Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. September 2000
Aktenzeichen: 17 W (pat) 37/99

(BPatG: Beschluss v. 12.09.2000, Az.: 17 W (pat) 37/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist am 10. April 1987 beim Deutschen Patentamt unter der Bezeichnung

"Nachladesystem für Frankiermaschinen"

eingereicht worden.

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G07B mit Beschluß vom 19. August 1999 mangels erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihr Patentbegehren nach Haupt- und Hilfsantrag weiterverfolgt.

Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"Verfahren zum Wiederaufladen von mindestens zwei Frankiermaschinen mit den folgenden Schritten:

(a) Festlegen von Zeitfenstern für ein Wiederaufladen für jede der Frankiermaschinen, wobei jedes Zeitfenster mit bezug auf alle anderen Zeitfenster zeitlich versetzt liegt; undwobei für jede der Frankiermaschinen die folgenden Schritte durchgeführt werden:

(b) Feststellen von in einem fallenden Register der Frankiermaschine gespeicherten Werten von noch zum Frankieren verbleibenden Guthaben;

(c) Vergleichen der jeweiligen Guthaben-Werte mit einem jeweiligen vorbestimmten Schwellenwert;

(d) Überprüfen, ob das für die Frankiermaschine festgelegte Zeitfenster für ein Wiederaufladen erreicht ist;

(e) Aufbau einer Kommunikationsverbindung von der Frankiermaschine zu einem Fernberechnungszentrum, falls der Wert des jeweiligen fallenden Registers den vorbestimmten Schwellenwert unterschreitet und das vorgegebene Zeitfenster erreicht ist;

(f) Feststellen durch das Fernberechnungszentrum, nach einem Aufbau der Verbindung, ob ein ausreichendes Guthaben auf einem der Frankiermaschine zugeordneten Konto für ein Nachladen der Frankiermaschine verfügbar ist; und

(g) Mitteilen von Information über das Nachladen des fallenden Registers der Frankiermaschine."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet:

"Verfahren zum Wiederaufladen von mindestens zwei Frankiermaschinen mit folgenden Schritten:

(a) Synchronisieren von Uhren in den mindestens zwei Frankiermaschinen und dem Fernberechnungszentrum, durch Signale entsprechend dem aktuellen Datum und der Zeit in dem Fernberechnungszentrum nach Aufgeben dieser Signale auf einen Kommunikationsweg und Empfangen dieser Signale an den mindestens zwei Frankiermaschinen;

(b) Festlegen von Zeitfenstern für ein Wiederaufladen für jede der Frankiermaschinen, wobei jedes Zeitfenster mit bezug auf alle anderen Zeitfenster zeitlich versetzt liegt; undwobei für jede der Frankiermaschinen die folgenden Schritte durchgeführt werden:

(c) Feststellen von in einem fallenden Register der Frankiermaschine gespeicherten Werten von noch zum Frankieren verbleibenden Guthaben;

(d) Vergleichen der jeweiligen Guthaben-Werte mit einem jeweiligen vorbestimmten Schwellenwert;

(e) Überprüfen, ob das für die Frankiermaschine festgelegte Zeitfenster für ein Wiederaufladen erreicht ist;

(f) Aufbau einer Kommunikationsverbindung von der Frankiermaschine zu einem Fernberechnungszentrum, falls der Wert des jeweiligen fallenden Registers den vorbestimmten Schwellenwert unterschreitet und das vorgegebene Zeitfenster erreicht ist;

(g) Feststellen durch das Fernberechnungszentrum, nach einem Aufbau der Verbindung, ob ein ausreichendes Guthaben auf einem der Frankiermaschine zugeordneten Konto für ein Nachladen der Frankiermaschine verfügbar ist; und

(h) Mitteilen von Information über das Nachladen des fallenden Registers der Frankiermaschine."

Bezüglich der weiteren Unterlagen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Anmelderin vor, daß das Nachladen von Frankiermaschinen nach der Lehre der Anmeldung durch den darin vorgesehenen Automatismus unter Beachtung von Zeitfenstern insoweit verbessert werde, als Kollisionen beim Zugang zur Zentrale insbesondere zu Zeiten erhöhter Frankieraktivitäten (Monatsanfang, Wochenanfang) vermieden würden. Der im Verfahren herangezogene Stand der Technik könne die nach Haupt- bzw. Hilfsantrag beanspruchte Lehre nicht nahelegen.

Die Anmelderin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 14, eingegangen am 10. Mai 2000, Beschreibung Seiten 9a und 11, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Seiten 8, 12, 12a, 13, eingegangen am 10. Mai 2000, Seite 11a, eingegangen am 27. August 1997 sowie ursprünglich eingereichte Seiten 9, 10, 14 bis 26;

6 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 6, eingegangen am 21. April 1987, hilfsweise mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 bis 13, übrige Unterlagen wie Hauptantrag.

II.

Die in rechter Frist und Form eingelegte Beschwerde ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, da der beanspruchte Gegenstand nicht patentfähig ist, § 1 Abs. 1 iVm § 4 PatG.

Die Druckschrift US 4 097 923 (nachfolgend mit Druckschrift 1 bezeichnet) offenbart ein Verfahren zum Wiederaufladen von mehreren Frankiermaschinen mit folgenden Schritten:

- Feststellen des in einem fallenden Register 815 (Fig. 6) der jeweiligen Frankiermaschine 2 noch einsetzbaren Guthabens und Vergleichen der jeweiligen Guthabenwerte mit einem vorbestimmten Schwellenwert, z.B.100$, (Sp. 37, Z. 59 ff; Sp. 9, Z. 60-64);

- manueller Aufbau einer Kommunikationsverbindung von der jeweiligen Frankiermaschine zu einem Fernberechnungszentrum 5, falls der Wert des jeweiligen fallenden Registers den vorbestimmten Schwellenwert unterschreitet (Sp. 6, Z. 17-24; Sp. 9, Z. 60-64; Sp. 21, Z. 33-39);

- Überprüfen, ob ein der anfragenden Frankiermaschine zugeordnetes Konto im Fernberechnungszentrum geführt wird (Sp. 23, Z. 4-24);

- Mitteilen von Information an den Betreiber der Frankiermaschine zu deren Nachladung, falls die zuvor durchgeführten Überprüfungen im Fernberechnungszentrum über die Nachladeberechtigung keine Fehler aufgezeigt haben (Sp. 27, Z. 27-31).

In der Druckschrift US 4 442 501 (nachfolgend mit Druckschrift 2 bezeichnet) wird darauf hingewiesen (Sp. 3, Z. 3-8), daß der Einsatz von Elektronik in Frankiermaschinen deren automatische Nachladung erleichtere. Es wird außerdem die Offenbarung von Druckschrift 1 ausdrücklich in jene von Druckschrift 2 (vergl. dort Sp. 5, Z. 44-50) einbezogen. Demnach wird dem Fachmann durch die Druckschriften 1 und 2 ein automatisches Verfahren zum Wiederaufladen von Frankiermaschinen nahegelegt, das die Merkmale c), d), f), g) und h) des Anspruchs 1 nach Hauptantrag umfaßt. Bezüglich des letztgenannten Merkmals h) wird in D1 zwar direkt nur die Überprüfung beschrieben, ob ein Konto mit der vom Frankiermaschinennutzer angegebenen Nummer in der Zentrale (Fernberechnungszentrum) existiert. Daß bei diesem Vorgang auch kontrolliert wird, ob das in Rede stehende Konto genügend Guthaben für den Nachladevorgang aufweist, ist als selbstverständlich anzusehen.

Bei der Ausführung des durch die Druckschriften 1 und 2 nahegelegten Verfahrens mit den vorstehend genannten Merkmalen kann der Fall auftreten, daß keine Verbindung zum Fernberechnungszentrum zustande kommt, weil durch ein bereits im Gange befindliches Nachladeverfahren für eine andere Frankiermaschine der Zugang zu diesem Zentrum belegt ist. Für diesen Fall wird man üblicherweise einen erneuten Versuch zur Verbindungsaufnahme starten. Nun gibt es jedoch - wie von der Anmelderin vorgetragen - bestimmte Zeiten mit besonderem Nachladebedarf, in denen ein solcher erneuter Versuch mit erhöhter Wahrscheinlichkeit fehlschlagen wird. Geschieht dieses öfter in Folge, so resultiert hieraus ein Frankierungsengpass, der wirtschaftlich nachteilig ist und dem der Fachmann - ein FH-Ingenieur des Ausbildungszweiges Feingerätetechnik/Elektronik mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Frankiermaschinentechnik - entgegenzuwirken gehalten ist. Es ist jedermann und damit auch diesem Fachmann aus dem täglichen Leben bekannt, daß bei Anlaufstellen für viele Menschen, beispielsweise Behörden, Ärzte etc., ein geregelter, d.h. Wartezeiten vermeidender , Zugang über eine entsprechende zeitliche Staffelung mit entsprechender Zuteilung von Zeitfenstern erreicht wird. Diese aus dem Alltagsleben geläufige zeitliche Staffelung wird der Fachmann auch zur Behebung der aufgezeigten Probleme bei dem durch die Druckschriften 1 und 2 nahegelegten Nachladeverfahren für Frankiermaschinen einsetzen. Erfinderisches Handeln ist weder für den Einsatz der Maßnahme als solche noch für ihre Ausgestaltung im einzelnen entsprechend den diesbezüglich im Anspruch 1 nach Hauptantrag angegebenen Merkmalen a), d) und e) erforderlich. Dieser Anspruch ist demzufolge nicht gewährbar.

Vom Anspruch 1 nach Hauptantrag unterscheidet sich jener nach Hilfsantrag durch das nach dem dortigen Merkmal a) zusätzlich vorgesehene "Synchronisieren von Uhren in den mindestens zwei Frankiermaschinen und dem Fernberechnungszentrum durch Signale entsprechend dem aktuellen Datum und der Zeit in dem Fernberechnungszentrum nach Aufgeben dieser Signale auf einen Kommunikationsweg und Empfang dieser Signale an den mindestens zwei Frankiermaschinen". Auch zur Anwendung dieser Maßnahme ist keine erfinderische Tätigkeit erforderlich, da die Beachtung zeitlicher Vorgaben durch mehrere selbstverständlich voraussetzt, daß die zugehörigen Uhren aufeinander abgestimmt, d.h. synchronisiert sind. Die Durchführung einer solchen Synchronisation mittels Signalen von einer Zentrale aus war bereits vor dem Prioritätstag gängige Technik (Synchronisation von Bahnhofsuhren, Zeitzeichensender) und folglich auch dem hier einschlägigen Fachmann geläufig. Ihre Anwendung in der im Anspruch 1 nach Hilfsantrag angegebenen Weise kann demzufolge keine die Patenterteilung erlaubende Erfindungshöhe des Gegenstandes dieses Anspruchs begründen.

Aus den genannten Gründen ist auch der Anspruch 1 nach Hilfsantrag nicht gewährbar.

Da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann, sind auch die zum Haupt- bzw. Hilfsantrag gehörenden Unter- bzw. Nebenansprüche nicht gewährbar (vgl BGH GRUR 1997, 120).

Die Beschwerde war demzufolge zurückzuweisen.

Grimm Bertl Püschel Schusterprö






BPatG:
Beschluss v. 12.09.2000
Az: 17 W (pat) 37/99


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