Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 21. März 2006
Aktenzeichen: 4a O 71/05

(LG Düsseldorf: Urteil v. 21.03.2006, Az.: 4a O 71/05)

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III.

Das Urteil ist vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vollstreckbar.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents X (Klagepatent) und des deutschen Gebrauchsmusters X (Klagegebrauchsmuster) auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatzfeststellung in Anspruch.

Das europäische Klagepatent wurde am 12.6.2003 unter Inanspruchnahme einer niederländischen Priorität vom 12.6.2002 angemeldet. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 16.3.2005. Verfahrenssprache ist Englisch. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents hat in der veröffentlichten deutschen Übersetzung folgenden Wortlaut:

"Ein Gerät (1) zur Zubereitung eines konsumierbaren Getränks mit einer feinblasigen Schaumschicht, wie zum Beispiel Kaffee oder Milch mit einer feinblasigen Schaumschicht, umfassend eine Getränkeeinheit (2) zur Abgabe eines Getränks unter Druck und mindestens eine Düse (4), die in Flüssigkeitsverbindung mit der Getränkeeinheit (2) steht, um das Getränk der Düse (4) zuzuführen, um einen Strahl des Getränks mithilfe der Düse (4) zu erzeugen, und eine Sammeleinheit (14), in die der Strahl spritzt, um das Getränk mit der feinblasigen Schaumschicht zu erhalten, dadurch gekennzeichnet, dass die Sammelkammer (14) eine Kammer (16) mit mindestens einer Ausflussöffnung (18) zur Abgabe des Getränks mit der feinblasigen Schaumschicht und ein in der Kammer enthaltenes Strahlaufprallelement (20) umfasst mit einer von einer Innenwand (24) der Kammer (16) freistehenden Oberseite (22), wobei die Düse (4) und das Strahlaufprallelement (20) relativ zueinander so ausgerichtet sind, dass der Strahl gegen zumindest einen Teil der Oberseite (22) des Strahlaufprallelements (22) spritzt, wobei das Getränk nach dem Aufprall auf dem Strahlaufprallelement (20) die Kammer (16) über die mindestens eine Ausflussöffnung (18) als das Getränk mit der feinblasigen Schaumschicht verlässt."

Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus dem Klagepatent und zeigen beispielsweise in Figur 1 eine erste, in Figur 2 eine zweite und in den Figuren 3a und 3b eine dritte Ausgestaltung einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zur Zubereitung eines konsumierbaren Getränks mit einer feinblasigen Schaumschicht:

Das Klagegebrauchsmuster wurde unter Inanspruchnahme des Anmeldetages der dem Klagepatent zugrunde liegenden Anmeldung am 2.8.2004 angemeldet. Mit Eingabe vom 12.8.2004 reichte die Klägerin beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geänderte Anmeldungsunterlagen ein. Das Klagegebrauchsmuster wurde am 13.1.2005 eingetragen. Schutzansprüche 1, 2, 3 und 4 des Klagegebrauchsmusters, die von der Klägerin in Kombination geltend gemacht werden, haben folgenden Wortlaut:

"1.

Eine Vorrichtung zur Zubereitung eines konsumierbaren Getränks mit einer feinblasigen Schaumschicht, wie Kaffee oder Milch mit einer feinblasigen Schaumschicht, die Folgendes umfasst: eine Getränkeeinheit zur Abgabe des Getränks unter Druck und wenigstens eine Düse, die flüssigkeitsleitend mit der Getränkeeinheit zur Erzeugung eines Getränkestrahl mittels der Düse verbunden ist und eine Auffangeinheit, in welche der Strahl spritzt, um das Getränk mit der feinblasigen Schaumschicht zu erhalten, und die dadurch charakterisiert ist, dass die Auffangeinheit eine Kammer mit wenigstens einer Ausflussöffnung zur Abgabe des Getränks mit der feinblasigen Schaumschicht und ein in der Kammer enthaltendes Strahlauftreffelement mit einem Oberteil, das von einer Innenwand der Kammer frei liegt, umfasst, wobei die Düse und das Strahlauftreffelement so relativ zueinander angeordnet sind, dass der Strahl wenigstens gegen einen Teil des Oberteils des Strahlauftreffelements spritzt, wobei das Getränk nach dem Auftreffen auf dem Strahlauftreffelement die Kammer über die wenigstens eine Ausflussöffnung als das Getränk mit der feinblasigen Schaumschicht verlässt.

2.

Eine Vorrichtung gemäß Anspruch 1, die dadurch charakterisiert ist, dass die Kammer ferner mit wenigstens einer Luftzuführöffnung zur Zuführung von Luft in die Kammer versehen ist.

3.

Eine Vorrichtung gemäß Anspruch 2, die dadurch charakterisiert ist, dass das Oberteil des Strahlauftreffelements zwischen der Luftzuführöffnung und der wenigstens einen Ausflussöffnung angeordnet ist.

4.

Eine Vorrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, die dadurch charakterisiert ist, dass das Oberteil zur Düse ausgerichtet ist."

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin beider Klageschutzrechte. Die Beklagte hat gegen das Klagepatent Einspruch beim Europäischen Patentamt eingelegt und Antrag auf Löschung des Klagegebrauchsmusters beim DPMA gestellt. Über beide Anträge ist noch nicht entschieden worden.

Die Beklagte brachte etwa Mitte 2004 eine Kaffeepad-Maschine auf den Markt, die sie seither unter der Bezeichnung "X" anbietet und vertreibt. Die Klägerin hat Abbildungen der Kaffeepad-Maschine und deren Filterbehälters als Anlagen K 4, K 6 und K 8 vorgelegt, auf die Bezug genommen wird. Die Klägerin hat außerdem zeichnerische Darstellungen des Filterbehälters als Anlage K 5 eingereicht, die nachfolgend wiedergegeben wird:

Die Klägerin sieht in dem Vertrieb der mit dem gezeigten Filterbehälter ausgestatteten Kaffeepad-Maschine "X" eine Verletzung der Klageschutzrechte.

Sie beantragt,

I.

die Beklagte zu verurteilen,

1.

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

Vorrichtungen zur Zubereitung eines konsumierbaren Getränks mit einer feinblasigen Schaumschicht, wie Kaffee oder Milch mit einer feinblasigen Schaumschicht, die Folgendes umfaßt: Eine Getränkeeinheit zur Abgabe des Getränks unter Druck und wenigstens eine Düse, die flüssigkeitsleitend mit der Getränkeeinheit zur Erzeugung eines Getränkestrahls mittels einer Düse verbunden ist und eine Auffangeinheit, in welche der Strahl spritzt, um das Getränk mit der feinblasigen Schaumschicht zu erhalten,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Auffangeinheit eine Kammer mit wenigstens einer Ausflussöffnung zur Abgabe des Getränks mit der feinblasigen Schaumschicht und ein in der Kammer enthaltenes Strahlauftreffelement mit einem Oberteil, das von einer Innenwand der Kammer frei liegt, umfasst, wobei die Düse und das Strahlauftreffelement so relativ zueinander angeordnet sind, dass der Strahl wenigstens gegen einen Teil des Oberteils des Strahlauftreffelements spritzt, wobei das Getränk nach dem Auftreffen auf dem Strahlauftreffelement die Kammer über die wenigstens eine Ausflussöffnung als das Getränk mit der feinblasigen Schaumschicht verlässt, wobei die Kammer ferner mit wenigstens einer Luftzufuhröffnung zur Zuführung von Luft in die Kammer versehen ist, wobei das Oberteil des Strahlauftreffelements zwischen der Luftzuführöffnung und der wenigstens einen Ausflussöffnung angeordnet ist, wobei das Oberteil zur Düse ausgerichtet ist;

2.

der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 17.03.2005 begangen hat, und zwar unter Angabe

der Herstellungsmengen und -zeiten, der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist, der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den im Urteilsausspruch zu Ziffer I. l. genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,

wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. b) Lieferscheine und Rechnungen vorzulegen hat,

II.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 17.03.2005 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird,

III.

die Beklagte zu verurteilen,

1.

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

Geräte zur Zubereitung eines konsumierbaren Getränks mit einer feinblasigen Schaumschicht, wie Kaffee oder Milch mit einer feinblasigen Schaumschicht, die folgendes umfasst: Eine Getränkeeinheit zur Abgabe des Getränks unter Druck und wenigstens eine Düse, die in Flüssigkeitsverbindung mit der Getränkeeinheit steht, um das Getränk der Düse zuzuführen, um einen Strahl des Getränkes mit Hilfe der Düse zu erzeugen und eine Sammeleinheit, in welche der Strahl spritzt, um das Getränk mit der feinblasigen Schaumschicht zu erhalten,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Sammeleinheit eine Kammer mit wenigstens einer Ausflussöffnung zur Abgabe des Getränks mit der feinblasigen Schaumschicht und ein in der Kammer enthaltenes Strahlaufprallelement mit einer Oberseite, die von einer Innenwand der Kammer freisteht, umfasst, wobei die Düse und das Strahlaufprallelement relativ zueinander so angeordnet sind, dass der Strahl gegen zumindest einen Teil der Oberseite des Strahlaufprallelements spritzt, wobei das Getränk nach dem Aufprall auf dem Strahlaufprallelement die Kammer über die mindestens eine Ausflussöffnung als das Getränk mit der feinblasigen Schaumschicht verlässt, wobei die Kammer ferner mit einer Luftzufuhröffnung zur Zufuhr von Luft zur Kammer versehen ist, wobei die Oberseite des Strahlaufprallelements zwischen der Luftzuführöffnung und der mindestens einen Ausflussöffnung plaziert ist, wobei die Oberseite auf die Düse hin ausgerichtet ist;

2.

der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 16.04.2005 begangen hat, und zwar unter Angabe

der Herstellungsmengen und -zeiten, der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist, der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den im Urteilsausspruch zu Ziffer I. l. genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,

wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. b) Lieferscheine und Rechnungen vorzulegen hat,

IV.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 16.04.2005 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird,

hilfsweise

V.

die Beklagte entsprechend der Anträge zu I. - II. zu verurteilen, wobei die Oberseite des in der Kammer enthaltenen Strahlaufprallelementes von der Kammer freiliegt.

Die Anträge zu I. 2. und II. hat die Klägerin zunächst für die Zeit seit dem 13.02.2005 gestellt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Verhandlung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Antrag auf Löschung des Klagegebrauchsmusters und ihren Einspruch gegen das Klagepatent auszusetzen,

hilfsweise

ihr nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bankbürgschaft) abzuwenden.

Sie stellt eine Verletzung der Klageschutzrechte durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in Abrede. Die Filtervorrichtung weise kein Strahlauftreffelement im Sinne der Klageschutzrechte auf. Auch sei kein Oberteil vorhanden, das von einer Innenwand der Kammer frei liege.

Darüber hinaus sei das Klagegebrauchsmuster insbesondere im Hinblick auf den aus der X bekannten Stand der Technik nicht schutzfähig, weshalb die Verhandlung im Hinblick auf das anhängige Löschungsverfahren jedenfalls auszusetzen sei. Gleiches gelte hinsichtlich des Klagepatents und des von ihr - der Beklagten - insoweit erhobenen Einspruchs.

Demgegenüber sieht die Klägerin den Rechtsbestand der Klageschutzrechte durch den von der Beklagten entgegen gehaltenen Stand der Technik nicht in Frage gestellt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin stehen die gegenüber der Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz nicht zu, weil die angegriffene Ausführungsform von den in den geltend gemachten Ansprüchen unter Schutz gestellten technischen Lehren weder wortsinngemäß noch äquivalent Gebrauch macht, Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140 b PatG, §§ 24 Abs. 1 und 2, 24 b GebrMG, §§ 242, 259 BGB.

I.

Das Klagepatent, dessen Gegenstand stellvertretend auch für das weitgehend parallele Klagegebrauchsmuster erläutert wird, betrifft ein Gerät zur Zubereitung eines konsumierbaren Getränks mit einer feinblasigen Schaumschicht, wie etwa Kaffee oder Milch mit einer feinblasigen Schaumschicht.

Nach den Angaben in der Beschreibung des Klagepatents ist ein solches Gerät im Stand der Technik aus der europäischen Patentanmeldung X bekannt. Bei diesem Gerät umfasst das Auffangmittel einen Puffertank, der einen Boden mit senkrechten Seitenwänden aufweist. Im Betrieb spritzt der Strahl in den Puffertank, der auf diese Weise mit dem zu verarbeitenden Getränk gefüllt wird. Es bildet sich im Puffertank eine Flüssigkeitsoberfläche aus, auf die der Flüssigkeitsstrahl spritzt, wobei Luft so unter das Getränk geschlagen wird, dass sich eine feinblasige Schaumschicht bildet. Hat sich auf diese Weise hinreichend Getränk mit einer feinblasigen Schaumschicht gebildet, wird der Einspritzvorgang beendet und das Getränk über eine Ausflussöffnung am Boden des Puffertanks abgeführt.

Den weiteren Ausführungen in der Beschreibung des Klagepatents zufolge kann mit einem solchen aus dem Stand der Technik bekannten System zwar ein qualitativ zufriedenstellendes Getränk mit feinblasiger Schaumschicht hergestellt werden. Nachteilig daran ist jedoch, dass es einige Zeit dauert, bis sich der Puffertank vollständig entleert hat. Insbesondere wegen des damit verbundenen Nachtropfens kann dies vergleichsweise lange andauern. Zu rechnen ist mit einem Zeitraum von etwa einer halben Minute für den eigentlichen Entleerungsvorgang und von weiteren 20 Sekunden für das Nachtropfen.

Der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Erfindung liegt mithin das Problem zugrunde, eine Vorrichtung bereitzustellen, mit der die durch das Entleeren des Puffertanks verbundenen Wartezeiten verringert werden, ohne dass die Qualität des Getränks mit feinblasiger Schaumschicht signifikant verschlechtert wird.

Das soll durch folgende Merkmalskombination erreicht werden:

1. Ein Gerät (1) zur Zubereitung eines konsumierbaren Getränks mit einer feinblasigen Schaumschicht, wie zum Beispiel Kaffee oder Milch mit einer feinblasigen Schaumschicht, umfassend:

2. eine Getränkeeinheit (2)

2.1 zur Abgabe eines Getränks unter Druck,

3. mindestens eine Düse (4),

3.1 die in Flüssigkeitsverbindung mit der Getränkeeinheit (2) steht,

3.2 um einen Strahl des Getränks mithilfe der Düse (4) zu erzeugen,

4. eine Sammeleinheit (14),

4.1 in die der Strahl spritzt, um das Getränk mit der feinblasigen Schaumschicht zu erhalten,

4.2 und die umfasst:

4.2.1 eine Kammer (16) mit mindestens einer Ausflussöffnung (18) zur Abgabe des Getränks mit der feinblasigen Schaumschicht und

4.2.1 ein in der Kammer enthaltenes Strahlaufprallelement (20).

4.2.1.1 Das Strahlaufprallelement weist eine mit von einer Innenwand (24) der Kammer (16) freistehenden Oberseite (22) auf.

5. Die Düse (4) und das Strahlaufprallelement (20) sind relativ zueinander so ausgerichtet, dass der Strahl gegen zumindest einen Teil der Oberseite (22) des Strahlaufprallelements (22) spritzt.

6. Nach dem Aufprall auf dem Strahlaufprallelement (20) verlässt das Getränk die Kammer (16) über die mindestens eine Auslassöffnung (18) als Getränk mit der feinblasigen Schaumschicht.

In der Beschreibung des Klagepatents werden die Vorteile einer solchen Vorrichtung dahingehend erläutert, dass die Kammer, nachdem das Spritzen des Strahls in die Kammer beendet wurde, vergleichsweise schnell entleert werden kann und das Nachtropfen nur vergleichsweise kurze Zeit andauert, weil kein Flüssigkeitsstand in der Kammer erreicht werden muss. Um die Nachtropfzeit zu verkürzen, ist es lediglich notwendig, dass die wenigstens eine Ausflussöffnung der Kammer ausreichend groß ist. Da die Ausflussöffnung keine funktionelle Bedeutung hat, kann diese Öffnung entsprechend groß bzw. die Vorrichtung entsprechend klein ausgestaltet sein, um die Nachtropfzeit zu verkürzen.

II.

Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die in Patentanspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellte technische Lehre nicht wortsinngemäß. Das Strahlaufprallelement, das in der Kammer der Sammeleinheit des angegriffenen Geräts angeordnet ist, weist keine von einer Innenwand der Kammer freistehende Oberseite auf.

Merkmal 4.2.2 sieht vor, dass in der Kammer der Sammeleinheit des Geräts zur Zubereitung eines konsumierbaren Getränks mit einer feinblasigen Schaumschicht ein Strahlaufprallelement enthalten ist. Das Strahlaufprallelement dient als Aufprallwiderstand für den Getränkestrahl, der durch die Düse erzeugt worden ist (Merkmal 3.2) und in die Sammeleinheit hineinspritzt (Merkmal 4.1). Dabei ist vorgesehen, die Düse und das Strahlaufprallelement relativ zueinander so auszurichten, dass der Strahl gegen zumindest einen Teil der Oberseite des Strahlaufprallelements spritzt (Merkmal 5). Mit einer solchen Anordnung soll eine feinblasige Schaumschicht erreicht werden (Merkmal 4.2.1), indem durch das Auftreffen des Strahls auf zumindest einen Teil des Oberteils des Strahlaufprallelements Nebelpartikel erzeugt werden, die nach oben oder seitwärts abgelenkt werden. Dadurch bildet sich eine laminare und/oder turbulente Strömung aus Nebelpartikeln in der Kammer aus. Aufgrund der Schwerkraft bewegen sich die Nebelpartikel dann wieder abwärts und bilden das flüssige Getränk, wobei die Luft so unter das Getränk geschlagen wurde, dass sich eine feinblasige Schaumschicht bildet (vgl. Klagepatent, Übersetzung, Anlage K 10, Rdn. 35). Das Getränk kann die Kammer sodann über die mindestens eine Ausflussöffnung verlassen (Merkmal 6, Rdn. 35).

Danach verfügt die angegriffene Ausführungsform über ein in der Kammer enthaltenes Strahlaufprallelement. Dieses ist im Detail D der oben wiedergegebenen Zeichnungen unterhalb der Düse im Querschnitt als schraffierter Balken dargestellt und verfügt über eine Breite von 5 mm. Auf dem in Anlage 6 links oben wiedergegebenen Foto ist dieser Balken als Querbalken am unteren Ende der Kammer erkennbar. In diesem Querbalken ist ein Strahlaufprallelement im Sinne der Erfindung zu sehen, weil der Getränkestrahl, der durch die Düse oberhalb erzeugt wird, zumindest auf einen Teil der Oberseite des Querbalkens prallt und von dort nach oben oder seitwärts abgelenkt wird. Zudem befindet sich der Balken noch in der Kammer. Zwar ist dieser am unteren Ende der Kammer angeordnet, eine solche Anordnung steht aber der Verwirklichung des Merkmals 4.2.1 nicht entgegen, weil darin lediglich verlangt wird, dass das Strahlaufprallelement in der Kammer enthalten ist. Dies ist im Sinne der Lehre des Klagepatents auch hinreichend, weil dann ermöglicht wird, dass der Strahl nach oben oder seitwärts gegen die Kammerwand zur Erzeugung des angestrebten Nebels abgeleitet wird. Dass die Anordnung des Strahlaufprallelementes in der Kammer im oberen oder unteren Bereich dem Fachmann freigestellt wird, bestätigt sich auch bei einem Blick auf die in der Beschreibung des Klagepatents genannten erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiele. Dort wird etwa im Hinblick auf die in Figur 1 gezeigte Ausführung erläutert, dass das Strahlaufprallelement 20 in einem unteren Bereich der Kammer 16 angeordnet ist.

Nicht verwirklicht ist jedoch das Merkmal 4.2.1.1, wonach das Strahlaufprallelement eine von einer Innenwand der Kammer freistehende Oberseite aufweisen soll. Der Fachmann entnimmt diesem Merkmal, dass es nicht hinreichend ist, ein Strahlaufprallelement als solches vorzusehen, sondern dass dessen Oberseite darüber hinaus in einer besonderen Weise ausgestaltet sein soll. Es ist erforderlich, dass die Oberseite des Strahlaufprallelementes von einer Innenwand der Kammer frei steht. In der Beschreibung des Klagepatents wird die technische Funktion des Merkmals nicht weiter erläutert. Im Hinblick auf das in Figur 1 gezeigte erfindungsgemäße Ausführungsbeispiel ist lediglich festgehalten, dass das Strahlaufprallelement 20 mit einem Oberteil versehen ist, das frei von einer Innenwand 24 der Kammer liegt. Die Figur 1 zeigt entsprechend ein pilzförmiges Strahlaufprallelement, bei dem ein Stamm 20 ein diesen überragendes, im Querschnitt konvexes Oberteil 22 trägt, an dem der aus der Düse kommende Getränkestrahl abprallt. Das pilzförmige Oberteil 22 steht beabstandet und damit frei von der Innenwand 24 auf. Ein weitere erfindungsgemäße Ausgestaltung des Strahlaufprallelementes wird in den Figuren 3a und 3b gezeigt. Wie in Figur 3b von unten und in Figur 3a im Querschnitt dargestellt, ist das Strahlaufprallelement 20 bei diesem Beispiel mit der Kammer 16 - und damit der Innenwand der Kammer - mittels dreier Querträger 60 verbunden. Über diesen Teil erhebt sich das Oberteil 22 des Strahlaufprallelementes 20, wie Figur 3a entnommen werden kann. Dieses steht damit frei von der Innenwand der Kammer 16 ab. In Figur 3a ist auch gezeigt, wie der aus der Düse 4 austretende Getränkestrahl auf die Oberfläche des Oberteils 22 - nicht aber auf die darunter befindlichen Querträger 60 - aufprallt. Gerade dieses erfindungsgemäße Ausführungsbeispiel bestätigt den Fachmann in der Ansicht, dass erfindungsgemäß zwar das Strahlaufprallelement mit der Innenwand der Kammer etwa über Querträger verbunden sein kann, dass aber die Oberseite des Elements, auf dessen Oberfläche der Getränkestrahl aufprallen soll, von der Innenwand der Kammer frei stehend, also räumlichkörperlich von dieser beabstandet, angeordnet sein soll.

Daran ändert sich auch nichts, wenn weiterhin berücksichtigt wird, dass in der Beschreibung des Klagepatents im Hinblick auf die in den Figuren 1 bis 4 und 7 ausgeführt wird, dass das Strahlaufprallelement durch einen Zylinder oder eine Röhre ersetzt werden kann, welche bzw. welcher sich in der Zeichnung in horizontaler Richtung zwischen den Wänden 24 der Kammer erstreckt und wobei der Teil, einer Außenseite des Zylinders oder der Röhre, auf die der Strahl auftrifft, das Oberteil des Strahlaufprallelementes bildet, welches von den Wänden 24 frei liegt (vgl. deutsche Übersetzung des Klagepatents, Anlage K 10, Rdn. 46 i.F.). Denn in dieser Beschreibungsstelle bleibt offen, ob die die Oberseite bildende Außenseite des in horizontaler Richtung angeordneten Zylinders oder der in horizontaler Richtung angeordneten Röhre mit der Wand verbunden sind und ob erfindungsgemäß in einer solchen Anordnung eine von der Innenwand der Kammer freistehende Oberseite zu sehen ist. Der Fachmann wird daher schlicht etwa die von der Innenwand 24 der Kammer 16 freistehende pilzkopfförmige Oberseite nach Figur 1 durch eine in horizontaler Richtung angeordnete, freistehende Röhre oder einen in horizontaler Richtung angeordneten, freistehenden Zylinder ersetzen.

Bei der angegriffenen Ausführungsform ist die Oberfläche des am unteren Ende der Kammer der Sammeleinheit angeordneten Querbalkens an seinen beiden Enden mit der Innenwand der Kammer verbunden und steht damit nicht - wie nach Merkmal 4.2.1.1 vorgesehen - von dieser frei. Eine wortsinngemäße Verwirklichung der Lehre aus Patentanspruch 1 des Klagepatents liegt demnach nicht vor.

Aber auch patentrechtliche Äquivalenz - wie von der Klägerin hilfsweise geltend gemacht - ist nicht gegeben. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, dass der Fachmann die bei der angegriffenen Ausführungsform realisierte Ausgestaltung mit einem sich - auch an der der Düse zugewandten Oberseite - von einem Ende bis zu deren anderen Ende der Innenwand erstreckenden Balken aufgrund von Überlegungen als gleichwertige Lösung auffinden konnte, die an der in Patentanspruch 1 niedergelegten Lehre ausgerichtet waren, wonach ausdrücklich ein Aufprallelement mit einer von der Innenwand der Kammer freistehenden Oberseite gefordert wird.

Entsprechend der vorstehenden Überlegungen kommt auch weder eine wortsinngemäße noch eine äquivalente Verwirklichung der Lehre aus den kombinierten Schutzansprüchen 1 bis 4 des Klagegebrauchsmusters in Betracht. Der Umstand, dass nach dem Wortlaut von Schutzanspruch 1 ein in der Kammer enthalten(d)es Strahlauftreffelement mit einem "Oberteil" (statt "Oberseite" wie nach Patentanspruch 1 des Klagepatents) vorgesehen ist, das von einer Innenwand der Kammer "frei liegt" (statt "frei steht" wie nach Patentanspruch 1 des Klagepatents), gibt keinen Anlass, dessen Gegenstand weiter zu fassen, als dies im Hinblick von Patentanspruch 1 vorstehend geschehen ist.

Die Frage der Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters, kann, weil nicht mehr entscheidungsrelevant, offen bleiben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 500.000,-- EUR.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 21.03.2006
Az: 4a O 71/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/3f8abc0c1bb1/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_21-Maerz-2006_Az_4a-O-71-05




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