Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Juni 2010
Aktenzeichen: 17 W (pat) 17/10

(BPatG: Beschluss v. 07.06.2010, Az.: 17 W (pat) 17/10)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patentund Markenamts vom 15. Oktober 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patentund Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung, welche die Priorität einer Voranmeldung in Taiwan vom 26. Februar 1999 in Anspruch nimmt, wurde am 22. November 1999 beim Deutschen Patentund Markenamt in englischer Sprache eingereicht. Die rechtzeitig eingegangene deutsche Übersetzung trägt die Bezeichnung:

"Fehlerbeseitigungsvorrichtung für einen Systemsteuerchip zur korrekten Weiterleitung seiner Signale an die IC-Leitungen".

Die Anmeldung wurde durch in der Anhörung vom 15. Oktober 2009 verkündeten Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patentund Markenamts zurückgewiesen, weil der jeweilige Gegenstand der nebengeordneten Patentansprüche 1, 4 und 7 gemäß Hauptantrag nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann diese Erfindung ausführen könne; die Gegenstände der Patentansprüche 1, 4 und 7 gemäß Hilfsantrag seien in den englischsprachigen Anmeldeunterlagen nicht ursprünglich offenbart.

Dabei bezieht sich die Prüfungsstelle auf den als "Fehlerbeseitigungsvorrichtung" übersetzten Gattungsbegriff "debugging device", der trotz anwaltlicher Versicherung der Richtigkeit der Übersetzung nicht zutreffe; er sei zwar nach Wörterbuch korrekt, aber für die vorliegende Anmeldung sinnentstellend übersetzt. Die Anmelderin habe zuletzt argumentiert, es sei für den Durchschnittsfachmann offensichtlich, dass mit "Debug..." keine "Fehlerbeseitigung...", die im Übrigen auch gar nicht möglich sei, sondern nur eine "Diagnose..." gemeint sein könne. Anhand der zu Rate gezogenen technischen Wörterbücher habe sich dies jedoch nicht belegen lassen. Auch die englischsprachigen Unterlagen dienten nicht zur eindeutigen Erschließung der Begriffsbestimmung von "debug...".

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.

Sie trägt vor, der Zurückweisungsbeschluss sei hinsichtlich des Hauptantrags und ebenso hinsichtlich des Hilfsantrags fehlerhaft und zudem unbegründet. Maßgeblich für Umfang und Inhalt der Offenbarung seien die ursprünglich eingereichten englischsprachigen Unterlagen und nicht die Übersetzung. Der Begriff "Debug..." sei dem Fachmann geläufig und werde auch von grundsätzlich in deutscher Sprache publizierten Texten verwendet. Die Anmeldung beschreibe drei erfindungsgemäße Schaltungen, auf welche die unabhängigen Ansprüche gerichtet seien. Der zuständige Fachmann ergänze aus seinem Spezialwissen ein geeignetes Debugging-Verfahren, das mit Hilfe der Schaltungen durchgeführt werde. Ein eventueller Mangel an der Ausführbarkeit der Schaltungen sei nicht ersichtlich.

Nachdem sich der Begriff "Debug..." im Zusammenhang mit Hardware als "Erkennung, Diagnose und Test von Hardware-Komponenten" umschreiben lasse, werde der im Hilfsantrag eingeführte Begriff "Diagnose..." davon umfasst und sei daher ursprünglich offenbart.

Im Beschwerdeverfahren hat sie für ihren Hauptund Hilfsantrag eine angepasste Beschreibung eingereicht und beantragt (siehe Seite 8 der Beschwerde):

den Zurückweisungsbeschluss aufzuheben, die Akte zurück an die Prüfungsabteilung zur weiteren Prüfung zurückzuverweisen, unddie Beschwerdegebühr zurückzuerstatten, da der Beschluss rechtsfehlerhaft ergangen sei;

ferner die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, falls der Senat beabsichtige, nicht antragsgemäß zu entscheiden.

Der Hauptantrag umfasst die selbständigen Patentansprüche 1, 4 und 7, wie eingegangen am 11. September 2009, welche lauten:

"1. Debugging-Vorrichtung zur Verwendung in einem Systemsteuerchip (200), wobei der Systemsteuerchip (200) eine Steuereinheit (202a), mehrere Funktionsblöcke (218) und einen Anschluss-Feld-Bereich (204a) aufweist, wobei der Anschluss-Feld-Bereich (204a) mit der Steuereinheit (202a) und den Funktionsblöcken (218) verbindbar ist, wobei die Debugging-Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass die weiter umfasst:

eine Schaltanordnung (210), umfassend:

eine Schalteinheit (206) mit einem ersten Ende, das mit der Steuereinheit (202a) verbunden ist, und mit einem anderen Ende, das mit dem Anschluss-Feld-Bereich (204a) verbunden ist, wobei die Schalteinheit (206) in den EIN-Zustand geschaltet ist, solange keine Störung an dem Systemsteuerchip (200) auftritt, um den Anschluss-Feld-Bereich (204a) mit der Steuereinheit (202a) des Systemsteuerchips (200) zu verbinden, und in den AUS-Zustand geschaltet ist, wenn eine Störung an dem Systemsteuerchip (200) auftritt; undmehrere Testschalter (208) mit jeweils einem ersten Ende, das mit dem Anschluss-Feld-Bereich (204a) verbunden ist, und einem zweiten Ende, das mit einem entsprechenden der Funktionsblöcke (218) verbunden ist, wobei die Testschalter (208) in den AUS-Zustand geschaltet sind, solange keine Störung an dem Systemsteuerchip (200) auftritt, um den Anschluss-Feld-Bereich (204a) von den Funktionsblöcken (218) zu trennen, und in den EIN-Zustand geschaltet sind, wenn eine Störung an dem Systemsteuerchip (200) auftritt;

wobei die Debugging-Vorrichtung weiter umfasst:

eine BIOS-Einheit (300) zur Erzeugung eines Schaltsteuersignals (SW_CTL) in Reaktion auf eine Störung des Systemsteuerchips (200), um die Schalteinheit (206) und die Testschalter (208) derart zu steuern, dass die Schalteinheit (206) ausgeschaltet wird, um den Anschluss-Feld-Bereich (204a) von der Steuereinheit (202a) zu trennen, und dass währenddessen die Testschalter (208) nacheinander in einer vorbestimmten Reihenfolge eingeschalten werden, so dass der Anschluss-Feld-Bereich (204a) nacheinander mit den Funktionsblöcken (218) verbunden wird, wodurch ermöglicht wird, dass die Funktionsblöcke (218) einer nach dem anderem einem Vor-Ort-Debugging-Vorgang unterzogen werden.

4. Debugging-Vorrichtung zur Verwendung in einem Systemsteuerchip (200), wobei der Systemsteuerchip (200) eine Steuereinheit (202a), mehrere Funktionsblöcke (218) und einen Anschluss-Feld-Bereich (204a) aufweist, wobei der Anschluss-Feld-Bereich (204a) mit der Steuereinheit (202a) und den Funktionsblöcken (218) verbindbar ist, wobei die Debugging-Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass die weiter umfasst:

eine Schaltanordnung (210), umfassend:

eine Schalteinheit (206), mit jeweils einem ersten Ende, das mit der Steuereinheit (202a) verbunden ist, und einem zweiten Ende, das mit dem Anschluss-Feld-Bereich (204a) verbunden ist, wobei die Schalteinheit (206) in den EIN-Zustand geschaltet ist, solange keine Störung an dem Systemsteuerchip (200) auftritt, um den Anschluss-Feld-Bereich (204a) mit der Steuereinheit (202a) zu verbinden, und in den AUS-Zustand geschaltet ist, wenn eine Störung an dem Systemsteuerchip (200) auftritt;

einen Testschalter (208) mit einem ersten und einem zweiten Ende, wobei das erste Ende mit dem Anschluss-Feld-Bereich (208) verbunden ist, wobei der Testschalter (208) in den AUS-Zustand geschaltet ist, solange keine Störung an dem Systemsteuerchip (200) auftritt, und in den EIN-Zustand geschaltet ist, wenn eine Störung an dem Systemsteuerchip (200) auftritt; undeinen Multiplexer (216) mit mehreren Eingangs-Enden, die jeweils mit den Funktionsblöcken (218) verbunden sind, und einem Ausgangs-Ende, das mit dem zweiten Ende des Testschalters (208) verbunden ist, wobei der Multiplexer (216), gemäß einem Schalt-Steuersignal (SW_CTL) eines der mehreren Eingangs-Enden auswählt, um ausgegeben zu werden;

wobei die Debugging-Vorrichtung weiter umfasst:

eine BIOS-Einheit (300) zur Erzeugung des Schaltsteuersignals (SW_CTL) in Reaktion auf eine Störung des Systemsteuerchips (200), um die Schalteinheit (206), den Testschalter (208) und den Multiplexer (216) derart zu steuern, dass die Schalteinheit (206) ausgeschaltet wird, um den Anschluss-Feld-Bereich (204a) von der Steuereinheit (202a) zu trennen, und dass währenddessen der Testschalter (208) eingeschaltet wird, und die Eingangs-Enden des Multiplexers (216) nacheinander in einer vorbestimmten Reihenfolge ausgewählt werden, so dass der Anschluss-Feld-Bereich (204a) nacheinander mit den Funktionsblöcken (218) verbunden wird, wodurch ermöglicht wird, dass die Funktionsblöcke (218) einer nach dem anderem einem Vor-OrtDebugging-Vorgang unterzogen werden.

7. Debugging-Vorrichtung zur Verwendung in einem Systemsteuerchip (200), wobei der Systemsteuerchip (200) eine Steuereinheit (202a), mehrere Funktionsblöcke (218) und einen Anschluss-Feld-Bereich (204a) aufweist, wobei der Anschluss-Feld-Bereich (204a) mit der Steuereinheit (202a) und den Funktionsblöcken (218) verbindbar ist, wobei die Debugging-Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass die weiter umfasst:

einen Multiplexer (216) mit einem Ausgangs-Ende, das mit dem Anschluss-Feld-Bereich (204a) verbunden ist, und mehreren Eingangs-Enden, die jeweils mit der Steuereinheit (202a) und den Funktionsblöcken (218) verbunden sind, wobei der Multiplexer (216) so eingestellt ist, dass der Anschluss-Feld-Bereich (204a) mit der Steuereinheit (202a) verbunden wird, und der Anschluss-Feld-Bereich (204a) von den Funktionsblöcken (218) getrennt wird, solange keine Störung an dem Systemsteuerchip (200) auftritt, und so geschaltet wird, dass er eingestellt ist, dass der AnschlussFeld-Bereich (204a) von der Steuereinheit (202a) getrennt wird, und selektiv einen der Funktionsblöcke (218) mit dem Anschluss-Feld-Bereich (204a) verbindet, gemäß einem Schalt-Steuersignal (SW_CTL), wenn eine Störung an dem Systemsteuerchip (200) auftritt;

wobei die Debugging-Vorrichtung weiter umfasst:

eine BIOS-Einheit (300) zur Erzeugung des Schaltsteuersignals (SW_CTL) in Reaktion auf eine Störung des Systemsteuerchips (200), um den Multiplexer (216) derart zu steuern, dass der Anschluss-Feld-Bereich (204a) von der Steuereinheit (202a) getrennt wird, und der Anschluss-Feld-Bereich (204a) nacheinander in einer vorbestimmten Reihenfolge mit den Funktionsblöcken (218) verbunden wird, wodurch ermöglicht wird, dass die Funktionsblöcke (218) einer nach dem anderem einem Vor-Ort-Debugging-Vorgang unterzogen werden."

Wegen der Unteransprüche 2, 3; 5, 6; 8 und 9 wird auf die Akte verwiesen.

Die Fassung gemäß Hilfsantrag (überreicht in der Anhörung vom 15. Oktober 2009) unterscheidet sich davon in einigen Formulierungsdetails, wie ebenfalls der Akte entnommen werden kann. Insbesondere wurde durchgängig "Debugging" durch "Diagnose" ersetzt, so dass der Gattungsbegriff nun jeweils "Diagnose-Vorrichtung" lautet.

Als dem Hauptantrag zugrundeliegende Aufgabe wird dargestellt (siehe "bereinigte Übersetzung" eingeg. 18. Dezember 2009, Seite 3 Mitte):

-

eine Debug-Vorrichtung für die Verwendung in einem PC-Systemsteuerchip zur Verfügung zu stellen, die durch das BIOS des PCs gesteuert werden kann, um zu jedem Zeitpunkt, zu dem an dem Systemsteuerchip ein Fehler auftritt, ein Vor-Ort-Debug-Vorgang an dem PC-Systemsteuerchip auszuführen;

-

eine Debug-Vorrichtung für die Verwendung in einem PC-Systemsteuerchip zur Verfügung zustellen, die durch die Verwendung eines Vor-Ort-Tests einen Vor-Ort-Debug-Vorgang an dem Systemsteuerchip ermöglicht;

-

eine Debug-Vorrichtung für die Verwendung in einem PC-Systemsteuerchip zur Verfügung zustellen, welches dem Systemsteuerchip ermöglicht, sich einem Leistungstest zu unterziehen, um alle Funktionsblöcke in dem Systemsteuerchip zu testen.

Insbesondere gibt die Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung an, die Anmeldung sei entsprechend Seite 4 Zeile 15 -18 der englischsprachigen Anmeldeunterlagen nicht auf ein bestimmtes anzuwendendes Debug-Verfahren gerichtet, sondern ermögliche die Ausführung eines bekannten Debug-Verfahrens in Echtzeit, d. h. während des zweckbestimmten Betriebs der elektronischen Schaltung.

Die dem Hilfsantrag zugrundeliegende Aufgabenstellung unterscheidet sich lediglich dadurch, dass "Debug-" durch "Diagnose-" ersetzt wurde.

II.

Die Beschwerde ist rechtzeitig eingegangen und auch sonst zulässig. Sie hat auch Erfolg, denn der Zurückweisungsbeschluss ist unbegründet.

1.1 Die Prüfungsstelle stützt die Zurückweisung des Hauptantrags darauf, dass die Gegenstände seiner unabhängigen Patentansprüche nicht so deutlich und vollständig offenbart seien, dass ein Fachmann diese Erfindung ausführen könne.

Allerdings wird nicht recht klar, worin genau sie den Mangel sieht. Dass die Übersetzung von "Debugging Device" als "Fehlerbeseitigungsvorrichtung" zwar für sich betrachtet korrekt, aber im vorliegenden Fall sinnentstellend ist, hatte die Anmelderin bereits eingeräumt; sie hielt an dem Begriff auch nicht fest, sondern änderte ihn in "Debugging-Vorrichtung". Dass zuvor die Richtigkeit der Übersetzung patentanwaltlich bestätigt worden war, kann demgegenüber keine Rolle mehr spielen. Warum dieser neue Gattungsbegriff nun für sich allein der Ausführbarkeit der beanspruchten Lehre entgegenstehen sollte, lässt sich dem Zurückweisungsbeschluss nicht klar entnehmen; anscheinend stützt sich die Prüfungsstelle (lediglich) darauf, dass der englischsprachige Begriff "debugging" mehrdeutig sein könnte, und hält dies für nicht behebbar.

1.2 Die Zurückweisung des Hilfsantrags wird damit begründet, dass eine "Diagnose-Vorrichtung" in den englischsprachigen Anmeldeunterlagen nicht ursprünglich offenbart sei. Dazu führt die Prüfungsstelle aus, es habe sich nicht belegen lassen, dass der Begriff "Debugging..." nur im Sinne von "Diagnose..." gemeintsein könne. Somit scheint auch hier der Mangel allein in der Mehrdeutigkeit zu liegen.

2.

Seit der am 1. November 1998 in Kraft getretenen Änderung des Patentgesetzes können Patentanmeldungen eingereicht werden, die ganz oder teilweise nicht in deutscher Sprache abgefasst sind. Zwar ist dann innerhalb der gesetzlichen Frist eine deutsche Übersetzung nachzureichen. Der Offenbarungsgehalt der Anmeldung richtet sich aber nach der Originalsprache und nicht nach der Übersetzung (siehe Amtl. Begr. zu § 35 PatG, BlPMZ 1998, 393, 403 rechte Spalte). Es ist unstrittig, dass Mängel in der Übersetzung im Erteilungs-, Einspruchsund Nichtigkeitsverfahren jederzeit berichtigt werden können (Schulte, PatG, 8. Auflage (2008), § 35 Rdnr. 29; vgl. Benkard, PatG, 10. Auflage (2006), § 35 Rdnr. 16).

Weil im Erteilungsverfahren für Patentansprüche zu sorgen ist, die die unter Schutz gestellte Erfindung klar und deutlich umschreiben (BGH GRUR 1988, 757 "Düngerstreuer"), ist eine Korrektur sinnentstellender Übersetzungen im Laufe des Verfahrens nicht nur möglich, sondern notwendig.

Gemäß § 34 Absatz 4 PatG ist eine Erfindung in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

Grundlage für eine Richtigstellung von ungeeigneten Übersetzungen muss sonach die Gesamtheit der Anmeldeunterlagen in der Originalsprache sein. Es kommt nicht darauf an, ob ein einzelner Begriff, isoliert betrachtet, mehrdeutig sein könnte und damit keine eindeutige Lehre gäbe, sondern was der Fachmann im Gesamtzusammenhang den ursprünglichen (fremdsprachigen) Unterlagen entnimmt.

3. Die vorliegende Anmeldung betrifft ausweislich der Figuren 2A, 2B und 2C sowie der zugehörigen Beschreibung unterschiedliche elektronische Schaltungen innerhalb eines integrierten Schaltkreises (hier speziell eines "Systemsteuerchips", welcher für die CPU eines üblichen PCs Datenübertragungs-Operationen und eine Bussteuerung durchführt), die eine Umschaltung von Signalleitungen zwischen einem Normalbetrieb und einem Fehlersuchbetrieb ermöglichen (siehe Beschreibung Seite 9 Absatz 1: "In the event of any malfunction ... onsite debugging procedure ...").

Als Fachmann, der vor die Aufgabe gestellt wird, in einen integrierten Schaltkreis eine ggf. in Echtzeit betreibbare Debugging-Schaltung einzubauen, ist ein Entwicklungsingenieur der Elektrotechnik mit Hochschuloder Fachhochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung von integrierten Schaltungen anzusehen.

Die zurückgewiesenen Patentansprüche sind auf das Arbeitsprinzip und auf Schaltungsdetails der Signalumschaltung zwischen Normalund Fehlersuchbetrieb in einem Systemsteuerchip gerichtet. Dies alles ist für den genannten Fachmann ohne weiteres nachvollziehbar, die Anmeldung gibt in dieser Hinsicht eine klare und nacharbeitbare technische Lehre.

4. Die Verwendung fremdsprachiger Fachbegriffe in einer Patentanmeldung bzw. in Patentansprüchen ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, vgl. etwa die von der Anmelderin vorgelegten Beschlüsse des juristischen Beschwerdesenats des Bundespatentgerichts (10 W (pat) 15/06; 10 W (pat) 27/06; 10 W (pat) 43/07; 10 W (pat) 40/08).

Dem genannten Fachmann ist "Debugging" als Fachbegriff für Maßnahmen zur Fehlererkennung, Diagnose und Fehlerbeseitigung im Bereich der Software oder der softwaregesteuerten Hardware vertraut.

Nachdem der Begriff in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen wörtlich als Teil des Gattungsbegriffs verwendet ist, sind auf eine "Debugging-Vorrichtung" gerichtete Patentansprüche hier grundsätzlich zulässig.

5.

Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum eine diesen Begriff benutzende technische Lehre nicht ausführbar sein sollte. Wie zuvor dargestellt, sind für die Frage der Ausführbarkeit die ursprünglichen Unterlagen in ihrer Gesamtheit in den Blick zu nehmen. Der Fachmann ermittelt die beanspruchte Lehre nicht aus der Sicht des Semantikers (BGH GRUR 1998, 1003 "Leuchtstoff"). Insbesondere kommt im vorliegenden Fall dem Gattungsbegriff allein nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Die Anmeldung beschreibt elektronische Schaltungen zur Umschaltung von Signalen; die Patentansprüche richten sich auf Details der Schaltung und ihr Arbeitsprinzip. Der gewählte Gattungsbegriff "Debugging-Vorrichtung" hat hier lediglich den Charakter einer Angabe des Verwendungszwecks, ohne wesentlichen Einfluss auf die eigentliche technische Lehre der Anspruchsmerkmale zu nehmen.

Der Prüfungsstelle kann insoweit zugestimmt werden, dass der ursprüngliche Gattungsbegriff "Fehlerbeseitigungsvorrichtung" in die Irre führte, weil die beanspruchte Schaltung Fehler offensichtlich nicht beseitigen kann; seine Änderung im Sinne einer Klarstellung war daher notwendig. Dies leistet jedoch der von der Anmelderin gewählte Begriff "Debugging-Vorrichtung", der zwar allein betrachtet mehrdeutig sein mag, im gegebenen Zusammenhang aber den Zweck der detailliert beanspruchten Schaltungen hinreichend verdeutlicht und im Übrigen aus den ursprünglichen Unterlagen entnehmbar ist.

6.

Ähnliches gilt für den im Hilfsantrag gewählten Gattungsbegriff "Diagnose-Vorrichtung". Auch hier kann allein der Gattungsbegriff die Ausführbarkeit der anmeldungsgemäßen bzw. beanspruchten Lehre nicht in Zweifel ziehen. Dass der Zweck der in den Ansprüchen beschriebenen Schaltung und Arbeitsweise in einer Unterstützung der Fehlerdiagnose liegt, ergibt sich für den Fachmann ohne weiteres aus dem Sinnzusammenhang.

Dass der Begriff "Debugging...", wie die Prüfungsstelle anscheinend meint, nur im Sinne von "Diagnose..." zu verstehen sein müsste, um zulässig zu sein, lässt sich rechtlich nicht begründen. Dies könnte allenfalls gelten, wenn es sich um einen zentralen Begriff der beanspruchten Lehre handelte, dessen übrige Bedeutungen der Lehre ein ganz anderes Gesicht geben würden. So liegt der Fall hier aber nicht. Und wie bereits festgestellt, kommt dem Gattungsbegriff im vorliegenden Fall als Zweckangabe eine relativ geringe Bedeutung zu, wohingegen die Anmeldung insgesamt deutlich aufzeigt, worum es geht.

III.

Der Zurückweisungsbeschluss war daher aufzuheben.

Wie die Prüfungsstelle in ihren Bescheiden mehrfach feststellt, war ihr wegen der Zweifel an der ursprünglichen Offenbarung eine zielgerichtete und umfassende Recherche bisher nicht möglich. Diese ist nun nachzuholen. Da das Patentamt insoweit noch nicht in der Sache selbst entschieden hat, war die Sache -wie auch beantragt -gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG an das Deutsche Patentund Markenamt zurückzuverweisen.

Da insoweit antragsgemäß entschieden wurde, kam der lediglich hilfsweise gestellte Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht zum Tragen.

IV.

Die beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr kommt nicht in Betracht.

Die Rückzahlung ist nach § 80 Abs. 3 PatG anzuordnen, wenn sie der Billigkeit entspricht (vgl. etwa Busse, PatG, 6. Auflage (2003), § 80 Rdnr. 95 ff.). Eine fehlerhafte Begründung der Entscheidung oder eine sachliche Fehlbeurteilung durch die Prüfungsstelle genügen dem noch nicht. Hinzukommen müssten noch besondere Umstände, die das Einbehalten der Gebühr als ungerecht erscheinen ließen (vgl. Busse, a. a. O., § 80 Rdnr. 140, Rdnr. 124; Schulte, a. a. O., § 80 Rdnr. 110 ff. / § 73 Rdnr. 123 ff. -insbesondere Rdnr. 128 ff. / 130).

Davon kann hier nicht die Rede sein. Der Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle erweist sich zwar als unbegründet, ein schwerwiegender Verfahrensfehler oder eine unangemessene Sachbehandlung sind aber nicht ersichtlich. Ein grober Verstoß gegen den Grundsatz der Verfahrensökonomie kann im Ablauf des Prüfungsverfahrens ebenfalls nicht erkannt werden. Auch die Beschwerdeführerin hat lediglich geltend gemacht, der Beschluss sei rechtsfehlerhaft ergangen.

Die Entscheidung gegen eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sie lediglich ein Nebenaspekt der eigentlichen Sachentscheidung ist (vgl. Schulte, a. a. O., § 78 Rdnr. 14e).

Dr. Fritsch Eder Baumgardt Wickborn Fa






BPatG:
Beschluss v. 07.06.2010
Az: 17 W (pat) 17/10


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