Landgericht Essen:
Beschluss vom 4. Juli 2014
Aktenzeichen: 45 O 49/13

(LG Essen: Beschluss v. 04.07.2014, Az.: 45 O 49/13)

Tenor

Die Antragsgegnerin trägt die Verfahrenskosten einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

Der Verfahrenswert wird auf 5000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist ehemaliger Alleingesellschafter der Antragsgegnerin. Mit notariellem Kaufund Übertragungsvertrag vom 28.11.2011 veräußerte er seine Geschäftsanteile (Nr. 1 im Nennbetrag von 13.000 EUR und Nr. 2 im Nennbetrag von ebenfalls 13.000 EUR) an die E AG. Der Kaufpreis für jeden Geschäftsanteil betrug 300.000 EUR. Die Übertragung der Geschäftsanteile war aufschiebend bedingt durch die vollständige Zahlung des jeweiligen Kaufpreises an den Antragsteller. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zu den Akten gereichten notariellen Vertrag (Bl. 121 ff. der Akten) Bezug genommen.

Im Januar 2013 wurde der Vorstand der E AG, Herr C, zum Geschäftsführer der Antragsgegnerin bestellt. Mit Schreiben vom 12.8.2013 beantragte der Antragsteller die Einberufung einer Gesellschafterversammlung. Diese fand am 23.10.2013 statt. Es wurde ein Beschluss dahingehend gefasst, dass Einsicht in die Konten der Antragsgegnerin sowie in die BWAs, Bilanzen und Steuerbescheide quartalsweise stattfindet. Belege sollten auf Anforderung zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen der Gesellschafterversammlung erhielt der Antragsteller daraufhin Bucheinsicht und von ihm aufgeworfene Fragen wurden mündlich von Herrn C beantwortet.

Da der Antragsteller weiteren Informationsbedarf sah, richtete er mit anwaltlichem Schreiben vom 5.11.2013 ein Auskunfts- und Einsichtsgesuch an die Antragsgegnerin. Wegen der Einzelheiten wird auf das vorgenannte Schreiben (Bl. 138-141 der Akten) Bezug genommen. Der Geschäftsführer der Antragsgegnerin antwortete mit Schreiben vom 15.11.2013 und teilte mit, dass eine Bearbeitung aufgrund Arbeitsüberlastung kurzfristig nicht möglich sei. Daraufhin setzte der Antragsteller mit Schreiben vom 18.11.2013 eine Frist zur Erteilung der begehrten Auskünfte bis zum 19.11.2013 und bat um Bestätigung der Termine zur Bucheinsicht zwischen dem 2. und 5. Dezember 2013. Der Geschäftsführer der Antragsgegnerin bekräftigte mit E-Mail vom 18.11.2013, dass er derzeit überlastet sei.

Am 21.11.2013 hat der Antragsteller daraufhin einen Antrag nach § 51 b GmbHG bei Gericht eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 21.11.2013 (Bl. 88-94 der Akten) Bezug genommen.

Am 7.1.2014 fand erneut eine Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin statt, in deren Rahmen der Geschäftsführer dem Antragsteller mündlich Auskunft erteilte und eine schriftliche Beantwortung der Fragen ankündigte. Zudem wurde dem Antragsteller Bucheinsicht gewährt, allerdings begrenzt auf einen Zeitraum von 1 Stunde. Kopien von den eingesehenen Unterlagen durfte er nicht fertigen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.1.2014 beantragte der Antragsteller die Beantwortung ergänzender Fragen. Wegen der Einzelheiten wird auf den vorgenannten Schriftsatz (Bl. 201-204 der Akten) Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 20.1.2014 erteilte die Antragsgegnerin schriftliche Auskunft zu den Fragen gemäß Schriftsatz vom 21. November 2013. Der Antragsteller forderte diese mit anwaltlichem Schreiben vom 25.2.2014 zur Erteilung weiterer Auskünfte und zur Bucheinsicht betreffend Vorgänge nach dem 7.1.2014 auf. Wegen der Einzelheiten wird auf den vorgenannten Schriftsatz (Bl. 206-208 der Akten) Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 11.4.2014 hat der Antragsteller die Auskunftsansprüche aus dem Schriftsatz vom 31.11.2013 für erledigt erklärt und den Antrag im Übrigen um einen weiteren Auskunftsanspruch erweitert. Den Antrag auf Grundbucheinsicht hat er dahingehend modifiziert, dass Einsicht in sämtliche Bücher und Schriften der Gesellschaft zu gewähren ist, insbesondere soweit sie Vorgänge betreffen, die nach dem 7. Januar 2014 liegen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 11.4.2013 (Bl. 193-195) Bezug genommen.

Nachdem am 17.4.2014 die zweite Kaufpreisrate laut notariellem Anteilskaufvertrag gezahlt worden war und der Antragsteller infolgedessen als Gesellschafter der Antragsgegnerin ausgeschieden ist, haben die Parteien das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

II.

Das Verfahren nach § 51 b GmbH-Gesetz ist aufgrund der übereinstimmenden Erklärung der Parteien erledigt (vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbhG, 20. Aufl, § 51 b Rn. 10). Insoweit war gemäß §§ 51 Buchst. b, 132 Abs. 5 S. 7 AktG, 81 Abs. 1 FamFG nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsgegnerin die Verfahrenskosten einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers trägt. Denn dessen Auskunftsund Einsichtsgesuch war begründet, bis sich das Verfahren durch die nach dessen Einleitung erteilten Auskünfte sowie den Verlust der Gesellschafterstellung des Antragstellers erledigt hat.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller vorgerichtlich zu Unrecht die von ihm verlangten Informationen nicht unverzüglich - wie es das Gesetz vorsieht - vermittelt.

1.

Die Auskunftsansprüche gemäß Schriftsatz vom 21. November 2013 und Schriftsatz vom 11.4.2014 waren gemäß § 51 a Abs. 1 GmbHG begründet. Gegenstand des Auskunftsrechts sind die Angelegenheiten der Gesellschaft, d.h. alles, was mit ihrer Geschäftsführung, ihren wirtschaftlichen Verhältnissen, ihren Beziehungen zu Dritten und den innergesellschaftlichen Rechtsbeziehungen zusammenhängt (Zöllner in Baumbach/Hueck, a.a.O., § 51 a Rn. 11). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes betrafen die von dem Antragsteller begehrten Auskünfte die Angelegenheiten der Gesellschaft. Der Auskunftsanspruch ist umfassend und darf grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 51 a Abs. 2 GmbHG verweigert werden. Diese sind von der Antragsgegnerin nicht dargelegt. Im Übrigen findet das Informationsrecht des Gesellschafters seine Grenze in einer nicht zweckentsprechenden Wahrnehmung (BGH NJW 1997, 1985). Umstände, die darauf hindeuten, dass der Antragsteller sein Informationsrecht zweckwidrig ausgeübt hat, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Der pauschale Vortrag der Antragsgegnerin, es sei dem Antragsteller nicht um die Wahrnehmung von Gesellschafterrechten, sondern allein darum gegangen, ihren Geschäftsführer und gleichzeitig Vorstand der E AG zu schikanieren und von seiner Kernarbeit abzuhalten, ist nicht durch Tatsachen belegt. Allein der Umstand, dass zwischen dem Antragsteller und der E AG Streit um den Vollzug des notariellen Kaufund Übertragungsvertrages bestand, bedeutet nicht, dass das vorliegende Verfahren aus sachfremden Erwägungen eingeleitet wurde. Der Antragsteller hat vielmehr ein berechtigtes Interesse an der Auskunftserteilung dargelegt. Insoweit wird auf die Seiten 16-19 des Schriftsatzes vom 21.11.2013 (Bl. 103-105 der Akten) Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat die begehrten Auskünfte auch nicht bereits vor der gerichtlichen Geltendmachung durch den Antragsteller erteilt. Auf die vorgerichtliche Bitte um Auskunft und Einsicht vom 5.11.2013 hat der Geschäftsführer der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 15.11.2013 geantwortet, eine Bearbeitung sei aufgrund Überlastung derzeit nicht möglich. Auf die daraufhin erfolgte Fristsetzung zum 19.11.2013 hat er mitgeteilt, er habe das Schreiben noch gar nicht gelesen. Letztlich wurde erstmals am 7.1.2014 mündlich zu den aufgeworfenen Fragen Stellung genommen. Auch die mit Schriftsatz vom 25.2.2014 begehrten Auskünfte wurden vor Einreichung des Schriftsatzes vom 11.4.2014 nicht erteilt.

2.

Der Anspruch auf Bucheinsicht war ebenfalls gemäß § 51 a Abs. 1 GmbHG begründet. Danach ist "Einsicht in die Bücher und Schriften" zu gestatten. Das sind - unter Einschluss der technischen Substrate - alle geschriebenen Geschäftsunterlagen, zu denen sowohl alle internen Papiere und die gesamte Geschäftskorrespondenz als auch die Buchungsbelege zählen (BGH a.a.O.). Die Antragsgegnerin kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass die Unterlagen nur an ihrem Geschäftssitz einzusehen seien. Denn sie war von dem Antragsteller vorgerichtlich konkret aufgefordert worden, einen Termin zur Bucheinsicht in ihren Räumen zu bestätigen, ohne dass sie diesem Verlangen vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens nachgekommen wäre. Das Einsichtsrecht des Antragstellers ist auch nicht wirksam aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 23.10.2013 auf eine quartalsweise Ausübung beschränkt worden. Denn das Rcht gemäß § 51 a Abs. 1 GmbHG darf nicht eingeschränkt werden (§ 51 a Abs. 3 GmbHG). Zwar ist es möglich, dass Regelungen über das Verfahren des Informationsverlangens und der Informationserteilung einschließlich der Form des Verlangens und der Erteilung getroffen werden, jedoch dürfen sich diese nicht als materiell den Informationsanspruch beschränkend auswirken (Zöllner in Baumbach/Hueck, a.a.O., § 51 a Rn. 3). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist es nicht zulässig, die Gesellschafter auf eine lediglich quartalsweise Einsichtnahme zu beschränken (ähnlich BayObLG GmbHR 1989, 201 betreffend die Beschränkung auf 1 Stunde im Monat).

3.

Gemäß § 132 Abs. 3 S. 2 AktG findet eine Beschwerde gegen diesen Beschluss nur statt, wenn das Landgericht sie zugelassen hat. Hierfür besteht, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, keine Veranlassung.

4.

Der Geschäftswert wurde gemäß § 30 Abs. 2 KostO festgesetzt.






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Az: 45 O 49/13


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