Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Juli 2001
Aktenzeichen: 10 W (pat) 706/01

(BPatG: Beschluss v. 30.07.2001, Az.: 10 W (pat) 706/01)

Tenor

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Anmelderin beantragte am 5. Januar 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt Musterschutz für "Aufklapppuppen". Gleichzeitig beantragte sie die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung eines Vertreters für das Verfahren vor dem Patentamt (Musterregister).

Durch Beschluß vom 16. Januar 2001 hat das Musterregister Verfahrenskostenhilfe bewilligt, jedoch den Antrag auf Beiordnung eines Vertreters zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die Verfahrenskostenhilfe umfasse nicht die Kosten für die anwaltliche Vertretung. Das Deutsche Patent- und Markenamt habe Anmelder in einfachen Fällen zu unterstützen; deshalb sei die Beiordnung eines Vertreters nur ausnahmsweise bei besonderer Schwierigkeit des Falles gerechtfertigt. Dies sei hier offensichtlich nicht der Fall, da eine Geschmacksmusteranmeldung üblicher Art und Weise vorliege.

Mit der Beschwerde begehrt die Anmelderin, die nach eigenen Angaben über keine Kenntnisse des Patentrechts verfügt, weiterhin die Beiordnung eines fachkundigen Vertreters.

II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Musterregister des Deutschen Patent- und Markenamtes hat zu Recht die Beiordnung eines Vertreters abgelehnt.

Nach § 10b Geschmacksmustergesetz (GeschmMG) in Verbindung mit § 133 Satz 1 Patentgesetz (PatG) ist dem Anmelder ein Vertreter, also ein Patent- oder Rechtsanwalt, beizuordnen, wenn die Vertretung zur sachdienlichen Erledigung des Verfahrens erforderlich erscheint. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der bedürftige Beteiligte im Verfahren tatsächlich nicht in der Lage ist, dessen Gang und Inhalt zu beeinflussen (vgl OLG Nürnberg NJW 80, 1054 zum FGG-Verfahren). Dabei kommt es auf Umfang, Bedeutung und Schwierigkeit des Einzelfalles und auf die Person des Beteiligten an, insbesondere seine Fähigkeit, sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Auch ist die Art und Ausgestaltung des Verfahrens zu berücksichtigen, für das die Beiordnung des Vertreters begehrt wird. So wird heute ein juristischer Laie, der bspw im Zivilrechtsstreit nicht fachkundig beraten und vertreten ist, häufig Nachteile befürchten müssen. Das gilt oft auch für Anmelder in Patenterteilungsverfahren, die umfangreiche und komplizierte technische Sachverhalte zum Gegenstand haben können. Dabei handelt es sich um eine spezielle Materie, in deren Einzelheiten sich auch ein geschäftsgewandter Beteiligter nicht ohne weiteres zurechtfindet und eine sachgerechte Interessenvertretung - zB bei der Formulierung von Patentansprüchen - eher durch einen Anwalt erfolgen wird (vgl auch Busse, Patentgesetz, 5. Aufl, § 133 Rdn 4).

Anders als in Patentangelegenheiten findet jedoch bei Geschmacksmustersachen im Eintragungsverfahren keine sachliche Überprüfung des Anmeldegegenstandes statt. Die Anmeldung ist hier eine reine Verfahrenshandlung, die der Einleitung des Eintragungsverfahrens dient. Ihre materiellrechtliche Wirkung - die Vollendung des Musterrechts - ist eine gesetzlich angeordnete Folge, die unabhängig vom Willen des Anmelders eintritt. Die Prüfung durch das Musterregister beschränkt sich - mit Ausnahme des Verstoßes der Veröffentlichung oder Verbreitung des Musters oder Modells gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten (§ 7 Abs 2 GeschmMG) - auf das Vorliegen der verfahrensrechtlichen Voraussetzungen und ist rein formeller Natur (Nirk/Kurtze, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl, § 7 Rdn 19, 86).

Die formellen Anforderungen aber kann ein Anmelder in aller Regel mit Hilfe des Patentamts ohne anwaltliche Vertretung erfüllen. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GeschmMG muß die Anmeldung einen schriftlichen Eintragungsantrag und eine fotografische oder sonstige grafische Darstellung des Musters oder Modells enthalten, die diejenigen Merkmale, für die der Schutz begehrt wird, deutlich und vollständig offenbart. Der Anmelder hat demnach den in Formularform erhältlichen Antrag auf Eintragung in das Musterregister auszufüllen und ihn zusammen mit einer Darstellung des Musters oder Modells, für das er Schutz erhalten will, beim Patentamt einzureichen. Die Vorlage einer Beschreibung des Schutzgegenstandes, bei deren Abfassung die Mitwirkung eines fachkundigen Vertreters oft sinnvoll sein kann, ist - im Gegensatz zum Patenterteilungsverfahren (§ 34 Abs 3 Nr 4 PatG) - im Geschmacksmusterrecht nicht Voraussetzung einer wirksamen Anmeldung, hier kann zur Erläuterung der Darstellung eine Beschreibung beigefügt werden (§ 7 Abs 7 GeschmMG); eine Notwendigkeit zu Beiordnung eines Anwalts besteht deshalb auch insoweit nicht.

Unter Berücksichtigung der genannten Anmeldeerfordernisse hätte die Anmelderin das Antragsformular selbst ausfüllen können. Nach eigenen Angaben ist sie von Beruf Sekretärin, übt also eine Tätigkeit aus, bei der in bestimmtem Umfang Büroarbeiten selbständig erledigt werden. Eine Sekretärin wird in der Regel in der Lage sein, Formblätter auszufüllen, die zu den einzelnen Punkten schriftliche Erläuterungen enthalten, wie das Anmeldeformular für Geschmacksmuster. Die Vorlage des Musters oder Modells erfordert als reiner Realakt ohnehin keinen anwaltlichen Beistand. Schließlich hätte die Anmelderin auch der Aufforderung des Patentamts vom 18. Januar 2001, die Erklärung über Grundmuster und Abwandlungen oder die bekannt zu machenden Abbildungen gemäß § 8a GeschmMG klarzustellen, - gegebenenfalls nach Rückfrage bei dem Musterregister - selbst nachkommen können.

Im übrigen liegt weder ein Fall des § 7 Abs. 2 GeschmMG vor, noch sind besondere Schwierigkeiten des Falles ersichtlich, die die Beiordnung eines Vertreters erforderlich machen könnten (vgl auch Eichmann/von Falckenstein, Geschmacksmustergesetz, § 10b Rdn 10).

Vorsitzender Richter Bühring ist wegen Pensionierung an der Unterschrift verhindert. Dr. Schermer Dr. Schermer Schuster Be






BPatG:
Beschluss v. 30.07.2001
Az: 10 W (pat) 706/01


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