Bundesgerichtshof:
Urteil vom 10. Februar 2009
Aktenzeichen: X ZR 37/07

(BGH: Urteil v. 10.02.2009, Az.: X ZR 37/07)

Tenor

Die Berufung gegen das am 5. Oktober 2006 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragener Inhaber des unter anderem mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 773 335, das auf einer Anmeldung vom 8. November 1995 beruht. Patentanspruch 1 des 20 Patentansprüche umfassenden Streitpatents lautet in der Verfahrenssprache:

"Treppenkantenprofil, bestehend aus einem Trittwinkelprofil (1) mit einem Trittschenkel (2), dessen freies Ende als Abdeckflügel (5) für einen Treppenbelag (12) ausgebildet ist, einem daran im Wesentlichen im rechten Winkel angeordneten Anschlagschenkel (3), und einem auf der Treppe festlegbaren Basisprofil (4), dadurch gekennzeichnet, dass das Trittwinkelprofil (1) auf dem Basisprofil (4) über eine höhenverstellbare Halterung festlegbar ist, so dass der Abdeckflügel (5) auf dem Treppenbelag (12) zur Auflage kommt, wobei an dem Trittschenkel (2) ein im Wesentlichen zur Trittstufe gerichteter Steg (10) angeordnet ist, an dessen zur Treppenkante gerichteter Seite eine erste Führungs-Stützfläche (7) ausgebildet ist, und dass an entsprechender Stelle am Basisprofil (4) ein entsprechender Steg (11) eine der ersten Führungs-Stützfläche (7) zugewandte Gegenfläche (9) aufweist, und eine zweite Führungs-Stützfläche (6) an dem Anschlagschenkel (3) und die zugeordnete Gegenfläche (8) entweder an einer im Wesentlichen nach vorn gerichteten Stirnkante des Basisprofils ausgebildet ist, oder an einem an entsprechender Stelle auf dem Basisprofil angeordneten zweiten Steg (13) ausgebildet ist."

Wegen der auf diesen Patentanspruch unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 7 und 13 bis 20 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Nichtigkeitsklage gegen die Patentansprüche 1 bis 7 und 13 bis 20. Diese beruhten jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Die Beklagte hat die angegriffenen Patentansprüche mit einer geänderten Fassung verteidigt. Nach dieser Fassung beinhalten die Patentansprüche 1 und 2 jeweils eine der im erteilten Patentanspruch 1 zusammengefassten beiden Alternativen, und zwar jeweils ergänzt durch die Anweisung des erteilten Patentanspruchs 2. Der Patentanspruch 3 der geänderten Fassung bezieht sich nur auf Patentanspruch 2 geänderter Fassung und die Patentansprüche 4 bis 7 sowie 13 bis 20 beziehen sich auf die Patentansprüche 1 bis 3 geänderter Fassung.

Das Bundespatentgericht hat unter Abweisung der Nichtigkeitsklage im Übrigen das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland nur insoweit für nichtig erklärt, als die erteilten Patentansprüche 1 bis 7 und 13 bis 20 über diese geänderte Fassung hinausgehen.

Die Patentansprüche 1 und 2 haben danach folgenden Wortlaut erhalten:

"1. Treppenkantenprofil bestehend aus einem Trittwinkelprofil (1) mit einem Trittschenkel (2), dessen freies Ende als Abdeckflügel (5) für einen Treppenbelag (12) ausgebildet ist, einem daran im Wesentlichen im rechten Winkel angeordneten Anschlagschenkel (3), und einem auf der Treppe festlegbaren Basisprofil (4), dadurch gekennzeichnet, dass das Trittwinkelprofil (1) auf dem Basisprofil (4) über eine lösbare höhenverstellbare Halterung festlegbar ist, so dass der Abdeckflügel (5) auf dem Treppenbelag (12) zur Auflage kommt, wobei an dem Trittschenkel (2) ein im Wesentlichen zur Trittstufe gerichteter Steg (10) angeordnet ist, an dessen zur Treppenkante gerichteter Seite eine erste Führungs-Stützfläche (7) ausgebildet ist, und dass an entsprechender Stelle am Basisprofil (4) ein entsprechender Steg (11) eine der ersten Führungs-Stützfläche (7) zugewandte Gegenfläche (9) aufweist, und eine zweite Führungs-Stützfläche (6) an dem Anschlagschenkel (3) und die zugeordnete Gegenfläche (8) an einer im Wesentlichen nach vorn gerichteten Stirnkante des Basisprofils ausgebildet ist.

2. Treppenkantenprofil bestehend aus einem Trittwinkelprofil (1) mit einem Trittschenkel (2), dessen freies Ende als Abdeckflügel (5) für einen Treppenbelag (12) ausgebildet ist, einem daran im Wesentlichen im rechten Winkel angeordneten Anschlagschenkel (3), und einem auf der Treppe festlegbaren Basisprofil (4), dadurch gekennzeichnet, dass das Trittwinkelprofil (1) auf dem Basisprofil (4) über eine lösbare höhenverstellbare Halterung festlegbar ist, so dass der Abdeckflügel (5) auf dem Treppenbelag (12) zur Auflage kommt, wobei an dem Trittschenkel (2) ein im Wesentlichen zur Trittstufe gerichteter Steg (10) angeordnet ist, an dessen zur Treppenkante gerichteter Seite eine erste Führungs-Stützfläche (7) ausgebildet ist, und dass an entsprechender Stelle am Basisprofil (4) ein entsprechender Steg (11) eine der ersten Führungs-Stützfläche (7) zugewandte Gegenfläche (9) aufweist, und eine zweite Führungs-Stützfläche (6) an dem Anschlagschenkel (3) und die zugeordnete Gegenfläche (8) an einem an entsprechender Stelle auf dem Basisprofil angeordnetem zweiten Steg (13) ausgebildet ist."

Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihr Begehren nach Nichtigerklärung der mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Patentansprüche weiter.

Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen, wobei sie das Streitpatent hilfsweise mit weiter geänderten Fassungen verteidigt.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Streitpatent betrifft ein als Treppenkantenprofil bezeichnetes Profil, das seinerseits aus zwei Profilen besteht, die durch Ineinanderschieben ihrer Teile zu einer Einheit werden. Am Stand der Technik (deutsche Offenlegungsschrift 39 07 959; US-Patentschrift 4 455 797) wird bemängelt, dass bei solchen Profilen eine Höheneinstellbarkeit der beiden Profile zueinander entweder nur insofern gegeben sei, als das äußere Profil, das sogenannte Trittwinkelprofil, in entsprechenden Montagelagen verbohrt oder verschraubt werde, oder ganz fehle, weil die Anwendung auf Treppenbeläge jeweils bestimmter Materialstärke beschränkt sei.

Hieraus ergibt sich das unter 0005 der Beschreibung des Streitpatents genannte technische Problem, ein zweiteiliges Treppenkantenprofil der aus dem Stand der Technik bekannten Art so weiterzubilden, dass es für Treppenbeläge mit verschiedensten Materialstärken einsetzbar ist.

2. In der hauptsächlich verteidigten Fassung beansprucht das Streitpatent mit den Nebenansprüchen 1 und 2 zwei Lösungen, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:

Patentanspruch 1 hauptsächlich verteidigter Fassung:

1. Treppenkantenprofil bestehend aus 2. Trittwinkelprofil und 3. Basisprofil.

2. Das Trittwinkelprofil weist auf 2.1 einen Trittschenkel, 2.1.1 der ein freies Ende hat, das als Abdeckflügel für einen Treppenbelag ausgebildet ist, und 2.1.2 an dem ein Steg angeordnet ist, der im Wesentlichen zur Trittstufe gerichtet ist undeine zur Treppenkante gerichtete Seite hat, 2.2 und einen Anschlagschenkel, der zum Trittschenkel im Wesentlichen im rechten Winkel angeordnet ist.

3. Das Basisprofil 3.1 ist auf der Treppe festlegbar undweist auf 3.2 einen Steg und 3.3 eine im Wesentlichen nach vorne gerichtete Stirnkante.

4. Es sind vorhanden 4.1 zwei Führungs-Stützflächen und 4.2 diesen jeweils zugeordnete Gegenflächen, nämlich 4.1.1 eine erste Führungs-Stützfläche an der zur Treppenkante gerichteten Seite des Stegs des Trittschenkels und 4.2.1 eine dieser zugewandte Gegenfläche an dem an entsprechender Stelle angebrachten Steg des Basisprofilssowie 4.1.2 eine zweite Führungs-Stützfläche an dem Anschlagschenkel des Trittwinkelprofils und 4.2.2 eine Gegenfläche an der Stirnkante des Basisprofils.

5. Das Trittwinkelprofil ist auf dem Basisprofil so festlegbar, dass der Abdeckflügel auf dem Treppenbelag zur Anlage kommt, 5.1 wobei die Festlegung über eine Halterung erfolgt, die 5.1.1 höhenverstellbar und 5.1.2 lösbar ist.

Patentanspruch 2 hauptsächlich verteidigter Fassung unterscheidet sich hiervon in den Merkmalen 3 sowie 4.1.2 und 4.2.2. Diese Merkmale lauten hier:

3. Das Basisprofil 3.1 ist auf der Treppe festlegbar undweist auf 3.2 einen ersten Steg und 3.3 einen zweiten Steg.

4.1.2 eine zweite Führungs-Stützfläche an dem Anschlagschenkel des Trittwinkelprofils und 4.2.2 eine Gegenfläche an dem an entsprechender Stelle auf dem Basisteil angebrachten zweiten Steg.

3. Wie unter 0009 Zeilen 34 bis 37 im Streitpatent beschrieben, gewährleisten diese Lösungen, dass das Profil, auf das der Benutzer der Treppe auftritt und das deshalb als Trittwinkelprofil bezeichnet ist, an zwei einander paarweise zugeordneten Profilflächen entlang von oben auf das zweite Profil geschoben werden kann, das auf der Trittstufe festlegbar ist und als Basisprofil bezeichnet ist. Der Verschiebeweg ist (bis zu einer Höchstgrenze) nicht begrenzt, so dass die Profile in Abhängigkeit von der Stärke des Belags auf der Trittstufe so weit ineinander geschoben werden können, bis der Trittschenkel mit einem Teil, der als freies Ende bezeichnet ist, auf dem Belag aufliegt. Für die benötigten Flächen sorgen Längsseiten von Stegen bzw. eine Stirnseite (Stirnkante) sowie die Längsseite des zweiten Schenkels des Trittwinkelprofils. Die Anordnung der Flächen zueinander muss gewährleisten, dass beim Zusammenschieben jeweils zwei Flächen der beiden Profile praktisch ohne Spiel aneinander gleiten. Dies kommt in den Patentansprüchen durch die Wortwahl "Führungsflächen" zum Ausdruck. Darin beschränken sich Gestalt und Funktion dieser Flächen jedoch nicht, worauf der Wortlaut der Patentansprüche durch die zusätzliche Kennzeichnung als "Stützflächen" ebenfalls hinweist. Der fachkundige Leser erfährt hierdurch, dass es patentgemäß auch darauf ankommt, über besagte Flächen die Höhenlage der beiden Profile zueinander in der durch die Stärke des Belags auf der Trittstufe vorgegebenen Endstellung zu sichern. Denn hierfür stehen vom Basisprofil nach oben bzw. vom Trittschenkel nach unten weisende Auflageflächen für den Trittschenkel regelmäßig nicht zur Verfügung, wenn eine Orientierung der Lage des Trittschenkels an der Stärke des Belags auf der Trittstufe erreicht werden soll. Dies führt zu der Erkenntnis, dass patentgemäß bei der Dimensionierung der Anlageflächen und/oder bei der Wahl der materialmäßigen Beschaffenheit der sie zur Verfügung stellenden Profilteile auch das Moment berücksichtigt werden muss, das beim Auftreten eines Benutzers auf den Trittschenkel auftreten kann. Die Beschreibung bestätigt das unter 0009 Zeilen 37 bis 40.

Für den zweiten, im Wesentlichen rechtwinklig zum Trittschenkel angeordneten, also nach unten gerichteten Schenkel des Trittwinkelprofils, der nach der Lösung des Streitpatents in jedem Fall als Träger der benötigten Führungs-Stützflächen vorzusehen ist, enthalten die Patentansprüche darüber hinaus eine weitere Vorgabe, weil dieser Schenkel als Anschlagschenkel bezeichnet ist. Hiermit greifen die Ansprüche das auf, was unter 0008 Zeilen 25 bis 33 näher beschrieben ist. Bei der Lösung nach dem Streitpatent ist hiernach der nach unten weisende Schenkel des Trittwinkelprofils das Teil der Gesamtvorrichtung, das deren Lage entlang der Kante der Treppenstufe bestimmt, indem es an die Setzstufe anschlägt. Auf diese Weise bestimmt das Trittwinkelprofil die Lage des Basisprofils auf der Trittstufe und hiermit die Anbringung des Gesamtprofils. Dieses Verständnis wird nicht nur durch die Figuren 3 und 4 des Streitpatents bestätigt, die zeigen, dass das Gesamtprofil mit dem nach unten weisenden Schenkel des Trittwinkelprofils an der Setzstufe 32 anschlägt und in dieser Position das Basisprofil mittels der Schraube 33 auf der Trittstufe festgelegt wird. Auch die Montage, die unter 0008 näher beschrieben ist, verlangt danach, dass es der nach unten weisende Schenkel des Trittwinkelprofils ist, der entlang der Kante der Treppenstufe durch Anschlag an die Setzstufe die Lage des Treppenkantenprofils bestimmt.

Das Streitpatent macht sich nach allem zu Nutze, dass bei Treppenkantenprofilen üblicherweise das sichtbare Element einen nach unten gerichteten Schenkel aufweist, damit eine vollständige Abdeckung des Kantenbereichs vorhanden ist. Denn die patentierte Lehre weist alle bisher erörterten Funktionen (Führung, Stützung, Montageanschlag) diesem sozusagen ohnehin nötigen Schenkel zu, der deshalb entsprechend angeordnet und beschaffen sein muss. Bei entsprechend hergerichtetem nach unten weisenden Schenkel des Trittwinkelprofils erübrigt es sich - was im Hinblick auf den entgegengehaltenen Stand der Technik von besonderem Interesse ist - beispielsweise, am Basisprofil einen nach unten weisenden Schenkel anzuordnen, der als Anschlag des Gesamtprofils an der Treppenstufe dient und über den dessen Lage dort festgelegt wird. Dementsprechend erwähnen die hauptsächlich verteidigten Patentansprüche 1 und 2 einen solchen (zusätzlichen) Schenkel auch nicht.

Was schließlich die Halterung des Trittwinkelprofils mit seinem Abdeckflügel auf dem Treppenbelag anbelangt, können die patentgemäßen Anlageflächen zwar ebenfalls genutzt werden, etwa indem die Flächen durch Einschrauben einer Schraube in einen Steg gegeneinander gepresst werden oder indem an gegenüberliegenden Flächen Rastvorsprünge vorgesehen werden. Eine derartige Ausgestaltung ist jedoch nicht zwingend, weil die Patentansprüche zwar eine Halterung verlangen, ihr Wortlaut aber nicht erkennen lässt, dass die höhenmäßige Fixierung in der von der Stärke des Belags vorgegebenen Endlage mit Hilfe besagter Anlageflächen erfolgen müsse. Überdies zeigen auch die Figuren 6 bis 8 ein Ausführungsbeispiel, das ohne deren Nutzung hierzu auskommt.

4. Im Ergebnis zu Recht hat das Bundespatentgericht erkannt, dass das Streitpatent in Form der in zulässiger Weise gebildeten Nebenansprüche 1 und 2 der hauptsächlich verteidigten Fassung Bestand hat. Die für eine Nichtigerklärung des Streitpatents auch im Umfang dieser Fassung erforderliche Wertung, dass deren Lehren zum technischen Handeln, deren Neuheit auch die Klägerin nicht mehr in Zweifel zieht, für den Fachmann zum Anmeldezeitpunkt nahelagen, kann der Senat nicht treffen.

a) Als Fachmann ist im Streitfall ein Mitarbeiter eines industriellen Fertigungsbetriebs anzusehen, der eine technische Ausbildung genossen hat und auf eine mehrjährige Berufserfahrung in der Herstellung von profilierten Teilen für Bauhandwerker blicken kann, die Teppichböden, Laminat, Parkett oder andere Bodenbeläge verlegen. Treppenkantenprofile waren auch schon 1995 Gegenstand industrieller Produktion. Das spricht dafür, dass üblicherweise erfahrene Mitarbeiter solcher Betriebe neue Treppenkantenprofile entwickelten. Da die Nachfrage nach solchen Profilen industrielle Herstellungsbetriebe kaum auslasten kann, kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass deren Geschäftsbetrieb sich hierauf beschränkte oder sie gar auf Treppenkantenprofile spezialisierte Mitarbeiter besaßen. Zum Aufgabengebiet des einschlägigen Fachmanns gehörten vielmehr auch andere Arten von Profilen, jedenfalls solche, die ebenfalls bei der Verlegung von Bodenbelägen Verwendung finden.

b) Das 1994 eingetragene Gebrauchsmuster 94 05 250 (Anl. NK 2) betrifft ein Treppenkantenprofil aus Trittwinkelprofil und Basisprofil, das durch deren Zusammenschieben entlang von zwei jeweils an beiden Profilen angebrachten Stegen zusammengefügt wird und dann mit dem freien Ende des Trittschenkels des Trittwinkelprofils auf dem Treppenbelag aufliegt (Merkmale der Gruppen 1, 2.1 und 3). Bezüglich der Merkmalsgruppe 4 ist fraglich, ob die gegeneinander gerichteten Anlageflächen an den Stegen auch als Stützflächen gelten können. Denn das Trittwinkelprofil liegt nach Figur 1 jedenfalls auf den Stirnflächen von drei Stegen auf. Letztlich kann das aber dahinstehen. Denn das Trittwinkelprofil der in dem Gebrauchsmuster 94 05 250 offenbarten Vorrichtung hat jedenfalls keinen Anschlagschenkel mit einer Führungs-Stützfläche. Zum einen hat der vorhandene, nach unten weisende Schenkel des Trittwinkelprofils nicht Teil an dem Vorgang des Ineinanderschiebens der beiden Profile. Zum anderen wird die Lage des Gesamtprofils entlang der Kante der Treppenstufe nicht durch diesen Schenkel bestimmt. Hierzu dient vielmehr ein nach unten weisender Steg/Schenkel des Basisprofils. Bei der Montage der durch das Gebrauchsmuster 94 05 250 offenbarten Vorrichtung wird deshalb zunächst nur das Basisprofil bis zum Anschlag dieses Schenkels auf die Trittstufe aufgelegt und dann dort festgelegt. Da der nach unten weisende Schenkel des Trittwinkelprofils an seinem Ende mit einer Nase versehen ist, die beim Aufschieben des Trittwinkelprofils auf das Basisprofil entlang der Flächen der aneinander liegenden Stege einen Vorsprung des Basisprofils schnappend übergreift, hat dieses Profilteil mithin neben einer Abdeckfunktion im Wesentlichen nur die Funktion, das Trittwinkelprofil gegenüber dem Basisprofil in der Endlage lösbar festzulegen (Merkmale 5, 5.1, 5.1.2). Für jeden Bodenbelag bedarf es nach diesem Lösungsvorschlag außerdem eines eigenen Trittwinkelprofils, dessen nach unten weisender Schenkel der Länge nach auf die Stärke des jeweiligen Belags auf der Trittstufe ausgelegt ist.

Ausgehend von dem in dem Gebrauchsmuster 94 05 250 Offenbarten war daher zum Auffinden der verteidigten Lehre nach dem Streitpatent jedenfalls nötig, eine höhenverstellbare Halterung zu finden sowie zu erkennen und zu nutzen, dass sich der nach unten weisende Schenkel des Trittwinkelprofils, dessen Funktion sich hier im Wesentlichen auf das Abdecken und Einrasten beschränkt, sowohl als Vorrichtungsteil, mit dem das Gesamtprofil an der Treppenstufe anschlagen kann, als auch als zweite Führungs-Stützfläche eignet. Ersteres kann dem Fachmann ohne Weiteres zugetraut werden. Dass es sinnvoll ist, ein bei verschiedenen Stärken des Trittstufenbelags verwendbares Profil zu haben, liegt auf der Hand. Das bot Anregung, insoweit nach einer Lösung zu suchen. Bereits der handwerkliche Formenschatz bot auch jedenfalls insoweit eine Lösung an, als es ein Leichtes gewesen wäre, den nach unten weisenden Schenkel des Trittwinkelprofils mit mehreren Rastnasen zu versehen.

Was die andere, umfassende Nutzung dieses Schenkels anbelangt, kann die erforderliche Wertung jedoch nicht getroffen werden. Es verbleiben schon Zweifel, ob der von der Vorrichtung des Gebrauchsmusters 94 05 250 ausgehende Fachmann, nachdem er für eine Höhenverstellbarkeit dieses Vorbilds gesorgt hat, überhaupt noch Anlass hatte, weitere Überlegungen anzustellen. Mit dem nach unten weisenden Schenkel des Basisprofils war ein Anschlagschenkel vorhanden, der eine genaue Montage ohne weiteres durchzuführen erlaubt. Aufgrund der nebeneinander liegenden und ineinander greifenden Stege der beiden Profile existierte auch bereits ein System, das jedenfalls im Prinzip das zu gewährleisten in der Lage war, was nach dem Streitpatent die Führungs-Stützflächen zu leisten haben. Allenfalls eine Material- und Fertigungsersparnis wäre in Betracht gekommen, wenn man die nach der Lehre des Gebrauchsmusters dem zweiten Steg des Trittwinkelprofils zukommende Führungs- und Stützfunktion dessen nach unten weisenden Schenkel übertragen hätte. Nichts spricht aber dafür, dass die Lehre nach dem Gebrauchsmuster im Hinblick hierauf aus fachlicher Sicht kritikwürdig erschien. Die Ersparnis an Material und bei der Fertigung, welche die Lehre nach dem Streitpatent gegenüber der nach dem Gebrauchsmuster 94 05 250 haben mag, kann auch nicht als bedeutend eingestuft werden.

Hatte der Fachmann keine Veranlassung, an den Anschlag- und Führungsflächen der Vorrichtung des Gebrauchsmusters 94 05 250 etwas zu ändern, ist es unerheblich, ob und inwieweit die deutsche Offenlegungsschrift 37 43 895 (Anl. NK 3) insoweit mit der Lehre des Streitpatents Übereinstimmendes beschreibt oder zeigt. Für einen Fachmann, der ausgehend von der aus dem Gebrauchsmuster 94 05 250 bekannten Vorrichtung eine Weiterentwicklung suchte, bestand dann nämlich kein Grund, sich mit dieser Offenlegungsschrift zu befassen.

c) Die 1990 veröffentlichte deutsche Offenlegungsschrift 39 07 959 (Anl. NK 4) betrifft die Erneuerung der Sichtflächen einer Treppenstufe. Hierzu wird ebenfalls die Verwendung eines Systems vorgeschlagen, das aus zwei ineinander greifenden Profilen besteht. Dem Zweck entsprechend soll als Basisprofil ein um die unansehnlich gewordene Treppenkante herumreichendes Winkelprofil dienen, das nach vorne mit einer Stirnleiste abgedeckt werden kann. Damit fehlt auch dieser Lösung ein Anschlagschenkel in dem zuvor erörterten Sinne des Merkmals 2.2, obwohl das Trittwinkelprofil einen kurzen, eine neue Stirnleiste oben übergreifenden, nach unten weisenden Schenkel aufweist. Dieser wird zudem nicht dazu genutzt, eine Führungs- oder Stützfläche zur Verfügung zu stellen. Die Vorrichtung nach der deutschen Offenlegungsschrift 39 07 959 nutzt hierfür vielmehr den nach unten weisenden Schenkel des Basisprofils. Denn dort ist ein Schlitz untergebracht, in den hinein ein Steg entsprechender Stärke geschoben wird, der an dem Trittschenkel angeordnet ist. Da der Steg des Trittschenkels kürzer als die Tiefe des Schlitzes gehalten ist, kann durch unterschiedlich tiefes Hineinschieben unterschiedlicher Stärke des Belags auf der Trittstufe Rechnung getragen werden, auf dem in der Endstellung ein freies Ende des Trittschenkels aufliegt. Deshalb erscheint auch eine Verwirklichung aller Merkmale der Gruppe 5 möglich, nämlich dann, wenn das Trittwinkelprofil nach Bohren entsprechender Löcher durch den senkrechten Schenkel des Basisprofils mit der Setzstufe verschraubt wird.

Die in der deutschen Offenlegungsschrift 39 07 959 offenbarte Vorrichtung mag daher insofern der Lösung nach dem Streitpatent näher als diejenige des bereits abgehandelten Gebrauchsmusters 94 05 250 stehen, als eine Höhenverstellbarkeit gegeben sein kann und deshalb die innerhalb des Schlitzes wirkenden Flächen Stützflächenfunktion haben müssen. Übereinstimmend mit der Lösung des Gebrauchsmusters 94 05 250 ist aber auch bei der Vorrichtung nach der deutschen Offenlegungsschrift 39 07 959 der nach unten weisende Schenkel des Trittwinkelprofils nicht als Anschlagschenkel mit einer Führungs-Stützfläche gestaltet. Die unter 0009 der Beschreibung wiedergegebene, patentgemäß wesentliche Funktion des nach unten weisenden Schenkels des Trittwinkelprofils wird vielmehr von anderen Vorrichtungsteilen gewährleistet. Die vorstehenden Ausführungen zum Gebrauchsmuster 94 05 250 gelten deshalb für die Lösung nach der deutschen Offenlegungsschrift 39 07 959 in gleicher Weise. Ein Grund, warum ein von dieser Lösung ausgehender Fachmann den nach unten weisenden Schenkel des Trittwinkelprofils im Sinne der Lehre des Streitpatents einsetzen sollte, ist nicht ersichtlich.

d) Nach den einleitenden Ausführungen zum maßgeblichen Fachmann gehört auch die als Überbrückungsprofil für Fußbodenfugen bezeichnete und in der 1989 veröffentlichten deutschen Offenlegungsschrift 37 43 895 (Anl. NK 3) offenbarte Vorrichtung zu den Produkten, mit denen der Fachmann zu tun haben konnte. Eine Weiterentwicklung hätte deshalb auch ausgehend von diesem Vorbild vorgenommen werden können. Auch das dort beschriebene und gezeigte zweiteilige Profil bot jedoch keinen Anlass zu einer Änderung/Ergänzung, die einen nach unten weisenden Schenkel des auf das Basisprofil aufsteckbaren Profils so gestaltet und anordnet, dass ihm die Bedeutung zukommt, die der Anschlagschenkel nach dem Streitpatent hat.

Die deutsche Offenlegungsschrift 37 43 895 behandelt ebenfalls ein zweiteiliges Profil aus einem oberen, unmittelbar dem Auftritt ausgesetzten Element und einem Basisprofil darunter. Das obere Element weist zwei Schenkel auf, einen, der das freie Ende zum Abdecken eines Bodenbelags bildet, dessen Stärke unterschiedlich sein kann, sowie einen zweiten, der den Übergang zu einem anderen Bodenbelag schafft und damit ebenfalls allein Abdeckfunktion hat. Zur Vereinigung beider Elemente gibt es zwei nach unten weisende Stege am oberen Element und einen nach oben weisenden Schenkel an dem dadurch winkelförmigen Basiselement. Die Stege sind so beabstandet, dass sie den senkrechten Schenkel des Basisteils übergreifen können, so dass das obere Element entlang der seitlichen Oberflächen des Schenkels in die durch die Stärke des ersten Bodenbelags vorgegebene Stellung gleiten kann.

Nach der in Figur 2 gezeigten Alternative kann auf den zweiten Schenkel des oberen Elements auch verzichtet werden, dann nämlich, wenn das Profil dazu dienen soll, einen Bodenbelag, der unterschiedliche Stärke haben kann, gegen eine Wand abzugrenzen. Denn der zweite Schenkel des oberen Elements ist dann nicht nur entbehrlich; er wäre geradezu hinderlich. Die deutsche Offenlegungsschrift 37 43 895 erscheint damit auf Anwendungsfälle ausgerichtet, die Besonderheiten aufweisen, die deutlich von denen abweichen, die bei einem Treppenkantenprofil auftreten und zu berücksichtigen sind. Dies führt schon zu Zweifeln, ob der Fachmann die durch die deutsche Offenlegungsschrift 37 43 895 offenbarte Lösung überhaupt als Vorbild oder auch nur als Anregung für Möglichkeiten der Gestaltung eines solchen Profils ansah. Angesichts der fallweisen Entbehrlichkeit des zweiten Schenkels weist die deutsche Offenlegungsschrift 37 43 895 den Fachmann jedoch jedenfalls nicht in eine Richtung, die zu einem zweiten Schenkel des oberen Elements, dem über eine bloße Abdeckfunktion hinaus weitere Aufgaben übertragen sind, und zu einer hierauf ausgerichteten Gestaltung des Gesamtprofils führt.

Unter diesen Umständen darf nicht allein auf die Abbildung der Figur 2 der deutschen Offenlegungsschrift 37 43 895 und darauf abgestellt werden, dass bei rein visuellem Vergleich mit den Figuren 6 bis 8 des Streitpatents, welche die nach Nebenanspruch 2 beanspruchte Lösung wiedergeben, weitgehende Übereinstimmung besteht. Um zu der patentgemäßen Lösung zu gelangen, musste der Fachmann im Übrigen auch dann erst erkennen, dass der äußere Steg des oberen Elements, der bei Entfall des in Figur 1 gezeigten zweiten Schenkels auch als nach unten weisender Schenkel bezeichnet werden könnte, verlängert werden kann, wenn das Gesamtprofil als Treppenkantenprofil eingesetzt werden soll, und dass diese Verlängerung auch notwendig ist, damit dieser Schenkel als Anschlagschenkel die Lage des Gesamtprofils auf einer Treppenstufe bestimmt. Auch zu diesem Gedankengang regt die deutsche Offenlegungsschrift 37 43 895 jedoch nicht an. Denn eine Verlängerung des äußeren nach unten weisenden Stegs steht geradezu in Widerspruch zu der dort beanspruchten Lösung.

Ein Anlass, das Profil nach der deutschen Offenlegungsschrift 37 43 895 in dieser Weise zu verändern, bot schließlich auch der sonstige entgegengehaltene Stand der Technik nicht. Denn auf die Möglichkeit, das äußere der beiden Profile bereichsweise im Sinne des Streitpatents zu gestalten und zu nutzen, setzen auch diese Vorbilder nicht. Bei der Vorrichtung des Gebrauchsmusters 94 05 250 und der in der deutschen Offenlegungsschrift 39 07 959 offenbarten Vorrichtung wird - wie ausgeführt - das Basisprofil genutzt, um die richtige Lage zu der Treppenstufenkante herzustellen. Das Stufenprofil des seit 1989 der Öffentlichkeit zugänglichen Gebrauchsmusters 89 07 931 (Anl. NK 5) ist bezogen auf den Belag der Trittstufe nur An- und Abschlussprofil, weil dieser nicht überdeckt werden soll; der die Kante übergreifende Schenkel ist nur als Ansatz bezeichnet; ein Anschlag an die Setzstufe ist nicht beschrieben und auch nicht erforderlich.

e) Die durch das Gebrauchsmuster 89 07 931 erfolgte Offenbarung liegt damit dem Streitpatent ferner als der zuvor abgehandelte Stand der Technik. Auch auf deren Grundlage war daher die Lehre des Streitpatents nicht in naheliegender Weise zu entwickeln.

5. Mit den Nebenansprüchen 1 und 2 hauptsächlich verteidigter Fassung haben auch die hierauf zurückbezogenen Unteransprüche 3 bis 7 und 13 bis 20 Bestand.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 PatG.

Melullis Scharen Keukenschrijver Mühlens Lemke Vorinstanz:

Bundespatentgericht, Entscheidung vom 05.10.2006 - 3 Ni 28/04 (EU) -






BGH:
Urteil v. 10.02.2009
Az: X ZR 37/07


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