Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 30. September 2010
Aktenzeichen: 6 U 199/09

(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 30.09.2010, Az.: 6 U 199/09)

1. Die vor Absendung eines Abschlussschreibens zu wahrende Wartefrist beträgt auch nach Erlass eines die Beschlussverfügung bestätigenden Urteils zwei Wochen.2. Durch ein Abschlussschreiben entsteht lediglich die 0,3-Gebühr für ein einfaches Schreiben, wenn das Schreiben keine erneute rechtliche Prüfung erforderte und demzufolge lediglich die für ein Abschlussschreiben üblichen Standardformulierungen enthält.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 15.9.2009 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 333,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 17.1.2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin ¾ und die Beklagte ¼ zu tragen. Von den Kosten der Berufung haben die Klägerin 3/5 und die Beklagte 2/5 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II i.V.m. 313 a I, 1 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten für das Abschlussschreiben vom 3.7.2007 aus §§ 677, 683, 670 BGB (zur Anwendbarkeit dieser Vorschriften vgl. BGH, Urteil vom 4.2.2010 € I ZR 30/08, Tz. 26), jedoch nur in der vom Senat zuerkannten Höhe, zu.

Der Klägerin stand € worüber zwischen den Parteien kein Streit mehr besteht € der mit dem Abschlussschreiben weiterverfolgte Anspruch zu.

Die Hinzuziehung eines Anwaltes für das Abschlussschreiben war erforderlich (vgl. BGH a.a.O., Tz. 23 f.).

Das Abschlussschreiben stellte gebührenrechtlich eine gegenüber der Tätigkeit im vorausgegangenen Eilverfahren eigene Angelegenheit dar (vgl. BGH, Urteil vom 12.3.2009 € IX ZR 10/08, Tz. 8 m.w.N.).

Die Klägerin hat die vor einem Abschlussschreiben zu wahrende Wartefrist eingehalten.

Diese Frist beträgt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. GRUR-RR 2003, 274, 278; GRUR-RR 2003, 294 € jeweils m.w.N.) im Allgemeinen zwei Wochen, beginnend mit dem Zugang der Entscheidung, die für den Schuldner Anlass geben kann, von sich aus zu prüfen, ob eine Abschlusserklärung abgegeben werden soll. Eine Verlängerung dieser Frist ist im vorliegenden Fall nicht deshalb geboten, weil es sich bei dieser Entscheidung nicht um eine Beschlussverfügung, sondern um ein Urteil handelte, mit dem die bereits ergangene Beschlussverfügung bestätigt worden ist.

Jedenfalls im Hinblick darauf, dass die Beklagte bereits anlässlich der Beschlussverfügung die Möglichkeit einer Abschlusserklärung hatte, besteht kein Anlass, ihr nach Erlass des diese Verfügung bestätigenden Urteils eine längere (weitere) Prüfungsfrist als eine solche von zwei Wochen zuzubilligen. Auf die weitere Frage, ob nach Zustellung einer Urteilsverfügung - also eines Urteils, mit dem die einstweilige Verfügung erstmals erlassen wird € die Wartefrist der einmonatigen Berufungsfrist angepasst werden sollte (wofür nach einem obiter dictum in der Entscheidung BGH GRUR 2006, 349, Tz. 19, gute Gründe sprechen sollen), kommt es für die vorliegende Entscheidung nicht an.

Die demnach auch hier geltende Wartefrist von zwei Wochen hat die Klägerin beachtet.

Für das Abschlussschreiben sind allerdings lediglich Kosten in Höhe der Gebühr für ein einfaches Schreiben (0,3-Gebühr nach Nr. 3202 RVG VV) entstanden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. auch hierzu Urteil vom 4.2.2010 € I ZR 30/10; Tz. 31) lässt ein Abschlussschreiben zwar im Allgemeinen eine Geschäftsgebühr (Nr. 2300 RVG VV) entstehen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung keine erneute rechtliche Prüfung erfordert und das Abschlussschreiben demzufolge lediglich Standardformulierungen enthält, wie sie üblicherweise in einem solchen Schreiben vorkommen; dann handelt es sich bei dem Abschlussschreiben um ein einfaches Schreiben im gebührenrechtlichen Sinn (a.a.O., Tz. 32).

Die zuletzt genannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Das Abschlussschreiben vom 3.7.2007 enthielt lediglich die üblichen Standardformulierungen. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass ihr Anwalt etwa ungeachtet dieser verwendeten Formulierungen weitere die Entstehung einer Geschäftsgebühr auslösende Überlegungen angestellt hätte, die lediglich in dem Schreiben vom 3.7.2007 keinen Niederschlag gefunden hätten. Der Senat verkennt nicht, dass der vorliegende Fall anders gelagert ist als der Sachverhalt, der der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde lag. Dort hatte der Verletzer seinen Widerspruch auf Hinweis des Gerichts zurückgenommen, während die Beklagte im vorliegenden Fall eine vergleichbare Bereitschaft, die einstweilige Verfügung auch als abschließende Regelung akzeptieren zu wollen, nicht gezeigt hat. Entscheidend für die Frage, welche Gebühren dem Klägervertreter für das Abschlussschreiben entstanden sind, ist jedoch allein der vom Anwalt im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit tatsächlich geleistete Aufwand. Es ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht konkret dargetan, welche weiteren tatsächlichen oder rechtlichen Fragen vor dem Abschlussschreiben geprüft werden mussten, die zuvor im Eilverfahren noch nicht behandelt € und vom Landgericht zu Gunsten der Klägerin beantwortet € worden waren.

Demnach errechnet sich der der Klägerin zustehende Erstattungsanspruch auf (1.046,- € x 0,3 = 313,80 € zuzüglich 20,- € Auslagenpauschale =) 333,80 €.

Die Klageforderung ist nicht verjährt. Die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 11 UWG, die auch auf den Anspruch auf Erstattung der Kosten für ein Abschlussschreiben Anwendung findet (vgl. € für den insoweit vergleichbaren Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten nach §§ 677, 683, 670 BGB vor Inkrafttreten des § 12 I 2 UWG € BGH GRUR 1992, 176 € Abmahnkostenverjährung), ist am 3.7.2007 mit dem Abschlussschreiben in Lauf gesetzt, jedoch spätestens mit Einreichung des Schriftsatz des Klägervertreters vom 9.11.2007 im Verfahren 2/18 O 272/07 (LG Frankfurt am Main) gehemmt worden (§ 204 I Nr. 1 BGB). Mit diesem Schriftsatz hat die Klägerin ihren Zahlungsanspruch im dortigen Verfahren wahlweise € nämlich neben dem Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Abmahnung - auch auf die Erstattung der Kosten für das Abschlussschreiben vom 3.7.2007 gestützt. Damit ist auch dieser Anspruch rechtshängig geworden. Zwar war die von der Klägerin gewählte Form der alternativen Begründung eines einzigen Zahlungsantrages mit verschiedenen Lebenssachverhalten prozessual unzulässig (vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 68. Aufl., Rdz. 45 zu § 253). Das ändert aber nichts daran, dass der Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Abschlussschreiben zunächst rechtshängig wurde mit der Folge, dass auch die Hemmung der Verjährung eintrat (vgl. Baumbach/Lauterbach a.a.O.). Die Rechtshängigkeit im dortigen Verfahren ist erst entfallen, als die Klägerin während des Berufungsverfahrens (6 U 133/08) im Senatstermin vom 23.7.2009 erklärt hat, den Zahlungsantrag nur noch auf den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zu stützen. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch die vorliegende Klage bereits erhoben, so dass die Verjährung weiterhin gehemmt blieb.

Der zuerkannte Zinsanspruch beruht auf § 291 BGB.

Wegen der weitergehenden Haupt- und Nebenforderungen ist die Klage zu Recht abgewiesen worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 II ZPO) sind nicht erfüllt.






OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 30.09.2010
Az: 6 U 199/09


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