Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Februar 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 12/06

(BPatG: Beschluss v. 14.02.2007, Az.: 26 W (pat) 12/06)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Für die Dienstleistungen Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung; Geldgeschäfte, Immobilienwesen; Bauwesen, Reparaturwesen, Installationsarbeitenist die Wortmarke 304 46 857.6 Massivhaus Bodenseeangemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Wortfolge sei eine freihaltebedürftige Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, der auch jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Sie bestehe aus dem Gattungsbegriff "Massivhaus" und der geografischen Angabe "Bodensee". "Massivhaus" sei die Bezeichnung für ein in herkömmlicher Bautechnik hergestelltes Haus. Als "Bodensee" werde nicht nur der See selbst bezeichnet, sondern auch sein Umland, was sich auch aus diversen Internet-Fundstellen ergebe. Beide Begriffe seien in völlig sprachüblicher Art und Weise miteinander kombiniert. Der unmittelbar beschreibende Bezug sei nicht nur in Verbindung mit den Dienstleistungen "Bau-, Reparatur- und Installationswesen" gegeben, sondern auch mit "Geschäftsführungs- und Unternehmensverwaltungsdienste, Geldgeschäfte und Immobilienwesen". Diese Dienstleistungen würden häufig zur Kundenbindung, Förderung und Erleichterung des Kerngeschäfts angeboten und könnten die Finanzierung, Verwaltung und Instandhaltung der Massivhäuser in der Region Bodensee zum Gegenstand haben.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie vertritt die Auffassung, der Begriff "Massivhaus" sei nicht eindeutig definiert (z. B. durch DIN-Vorschriften); aus der im Zurückweisungsbeschluss zitierten Fundstelle bei "Duden" ergebe sich nur der Begriff der "Massivbauweise". Im Übrigen ergebe sich aus den von der Markenstelle zitierten Internet-Fundstellen nur eine positive Konnotation des Begriffs. Mit der Bezeichnung "Bodensee" sei nur das Gewässer gemeint. Es sei davon auszugehen, dass die Uferregion in verschiedene Bezirke untergliedert sei wie z. B. Thurgau, Vorarlberg etc. Jedenfalls sei die Kombination der beiden Begriffe schutzfähig. Die Dienstleistungen zur Errichtung der Massivhäuser müssten nicht notwendigerweise aus der Region Bodensee stammen. Außerdem sei die Anmeldung zumindest für die Dienstleistungen, die nichts mit Baugeschäften zu tun hätten, schutzfähig. In der Entscheidung "Cloppenburg" habe das EuG festgestellt, dass eine Schutzfähigkeit für Dienstleistungen der Klasse 35 gegeben sei, weil die Stadt Cloppenburg allenfalls mittleren Bekanntheitsgrad habe und nicht mit den betreffenden Dienstleistungen in Verbindung gebracht werde.

II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die angemeldete Marke "Massivhaus Bodensee" weist keinerlei Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf.

Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2005, 258, 259 - Roximycin). Insbesondere ist die Unterscheidungskraft einer Marke zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 74 m. w. N.).

Der Bestandteil "Massivhaus" stellt eine glatt beschreibende Beschaffenheitsangabe dar. Wie sich auch aus der Internet-Recherche der Markenstelle ergibt, bezeichnet der Begriff "Massivhaus" einen bestimmten Bautyp von Häusern, die in herkömmlicher Bautechnik aus Mauerwerk, Natur- oder Kunststein oder Beton von zahlreichen Anbietern errichtet werden (vgl. z. B. die von der Markenstelle beigefügte Website "Das Massivhaus vom Spezialisten im Rheinland" unter www.profuturemassivhaus.de). Demgegenüber stehen sog. Fertighäuser, die aus vorgefertigten Bauelementen montiert werden, vgl. den von der Markenstelle recherchierten Vergleich zwischen Massiv- und Fertighaus unter www.mdr.de/ratgeber..., der die Unterschiede zwischen beiden Bauformen unter Verwendung der entsprechenden Begriffe erläutert. Es ist davon auszugehen, dass den angesprochenen Verkehrskreisen der beschreibende Bedeutungsgehalt von "Massivhaus" als feststehende Bauform auch ohne Weiteres geläufig ist. Dass sich die von der Markenstelle zitierte Fundstelle im "Duden" bzw. im "Lexikon Bautechnik" auf den Begriff "Massivbauweise" und nicht explizit auf "Massivhaus" bezieht, fällt angesichts der übrigen Verwendungsbeispiele nicht mehr ins Gewicht. Einer Definition per DIN-Norm - wie sie die Anmelderin erforderlich hält - bedarf es für die Annahme eines beschreibenden Sinngehalts nicht.

Bei dem weiteren Bestandteil "Bodensee" handelt es sich um eine klar beschreibende geografische Herkunftsangabe. Namen von Flüssen und Seen oder Bergen, die selbst nicht als notwendige Herkunftsangaben anzusehen sind, können als beschreibende Herkunftsangaben zu bewerten sein, wenn sie zugleich die angrenzenden Gebiete, Regionen oder Landschaften hinreichend deutlich bezeichnen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 228 m. w. N; EuGH GRUR 1999, 723, 726 - Chiemsee). Wie sich aus den von der Markenstelle beigefügten Recherchen ergibt, bezeichnet "Bodensee" nicht nur den See als solchen, sondern eine ganze geografische Region. Zwar mag die Uferregion des Bodensees in verschiedene Einzelgebiete untergliedert sein wie z. B. Allgäu, Vorarlberg, Thurgau, die die einzelnen Abschnitte in diesem Gebiet geografisch genauer bezeichnen. Da diese Regionen aber alle im geografischen Gebiet rund um den Bodensee anzusiedeln sind, ist die übergreifende Bezeichnung "Bodensee" trotzdem für einen bestimmten (dann entsprechend größeren und weitläufigeren) geografischen Raum - nicht zuletzt auch als beliebtes Feriengebiet - breiten Verkehrskreisen geläufig und üblich.

Auch in ihrer Gesamtheit erscheint die angemeldete Marke nicht schutzfähig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, denn sie geht nicht über die Zusammenfügung der beschreibenden Elemente hinaus, sondern erschöpft sich vielmehr in deren Summenwirkung (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor; GRUR 2004, 680,681 - BIOMILD; GRUR Int. 2005, 1012, 1024 - BioID). Die angemeldete Marke "Massivhaus Bodensee" enthält die lediglich beschreibende Gesamtaussage, dass sich die angebotenen Dienstleistungen auf die Errichtung von Massivhäusern in der Bodensee-Region beziehen bzw. in dieser Region (u. U. von einer dort ansässigen Firma, wobei dies aber nicht zwingende Voraussetzung ist) angeboten und durchgeführt werden.

Aufgrund des somit im Vordergrund stehenden Sinngehalts der Wortfolge "Massivhaus Bodensee" werden die angesprochenen Verkehrskreise in der angemeldeten, sprachüblich gebildeten Wortfolge keinen betriebskennzeichnenden Hinweis erkennen, zumal sich dieser Begriffsgehalt unmittelbar erschließt und keinen Raum für eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit lässt.

Die von der Anmelderin zitierte Entscheidung "Cloppenburg" des EuG (vgl. GRUR Int. 2006, 47) vermag schon deshalb keine andere Betrachtungsweise zu rechtfertigen, da der Bodensee - im Gegensatz zu der Stadt Cloppenburg - große Bekanntheit im In- und Ausland genießt, nicht zuletzt als sehr bekannte Ferienregion.

Entgegen der Auffassung der Anmelderin trifft der beschreibende Begriffsgehalt auf alle angebotenen Dienstleistungen zu. Es ist - wie die Markenstelle bereits dargelegt hat - ein zunehmender Trend feststellbar, wonach Anbieter komplette Dienstleistungspakete "Rund ums Bauen" offerieren (vgl. z. B. unter www.schwaebischehauskonzepte.de/...: "...Unser Angebot umfasst die komplette Dienstleistung "Rund ums Bauen....""). Diese erstrecken sich neben den "klassischen" Bau-, Reparatur- und Installationsarbeiten etwa auch auf Grundstücksangebote, die Baufinanzierung, benötigte Versicherungen, Unterstützung bei Behördengängen oder Beantragung finanzieller Mittel. Demnach fallen die Dienstleistungen "Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung; Geldgeschäfte, Immobilienwesen" der vorliegenden Anmeldung ohne Weiteres unter typische Zusatzleistungen eines Baudienstleisters. Die Argumentation der Anmelderin, die betreffenden Dienstleistungen in Bezug auf "Massivhäuser" müssten nicht notwendigerweise aus der Bodensee-Region stammen, führt zu keiner anderen Beurteilung, denn das Dienstleistungsverzeichnis umfasst zwangsläufig auch die Dienstleistungen für diese Region.

Im Ergebnis kann daher dahinstehen, ob für die angemeldete Marke auch ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bejahen ist.






BPatG:
Beschluss v. 14.02.2007
Az: 26 W (pat) 12/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/3de32d7952a4/BPatG_Beschluss_vom_14-Februar-2007_Az_26-W-pat-12-06




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share