Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. März 2002
Aktenzeichen: 30 W (pat) 204/01

(BPatG: Beschluss v. 11.03.2002, Az.: 30 W (pat) 204/01)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. September 2001 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung bezüglich der Waren "Wissenschaftliche, Schiffahrts-, Vermessungs-, elektrische, photographische, Film-, optische, Wäge-, Meß-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen; Feuerlöschgeräte; Geräte zur Datenrettung an optischen oder magnetischen Speichermedien" zurückgewiesen worden ist.

Die weitergehende Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister ist angemeldet die Bezeichnung ROSINENPICKER für die Waren und Dienstleistungen:

"Wissenschaftliche, Schiffahrts-, Vermessungs-, elektrische, photographische, Film-, optische, Wäge-, Meß-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer sowie deren Teile; Computerterminals; Mobiltelefongeräte; Feuerlöschgeräte; tragbare Geräte, die automatisch erfaßte oder vom Benutzer eingegebene Informationen selektieren; Geräte zur Datenrettung an optischen oder magnetischen Speichermedien; Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Aufarbeiten, Anbieten und Vermitteln von statistischen Daten, Telefonverzeichnisinformationen, Handelsinformationen und Beratung, Geschäftsinformationen, insbesondere Daten für Marketing und Demographie; Dienstleistung der Käuferunterstützung bei Kaufentscheidungen; Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Maklertätigkeiten; Makeln von Informationen; Makeln von Dienstleistungen, insbesondere von Bank-, Immobilien- und Versicherungsgeschäften; Makeln von Waren; Anbieten von Finanzinformationen auf elektronischem Wege und am Telefon; Bauwesen; Reparaturwesen; Installationsarbeiten; Datenrettung und Fernwartung bei Datenverarbeitungssystemen; Dienstleistung des zusammenbringens von Mietern und Vermietern von Bauwerkzeugen oder Baumaterial; Telekommunikation; Austausch von Nachrichten mit Dienstleistern; Zusammenschalten von Anbietern und Nachfragern in Computernetzen, insbesondere im Internet, und am Telefon; Anbieten von Zugang zu weltweit erreichbaren Computersystemen; Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen; Dienstleistung des Erteilens von Auskünften über Reisen oder die Beförderung von Waren, jeweils bezüglich der Tarife, Fahrpläne und Beförderungsarten; Dienstleistung des Erteilens von Auskünften über Lagermöglichkeiten; Dienstleistung des Erteilens von Verkehrsmeldungen, insbesondere Stauwarnungen, an Transportunternehmer; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Verschaffen von Überblick im Markt- und Meinungsspektrum; Dienstleistung des Präsentierens von vorbereiteten Kurzberichten über Sport und andere Kulturaktivitäten, insbesondere elektronisch und über das Telefon; Aus- und Weiterbildung hinsichtlich Recherchetechniken; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin und der Landwirtschaft; Rechtsberatung und -vertretung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Datenrettung an optischen oder magnetischen Speichermedien; Vermittlung von Reservierungsmöglichkeiten von Hotelzimmern durch Dritte, insbesondere Reisebüros und Makler; Dienstleistungen des Suchens, Sammelns, Strukturierens, Bewertens und Weiterveräußerns von Informationen, insbesondere Data Mining, Information Brokering; Dienstleistung des Vermittelns von allgemeinen oder örtlichen, persönlich ermittelten oder datenbanken entnommenen Nachrichten, insbesondere per Telefon im Fest- oder Mobilnetz oder per Computernetzwerk; Verbreitung von Informationen, insbesondere aus Datenbanken, über Wetterdaten, Aktienkurse, regionale Hotelangebote, regionale Handelsangebote oder regionale Dienstleistungsangebote, jeweils insbesondere mittels mobiler Kommunikationsgeräte wie Mobiltelefon und anderer Funkgeräte; Kontaktvermittlung, insbesondere zum Zwecke von Gelegenheitsverkäufen und -Ankäufen, insbesondere mittels mobiler Kommunikationsgeräte wie Mobiltelefon und anderer Funkgeräte; Verbreitung von Informationen an Verbraucher zu Themen des öffentlichen Lebens, insbesondere aus den Bereichen Mode, Gesundheit, Gesundheitswesen, Medizin und Wetter, jeweils insbesondere mittels leitungsgebundener Endgeräte wie Telefon und Computer oder mittels mobiler Endgeräte wie Mobiltelefonen und anderer Funkgeräte; Vermieten, Verleasen, Aufstellen und Warten von Datenverarbeitungssystemen für Dritte aufgrund besonderer vertraglicher Vereinbarungen; Vermieten, Erstellen und Warten von Datenverarbeitungsprogrammen und Datenbanken für Dritte aufgrund besonderer vertraglicher Vereinbarungen."

Die Markenstelle für Klasse 9 des Patentamts hat die angemeldete Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses beanstandet, weil sie für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende Angabe darstelle, die -im Sinne von "Individuum, das nur das Erfolgversprechende bevorzugt" - lediglich darauf hinweise, daß es sich bei den so bezeichneten Waren und Dienstleistungen um das Beste auf dem Markt handele. Die Markenstelle für Klasse 9 hat demgemäß durch Beschluß die Anmeldung zurückgewiesen. Begründend ist auf die Beanstandung Bezug genommen.

Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt. Eine Begründung ist nicht zu den Akten gelangt.

Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen.

Ergänzend wird auf die dem Anmelder vom Senat übersandten Verwendungsbeispiele des Wortes "Rosinenpicker" Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist hinsichtlich der beanspruchten Waren in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen insoweit die absoluten Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen. Im übrigen ist die Beschwerde unbegründet; die angemeldete Marke ist hierfür nach den Vorschriften des Markengesetzes von der Eintragung ausgeschlossen; sie ist eine beschreibende, freihaltebedürftige Angabe sowie ohne Unterscheidungskraft.

Das Wort "Rosinenpicker" bezeichnet wörtlich eine Person, die sich die Rosinen aus dem Kuchen pickt und weist umgangssprachlich auf jemanden hin, der sich von etwas das Beste aussucht (vgl Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl S 1324; Küpper, Illustriertes Lexikon der deutschen Umgangssprache in 8 Bänden, Bd 6, S 2336). Wie die dem Anmelder übersandten Beispiele belegen, wird das Wort "Rosinenpicker" in diesem Sinn, nämlich als Hinweis auf Personen oder Unternehmen, die (sich) das Beste aussuchen, vielfältig eingesetzt. So wird im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung vom 11. März 2000 auf S 25 in Zusammenhang mit Banken, die die wenig Gewinn bringenden- Kleinkunden "entsorgen" und sich auf vermögende Kunden konzentrieren, darüber geschrieben, "dass der neue Typ der Universalbank ein Rosinenpicker ist". In einem Artikel über Stadtnetzbetreiber (SZ vom 7. Oktober 1999, S V2/8) werden auf Geschäftskunden spezialisierte Anbieter als "Rosinenpicker" bezeichnet. In einem Artikel über Versicherungsunternehmen in Europa wird die Meinung vertreten, daß die hohe Profitabilität und die Wachstumschancen der Märkte die "Rosinenpicker" anlocken werden (SZ vom 30. September 1999, Wirtschaft S 27). Eine Information über den "Tarifdschungel" bei Telefongebühren bezeichnet Kunden, die mit einem Anbieter zusammenarbeiten, der den besten Preis vermittelt, als "Rosinenpicker".

1. Aus diesen tatsächlichen Feststellungen folgt zunächst, daß der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht. Insoweit reduziert sich "Rosinenpicker" auf eine beschreibende, freihaltebedürftige Angabe. Diese vermittelt schlagwortartig eine wichtige, den möglichen Inhalt der im einzelnen angegebenen Dienstleistungen unmittelbar betreffende Sachinformation - zB das Aussuchen der profitabelsten Kunden oder Abnehmer, Objekte, Produkte oder Angebote - (vgl BGH MarkenR 2001, 2001, 363, 365 - REICH UND SCHOEN; MarkenR 2001, 368, 370 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).

Das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG besteht darüber hinaus bezüglich der Waren "Datenverarbeitungsgeräte und Computer sowie deren Teile; Computerterminals; Mobiltelefongeräte; tragbare Geräte, die automatisch erfaßte oder vom Benutzer eingegebene Informationen selektieren". Die angemeldete Bezeichnung stellt insoweit eine Angabe über Art und Bestimmung der Waren in dem Sinn dar, daß sie das Beste selektieren können oder als Teile für solche Produkte bestimmt sind.

Insoweit fehlt der angemeldeten Bezeichnung auch die Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Bei der Beurteilung ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (ständige Rechtsprechung zB BGH WRP 2001, 1445 - INDIVIDUELLE). Die Unterscheidungskraft kann zum einen entfallen, wenn die Wortmarke einen für die fraglichen Waren bzw Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt hat. Davon ist hier auszugehen; daß "Rosinenpicker" in Bezug auf die genannten Waren und Dienstleistungen eine konkrete Sachangabe enthält, wurde bereits bei der Prüfung des Freihaltebedürfnisses festgestellt. Unter diesen Umständen werden die angesprochenen Verkehrskreise in der angemeldeten Bezeichnung insoweit auch nur einen Sachhinweis und keinen Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb sehen. Damit konnte die Beschwerde insoweit keinen Erfolg haben.

2. An der angemeldeten Marke besteht jedoch für die Waren "Wissenschaftliche, Schiffahrts-, Vermessungs-, elektrische, photographische, Film-, optische, Wäge-, Meß-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und Instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen; Feuerlöschgeräte; Geräte zur Datenrettung an optischen oder magnetischen Speichermedien" kein Freihaltebedürfnis iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG; es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß die Marke für diese Waren als konkrete unmittelbare Angabe über wesentliche Eigenschaften der unter dieser Marke angebotenen Waren dienen könnte und deswegen für die Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden müßte. Es läßt sich insoweit nicht feststellen, daß diese Waren unmittelbar im Zusammenhang mit dem Aussuchen des Besten stehen und schlagwortartig mit dem Markenwort "Rosinenpicker" beschrieben werden könnten.

Da die angemeldete Marke insoweit keine konkrete Sachangabe enthält, kann ihr in diesem Umfang auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Es sind auch keine anderen Umstände erkennbar, die gegen ihre Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion sprechen.

Winter Schramm Voitprö






BPatG:
Beschluss v. 11.03.2002
Az: 30 W (pat) 204/01


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