Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Oktober 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 174/00

(BPatG: Beschluss v. 04.10.2000, Az.: 32 W (pat) 174/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 4. Oktober 2000, Aktenzeichen 32 W (pat) 174/00, auf die Beschwerde der Anmelderin die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 vom 28. September 1998 und 24. Februar 2000 aufgehoben. Die Markenstelle hatte die Eintragung der angemeldeten Marke mit der Begründung abgelehnt, dass sie keine Unterscheidungskraft besitze und dass eine freihaltungsbedürftige Verwendung vorliege. Die Anmelderin hat daraufhin Beschwerde eingelegt und das Bundespatentgericht hat die Beschwerde für zulässig und begründet erklärt. Das Gericht stellte fest, dass die angemeldete Marke zwar möglicherweise schutzunfähige Bestandteile enthalte, aber die Kombination dieser Elemente eine schutzfähige Gesamtheit bilde. Die Markenstelle konnte auch kein Freihaltungsbedürfnis nachweisen. Daher wurden die angefochtenen Beschlüsse aufgehoben.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 04.10.2000, Az: 32 W (pat) 174/00


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 am 28. September 1998 und 24. Februar 2000 aufgehoben, soweit der angemeldeten Marke die Eintragung versagt worden ist.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die nachfolgende Markesiehe Abb. 1 am Endefür die aus der Anlage ersichtlichen Waren und Dienstleistungen zur Eintragung als Marke angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 30 hat die Anmeldung mit Beschluß vom 28. September 1998 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes wegen fehlender Unterscheidungskraft und bestehenden Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen. Zur Begründung wird auf das Ergebnis einer Recherche im Internet Bezug genommen, aus der sich ergebe, daß die Bezeichnung "food factory" als das englische Synonym für "Nahrungsmittelfabrik, Lebensmittelfabrik" beschreibend verwendet werde. Auch die weiteren Bestandteile "Sandwiches & more" seien glatt beschreibend. Die graphische Gestaltung sei werbeüblich und könne die Schutzfähigkeit nicht begründen.

Die hiergegen gerichtete Erinnerung hat die Markenstelle - besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes - durch Beschluß vom 24. Februar 2000 wegen fehlender Unterscheidungskraft - bis auf Bekleidung - zurückgewiesen. Auch der Erinnerungsprüfer geht davon aus, daß die Wortbestandteile schutzunfähig seien. Der Bildbestandteil wirke als einfache Hintergrundgestaltung, so daß ein phantasievoller Gesamteindruck nicht gegeben sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem (sinngemäßen) Antrag, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben, soweit der Anmeldung die Eintragung versagt worden ist.

Eine Begründung hat sie nicht zu der Akte gereicht.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (§ 66 Abs 1, 2 und 5 MarkenG) und in der Sache auch begründet, da § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG der Eintragung der angemeldeten Marke nicht entgegenstehen.

Der angemeldeten Marke fehlt nicht die zur Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Danach ist Unterscheidungskraft die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, so daß jede noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden (Amtliche Begründung zum Regierungsentwurf, BlPMZ 1994, Sonderheft S 64). Der Verkehr nimmt ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so auf, wie es ihm entgegentritt und unterzieht es keiner analysierenden Betrachtungsweise.

Für die vorliegende Entscheidung kann letztlich dahinstehen, ob die Wortbestandteile schutzunfähig sind, was die Markenstelle allerdings mit eingehender Begründung belegt hat. Denn die angemeldete Kombination in ihrer Gesamtheit ist schutzfähig. Die größenmäßige Hervorhebung des jeweiligen Anfangsbuchstabens "f" von "food factory", der darunter befindliche Hinweis auf die Waren "Sandwiches & more" und die Umrahmung bilden eine Gesamtheit, die den Charakter der (eventuell) schutzunfähigen Einzelelemente aufhebt (vgl BPatGE 33, 167, 169 "KAMILL"). Die Kombination vermittelt einen übergreifenden - noch - phantasievollen Gesamteindruck, der über die bloße Aneinanderreihung der Einzelbestandteile hinausgeht. Mag die graphische Gestaltung der Wortelemente ebenso wie die Umrahmung für sich gesehen in der Werbung nicht ungewöhnlich sein, ist doch zu berücksichtigen, daß gerade durch die Umrahmung, wie sie üblicherweise bei Marken verwendet wird, optisch der Gedanke an ein Betriebskennzeichen nahegelegt ist (vgl Beschluß des 29. Senats vom 11. September 1991 - 29 W (pat) 143/89 - "ABRIL"). Demgemäß kann der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit, auf die sich der Schutzbereich grundsätzlich beschränkt (BGH GRUR 1989, 425, 427 f "Herzsymbol"; 1991, 137 "NEW MAN") die Unterscheidungskraft, nicht abgesprochen werden.

Darüber hinaus besteht an der angemeldeten Marke kein Freihaltungsbedürfnis im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die Mitbewerber des Anmelders gerade die beanspruchte Marke in ihrer konkreten Gestaltung zur beschreibenden Verwendung benötigen. Bei Kombinationszeichen erhöhen sich die mannigfaltigen Möglichkeiten unterschiedlicher Darstellungen durch die zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten zwischen Wort und Bild, so daß bei einer Gesamtdarstellung aus Bild und beschreibendem Wortbestandteil grundsätzlich ein Freihaltungsbedürfnis zu verneinen ist (BPatGE 33, 170 "KAMILL"). Da sich in der Regel der Schutzbereich auf die durch die Anmeldung beanspruchte Verwendungsform beschränkt, werden Mitbewerber durch die Eintragung nicht behindert (vgl BPatG GRUR 1992, 607, 608 f "FLEUR CHARME").

Nach alledem waren die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Fuchs-Wissemann Sekretaruk Klantebr/E.

Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/32W(pat)174-00.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 04.10.2000
Az: 32 W (pat) 174/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/3e4410dbcf30/BPatG_Beschluss_vom_4-Oktober-2000_Az_32-W-pat-174-00




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