Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 8. Januar 2014
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 71/13

(BGH: Beschluss v. 08.01.2014, Az.: AnwZ (Brfg) 71/13)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Kläger hatte seinen Widerruf der Rechtsanwaltszulassung wegen Vermögensverfalls angefochten. Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Der Kläger hat daraufhin beantragt, die Berufung zuzulassen. Dieser Antrag wurde vom Bundesgerichtshof abgelehnt. Der Kläger muss die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren beträgt 50.000 €.

Der Kläger hat argumentiert, dass der Anwaltsgerichtshof bei seinem Urteil einen Rechtssatz oder eine Tatsachenfeststellung falsch beurteilt hat. Der Bundesgerichtshof hat jedoch festgestellt, dass dies nicht der Fall ist. Der Anwaltsgerichtshof hatte zutreffend entschieden, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Widerrufs in einer finanziellen Krise war und nicht in der Lage war, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Der Bundesgerichtshof weist auch darauf hin, dass der Umstand, dass der Kläger kurz vor dem Widerruf seine Schulden beglichen hat, nicht bedeutet, dass kein Vermögensverfall vorliegt. Der Kläger hatte über einen längeren Zeitraum keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt und die Vermieter hatten ihn bereits wegen Zahlungsrückständen gekündigt und gepfändet.

Darüber hinaus hat der Kläger Fremdgeld in Höhe von 418,41 € zurückbehalten, wofür er von der Beklagten gerügt wurde. Der Kläger argumentiert, dass dieses Geld nicht im aktuellen Verfahren verwendet werden darf, was das Gericht als unverständlich ansieht. Auch hat der Kläger Rückstände gegenüber seiner Tochter, was zu einem familiengerichtlichen Verfahren geführt hat.

Aufgrund dieser Gründe hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung abgelehnt wird. Der Kläger muss die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen.

Die Kostenentscheidung basiert auf der Bundesrechtsanwaltsordnung in Verbindung mit der Verwaltungsgerichtsordnung und die Festsetzung des Streitwerts basiert auf der Bundesrechtsanwaltsordnung. Vorinstanz war das Anwaltsgericht des Landes Sachsen-Anhalt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 08.01.2014, Az: AnwZ (Brfg) 71/13


Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Sachsen-Anhalt vom 20. September 2013 wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Rechtsanwaltszulassung wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

II.

Der zulässige Antrag, mit dem der Kläger seinen Vermögensverfall in Abrede stellt und insoweit der Sache nach das Bestehen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend macht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), hat keinen Erfolg. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 28. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 30/11, NJW-RR 2012, 189 Rn. 5 und vom 14. November 2013 - AnwZ (Brfg) 65/13, juris Rn. 2 m.w.N.). Daran fehlt es hier.

Der Anwaltsgerichtshof ist davon ausgegangen, dass der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids vom 8. Mai 2013 in Vermögensverfall geraten war. Ein solcher liegt vor, wenn sich der Rechtsanwalt in ungeordneten, schlechten finanziellen Verhältnisse befindet, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und er außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind namentlich die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 4 und vom 13. August 2013 - AnwZ (Brfg) 28/13, juris Rn. 4). Liegen Anzeichen dafür vor, dass der Rechtsanwalt nur wirtschaften kann, indem er neue Schulden auflaufen lässt, und zahlt er seine Schulden über einen gewissen Zeitraum lediglich unter dem Druck des Widerrufs der Zulassung oder von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, kann der Nachweis eines Vermögensverfalls regelmäßig als geführt angesehen werden (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 5. September 2012 - AnwZ (Brfg) 28/12, juris Rn. 5 und vom 13. August 2013, aaO). Diese Voraussetzungen hat der Anwaltsgerichtshof, auf dessen Ausführungen der 2 Senat Bezug nimmt, zu Recht bejaht. Im Hinblick auf die Begründung des Zulassungsantrags ist ergänzend lediglich folgendes anzumerken:

Der Umstand, dass der Kläger unmittelbar vor Erlass des Widerrufsbescheids die Forderung der B. vollständig getilgt hat, ist ungeeignet, die dem zugrundeliegenden Vorgang zukommende Indizwirkung für das Vorliegen eines Vermögensverfalls in Frage zu stellen. Der Kläger hat über einen längeren Zeitraum keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Die B. hat sich daraufhin sogar gezwungen gesehen, einen Insolvenzantrag gegen den Kläger zu stellen. Erst unter dem Druck dieses Verfahrens und des von der Beklagten eingeleiteten Widerrufsverfahrens hat der Kläger - wobei zwischenzeitliche Zahlungszusagen zunächst nicht eingehalten wurden - die Forderung schließlich beglichen.

Der - nicht mit Belegen untermauerte - Hinweis des Klägers, er zahle die den Eheleuten R. für seine Büroräume geschuldete Miete von 581 € und halte darüber hinaus die mit diesen getroffene Ratenzahlungsvereinbarung vom 2. Mai 2013 bezüglich der in der Vergangenheit entstandenen Rückstände durch Zahlung von weiteren 1.500 € pro Monat ein, steht in Widerspruch zu seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof. Dort hat der Kläger erklärt, er könne die Ratenzahlungsvereinbarung nur "teilweise" einhalten, wobei er sich auf Nachfrage nicht dazu in der Lage gesehen hat, die genaue Höhe seiner Schulden anzugeben. Berücksichtigt man die im angefochtenen Urteil angesprochenen Einkommensverhältnisse des Klägers - Nettoeinkünfte von knapp über 700 € zuzüglich einer, zudem ab 1. September 2013 entfallenden Rente über 1.299,58 € - kann der Bewertung des Anwaltsgerichtshofs nur zugestimmt werden, dass der Kläger, um seine Gläubiger und die Beklagte von weiteren Schritten abzuhalten, ohne hinreichende Grundlage Zah-4 lungszusagen erteilt hat, die er dann vorhersehbar nicht einzuhalten vermochte. Im Übrigen stellen bereits der Umstand, dass sich die Eheleute R. im Jahr 2012 wegen erheblicher Zahlungsrückstände gezwungen sahen, das mit dem Kläger über dessen Büroräume geschlossene Mietverhältnis fristlos zu kündigen und gegen diesen einen Räumungstitel zu erwirken, sowie der Umstand, dass die Teilzahlungen vom 24. April und 3. Dezember 2012 im Wege der Pfändung durch die Vermieter erwirkt werden mussten, ein deutliches Indiz für zerrüttete Vermögensverhältnisse dar.

Der Kläger hat seinen vormaligen Mandanten S. über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten 418,41 € Fremdgeld vorenthalten. Hierfür ist ihm von der Beklagten bestandskräftig eine Rüge erteilt worden. Die Auffassung des Klägers, deshalb bestünde für das anhängige Verfahren ein "Verwertungsverbot", ist unverständlich. Dass sich der Kläger - entgegen seiner Verpflichtung und entgegen entsprechenden Zahlungszusagen - nicht in der Lage gesehen hat, den - zudem geringfügigen - Betrag an Fremdgeld auszukehren, vielmehr die Bezahlung erst erfolgte, nachdem seine Mandanten einen anderen Anwalt eingeschaltet hatten, zeigt seine desolaten Vermögensverhältnisse.

Darüber hinaus bestehen - wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend festgestellt hat - Unterhaltsrückstände des Klägers gegenüber seiner Tochter, die inzwischen zu einem familiengerichtlichen Verfahren geführt haben. Der lapidare Hinweis des Klägers, er werde für den Fall seiner rechtskräftigen Verurteilung selbstverständlich zahlen, zeigt ein grundlegendes Fehlverständnis. Berechtigte Forderungen sind bei Fälligkeit sofort zu begleichen. Lässt es ein Rechtsanwalt - wie hier der Kläger - zu einem Klageverfahren kommen, ohne schlüssige Einwendungen gegen die Klagforderung geltend machen zu können, spricht dies - zumal im Kontext der übrigen bereits angesprochenen Umstände - dafür, dass 6 er nicht zahlen kann. Gleiches gilt auch bezüglich der Forderungsangelegenheit D. , in der der Kläger in erster Instanz zur Zahlung von 1.711,23 € nebst Zinsen und Kosten verurteilt worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Tolksdorf Roggenbuck Seiters Martini Quaas Vorinstanz:

AGH Naumburg, Entscheidung vom 20.09.2013 - 1 AGH 2/13 - 8






BGH:
Beschluss v. 08.01.2014
Az: AnwZ (Brfg) 71/13


Link zum Urteil:
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