Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Mai 2008
Aktenzeichen: 14 W (pat) 38/05

(BPatG: Beschluss v. 20.05.2008, Az.: 14 W (pat) 38/05)

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Echtheitsmerkmalskombination für Wertdokumente Anmeldetag: 23. Dezember 1998 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zu Grunde:

Patentansprüche 1 bis 19, Beschreibung Seiten 1 bis 16, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung am 20. Mai 2008.

Gründe

I Mit Beschluss vom 18. April 2005 hat die Prüfungsstelle für Klasse B44F des Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung 198 60 093.3 - 45 mit der Bezeichnung

"Echtheitsmerkmalskombination für Wertdokumente "

zurückgewiesen.

Zur Begründung des Zurückweisungsbeschlusses hat die Prüfungsstelle im Wesentlichen ausgeführt, dass das beanspruchte Wertdokument u.a. gegenüber der Druckschrift

(1) WO 97/39428 A1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Es gehe daraus bereits ein Wertdokument mit wenigstens zwei Luminiszenzstoffen hervor, deren luminiszierende Eigenschaften sich unabhängig voneinander maschinell prüfen lassen, wobei ein Luminiszenzstoff eine organische Verbindung und der zweite ausgewählt sei aus mit Eu, Nd und Tb seltenerddotierten Yttriumverbindungen. Zwar sei nicht explizit erwähnt, dass es sich dabei um Yttriumgranate-Vanadate und -Oxide und Yttriumoxisulfid handle, der Fachmann beziehe diese jedoch in die engere Wahl ein, da sie aus dem Stand der Technik bekannt seien, so dass die beanspruchte Kombination nahe gelegen habe. Mangels erfinderischer Tätigkeit sei die Anmeldung mithin als Ganzes zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie verfolgt ihr Patentbegehren mit den im Tenor genannten Unterlagen weiter.

Die Patentansprüche 1, 14 und 18 lauten:

"1. Wertdokument, insbesondere Banknote oder Ausweiskarte, mit wenigstens zwei Lumineszenzstoffen, deren lumineszierende Eigenschaften sich getrennt voneinander maschinell prüfen lassen, wobei der erste Lumineszenzstoff seine lumineszierende Eigenschaft bei einer ersten Temperatur verliert und der zweite Lumineszenzstoff seine lumineszierende Eigenschaft gegebenenfalls bei einer zweiten Temperatur verliert, dadurch gekennzeichnet, dass - die erste und/oder zweite Temperatur größer als die Eigenbrenntemperatur des Wertdokuments ist,

- eine der Temperaturen erste und zweite Temperatur kleiner als die Vernichtungstemperatur des Wertdokumnents ist,

- die andere der Temperaturen erste und zweite Temperatur größer als die Vernichtungstemperatur des Wertdokuments ist, und dass - der Lumineszenzstpff, der seine lumineszierende Eigenschaft gegebenenfalls bei einer Temperatur verliert, die größer ist als die Vernichtungstemperatur des Wertdokuments, ausgewählt ist aus der Gruppe, die aus seltenerddotiertem Calciumwolframat, mit Neodym, Ytterbium, Praseodym, Erbium oder Holmium dotierten, chrom- oder eisenhaltigen Wirtsgittern, Zinksilicat: Mangan und Calciumsilicat: Mangan, Blei besteht.

14. Verwendung einer Stoffkombination zur Echtheitssicherung eines Wertdokuments, um das Wertdokument nicht nur anhand des Wertdokuments selbst, sondern auch anhand seiner Asche identifizierbar zu machen, ohne eine Wiedergewinnung des Echtsheitsmerkmals zur Neuherstellung von Wertdokumenten zu ermöglichen, wobei die Stoffkombination wenigstens zwei Lumineszenzstoffe aufweist, deren lumineszierende Eigenschaften sich getrennt voneinander maschinell prüfen lassen, wobei der erste Lumineszenzstoff seine lumineszierende Eigenschaft bei einer ersten Temperatur verliert und der zweite Lumineszenzstoff seine lumineszierende Eigenschaft gegebenenfalls bei einer zweiten Temperatur verliert, dadurch gekennzeichnet, dass - die erste und/oder zweite Temperatur größer als die Eigenbrenntem peratur des Wertdokuments ist,

- eine der Temperaturen erste und zweite Temperatur kleiner als die Vernichtungstemperatur des Wertdokumnents ist,

- die andere der Temperaturen erste und zweite Temperatur größer als die Vernichtungstemperatur des Wertdokuments ist, und dass - der Lumineszenzstpff, der seine lumineszierende Eigenschaft gegebenenfalls bei einer Temperatur verliert, die grös- ser ist als die Vernichtungstemperatur des Wertdokuments, ausgewählt ist aus der Gruppe, die aus seltenerddotiertem Calciumwolframat, mit Neodym, Ytterbium, Praseodym, Erbium oder Holmium dotierten, chrom- oder eisenhaltigen Wirtsgittern, Zinksilicat: Mangan und Calciumsilicat: Mangan, Blei besteht.

18. Verfahren zur Prüfung von verkohltem und verbranntem Material, welches mutmaßlich von einem Wertdokument gemäß wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 13 stammt, gekennzeichnet durch folgende Schritte:

- Messen der lumineszierenden Eigenschaften des Materials,

- Abrufen gespeicherter Referenzwerte für den Temperaturbereich oberhalb der Eigenbrenntemperatur des mutmaßlichen Wertdokuments,

- Vergleichen der Referenzwerte mit den gemessenen Werten und - Identifizieren, ob ein Wertdokument vorliegt."

Die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 13, 15 bis 17 und 19 sind auf weitere Ausgestaltungen des Wertdokuments nach Anspruch 1, der Verwendung der Stoffkombination nach Anspruch 14 und auf das Verfahren zur Prüfung verbrannten Materials nach Anspruch 18 gerichtet.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen zu erteilen.

Sie ist der Ansicht, die Entgegenhaltung (1) löse eine völlig andere Aufgabe. Die lumneszierenden Materialien würden nämlich nicht unter dem Gesichtspunkt ihrer Temperaturstabilität ausgewählt und kombiniert. Wesentlich für die Wahl und Zusammenstellung der lumineszierenden Materialien seien vielmehr Eigenschaften wie die Anregungswellenlänge, die Emissionswellenlänge oder die Emissions-Abklingeigenschaften. Dagegen seien die nunmehr ausgewählten Kombinationen der speziellen Lumineszenzstoffe mit hochtemperaturstabiler Lumineszenz mit Lumineszenzstoffen niedriger Temperaturstabilität in (1) nicht erwähnt. In Ermangelung irgendeiner Offenbarung hinsichtlich der Relevanz der Temperaturstabilität der Lumineszenz der Yttriumverbindungen oder der anderen in (1) offenbarten Verbindungen habe der Fachmann keinerlei Veranlassung gehabt, die im geltenden Anspruch 1 genannten Kombinationen von Lumineszenzstoffen unterschiedlicher Temperaturstabilität zu verwenden. Das Gleiche gelte für die Verwendung der Stoffkombination nach Anspruch 14, um das Wertdokument nicht nur an Hand seiner selbst, sondern auch an Hand seiner Asche identifizierbar zu machen, ohne die Wiedergewinnung des Echtheitsmerkmals zur Neuherstellung von Wertdokumenten zu ermöglichen. Nachdem der Stand der Technik nicht die Problematik der Identifizierung verbrannter Wertdokumente betreffe, sei dementsprechend auch kein Verfahren zur Prüfung von verkohltem oder verbranntem Material nahegelegt.

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere wegen des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 13, 15 bis 17 und 19 wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II 1. Die Beschwerde ist zulässig (§ 73 PatG) und unter Berücksichtigung des nunmehr vorliegenden Patentbegehrens auch begründet.

2. Bezüglich ausreichender Offenbarung der Gegenstände nach den geltenden Ansprüchen 1 bis 19 bestehen keine Bedenken; ihre Merkmale lassen sich aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 bis 24 und 35 in Verbindung mit Seite 7, Zeilen 20 bis 26, Seite 16, Zeilen 1 bis 13 und den Beispielen 2 und 4 der ursprünglich eingereichten Beschreibung herleiten.

3. Die Neuheit der Gegenstände nach den Ansprüchen 1, 14 und 18 ist anzuerkennen.

Die Druckschrift (1) beschreibt ein Wertdokument, bei dem die Echtheitsmerkmale in oder auf dem Dokument angebracht und die Merkmale getrennt voneinander prüfbar sind (Anspruch 1). Das Dokument kann zwei Lumineszenzstoffe enthalten und an Hand dieser identifiziert werden (Ansprüche 19 und 24). Beispiele für geeignete Lumineszenzstoffe sind zwar in der Tabelle 1 von Seite 21 der Beschreibung genannt, sie sind im Unterschied zu den vorliegend beanspruchten und das Wertdokument kennzeichnenden Lumineszenzstoffen jedoch nicht näher dadurch charakterisiert, dass die Kombination der Stoffe im Hinblick auf die Eigenbrenntemperatur und die Vernichtungstemperatur des Wertdokuments zusammengestellt ist.

Auch die Verwendung einer Stoffkombination aus Lumineszenzstoffen nach Anspruch 14 mit dem Ziel, das Wertdokument nicht nur an Hand seiner selbst sondern auch an Hand seiner Asche identifizierbar zu machen, ist in (1) nicht erwähnt, ebenso kein Verfahren zur Prüfung von verkohltem oder verbrannten Material gemäß Anspruch 18.

4. Die Gegenstände nach den Ansprüchen 1, 14 und 18 beruhen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aufgabe der vorliegenden Anmeldung ist es, eine Lösung vorzuschlagen, mit der die eindeutige Identifikation eines Wertdokumentes sowohl anhand des Wertdokumentes selbst als auch anhand seiner Asche durchführbar sein soll, ohne allerdings eine illegale Wiedergewinnung des Echtheitsmerkmals zur Neuherstellung von Wertdokumenten zu ermöglichen (Offenlegungsschrift Sp. 2, Z. 10 bis 16).

Zur Lösung dieser oder einer vergleichbaren Aufgabe erhält der Fachmann weder aus (1) noch aus den weiteren im Prüfungs- und Rechercheverfahren genannten Druckschriften eine Anregung. Keine der Druckschriften beschäftigt sich mit der Identifikation eines Wertdokumentes selbst oder seiner Asche mittels der Kombination bestimmter hochtemperaturstabiler Lumineszenzstoffe mit Lumineszenzstoffen geringerer Temperaturstabilität, so dass dem dermaßen gekennzeichneten Wertdokument nach Anspruch 1 als auch der verwendeten Stoffkombination gemäß Anspruch 14 und dem Verfahren zur Prüfung von verkohltem oder verbrannten Material erfinderische Tätigkeit zuzuerkennen ist.

Da somit sämtliche im Prüfungs- und Rechercheverfahren diskutierten Druckschriften weder die Neuheit noch die erfinderische Tätigkeit des Wertdokuments nach dem geltenden Patentanspruch 1, die Verwendung der Stoffkombination nach Anspruch 14 und das Verfahren zur Prüfung von verkohltem oder verbrannten Material nach Anspruch 18 in Frage stellen können, sind die Ansprüche 1, 14 und 18 gewährbar.

Das Gleiche gilt für die auf diese Ansprüche rückbezogenen Ansprüche 2 bis 13, 15 bis 17 und 19, die jeweils weitere über Selbstverständlichkeiten hinausgehende Ausführungsformen der Gegenstände nach den Ansprüchen 1, 14 und 18 betreffen.

Schröder Harrer Gerster Schuster Na






BPatG:
Beschluss v. 20.05.2008
Az: 14 W (pat) 38/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/3b43ad9636cb/BPatG_Beschluss_vom_20-Mai-2008_Az_14-W-pat-38-05




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share