspflicht gemäß § 20 AktG nicht/nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei. Er ist ferner der Ansicht, die Hauptversammlung sei nicht ordnungsgemäß einberufen worden, da die Einberufung im elektronischen Bundesanzeiger und nicht wie gemäß § 3 der Satzung der Beklagte vorgeschrieben im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden sei. Das habe die Nichtigkeit des Beschlusses zur Folge. Es habe keine ordnungsgemäße Prüfung der Barabfindung stattgefunden. Der Kläger zu 2. rügt die Verletzung seines Auskunfts- und Fragerechts, beanstandet eine Leerformelhaftigkeit des Übertragungsberichts und bezweifelt, daß Herr B als Zeichnungsberechtigter den Bericht unterschrieben habe. Er hält die §§ 327a ff. AktG für verfassungswidrig.

Die Nichtigkeits- und Anfechtungsklage des Klägers zu 2. ist mit der Anfechtungsklage der Klägerin zu 1. zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin zu 1. ihre Klage zurückgenommen.

Der Kläger zu 2. beantragt,

Der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 25. Februar 2003 gefaßte Beschluß über die Übertragung der Aktien aller Minderheitsaktionäre der Beklagten gegen Gewährung einer Barabfindung mit nachfolgendem Inhalt:

"1. Auf Verlangen des mit mehr als 95 % am Grundkapital der Gesellschaft B & Co., mit Sitz in der Schweiz, eingetragen im Handelsregister des Kantons X , Hauptregister, unter Firmennummer CH-....., werden die Aktien der übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre), soweit sie nicht dem Hauptaktionär gemäß § 327 Abs. 2 in Verbindung mit § 16 Abs. 2 und Abs. 4 AktG zuzurechnen sind, gemäß § 327 a Abs. 2 AktG gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung auf den Hauptaktionär übertragen. Diese Übertragung wird mit Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister wirksam.

2. Als Gegenleistung zahlt der Hauptaktionär den Minderheitsaktionären für ihre Aktie kosten-, provisions- und spesenfrei eine Barabfindung in Höhe von EUR 154,00 je auf den Inhaber lautende Aktie im Nennbetrag von DM 200,00 (entspricht gerundet EUR 102,26) der I Aktiengesellschaft. Diese Barabfindung ist mit der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister der I Aktiengesellschaft zur Auszahlung fällig und ist von der Bekanntmachung der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister an mit jährlich zwei vom Hundert über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB zu verzinsen."

wird für nichtig erklärt.

Hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass der vorgenannte Beschluß nichtig ist.

Äußerst hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass der vorgenannte Beschluß unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält die Klage für offensichtlich unbegründet. Sie tritt den Einwänden des Klägers zu 2. entgegen. Die Hauptaktionärin sei ihrer Mitteilungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen und die Hautpversammlung gesetzmäßig einberufen worden.

Im Rahmen der verbundenen Klagen hat die Beklagte zur Überwindung der Registersperre, die ohne eine Negativerklärung (keine Klage gegen die Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses erhoben) eintritt, die Feststellung begehrt, dass die erhobene Klage einer Eintragung des Übertragungsbeschlusses nicht entgegenstehe. Diesen Anträgen hat die Kammer mit Beschlüssen vom 10.06.2003 entsprochen. Die dagegen erhobenen sofortigen Beschwerden der Kläger sind mit Beschlüssen des OLG Köln vom 06.10.2003 - 18 W 35 und 36/03 - zurückgewiesen worden.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich deren Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Nichtigkeits- und Anfechtungsklage des Klägers zu 2. ist auch hinsichtlich der Hilfsanträge zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.

Der Sach- und Streitstand hat sich gegenüber dem Stand der Beschwerdeentscheidungen des OLG Köln vom 06.10.2003 nicht geändert.

Die Kammer schließt sich der überzeugenden Begründung der Beschlüsse des OLG Köln vom 06.10.2003 - 18 W 35 und 36/03 - in vollem Umfang an. In den nachfolgenden auszugsweisen Wiedergaben der im vorliegenden Rechtsstreit ergangenen Entscheidungen sind die Parteirollen den nach erfolgter Verbindung für das Klageverfahren maßgeblichen Bezeichnungen angepasst.

Im Beschluss vom 10.06.2003, der das vom Kläger zu 2. eingeleitete Ausgangsverfahren 11 O 55/03 betrifft, hatte die Kammer ausgeführt:

"Die Anfechtungsklage ist offensichtlich unbegründet.

Die Hauptaktionärin, die Firma B & Co., ist ihrer Mitteilungspflicht gemäß § 20 AktG ordnungsgemäß nachgekommen und war somit nicht gehindert, in der Hauptversammlung vom 25. Februar 2003 von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen.

Aus den vorgelegten Handelsregisterauszügen ergibt sich, daß die Firma I & Co., Handelsgesellschaft, Inhaber Dr. B am 09. November 1979 in das Handelsregister eingetragen worden ist, daß im Dezember 1992 sämtliche Aktiven und Passiven auf die I & Co. Handelsgesellschaft, Inhaber B & Co. übertragen worden sind und diese Gesellschaft im Januar 1994 ihre Firma geändert hat in B & Co.

Unbestritten wird der Mehrheitsbesitz an der Beklagten durch die beiden Töchter der B & Co., G AG und I AG gehalten.

Die G AG hat ihren Mehrheitsbesitz am Aktienkapital der Beklagten bereits am 12. April 1989 mitgeteilt. Die Firma B & Co. hat am 30. Januar 2003 einerseits mitgeteilt, seit dem 20. April 1989 keine unmittelbare Beteiligung mehr zu halten und damit die gleichlautende Mitteilung ihrer Rechtsvorgängerin, der I & Co. Handelsgesellschaft, Inhaber Dr. B vom 20. April 1989 wiederholt. Andererseits hat sie mitgeteilt, nunmehr kraft Zurechnung gemäß § 16 Abs.4 AktG mehrheitlich am Grundkapital der Beklagten beteiligt zu sein.

Diese Mitteilung war ausreichend. Besondere Vorschriften zum Inhalt der Mitteilung gibt es nicht. Der Inhalt der Mitteilungspflicht besteht in der Bekanntgabe des jeweiligen mitteilungspflichtigen Schwellenzustands, siehe Geßler, a.a.O., § 22 Rz.17b.

Gemäß § 20 Abs.4 AktG hat das Unternehmen, dem eine Mehrheitsbeteiligung gemäß § 16 Abs.1 AktG gehört, dies der Gesellschaft mitzuteilen. Eine Mehrheitsbeteiligung hat die B & Co. mitgeteilt und unter Hinweis auf § 16 Abs.4 AktG auch, daß diese Beteiligung ihr kraft Zurechnung der Anteile der von ihr abhängigen Unternehmen zusteht. Die Angabe der genauen Höhe der Mehrheitsbeteiligung sowie der Zusammensetzung der Beteiligung ist nicht erforderlich, wenn gleich wünschenswert. Desgleichen ist nicht erforderlich, mitzuteilen, um welche Art von Mehrheitsbeteiligung gemäß § 16 Abs.4 AktG es sich handelt, vgl. Bayer, Münchner Kommentar zum Aktiengesetz, 2.Aufl., 2000, § 20, Rz.31.

In Bezug auf die von der G AG gehaltenen Aktien liegt eine doppelte Mitteilung vor (unmittelbare Beteiligung = G AG und mittelbare Beteiligung kraft Zurechnung = B & Co.), wie sie der Bundesgerichtshof, ZIP 2000, 1723 in einem Mehrstufigkeitsverhältnis auch für erforderlich hält.

Wie dieser Entscheidung weiter zu entnehmen ist, hat die Firma B & Co. auch hinreichend zur Höhe der Beteiligung mitgeteilt, die "in der Form eines Hinweises auf § 20 Abs.4 AktG" erfolgt ist, was der Bundesgerichtshof offenkundig als ausreichend angesehen hat.

Die I AG mit einer Beteiligung von 20,75 % traf keine Mitteilungspflicht. § 20 Abs.1 AktG fordert "mehr als der vierte Teil der Aktien", § 16 Abs.1 AktG spricht von "die Mehrheit der Anteile eines Unternehmens".

Die Inhaber der Firma B & Co. selbst traf keine Mitteilungspflicht. Das mitteilungspflichtige "Unternehmen" im Sinn von § 20 Abs.1 AktG ist die Firma B & Co.. Sie hält nicht nur die Aktien, sondern ist selbst unternehmerisch tätig, betätigt sich wirtschaftlich planend und entscheidend. Insofern ist diese Personengesellschaft anders zu qualifizieren als die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die der Bundesgerichtshof in ZIP 1991, 719 ff, 721 zu bewerten hatte, deren Zweck auf das bloße anteilige Halten der Aktien beschränkt war.

Die Einberufung der Hauptversammlung ist ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Es handelt sich bei § 121 Abs.3 AktG um eine sogenannte "Pflichtbekanntmachung". Für diese gilt § 25 AktG, der seit dem 01. Januar 2003 bestimmt, daß die Bekanntmachung "in den elektronischen Bundesanzeiger einzurücken" ist. § 3 der Satzung der Beklagte betrifft danach nur noch die sogenannten freiwilligen Bekanntmachungen und ist hier nicht einschlägig.

Auch die weiteren Rügen des Klägers zu 2. hält die Kammer für offensichtlich unbegründet. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß die Prüfung der Barabfindung durch den vom Gericht bestellten Prüfer nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Auch eine Verletzung des Auskunftsrechts der Aktionäre kann nicht festgestellt werden. Die Frage nach dem Buchwert der Gesellschaft bei dem Hauptaktionär stellt keine "Angelegenheit der Gesellschaft" im Sinn von § 131 Abs.1 AktG dar, auf die sich das Auskunftsverlangen richten kann. Die Jahresabschlüsse der Hauptaktionärin sind nach der gesetzlichen Regelung nicht auszulegen.

Die Beanstandung, der Übertragungsbericht sei leerformelhaft abgefaßt worden, ist schon mangels konkreter Substanz des Vortrags nicht überprüfbar.

Schließlich bestehen keine Bedenken, daß die Unterschriften unter dem Übertragungsbericht von den hierfür Zeichnungsberechtigten stammen. Daß der Vorname des Unterzeichners B im Handelsregister mit Francois bezeichnet ist, begründet keine Zweifel an der Identität des Vertretungsberechtigten. Daß X vertretungsberechtigt ist, ist dem Handelsregister zu entnehmen."

Im Nichtabhilfebeschluss der Kammer vom 29.07.2003 zur sofortigen Beschwerde des Klägers zu 2. gegen diesen Beschluss heißt es unter anderem:

"Es kann dahinstehen, ob die Anfechtungsklage auch auf bewertungsbezogene Informationsdefizite gestützt werden kann (bejahend Hüffer, AktG, 5. A., § 327f Rdn. 2; verneinend Hasselbach in Kölner Kommentar zum WpÜG, § 327f AktG Rdn. 3, 4). Denn der Kläger zu 2. hat einen Verstoß der Beklagten gegen § 131 Abs. 1 AktG nicht dargetan. Mit welchem Buchwert nach Abschreibungen die Beteiligung an der Beklagten bei den Anteilseignern G und I AG bilanziert ist, hat für die wirtschaftliche Lage der Beklagten keine Bedeutung. Die Behauptung, "der Buchwert erlaube eine erste Verprobung der angefochtenen Barabfindung", lässt außer Betracht, dass Buchwerte bei anderen Gesellschaften auf bei diesen gegebenen Bilanzierungsgesichtspunkten beruhen. Die insoweit verlangte Auskunft war demnach nicht erforderlich zur sachgerechten Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung der Hauptversammlung (§ 131 Abs. 1 S. 1 AktG). Die Frage nach dem letzten Jahresabschluss der B & Co. betraf nicht Angelegenheiten der Gesellschaft, also der Beklagten (s. § 131 Abs. 1 S. 1 AktG). Dass der Kläger zu 2. an der Solvenz der genannten Firma ein Interesse haben mag, rechtfertigt es nicht, den Umfang der Auskunftspflichten auf gesellschaftsfremde Angelegenheiten zu erweitern.

Taugliche Anfechtungsgründe sind auch dem weiteren Vortrag des Klägers zu 2. nicht zu entnehmen."

Zu diesen Beschlüssen der Kammer hat der zuständige Fachsenat des OLG Köln im Beschluss vom 06.10.2003 - 18 W 36/03 - folgendes ausgeführt:

"Das Landgericht Bonn hat zu Recht festgestellt, dass die gegen den Hauptversammlungsbeschluss vom 25.02.2003 erhobene Nichtigkeits- und Anfechtungsklage seiner Eintragung in das Handelsregister nicht entgegensteht.

Darüber hinaus sind auch die materiellen Voraussetzungen der §§ 327 e Abs. 2, 319 Abs. 6 Satz 2 AktG gegeben.

Jedenfalls liegt der Fall einer offensichtlich unbegründeten Nichtigkeits- und Anfechtungsklage vor.

Die Frage, wann von einer offensichtlichen Unbegründetheit ausgegangen werden kann, wird unterschiedlich beantwortet. Eine Meinung hält dieses Merkmal für gegeben, wenn sich die Unbegründetheit bereits ohne weiteres bei kursorischer Prüfung ergibt (OLG Stuttgart AG 1997, 138, 139; LG Freiburg AG 1998, 536, 537). Dies soll danach schon dann gelten, wenn eine zu beantwortende Rechtsfrage in Literatur und Rechtsprechung kontrovers diskutiert wird (LG Hamburg, ZIP 2003, 951 f) . Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass für eine kursorische Rechtsprüfung auch in einem summarischen Verfahren kein Raum ist. Daher ist mit der Gegenmeinung eine vollständige Durchdringung des Streitstoffes in rechtlicher Hinsicht zu verlangen; erst wenn sich auf dieser Basis eindeutig die Erfolglosigkeit der erhobenen Nichtigkeits- und Anfechtungsklage ergibt, kann von ihrer offensichtlichen Unbegründetheit ausgegangen werden(OLG Hamburg AG 2003, 441, 444; OLG Frankfurt aM AG 1998, 428, 429; OLG Stuttgart AG 2003, 456; OLG Düsseldorf ZIP 2001, 1717, 1718; Hüffer, aaO § 319 Rn. 18).

Gemessen an diesem Maßstab erweisen sich die von dem Kläger zu 2. im Rahmen der Nichtigkeits- und Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluss vom 25.02.2003 erhobenen Einwände als offensichtlich unbegründet.

Der Kläger zu 2. hält die Squeezeout-Bestimmungen für verfassungswidrig und beruft sich im übrigen auf Vorbereitungs- und Durchführungsmängel, die zum einen auf dem Verstoß gegen die Mitteilungspflichten gem. § 20 AktG, zum anderen auf eine fehlerhafte Bekanntmachung der Hauptversammlung vom 25.02.2003, auf die sachwidrige Einsetzung des Abschlussprüfers gem. § 327 c Abs. 2 S. 3 AktG, einen formal und inhaltlich zu beanstanden Übertragungsbericht gem. § 327 c Abs. 2 S. 1 AktG sowie Verstöße gegen die Auskunftspflicht des Vorstandes gem. § 131 AktG beruhen sollen. Keiner dieser Einwände ist jedoch begründet.

a)

Dies gilt namentlich für den Einwand, die Regelungen des sog. Squeezeout-Verfahrens gem. §§ 327a ff AktG seien mit den Grundsätzen der Verfassung nicht in Einklang zu bringen.

Richtig ist, dass sowohl die mitgliedschaftliche Stellung als auch die vermögensrechtliche Position des Minderheitsaktionärs dem Schutzbereich des Art. 14 GG unterliegt. Dieser Schutz besteht allerdings nicht schrankenlos. Vielmehr stehen sich die Eigentumspositionen von Haupt- und Minderheitsaktionär gegenüber, die es gegeneinander abzuwägen gilt.

Auf der Basis dieser Überlegungen hat das Bundesverfassungsgericht bereits in der sog. Feldmühle-Entscheidung (E 14, 263 ff) den Ausschluss der Minderheitsaktionäre aus einer Aktiengesellschaft nach den §§ 9 und 15 UmwG 1956 als verfassungsgemäß bezeichnet. In diesem Sinne wurde auch in Bezug auf das in § 320 AktG vorgesehene Verfahren zur Eingliederung durch Mehrheitsbeschluss entschieden (BVerGE 100, 303), dessen verfassungsmäßige Unbedenklichkeit offenbar auch von dem Kläger zu 2. nicht in Abrede gestellt wird. Trotz der bestehenden Unterschiede zu dem Verfahren nach §§ 327 a ff AktG, insbesondere in Bezug auf die Regelungen zur Abfindung, rechtfertigen diese im Ergebnis keine andere Einschätzung.

Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich die Funktion des Minderheitsaktionärs de facto auf die eines reinen Finanzanlegers reduziert. In einer Aktiengesellschaft, die von einem Gesellschafter mit einem Kapitalanteil von mindestens 95 % beherrscht wird, können die Minderheitsaktionäre weder ihre eigenen unternehmerischen Ziele verfolgen, noch sind sie in der Lage, auf die Verwaltung Einfluss zu nehmen. Selbst wenn sie in einer Hauptversammlung geschlossen aufträten, könnten sie die spezifischen aktienrechtlichen Minderheitsrechte (etwa die Einberufung einer Hauptversammlung gem. § 122 Abs. 1 AktG oder die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gem. § 147 Abs. 1 AktG), in der Praxis nicht mehr wahrnehmen, da sie das erforderliche Quorum nicht erreichen. Schließlich ist der Minderheitsaktionär aufgrund der gem. § 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG - vorbehaltlich einer anderweitigen satzungsmäßigen Regelung - bestehenden Möglichkeit der Auflösung der Gesellschaft mittels einer 75 %-Mehrheit ohnehin nicht vor dem Verlust seiner Mitgliedschaftsrechte geschützt.

Unter Berücksichtigung dieser Situation bestehen jedenfalls dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn die Position des Minderheitsaktionärs als Kapitalanleger hinreichend geschützt ist. Insofern ist die Situation mit dem durch das Bundesverfassungsgericht in der sog. MotoMeter-Entscheidung (AG 2001, 42 ff) zu entscheidenden - und von diesem nicht beanstandeten - Fall der sog. übertragenden Auflösung (§ 179a AktG) zu vergleichen (ebenso: Vetter DB 2001, 743, 746; Kossmann NZG 1999, 1198, 1199). Die von dem Kläger zu 2. angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (NZG 2003, 31 f) steht nicht entgegen, denn diese beschränkt sich auf die Erörterung der Subsidiarität der Verfassungsklage als Zugangsvoraussetzung.

Gemessen an den Maßstäben der "MotoMeter-Entscheidung" ist das Verfahren des sog. Squeezeout gem. §§ 327 a ff AktG nicht zu beanstanden.

Die wirtschaftliche Position der Minderheitsaktionäre wird durch die Regelungen zur Barabfindung, der Nachprüfung durch einen vom Gericht zu bestellenden Sachverständigen (§ 327 c Abs. 2 S. 2,3 AktG) sowie der gerichtlichen Nachprüfbarkeit gem. § 327 f AktG hinreichend geschützt. (ebenso: LG Berlin DB 2003, 707, 708; LG Osnabrück AG 2002, 527 f; OLG Oldenburg NZG 2003, 691; OLG Hamburg AG 2003, 442, 443). Hinzukommt die zu stellende Bankgarantie gem. § 327 b Abs. 2 AktG und die Verzinsungspflicht gem. § 327 b Abs. 2 AktG. Soweit der Kläger zu 2. mit Hanau (NZG 2002, 1040 ff) einwendet, der Rechtsschutz der Minderheitsaktionäre sei angesichts der oft überlangen Dauer der Spruchstellenverfahren nur unzureichend gegeben, so mag dies im Einzelfall aufgrund der praktischen Anwendung des Verfahrens und der eingeschränkten Ressourcen der Justiz der Fall sein, kann aber nicht der gesetzlichen Regelung als solcher zugeschrieben werden. Was die Tatsache anbelangt, dass eine Verzinsung der Barabfindung erst ab der Bekanntgabe der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister erfolgt (§ 327 b Abs. 2 1. Hs. AktG), so knüpft diese Regelung an die konstitutive Wirkung der Eintragung an; im übrigen sieht § 327 b Abs. 2 2. Hs. AktG die Geltendmachung auch eines weitergehenden Schadens ausdrücklich vor. Der Senat verkennt nicht, dass sich die gem. § 327 b Abs. 1 AktG zu stellende Bankgarantie allein auf die beschlossene Barabfindung bezieht und daher hinter dem in einem möglichen Spruchstellenverfahren ermittelten Betrag zurückbleiben kann. Hieraus resultiert die Möglichkeit eines finanziellen Risikos für den Minderheitsaktionär im Falle zwischenzeitlicher Insolvenz des Hauptaktionärs. Allerdings ist dieses, sich allein auf einen möglichen Mehrbetrag beziehende Differenzrisiko aufgrund der sonstigen Sicherungen des Verfahrens in Form der Wertbestimmung durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen sowie der umfassenden Dokumentationspflicht gem. § 327 c Abs. 2 und Abs. 3 AktG so gering, dass hierdurch die verfassungsmäßigen Rechte der Minderheitsaktionäre nur unwesentlich tangiert werden. Soweit der Kläger zu 2. schließlich auf die Beeinträchtigung künftiger Gewinne abstellt, so unterliegen derartige Erwerbschancen ohnehin nicht dem grundgesetzlichen Schutz des Art. 14 GG (BVerfG AG 2001, 42, 43).

Ein Verstoß gegen EG-Recht kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der im Oktober 2002 von der EU-Kommission vorgelegte Vorschlag einer EU-Übernahmeregelung (ZIP 2002, 1863 ff) bislang nicht umgesetzt wurde.

b)

Soweit es um den Inhalt der erforderlichen Mitteilungen durch den Hauptaktionär gem. § 20 Abs. 1 und 4 AktG geht, kann ebenso wie für die Frage der Ordnungsmäßigkeit des Übertragungsberichts gem. § 327 c Abs. 2 S. 1 AktG einschließlich seiner Unterzeichnung durch hierzu zeichnungsberechtigte Vertreter des Hauptaktionärs in vollem Umfang auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in seinem Beschluss vom 10.06.2003 Bezug genommen werden.

Ohne Erfolg bleibt insbesondere der Einwand des Klägers zu 2., den gem. § 20 AktG gebotenen Mitteilungspflichten sei nur unzureichend nachgekommen worden.

Eine zusätzliche Mitteilungspflicht gem. § 20 AktG der hinter der Fa. B & Co stehenden Einzelpersonen ist nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht erforderlich (MüKo-Bayer, AktG, 2. Auflage, § 16 Rn. 49 f). Dies könnte nur dann anders sein, wenn sich - wie etwa im Falle der Treuhandschaft - das Interesse des Unternehmens allein auf das Halten der Aktien beschränkte. (BGH ZIP 1991, 719, 721). Das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles ist vorliegend jedoch nicht erkennbar. Inhaltlich genügt überdies die allgemeine Mitteilung über die Art der Beteiligungsform gem. § 20 Abs. 1 oder Abs. 4, ohne dass hierzu genauere Angaben zur Höhe der Beteiligung, deren Zusammensetzung oder die Art der Mehrheitsbeteiligung erforderlich wären (Hüffer, aaO § 20 Rn. 6; MüKo, aaO § 20 Rn. 31). Der Gesetzgeber legt insoweit nur Wert auf die Mitteilung der Mehrheitsbeteiligung als solcher, nicht dagegen auf die Angabe, welcher Art diese Mehrheitsbeteiligung ist (MüKo, aaO, Rn. 24).

c)

Auch auf den Umstand, dass die Mitteilung des Hauptaktionärs vom 30.01.2003 erst nach dem schriftlichen Beschlussverlangen an den Vorstand der Beklagte vom 22.11.2002 und nach dem Antrag auf Bestellung eines Abschlussprüfers gem. § 327 c II 3 AktG, welcher bereits durch Beschluss des Landgerichts vom 10.12.2002 bestimmt wurde (Bl. 12 und 13 des Übertragungsberichtes vom 16.01.2003), erfolgte, kann eine Anfechtungsklage nicht mit Erfolg gestützt werden.

Diese Einwände sind zu berücksichtigen, auch wenn sie erst in der Beschwerdebegründung ausdrücklich angesprochen sind. Es genügt, wenn die Gründe, auf welche die Anfechtung eins Hauptversammlungsbeschlusses gestützt wird, innerhalb der Ausschlussfrist des § 246 AktG in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern in den Rechtsstreit eingeführt werden (BGHZ 32, 318, 323; BGH NJW 1966, 2055; 1993, 400, 404; MüKo-Hüffer, 2. Auflage, § 246 Rn. 41; Hüffer, AktG, 5. Auflage, § 246 Rn. 26). Dies ist hier der Fall. Bereits in der Klageschrift wurde die Erfüllung der Mitteilungspflicht sowie der daraus abzuleitenden Folgen unter Angabe sämtlichen relevanten Tatsachenstoffes dem Grunde nach problematisiert.

Gemäß § 20 Abs. 7 AktG durfte der Hauptaktionär bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Mitteilung über seine Mehrheitsbeteiligung die ihm hieraus erwachsenen Rechte nicht ausüben, wobei von diesem Ausschluss ausnahmslos alle Rechte des Aktionärs erfasst werden (MüKo-Bayer, AktG, 2. Auflage, München 2000, § 20 Rn. 45; Hüffer, aaO § 20 Rn. 12). Damit war er vor dem 30.01.2003 weder zur wirksamen Beantragung der gerichtlichen Bestellung eines Abschlussprüfers noch dazu befugt, die Einberufung der Hauptversammlung zu verlangen. In Bezug auf das Einberufungsverlangen kommt noch hinzu, dass gem. § 327 a AktG die Voraussetzung der qualifizierten Mehrheit bereits zum Zeitpunkt des Verlangens gegeben sein muss (Hüffer aaO § 327 a Rn. 8, 11; Habersack, aaO § 327 a Rn. 18 f).

aa)

Soweit sich die Rüge des Klägers zu 2. gegen die Wirksamkeit der gerichtlichen Bestellung des Sachverständigen wendet, ist der Einwand im vorliegenden Verfahren unbeachtlich. Der Beschluss des Landgerichts vom 10.12.2002 stellt die allein maßgebliche Grundlage für die Bestellung des Sachverständigen dar, dessen Rechtmäßigkeit und Richtigkeit im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu überprüfen ist. Über die Verweisung des § 327 c II S. 3 AktG auf § 293 c AktG folgt, dass diese Bestellung den Verfahrensgrundsätzen der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterliegt (Hüffer, aaO § 293 c Rn. 4), die als Rechtsmittel gegen die getroffene gerichtliche Entscheidung die sofortige Beschwerde gem. § 20 FGG vorsieht (Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 2003, § 293 Rn. 11). Etwaige Mängel der gerichtlichen Sachverständigenbestellung können nur mit dem vorgenannten Rechtsmittel verfolgt werden, was vorliegend - soweit erkennbar - nicht geschehen ist (ebenso für den Fall des § 122 III AktG: OLG Düsseldorf, ZIP 1997, 1153, 1159).

Im übrigen ist die parallele Prüfung der Barabfindung durch den Hauptaktionär und Sachverständigen entgegen der Annahme des Klägers zu 2. ( unter Hinweis auf: Puszkajler, ZIP 2002, 518, 521) nur dann bedenklich, wenn konkrete Hinweise auf die Beeinflussbarkeit des Abfindungsprüfers gegeben sind; solche liegen hier aber nicht vor. Vielmehr hat der Sachverständige den Bericht des Hauptaktionärs offen in seine Überprüfung mit einbezogen.

bb)

Soweit es um das Übernahmeverlangen als formale Voraussetzung für die Beschlussfassung geht (Emmerich/Habesack aaO Rn. 19 spricht von ihrem "korporationsrechtlichen Charakter"), ist dieses an keine bestimmte Form gebunden (Emmerich/Habersack, aaO). Es kann daher auch noch in dem weiteren Betreiben des Verfahrens durch den Hauptaktionär gesehen werden, wie es in der Übersendung des Übertragungsberichtes und der Mitteilung vom 30.01.2003 geschehen ist.

cc)

Soweit es die Einberufung der Hauptversammlung betrifft, war der Vorstand der Beklagten hierzu aufgrund des - wie dargelegt - unzulässigen Verlangens ihres Hauptaktionärs am 16.01.2003 (noch) nicht befugt. Es wird nicht verkannt, dass ein solcher Einberufungsmangel grundsätzlich gem. § 243 AktG zur Anfechtung der auf diese Weise zustandegekommenen Beschlüsse berechtigen kann (MüKo-Hüffer, aaO, § 243 Rn. 32; Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, 2. Auflage, München 1999, 3 41 Rn. 27; Emmerich-Habersack, aaO, § 327 f, Rn. 19). Dies bedeutet aber nicht, dass ein solcher Verstoß gegen Verfahrensvorschriften unabhängig von seiner Relevanz für den nachfolgend getroffenen Beschluss in jedem Falle dessen Unwirksamkeit zur Folge hat. Dabei kann der von der BGH-Rechtsprechung für den Bereich der Informationsmängel favorisierte Kausalitätsgedanke (BGH NJW 1992, 2760, 2765; NJW 1993, 1976, 1983; NJW 1995, 3115, 3117) hier nicht herangezogen werden, da der vorliegende Verfahrensmangel, der vergleichbar ist mit den in §§ 121 f AktG geregelten Tatbeständen, sich nicht unmittelbar auf die Entscheidungsbildung auswirkt, sondern nur die institutionellen Voraussetzungen für die Beschlussfassung regelt (im Ergebnis ebenso: MüKo-Hüffer, aaO, § 243 Rn. 30).

Vielmehr ist in einem solchen Fall entscheidend darauf abzustellen, ob der Verstoß in seiner konkreten Erscheinungsform die mit der betroffenen Verfahrensnorm geschützten Interessen aller Teilnahme- und Abstimmungsberechtigten beeinträchtigt. Kann ein solcher Eingriff in den vorgenannten Schutzzweck ausgeschlossen werden, besteht für eine Anfechtbarkeit der Entscheidung kein Raum (im Ergebnis ebenso: OLG Düsseldorf ZIP 1997, 1153, 1160; Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, Anh § 47 Rn. 68; ähnlich: OLG Celle NJW-RR 1998, 970: "Betroffenheit des Teilnahmerechts durch unzulässige Bestimmung des Versammlungsortes").

Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen ergibt sich für den zu entscheidenden Fall folgendes:

Der vorliegend gegebene Verfahrensverstoß stellt sich konkret so dar, dass der Vorstand nicht erst am 30.01.2003, als ihm die formale Mitteilung des Hauptaktionärs gemäß § 20 Abs. 1 und 4 AktG übersandt wurde, sondern bereits am 16.01.2003 die Hauptversammlung zum 25.02.2003 einberufen hat. Bei umgehender Wiederholung der Einladung nach Eingang der Mitteilung des Hauptaktionärs wäre die Einberufungsfrist des § 123 AktG von 1 Monat nicht mehr einzuhalten gewesen, der Termin hätte um wenige Tage verschoben werden müssen.

Der Sinn und Zweck der Mitteilungspflichten des § 20 AktG besteht nun darin, die betroffene Gesellschaft, die Aktionäre, Gläubiger sowie die Öffentlichkeit rechtzeitig über die bestehenden Beteiligungsverhältnisse zu informieren (MüKo-Hüffer, aaO, § 20 Rn. 1; Hüffer, AktG, § 20 Rn. 1). Die von § 327 a AktG bereits für den Zeitpunkt des Übernahmeverlangens geforderten Mehrheitsverhältnisse sollen sicherstellen, dass nur der materiell Berechtigte das Verfahren einzuleiten vermag. Schließlich dient die Einladungsfrist gem. § 123 AktG dem Dispositionsschutz der Aktionäre, die sich auf den Hauptversammlungstermin sollen hinreichend vorbereiten können (Hüffer, aaO, § 123 Rn. 1).

Die vorgenannten schutzwürdigen Interessen des Aktionärs werden durch den dargelegten, konkreten Verfahrensverstoß nicht beeinträchtigt.

In dem Übertragungsbericht des Hauptaktionärs (dort Bl. 12), in dem - wie gesagt - ebenso wie in der Übersendung der Mitteilung vom 30.01.2003 die Wiederholung des Verlangens auf Einberufung der Hauptversammlung zu sehen ist, wurden die Beteiligungsverhältnisse den inhaltlichen Anforderungen des § 20 Abs. 1 und 4 AktG entsprechend dargestellt. Gleiches geschah - davon ist mangels gegenteiligen Vortrages auszugehen - in dem Einladungsschreiben des Vorstandes, das im Entwurf ebenfalls Bestandteil des Übertragungsberichtes ist. Es mag an dieser Stelle dahingestellt bleiben, ob angesichts des Umstandes, dass der Bericht von den Vertretungsberechtigten des Hauptaktionärs eigenhändig unterschrieben ist, dieser auch formal den Voraussetzungen einer wirksamen Mitteilung im Sinne des § 20 AktG entspricht. Festzuhalten bleibt, dass mit dem Übersendung des Übertragungsberichtes an den Vorstand sowie der Einladung verbunden mit der dort aufgezeigten Möglichkeit für alle Aktionäre, die relevanten Urkunden einsehen zu können, dem von der o.g. Norm geschützten Informationsinteresse der Gesellschaft wie auch der Aktionäre hinreichend genüge getan wurde. Dadurch, dass diesen die Informationsmöglichkeiten ab dem Zeitpunkt der Einladung eingeräumt wurden, hatten alle an der Entscheidung Beteiligten überdies in der vom Gesetz festgelegten Frist hinreichende Gelegenheit, alle für die Willensbildung notwendigen Umstände umfassend zu prüfen.

d)

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger zu 2. auch auf den geltend gemachten Bekanntmachungsfehler. Nach der Neufassung des § 25 AktG zum 01.01.2003 ist die Bekanntmachung als sog. Pflichtmitteilung im elektronischen Bundesanzeiger zulässig, wenn die Satzung - wie hier in § 3 - lediglich von der Bekanntmachung "im Bundesanzeiger" ausgeht (ebenso: Oppermann ZIP 2003, 793, 795; Groß DB 2003, 867, 869; aA Mimberg ZGR 2003, 21 ff: Bekanntmachung nur in der gedruckten Ausgabe). Diese an § 25 AktG a.F. orientierte Formulierung spricht dafür, dass die Beteiligten keine der dort eingeräumten anderweitigen Veröffentlichungsmöglichkeiten bestimmen, sondern sich allein (quasi im Wege einer dynamischen Bezugnahme) an der Grundregel des (jeweiligen) Gesetzes orientieren wollten.

e)

Die Beklagte ist auch ihren gem. §§ 327 d, 131 AktG auferlegten Auskunftspflichten hinreichend nachgekommen.

aa)

Die von dem Kläger zu 2. als nicht hinreichend beantwortet beanstandeten beiden Fragen beziehen sich insgesamt auf Umstände, die für die Bewertung der Gesellschaftsanteile von Bedeutung sind. Die Verletzung derartiger Informationspflichten kann im Wege der Anfechtungsklage nicht geltend gemacht werden.

Es ist streitig, ob etwaige Informationsdefizite überhaupt Gegenstand des Anfechtungsverfahrens sein können (so Hüffer, aaO § 327 f Rn. 2; Grunewald ZIP 2002, 18, 21; Henze ZIP 2002, 97, 108; wohl auch: LG Frankfurt aM DB 2003, 1726, 1727), oder ob dahingehende Pflichtverletzungen ausschließlich im Spruchstellenverfahren geltend zu machen sind (Vetter DB 2001, 743, 746 und AG 2002, 176, 189 f; für das UmwG: BGHZ 146, 179, 182ff; DB 2001, 472, 472).

Der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung und hält insbesondere die zum Umwandlungsgesetz ergangene Rechtsprechung ebenfalls auf die vorliegende Konstellation für anwendbar. Ziel des Gesetzes ist es beim Umwandlungsverfahren wie auch beim Squeezeout mit der Einführung des Spruchstellenverfahrens ein Scheitern der Beschlussfassung wegen einer Verletzung von Informations-, Auskunfts- und Berichtspflichten bezüglich der Unternehmensbewertung und eine Blockade des Vollzugs der beschlossenen Maßnahme durch eine hierauf gestützte Klage zu vermeiden. In beiden Verfahren geht es - wie insbesondere auch die Beschwerdebegründung des Klägers zu 2. zeigt - wesentlich um die Höhe der Entschädigung ausscheidender Aktionäre im Wege der zu bestimmenden Barabfindung. Im Ergebnis kommt aber eine fehlerhafte Information über einen wertrelevanten Gesichtspunkt einer fehlerhaften Barabfindung gleich (BGHZ 146, 179, 186, 187). Eine Anfechtung wird daher in einem solchen Fall auch den Interessen des Aktionärs nicht gerecht, da dieses Verfahren nur zu einer Kassation der Entscheidung führen kann, nicht hingegen zu einer Anpassung der Barabfindung (BGH NJW 2003, 1032 ff).

bb)

Mit dem Landgericht ist aber auch davon auszugehen, dass die Beklagte ihrer Informationspflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.

Eine Auskunft im Sinne des § 131 AktG hat sich allein auf die Angelegenheiten der Gesellschaft und auf all das zu beziehen, was zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich ist (Hüffer, aaO § 131 Rn. 11f).

Die von dem Kläger zu 2. als nicht beantwortet monierten beiden Fragen dienten allein der Bestimmung der Liquidität des Hauptaktionärs. Dieser Umstand kann nicht Gegenstand des Verfahrens gem. § 327 a ff GmbHG sein, da er außerhalb der Sphäre der Gesellschaft selbst liegt.

In Bezug auf die begehrten Auskünfte zum letzten Jahresabschluss der Fa. B und Co gilt darüber hinaus, dass § 327 c III Nr. 2 AktG lediglich die Auslage der drei letzten Jahresabschlüsse der Gesellschaft selbst verlangt. Das Gesetz verpflichtet den Hauptaktionär hingegen weder zu Auskünften gegenüber der Hauptversammlung noch gegenüber der Aktiengesellschaft (Grunewald, ZIP 2002, 18, 19 f; Vetter AG 2002, 176, 186).

Im übrigen kann insoweit auf die Ausführungen des Landgerichts im Nichtabhilfebeschluss vom 29.07.2003 verwiesen werden.

f)

Soweit vereinzelt in der Literatur verlangt wird, dass der den Squeezeout betreibende Aktionär zumindest eine Aktie unmittelbar selbst halten muss (Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, München 2003, § 327a AktG, Rn. 17), ist dem nicht zu folgen. Nimmt man die Verweisung in §§ 327 a II auf 16 II und IV AktG konsequent vor und berücksichtigt man weiterhin die hier im Vordergrund stehende wirtschaftliche Betrachtungsweise, wird eine unmittelbare Beteiligung nicht zu verlangen sein (Fleischer ZGR 2002, 757, 775; Sieger/Hasselbach, ZGR 2002, 121, 134). Die gegenteilige Auffassung liefe letztlich auf einen reinen Formalismus hinaus, wonach der Hauptaktionär vor dem Antrag eine einzige Aktie erwerben müsste, um die formalen Voraussetzungen zu erfüllen. Diese Auffassung kommt auch im Regierungsentwurf zu den §§ 327 a ff AktG(BT-Drucksache 14/7034 S. 72) zum Ausdruck, wenn es dort heißt: "Das aufwändige, wirtschaftlich aber unsinnige "Umhängen" von Beteiligungen um die formalen Voraussetzungen für das Squeezeout zu schaffen, solle vermieden werden"."

Mit diesen Ausführungen hat das OLG Köln sowohl zur Nichtigkeit als auch zur Anfechtbarkeit des im Klageantrag bezeichneten Beschlusses Stellung genommen.

Die gegen diese Würdigung seines Vorbringens erhobenen rechtlichen Einwendungen des Klägers zu 2. sind unbegründet. Selbst wenn man der Ansicht des Klägers zu 2. folgt, dass unterlassene, unrichtige oder unvollständige Auskünfte zum Abfindungswert auch im Wege der Anfechtungsklage geltend gemacht werden können (bejahend LG Frankfurt a.M., NZG 2003, 1027, 1028 f; offengelassen von OLG Düsseldorf, ZIP 2004, 359, 365), ändert das am Ergebnis des vorliegenden Rechtsstreits nichts. Denn wie im zitierten Teil des Nichtabhilfebeschlusses vom 29.07.2003 und im Beschluss des OLG Köln vom 06.10.2003 - 18 W 36/03 - ausgeführt ist, ist die Beklagte ihren Auskunftspflichten gemäß § 131 AktG nachgekommen. Insoweit könnte sich auch das Inkrafttreten des SpruchG nicht zugunsten des Klägers zu 2. auswirken.

Soweit anzunehmen wäre, dass sich der Kläger zu 2. den Vortrag des Klägers zu 1. im Rechtsstreit zu Eigen macht, würde das der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Denn die Kammer schließt sich auch insoweit den Ausführungen des OLG Köln im Parallelbeschluss vom 06.10.2003 - 18 W 35/03 - an und hält an ihren Ausführungen in den Beschlüssen vom 10.06. und 29.07.2003 fest, soweit diese im Beschluss vom 06.10.2003 bestätigt worden sind. Diese Beschlüssse sind Bestandteil der Akten des vorliegenden Verfahrens (Bl. 180 - 184, 223 - 226, 361 - 366 d.A.). Darauf wird Bezug genommen.

Die Hilfsanträge des Klägers zu 2. sind aus den angeführten Gründen ebenso unbegründet wie die Hauptanträge. Sie hätten jeweils Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Beschlusses der Hauptversammlung vorausgesetzt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 100 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Dabei ist zugunsten der Klägerin zu 1. berücksichtigt, dass sie durch die Klagerücknahme einen Privilegierungstatbestand gesetzt hat, der, wären die Klagen nicht verbunden worden, zu einer Ermäßigung der Gerichtskosten auf 1 Gebühr geführt hätte.

Streitwert: 50.000,00 Euro (§§ 19 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG, 3 ZPO).






LG Bonn:
Urteil v. 09.03.2004
Az: 11 O 35/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/40369f422ca0/LG-Bonn_Urteil_vom_9-Maerz-2004_Az_11-O-35-03




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