Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. August 2005
Aktenzeichen: 10 W (pat) 22/04

(BPatG: Beschluss v. 11.08.2005, Az.: 10 W (pat) 22/04)

Tenor

Die Beschwerde der Patentinhaberin gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Patentabteilung 1.24 - vom 24. September 2003 wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Beschwerdeführerin ist eingetragene Inhaberin des am 28. April 1997 angemeldeten Patents mit der Bezeichnung: "Verfahren ...zur Ermittlung des Spannungs-Verformungs-Verhaltens ... insbesondere von Lockergesteinen und von Deponiekörpern in situ". Wie im amtlichen Anmeldevordruck von der Beschwerdeführerin angegeben, sind die Sendungen des Deutschen Patentamts an Herrn L..., einen der Miterfinder, unter dessen Anschrift in F... gerichtet worden. Sein Name erscheint auch als Vertreter der An- melderin in Feld 4 des Anmeldevordrucks.

Nachdem im September 2000 die Benachrichtigung nach § 17 Abs 3 PatG aF über die nicht rechtzeitig erfolgte Zahlung der 4. Jahresgebühr Herrn Dr. Lersow nicht zugestellt werden konnte, da er verzogen war, hat das Patentamt durch Auskunft aus dem Einwohnermelderegister dessen neue Anschrift ermittelt, unter der in der Folgezeit erfolgreich zugestellt wurde. Auch die Mitteilung des Patentamts vom 4. September 2002, mit der an die Zahlung der 6. Jahresgebühr mit Zuschlag erinnert wurde, ist an diese Anschrift formlos übersandt worden. Da eine fristgemäße Zahlung der 6. Jahresgebühr mit Zuschlag nicht erfolgte, hat das Patentamt das Erlöschen des Patents vermerkt.

Ende April 2003 beantragte der jetzige Verfahrensbevollmächtigte der Patentinhaberin Akteneinsicht und stellte sodann mit Schreiben vom 27. Mai 2003 Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 6. Jahresgebühr, die am 25. April 2003 entrichtet worden war. Zur Begründung hat die Patentinhaberin ausgeführt, Dr. L... sei von ihr mit der Vertretung bezüglich des Schutzrechts beauftragt worden. Grundlage der Bevollmächtigung sei ein Arbeitsverhältnis mit einer weiteren Gesellschaft ihres Hauptgesellschafters gewesen. Dr. L... habe in den Jahren 1999 bis 2001 die Zahlungserinnerungen stets an die Patentinhaberin weitergeleitet, die dann die Zahlung der Jahresgebühren veranlasst habe. Im Frühjahr 2002 sei der Arbeitsvertrag mit Herrn Dr. L... aufgelöst worden, der die Zahlungserinnerung fahrlässig nicht mehr an die Patentinhaberin weitergeleitet habe, worauf diese aber vertraut habe.

Mit Beschluss vom 24. September 2003 hat die Patentabteilung 1.24 den Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet zurückgewiesen, da die Einhaltung der Zahlungsfrist Sache der Patentinhaberin gewesen sei. Herr Dr. L... habe unab- hängig davon, ob er für die Fristenüberwachung zuständig gewesen sei, tatsächlich lediglich die Erinnerungen über einen drohenden Rechtsverlust weitergeleitet. Die arbeitsrechtlichen Unzulänglichkeiten bzw der Weggang von Herrn Dr. L... hätten dazu führen müssen, die Bevollmächtigung neu zu regeln. Durch bessere Organisation oder Bevollmächtigung einer vertrauensvollen Person wäre es möglich gewesen, die Frist gegenüber dem Patentamt einzuhalten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin, die sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben.

Zur Begründung nimmt die Patentinhaberin im wesentlichen Bezug auf ihre Ausführungen vor der Patentabteilung. Ergänzend führt sie aus, die am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Änderungen des § 17 PatG seien ihr nicht bekannt gewesen, da zu diesem Zeitpunkt Dr. L... im Rahmen seiner Vertre- tungsvollmacht tätig gewesen sei, der die Patentinhaberin hierüber nicht informiert habe.

II.

Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Patentinhaberin hat die Frist zur Zahlung der 6. Jahresgebühr mit Zuschlag versäumt. Die nach § 3 Abs 2 Satz 1 PatKostG mit Ablauf des Monats April 2002 fällige Gebühr hätte mit Zuschlag noch bis zum 31. Oktober 2002 (§ 7 Abs 1 Pat-KostG) gezahlt werden können, wie dies die Mitteilung des Patentamts vom 4. September 2002 zutreffend wiedergeben hatte. Die Zahlung der 6. Jahresgebühr erfolgte jedoch erst am 25. April 2003 und damit verspätet.

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist ist nach § 123 PatG zulässig. Er ist rechtzeitig innerhalb der Frist von 2 Monaten nach Wegfall des Hindernisses (§ 123 Abs 2 Satz 1 PatG) gestellt worden, selbst wenn man den Fristbeginn mit dem Tag der Beauftragung des jetzigen Verfahrensbevollmächtigten (15. April 2003) gleichsetzt. Der Wiedereinsetzungsantrag enthält auch Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen sollen. Die versäumte Handlung ist fristgerecht nachgeholt worden.

3. Die Patentinhaberin war jedoch nicht ohne Verschulden gehindert, die Frist zur Zahlung der 6. Jahresgebühr einzuhalten.

Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob - wie von der Patentinhaberin vorgetragen - Dr. L... von ihr mit der Vertretung im Verfahren vor dem Patentamt beauftragt worden war oder ob er lediglich als Zustellungsbevollmächtigter tätig geworden war. In beiden Fällen kommt eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist nicht in Betracht.

Hat Dr. L... als Vertreter der Patentinhaberin gehandelt hat, steht das Ver- schulden eines Bevollmächtigten nach § 85 Abs 2 ZPO dem Verschulden des Verfahrensbeteiligten gleich. Die seitens ihres Vertreters nicht erfolgte Weiterleitung der Erinnerung des Patentamts an die Zahlung der fälligen 6. Jahresgebühr bis Ende Oktober 2002 und damit deren nicht rechtzeitige Zahlung muss sich die Patentinhaberin wie eigenes Verschulden zurechnen lassen. Hat Dr. L... ledig- lich als Zustellungsbevollmächtigter gehandelt, hat die Patentinhaberin für das Fehlverhalten einer Hilfsperson zwar grundsätzlich nicht einzustehen. Sie trifft jedoch ein eigenes Organisationsverschulden, wenn sie eine Hilfsperson, die sie mit der Weiterleitung der Patentamtspost, insbesondere von Zahlungserinnerungen, beauftragt hat, nicht sorgfältig auswählt und zumindest stichprobenhaft überwacht. Das ist hier der Fall. Spätestens als im Frühjahr 2002 das Arbeitsverhältnis mit Dr. L... aufgelöst wurde, hätte die Patentinhaberin die Überwachung der Zah- lungsfristen neu organisieren müssen. Sie durfte ab diesem Zeitpunkt auf eine fortdauernde Weiterleitung der Zahlungsaufforderung durch Dr. L...nicht ver- trauen.

Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin sind die zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Änderungen in § 17 PatG nicht kausal für die Fristversäumnis, denn auch bei unveränderter Rechtslage hätte die Patentinhaberin ab Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus den oben genannten Gründen nicht mehr auf eine Weiterleitung insbesondere der Benachrichtigung nach § 17 Abs 3 PatG a.F. durch Dr. L.... vertrauen dürfen.

Schülke Püschel Martens Pr






BPatG:
Beschluss v. 11.08.2005
Az: 10 W (pat) 22/04


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