Verwaltungsgericht Osnabrück:
Beschluss vom 29. April 2010
Aktenzeichen: 1 B 9/10

(VG Osnabrück: Beschluss v. 29.04.2010, Az.: 1 B 9/10)

Tenor

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache für den Antragsteller ein ausschließlich auf Guthabenbasis als Fremdgeldkonto nutzbares Girokonto einzurichten und zu den von ihr üblicherweise gewährten Konditionen zu eröffnen und aufrecht zu erhalten.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Streitwert wird auf 30.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm ein Konto für die Einzahlung von Mandantengeldern zu eröffnen.

Der Kläger ist als Rechtsanwalt in Osnabrück zugelassen. Seine Haupttätigkeit besteht darin, das Inkasso für Mandanten durchzuführen, die im Internet im Rahmen sog. "Abo-Fallen" über verschiedene Internetportale scheinbar werthaltige Dienstleistungen anbieten, für die der Nutzer im Wege einer Anmeldung einen Vertragsschluss eingehen soll. Deren zivilrechtliche Wirksamkeit wird von den Beteiligten dieser Rechtsgeschäfte unterschiedlich gewürdigt.

Der Antragsteller übernimmt es im Rahmen seiner Inkassotätigkeit für diese Anbieter die aus ihrer Sicht ausstehenden Zahlungen einzutreiben. Dafür schreibt er sie unter Inanspruchnahme seiner Funktion als Rechtsanwalt an und macht zugleich die durch seine Beauftragung entstandenen Kosen geltend.

Für die aufgrund dieser Anschreiben eingehenden Zahlungen der durch seine Mandantschaft in Anspruch Genommenen benötigt der Antragsteller nach seinen Ausführungen eine Girokontoverbindung. Eine solche Verbindung steht ihm bei der DKB bis zum 30.04.2010 zur Verfügung. Dieser Endzeitpunkt ist Ergebnis einer vergleichsweisen Regelung im Streit über die Kündigung des Girokontos durch die kontoführende Bank vor dem Landgericht Berlin im Termin zu mündlichen Verhandlung vom 03.12.2009. Daneben verfügt der Antragsteller über ein Girokonto bei der Landessparkasse zu Oldenburg - LzO-, bei dem es sich um ein Privatkonto handelt, über das er zugleich seine Kanzleiausgaben wie Miete, Löhne, Telefonkosten, Porti usw. begleicht. Bezogen auf dieses Konto legt er eine Bescheinigung der LzO vor, aus der sich ergibt, dass das Konto nicht gegenüber Schuldnern seines Mandanten genannt, insbesondere nicht für die Vereinnahmung von Fremdgeldern genutzt werden darf. Dies sei bei der Eröffnung des Kontos vereinbart worden, hiervon abzuweichen führe zur Kündigung des Kontos.

Der Antragsteller legt dar und macht glaubhaft, sich bei insgesamt 172 privaten wie öffentlichen und genossenschaftlichen Kreditinstituten um die Eröffnung eines Kontos bemüht zu haben. Sofern ihm die Kreditinstitute überhaupt geantwortete hätten, sei die Eröffnung eines Kontos abgelehnt worden.

Ein zunächst bei der Antragsgegnerin geführtes, aber umsatzlos gebliebenes Konto, das im Jahr 2006 eröffnet worden sei, habe die Antragsgegnerin im Oktober 2006 gekündigt und die erneute Aufnahme von Geschäftsbeziehungen abgelehnt; mit Schreiben vom 03.02.2010 habe Antragsgegnerin gebeten, von weiteren Anfragen zur Kontoeröffnung abzusehen.

Mit seinem unter dem 23. am 24.03.2010 bei Gericht gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend, er sei für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt der Inkassotätigkeit darauf angewiesen, ein Girokonto zu führen, auf das Mandantengelder eingezahlt werden könnten. Die Antragsgegnerin sei als öffentlich-rechtliches Kreditinstitut am Sitz seiner Kanzlei verpflichtet, die kreditwirtschaftlichen Leistungen zur Daseinsvorsorge vorzuhalten und für ihn ein Girokonto im Guthaben zu führen und zwar zu den allgemeinen Bedingungen ihrer Gebührenordnung. Weder seine Tätigkeit noch die seiner Mandanten, aus deren Forderungen die Zahlungseingänge resultierten, sei strafbewehrt. Die Entgelte würden nicht für an anderer Stelle kostenlos erhältliche Programme geltend gemacht, sondern für den Mehrwert, den die Nutzer der von ihnen angebotenen Internetportale dadurch erhielten, dass die Programme und ihre Einsetzbarkeit beschrieben und bewertet würden. Durch die Gestaltung der Internetportale müsse jedem bewusst sein, dass die Leistung, die er auf diesem Wege abfrage, Kosten auslöse. Darauf werde in unmittelbarem Umfeld der Maske, in die die Anmeldedaten vom Nutzer einzutragen wären, hingewiesen. Seine Inkassotätigkeit für diese Unternehmen würde in der öffentlichen Wahrnehmung diskreditiert, die Weigerung der Antragsgegnerin, für seine geschäftliche Tätigkeit ein Konto zu eröffnen, sei unberechtigt, verstoße gegen seine grundrechtlich geschützte Tätigkeitsgarantie und sei für die Antragsgegnerin nicht mit einem drohenden Imageschaden verbunden.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die Antragsgegnerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, für ihn zu den von ihr üblicherweise gewährten Konditionen ein ausschließlich auf Guthabenbasis zu führendes Rechtsanwaltsanderkonto zu eröffnen und aufrecht zu erhalten

sowie hilfsweise weiter,

diese Verpflichtung für ein als Fremdgeldkonto nutzbares Girokonto auszusprechen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie meint, die Tätigkeit, zu der der Antragsteller sie verpflichtet wissen wolle, gehöre nicht zu ihrem Kerngeschäft, das sich auf den Sparverkehr beschränke. Zudem sei der Antragsteller auf die Führung eines Anderkontos nicht angewiesen, weil ihm § 43 BRAO erlaube, fremde Gelder unverzüglich an die Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder sogleich auf deren Konto einzahlen zu lassen. Die Ansammlung auf einem Anderkonto sei nur eine weitere Möglichkeit der Behandlung von Fremdgeldern. Im Übrigen gehöre der Umgang mit Mandantengeldern nicht zur Daseinsvorsorge und der Antragsteller verfüge weiterhin über ein Geschäftskonto bei der LzO. Zudem habe die Antragsgegnerin einen Imageschaden zu befürchten, wenn sie in Geschäftsbeziehungen zum Antragsteller trete; dies ergebe sich aus den vielfältigen Berichterstattungen der in der Region meinungsbildenden NOZ sowie den zahlreichen Beschwerden gegen den Antragsteller, die beim Osnabrücker Anwaltsverein eingingen. Der Antragsteller sei durch mehrere zivilgerichtliche Entscheidungen der Beihilfe zum Betrug bezichtigt und zur Übernahme der Kosten verurteilt worden, die durch die Abwehr der unberechtigterweise geltend gemachten Forderungen entstanden seien. Deshalb stünde der Antragsgegnerin nach Eröffnung eines Kontos ein sachlicher Grund für dessen Kündigung zur Seite.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Der nach § 123 VwGO zu beurteilende Antrag ist zulässig, insbesondere ist durch § 40 Abs. 1 VwGO der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet. Streitentscheidende Norm und Grundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Eröffnung eines Girokontos ist § 4 Abs. 1 Satz 1 des Nds. Sparkassengesetzes - NSpG - vom 16.12.2004 (Nds. GVBl. S. 609). Diese regelt die Aufgaben der Sparkassen im Lande Niedersachsen und in § 3 zugleich, dass die Sparkassen als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts organisiert sind. Ihr Binnenrecht hat die Antragsgegnerin durch ihre Satzung vom 14.09.2006 geregelt. Diese nimmt in § 2 Abs. 1 Satz 1 die gesetzliche Regelung des Nds. Sparkassengesetzes auf und bestimmt in § 3 Abs. 2, dass sie für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die gewerbliche Wirtschaft in der Region Osnabrück/Osnabrücker Land eine angemessene Versorgung mit marktgerechten kreditwirtschaftlichen Leistungen und Produkten ermöglicht. Normadressat des Nds. Sparkassengesetzes sowie der über Art. 3 Abs. 1 GG außenwirksamen Sparkassensatzung ist damit eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die in ihrem Tätigkeitsbereich öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnimmt. Die Streitigkeit über die Eröffnung eines Girokontos bei einer Sparkasse ist daher öffentlich-rechtlicher und nicht verfassungsrechtlicher Art i.S. von § 40 Abs. 1 VwGO (zum Anspruch einer politischen Partei im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Parteiengesetz auf Eröffnung eines Girokontos bei einer Sparkasse vgl. BVerwG, B. v. 30.04.2008 - 6 B 16/08 - im Nachgang zum Urt. des OVG Berlin-Brandenburg v. 14.12.2007 - 3 B 7/06 -).

Der Antrag ist auch erfolgreich, soweit er hilfsweise gerichtet ist auf die Einrichtung eines allgemeinen, im Guthaben zu führenden Kontos, auf das die Einzahlung von Fremdgeldern möglich ist.

Der Anordnungsgrund für die einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO, die besondere Eilbedürftigkeit, ergibt sich daraus, dass der Antragsteller dargelegt und glaubhaft gemacht hat, nur noch bis zum 30.04.2010 über ein Konto zu verfügen, das er zur Einzahlung von Mandantengeldern verwenden kann. Die ursprünglich hierfür bestehende Kontoverbindung zur DKB ist durch den gerichtlichen Vergleich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Berlin zu diesem Datum beendet worden.

Durch die Vorlage seiner - auch als Musteranschreiben möglichen - Serienbriefe an andere Kreditinstitute hat er dargelegt und durch die Auflistung und seine entsprechende eidesstattliche Versicherung auch glaubhaft gemacht, bei anderen Banken und Sparkassen kein für die beabsichtigten Zwecke nutzbares Konto eröffnen zu können. Das ihm zur Verfügung stehende Konto bei der LzO ist durch die vorlegte Bescheinigung nachvollziehbar nicht geeignet, zur Einzahlung von Mandantengeldern dauerhaft zu dienen. Auf eine Kündigung dieser ihm für seine Kanzleiausgaben zur Verfügung stehenden Kontoverbindung braucht sich der Antragsteller auch nicht vorübergehend einzulassen. Ohne jede Kontoverbindung dazustehen, begründete die naheliegende Besorgnis, in kürzester Zeit nicht mehr über eine Kontoverbindung zur Abwicklung allfälliger Zahlungsverpflichtungen verfügen zu können.

Dem Antragsteller steht auch ein zu sichernder Anordnungsanspruch zur Verfügung. Ein solcher ergibt sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 NSpG. Danach sind Sparkassen wirtschaftlich selbständige Unternehmen in kommunaler Trägerschaft mit der Aufgabe, auf der Grundlage der Markt- und Wettbewerbserfordernisse für ihr Geschäftsgebiet den Wettbewerb zu stärken und die angemessene und ausreichende Versorgung aller Bevölkerungskreise und insbesondere des Mittelstandes mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen in der Fläche sicherzustellen. Diese in § 2 Abs. 1 Satz 1 der Sparkassensatzung der Antragsgegnerin in gleicher Weise aufgenommene Regelung begründet einen subjektiv öffentlichen Anspruch auf Teilhabe an den Angeboten der Sparkassen als rechtsfähiger Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie erweist sich nicht nur als Aufgabenbeschreibung gerichtet an die Sparkassen, ergänzt um einen reinen Rechtsreflex zugunsten der in der Aufgabenbeschreibung genannten Begünstigten. Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte des Sparkassengesetzes und den gesetzgeberischen Motiven. Zu § 4 Abs. 1 heißt es in der Nds. Landtagsdrucksache 15/1220 (S. 36), dass die Regelung auf die "öffentliche Aufgabenerfüllung des Trägers" abhebt. Die Versorgung der Wohnbevölkerung und der im weitesten Sinne Gewerbetreibenden in der Region wird also vom Gesetzgeber als öffentliche Aufgabenerfüllung betrachtet. Dies spricht schon dafür, hieraus einen Anspruch derjenigen herzuleiten, für die die Aufgaben erfüllt werden sollen. Das sind neben den natürlichen Personen auch gewerblich tätige - natürliche, aber ggf. auch juristische - Personen.

Deutlich wird dies auch in § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Status und die Organisation der Sparkassen in der bis zum 20.05.1999 gültigen Fassung vom 29.06.1990. Dort wird die Aufgabe der Sparkassen dahin bestimmt, dass sie die Aufgabe haben, den Sparsinn in der Bevölkerung ihres Geschäftsgebiets zu fördern. Sie geben nach Satz 2 Gelegenheit, Ersparnisse und andere Gelder sicher und verzinslich anzulegen, dienen der öffentlichen Kreditversorgung unter besonderer Berücksichtigung des Mittelstandes, der wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungskreise ihres Geschäftsgebiets und der öffentlichen Einrichtungen in ihrem Geschäftsgebiet, was dort durch den Klammerzusatz "öffentlicher Auftrag" ergänzt ist.

Die Kammer sieht in der Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 NSpG deshalb eine geeignete subjektive öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage für den im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Anspruch: Der Antragsteller ist mit seiner Kanzlei im Gebiet der Antragsgegnerin geschäftsansässig und begehrt von ihr - zumindest mit dem Hilfsantrag - die Eröffnung eines Girokontos ohne Dispositionskredit zu den üblichen Bedingungen. Dies ist eine geld- und kreditwirtschaftliche Leistung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 NSpG.

Dem Anspruch lässt sich auch nicht innerhalb der dem Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz eigenen summarischen Prüfung entgegenhalten, dass mit dem Begehren des Antragstellers Grenzen überschritten würden, die ihm innewohnten. Das Nds. Sparkassengesetz selbst enthält keine Regelung über die Grenzen des in der Aufgabenbeschreibung begründeten Anspruchs auf geld- und kreditwirtschaftliche Leistungen einschließlich der Girokontoeröffnung und -führung. Gleichwohl ist dieser Anspruch nicht grenzenlos gewährt, sondern er findet seine Grenze darin, dass durch die Geltendmachung dieses Anspruchs die Antragsgegnerin nicht verpflichtet werden darf, Straftaten zu begehen oder an Straftaten mitzuwirken. Dies zeigt sich z.B. am Straftatbestand des § 261 Abs. 1 StGB, der in Abs. 1 Ziff. 4 lit. a) auch die durch Betrug erlangten Gegenstände vor dem Zugriff durch Verbergen, Verschleierung der Herkunft oder ihrer Ermittlung, Auffinden, Verfall oder Einziehung oder Sicherstellung schützt. Im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit des Verfahrens und den Schwerpunkt der auch von der Antragsgegnerin geltend gemachten Bedenken gegen die Tätigkeit des Antragstellers hat sich die Kammer, auch weil in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit eine belastbare Auskunft oder umfassende Akteneinsicht nicht zu erlangen war, auf die Tätigkeit des Antragstellers für die Firma D. Ltd., und hier für deren Internetplattform E. konzentriert.

Die Antragsgegnerin bräuchte für Gelder, die der Antragsteller für die D. Ltd. bei ihr einzahlen lassen will, dann kein Konto zu unterrichten, wenn der Internetauftritt der Firma oder die Geltendmachung der vermeintlich aus Rechtsgeschäften mit ihr geschuldeten Zahlungen Straftatbestände verwirklichte. Hier kommt insbesondere eine Betrugsstrafbarkeit nach § 263 StGB in Betracht. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält. Tathandlung ist daher das Täuschen über - auch innere - Tatsachen. Eine solche Tatsache, über die im Internetauftritt F. getäuscht werden könnte - mit der Folge einer Vermögensverfügung - wäre dann anzunehmen, wenn der Interessent auf der Seite über die Entgeltlichkeit der von ihm in Anspruch genommenen Dienste getäuscht werden würde. Hiervon geht die Kammer bei der gegenwärtigen Gestaltung der Seite nicht aus. Dabei legt sie die Fassung zugrunde, die zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung aufzurufen war. Die Kammer erachtet diese Fassung und nicht frühere für maßgeblich, weil die vom Antragsteller angestrebten Geschäftsbeziehungen zur Antragsgegnerin in der Zukunft aufgenommen werden sollen und nur solche Gelder bei der Beurteilung der Strafwürdigkeit ihrer Erlangung berücksichtigt werden können, die auf künftigen Forderungen beruhen und auf diese eingehen. Nach der konkreten und aktuellen Fassung des Internetauftritts (Aufruf 27.4.2010) gelangt man zunächst zu einer Übersicht über eine Vielzahl von teilweise als neue, teilweise als aktualisierte download links bezeichneten Programmen. Bei sämtlichen Programmen handelt es sich - soweit ersichtlich - um sog. freeware, d.h. im Internet an sich kostenlos angebotene Programme. Bereits auf dieser Seite wird der Nutzer an der linken Seite einerseits auf die "Vorteile" als member, wie auf die dort aufgeführten Inhalte, hingewiesen. Sie lautet:

"Vorteile: Als member, als registrierter Benutzer, bei E..de erhalten sie Zugriff auf redaktionell aufbereitete Inhalte zum Thema Software. Wir erarbeiten regelmäßig Verweise auf neue Programme."

"Inhalte: Im memberbereich erhalten Sie Zugriff auf redaktionell aufbereitete Inhalte zum Thema Software. Wir erarbeiten regelmäßig Verweise auf neue Programme."

Diese Hinweise bleiben nach der Entscheidung für ein bestimmtes aufgeführtes Programm erhalten. Dieses wird dann - nachvollzogen am Beispiel von open office 3.2.0 - ergänzt um einige stichwortartige Hinweise. Dabei bleiben die zuvor aufgezeigten Erläuterungen am linken Bildschirmrand "Vorteile als member" und "Inhalte" erhalten. Auf der rechten Seite wird unter einzelnen Stichworten u.a. zum Stichwort "Lizenz" der Begriff "freeware" ausdrücklich genannt. Unter dem Stichwort "Hersteller" ist ein link gesetzt, der zur Homepage des Anbieters führt. Auf dieser ist die freeware tatsächlich und kostenfrei erhältlich. In dieser Kategorie ist eine Bewertung durch die Anbringung einer Anzahl von Sternen, im Fall von open office 3.2.0 von fünf Sternen aufgeführt. Zu einem download über die Seite E. kommt man, wenn man sich nicht für den Herstellerlink entscheidet, dann, wenn man im unteren Bereich der so aufgebauten Seite den ersten Begriff der Fußzeile anklickt. Dieser lautet Memberbereich/login und öffnet ein weiteres Fenster, in dessen Kopf das Softwareprogramm erhalten bleibt und an der linken Seite weitere die Vorteile als member und die Inhalte des Memberbereichs wie vorstehend geschildert lesbar bleiben. Der Auftritt selbst ist vertikal geteilt und enthält im linken Teil ein login, der eine Emailadresse und ein Passwort abfragt und im rechten Teil unter der Überschrift "Noch kein member€ Was ist E..de€" die Anmeldung eröffnet. Hier heißt es in der gleichen Schriftgröße, in der die Vorteile und die Inhalte aufgeführt werden:

"Als registrierter Benutzer bei E. erhalten Sie Zugriff auf redaktionell aufbereitete Inhalte zum Thema Software. Wir erarbeiten regelmäßig Verweise auf neue Programme."

Darunter wird ausdrücklich auf die Kostenpflicht hingewiesen:

"Mit Ihrer Registrierung werden Sie Mitglied. Für diese Mitgliedschaft entstehen Ihnen Kosten in Höhe von 96,- € inklusive Mehrwertsteuer pro Jahr (12 Monate zu je 8,- €), Vertragslaufzeit zwei Jahre, damit Kosten von insgesamt 192,- €."

Mit dem Klick auf die hinterlegte Formulierung "Jetzt anmelden!" öffnet sich ein weiteres Fenster, in dem immer noch unter der Überschrift open office 3.2.0 die persönlichen Daten Anrede, Vorname, Nachname sowie die Adressdaten mit Straße/Nummer, Postleitzahl, Wohnort und Land sowie als sonstige Angaben Geburtsdatum und Emailadresse abgefragt werden. Unmittelbar unter diesen abgefragten Daten findet sich der Zusatz

"Durch Drücken des Buttons "Anmelden" entstehen Ihnen Kosten von 96,- € inklusive Mehrwertsteuer pro Jahr (12 Monate zu je 8,- €), Vertragslaufzeit zwei Jahre, damit Kosten von insgesamt 192,- €."

Als nächstes, notwendig durch das Setzen eines Häkchens aktivierbar, steht die Formulierung:

"Ich akzeptiere die AGB und die Datenschutzerklärung und habe die Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen".

Erst darunter findet sich der farblich hervorgehobene Button, auf dem ein Schlüsselchen abgebildet ist, mit dem Wort "Anmelden".

Der Antragsteller und die anbietende D. Ltd. gehen davon aus, dass beim Anklicken unter Berücksichtigung der konkreten Gestaltung ein Angebot zu einem Vertrag und durch dessen Annahme seitens der D. Ltd. ein wirksamer Vertrag über die von ihr angebotene Dienstleistung zustande kommt.

Der unbeschränkt Geschäftsfähige kann bei der konkreten Gestaltung des Internetauftrittes, insbesondere der letzten Seite, auf der die Anmeldung und damit der Vertragsschluss zustande kommt, nach Auffassung der Kammer nicht über die Entgeltlichkeit des Angebots auf der Plattform irren (zur Strafbarkeit von Abo-Fallen im Internet bei offenbar geringfügig abweichender Gestaltung: LG Frankfurt, a.n. B. v. 05.03.2009 - 5/27 KLS 3330 JS 212484/07 -, KLS-12/08). Der Besucher der von der Kammer ihrer Würdigung zugrunde gelegten Seite wird schon auf den Vorseiten auf die Entgeltlichkeit des Angebots hingewiesen. Er muss unmittelbar in der Abfolge von oben seine persönlichen Daten und Adressdaten sowie sein Geburtsdatum und die E-mailanschrift angeben. Dieses sind Umstände, die generell geeignet sind, im Internet eine besondere Aufmerksamkeit auszulösen. Der Hinweis auf die Kostenpflicht bei Anmeldung steht in gleicher Schriftgröße wie die Erläuterungen am linken und rechten Rand der Seite und in gleicher farblicher und auch nicht anders optisch zurückgenommener Form. Unmittelbar vor dem Anmelden und zwischen diesen und den abgefragten persönlichen Daten wird in einem aktivierungspflichtigen link auf AGB, Datenschutzerklärung und Widerrufsbelehrung hingewiesen; d.h. an diesem Schritt ist zwischen der Eingabe der persönlichen Daten und der Anmeldung auch noch eine aktive Verrichtung des Nutzers erforderlich.

Die Belehrung über Laufzeit, monatliche Kosten, jährliche wie Gesamtlaufzeitkosten ist gegeben und nach Auffassung der Kammer auch im Hinblick auf die Verpflichtungen zu Entgeltangaben inhaltlich nicht zu beanstanden. Wer trotz dieser zumindest bei der gebotenen Sorgfalt wahrnehmbaren Hinweise auf die Entgeltlichkeit nach Preisgabe seiner Daten die Anmeldung vornimmt, kann nicht schutzwürdig geltend machen, über die Unentgeltlichkeit getäuscht worden zu sein. Das aber wäre notwendiger Ansatzpunkt für einen Betrugsvorwurf, begangen durch die Täuschung über die Entgeltlichkeit, die ursächlich für die im Vertragsabschluss liegende Vermögensverfügung des "Anmeldenden" wäre, der dann durch die Begründung der Forderung gegen sich eine Verpflichtung einginge für eine Gegenleistung, die er so mutmaßlich nicht gewollt hat. Bei klar erkennbarer Entgeltlichkeit des Angebots, das sich bei genauer Betrachtung nur als Erläuterung und linksammlung darstellt, kann in dem Internetauftritt ein Betrug oder versuchter Betrug nach Auffassung der Kammer nicht gesehen werden.

Einen Betrug bzw. Betrugsversuch sieht die Kammer auch nicht in der Geltendmachung der mutmaßlich entstandenen Forderung des Internetanbieters durch den Antragsteller (anders AG Marburg, Urt. v. 18.01.2010, 91 C 981/09; AG Karlsruhe, Urt. v. 12.08.2009, 9 C 93/09; dazu Mirko Möller, Zur Anwaltshaftung bei Anmahnung nicht bestehender Forderungen aus Abo-Fallen im Internet, EWiR 2010, 17; Klaas, Küster, So geht€s Abo-Fallen Anwälten an den Kragen, NJW 2009, Umschlagseiten XIV - XVI). Zwar ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass in einem Anspruchsschreiben konkludente Erklärungen enthalten sein können, die Anknüpfungspunkt für eine Betrugshandlung sein können (BGH, B. v. 09.06.2009, - V STR 394/08 -). Dies setzt aber voraus, dass das konkludent Miterklärte beim Empfänger auf Grund der besonderen Verpflichtung, etwa zur Gesetzmäßigkeit des Verhaltens geeignet ist, ein Vertrauen in die Richtigkeit der geltend gemachten Forderung zu begründen und die Ermittlung des konkreten geltend gemachten Betrages für den Empfänger der Forderung nicht nachvollziehbar ist. Bei der im summarischen Verfahren möglichen Sachverhaltsaufklärung geht die Kammer bei den ihr bekannten Anspruchsschreiben davon aus, dass eine solche unzureichende Nachvollziehbarkeit nicht gegeben ist. Sie enthalten eine Auflistung über Hauptforderung, Mahnkosten, die anwaltliche Geschäftsgebühr sowie die Auslagenpauschale jeweils unter Angabe der einschlägigen Nummer der Grundlagen.

Zweifelhaft ist lediglich die Erklärung: €Durch Zahlung des Rechnungsbetrages für das erste Vertragsjahr haben Sie die Forderung anerkannt und sind so zur Zahlung des zweiten Jahres verpflichtet.€. Ob im jeweiligen Einzelfall tatsächlich bereits die Zahlung des ersten Jahresbetrages (von im konkreten Fall 12 x 8,00 €) erfolgt ist, ist anhand des Anschreibens selbst nicht nachvollziehbar. Es erscheint auch zweifelhaft, weil die Angabe des Abschlusses des Dienstleistungsvertrages und einer Rechnungsnummer jeweils genau ein Jahr auseinander liegen und das der Kammer bekannt gewordene Anspruchsschreiben seinerseits jeweils kurze Zeit nach dem aufgeführten Rechnungstag datiert.

Die im Anforderungsschreiben enthaltene Behauptung, durch die Zahlung eines Betrages für das erste Jahr der Laufzeit ein Anerkenntnis abgegeben zu haben, erscheint jedenfalls nicht im Sinne eines Schuldanerkenntnisses im Sinne von § 781 BGB vertretbar. Das Anspruchsschreiben selbst stützt die darin geltend gemachte Forderung aber nicht auf das darin liegende Anerkenntnis, sondern bezieht sich ausdrücklich auf den im Betreff aufgeführten Dienstleistungsvertrag, der mit Datum angegeben ist. Auch nach der Anrede bezieht sich die Auflistung in der Einführung auf die €oben genannte Forderung€, berühmt sich also nicht eines neuen Rechtsgrundes, der durch die Zahlung für einen zurückliegenden Zeitraum begründet worden wäre.

Die Kammer verfügt im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz auch nicht über hinreichend tatsächliche Erkenntnisse, die es erlaubten anzunehmen, der Antragsteller sei sich bei der Fertigung der Anspruchsschreiben einer etwaigen Sittenwidrigkeit der eingegangenen Verträge nach § 138 Abs. 1 BGB bewusst und täusche selbst über die Berechtigung der geltend gemachten Forderung. Zwar ist in der Rechtsprechung (vgl. zuletzt wohl BGH, U. v. 09.10.2009, - V ZR 178/08 -) anerkannt, dass bei einem groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung auf die verwerfliche Gesinnung des von diesem Missverhältnis begünstigten Vertragsteils geschlossen werden kann. Selbst in dem Fall, in dem dieses Äquivalenzmissverhältnis und der darin anknüpfende Schluss auf die verwerfliche Gesinnung geltend gemacht wird, muss diese vom Gesetz gleichsam vermutete Tatsache vorgetragen werden, dann beruht sie auf einer tatsächlichen Vermutung. Dies setzte aber voraus, dass sich der Antragsteller bei Erstellung der Anspruchsschreiben über das Missverhältnis im Klaren gewesen ist, dass zwischen der von den jeweiligen Anbietern der Internetpauschale einerseits angebotenen Leistungen, andererseits der verlangten bzw. vereinbarten Entgelte besteht, bewusst gewesen wäre. Hieran hegt die Kammer im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz deshalb Zweifel, weil sich das Entgelt für die sehr subjektive Werthaltigkeit der angebotenen Dienstleistung im System des Marktes nach dem individuellen Wert bemisst, den der Vertragspartner ihr beimisst. So mag ein monatliches Entgelt von 8,00 € pro Monat für eine Laufzeit von 24 Monaten für ganz überwiegende Teile der Bevölkerung in der Bundesrepublik maßlos überhöht sein, weil sie auf Grund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten in der Lage ist, sich selbst z.B. Zugang zu den Homepages der Anbieter der tatsächlich kostenlos verfügbaren freeware zu verschaffen. Dies muss allerdings nicht generell gelten, jedenfalls bleibt es dem Einzelnen dann überlassen, die Werthaltigkeit der erlangten Gegenleistung selbst zu prognostizieren, wenn er den Aufwand, also die von ihm durch einen Vertragsschluss begründete Gegenleistung, bemessen kann. Im Verfahren auf Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes sieht sich die Kammer nicht in der Lage, abschließend zu beurteilen, ob nach dem Zugang zum "memberbereich" beispielsweise das dort verfügbare Angebot sodann derartig nichtssagend ist, dass es hinter der Verlinkung zum kostenlosen download der freeware völlig zurücktritt oder zu bemessen, welche Werthaltigkeit im Sinne eines Marktangebotes dem Zugang zu einer download-Sammlung beigemessen werden kann. Im summarischen Verfahren auf Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes geht die Kammer jedenfalls davon aus, dass der Antragsteller nicht von vornherein davon ausgehen muss, dass die von seiner Mandantschaft angebotenen Verträge auf den Austausch von Leistungen in einem besonders groben Missverhältnis gerichtet und damit per se sittenwidrig und unwirksam wären. Damit kann mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in einem Aufforderungsschreiben auch keine Täuschung über eine Rechtstatsache liegen, weil die Aufforderung zur Zahlung notwendigerweise voraussetzt, dass die geltend gemachte Forderung tatsächlich besteht. Umstände, die im Einzelfall dagegen sprechen könnten, wie etwa die beschränkte Geschäftsfähigkeit des Vertragsschließenden oder eben die Sittenwidrigkeit des Vertrages erscheinen zumindest auf der Grundlage der dem Gericht verfügbaren Tatsachen nicht evident.

Im Rahmen der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung geht die Kammer deshalb davon aus, dass die vom Antragsteller für seine Mandantschaft in dieser Form eingetriebenen Beträge weder selbst durchweg deliktisch erlangt sind, noch in der Geltendmachung eine selbständige Straftat zu sehen wäre. Bei der im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen rechtlichen Würdigung und der nur beschränkt möglichen Sachverhaltsaufklärung geht die Kammer davon aus, dass der Antragsteller im Rahmen seiner Geschäftsbeziehungen zur Antragsgegnerin nicht systematisch Beihilfe zu einem fremden - ggf. versuchten - oder fremdnützigen Betrug begeht, noch er selbst einen solchen Straftatbestand durch die von ihm erstellten und versandten Anspruchsschreiben begangen hat und begehen wird. Der Antragsgegnerin wird also mit dem Begehren, ein Girokonto für den Antragsteller für die Einzahlungen von Forderungen seiner Mandantschaft zu eröffnen, nicht zugemutet, an deliktischem Verhalten teilzunehmen oder dieses in anderer Form zu fördern.

Dem geltend gemachten Anspruch auf Eröffnung eines Girokontos steht nach Auffassung der Kammer auch nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin daraus einen Imageschaden befürchten müsste. Ein solcher Imageschaden wäre nach Auffassung der Kammer nur dann geeignet, dem an sich bestehenden öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Eröffnung eines Girokontos aus § 4 NSpG entgegenzustehen, wenn er rechtlich die Bedeutung gewönne, dass die Umstände, die den Ansehensverlust der Antragsgegnerin begründeten, diese berechtigten, die eingegangene zivilrechtliche Verpflichtung, das Giroverhältnis zu betreiben, umgehend wieder zu kündigen. Denn aus allgemeinen Erwägungen kann niemand gezwungen werden, ein Rechtsverhältnis zu begründen, das er berechtigterweise sofort wieder einseitig beenden kann. Die Kammer kann indes im Rahmen des Eilverfahrens offenlassen, ob ein solcher Imageschaden tatsächlich geeignet sein könnte, das aus Art. 3 Abs. 1 GG bestehende Willkürverbot, an das die Sparkassen auf Grund ihrer unmittelbaren Grundrechtsbindung (BGH, U. v. 11.03.2009 - XI ZR 403/01 -) gebunden sind, zu überwinden. Dies hat die Vorinstanz (OLG Dresden, U. v. 15.11.2001 - 7 O 1956/01 -) zum vorgenannten Urteil des BGH noch angenommen, weil die anwaltlich massenhaft eingetriebenen Forderungen auf rechtlich zweifelhaften Geschäften beruhten (vgl. dazu auch Unger-Hellmich/Stefan, BKR 2009, S. 441). Nach Auffassung der Kammer ist dies jedoch nicht so eindeutig: Das Image der Sparkassen ist geprägt durch ihre historische Entwicklung und ihren zumindest in der Vergangenheit eingeschränkten Tätigkeitsbereich sowie die Rechtsträgerschaft, die ihr nicht zuletzt in der jüngeren Vergangenheit das besondere Vertrauen der Bankdienstnachfrager eingebracht hat. Dies manifestierte sich zuletzt in den Beschränkungen beispielsweise der Nds. Sparkassenverordnung vom 18.06.1990 und den darin aufgeführten besonderen Beschränkungen der zulässigen Geschäfte, vgl. die Übersicht in § 12 Nds. Sparkassenverordnung vom 18.06.1990. Ihr wesentlicher Unterschied zu den privaten Geschäftsbanken besteht in der vermittelten besonderen Sicherheit einerseits und dem ihnen auferlegten öffentlichen Auftrag andererseits. Dieser beinhaltet die Verpflichtung, für die Bürgerinnen und Bürger in der Region tätig zu werden, aber auch nicht nur auf die Gewinnerzielung im Interesse des Trägers zu achten. Es manifestiert sich auch in dem Hinweis auf die Unterstützung der Träger bei dessen öffentlicher Aufgabenerfüllung in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nds. Sparkassengesetz, wie auch in § 2 Abs. 3 2. Halbsatz der Sparkassenordnung der Antragsgegnerin, die ausdrücklich die Erzielung von Gewinn nicht als Hauptzweck ihres Geschäftsbetriebs bestimmt. Die Pflege eines Images der Sparkassen kann deshalb seiner Natur nach schon nur in dem Rahmen erfolgen, in dem die Aufgaben der Sparkassen definiert sind und öffentlich wahrgenommen werden. In eben dieser öffentlichen Wahrnehmung haben Sparkassen eine weitergehende Tätigkeitsverpflichtung, können sich also ihre Kunden nicht nach eigenen Kriterien aussuchen, sondern haben einen breiteren Zugang zu gewährleisten als private Geschäftsbanken. Dies lässt es schon zweifelhaft erscheinen, ob ein Ansehensverlust überhaupt geeignet sein könnte, einen sachlichen Grund für die Kündigung einer bestehenden Girokontoverbindung zu begründen.

Letztlich kommt es darauf in der summarischen Prüfung zur Entscheidung im Eilverfahren nach Auffassung der Kammer aber nicht an, weil ein Imageschaden für die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall nicht zu besorgen ist. Zwar ist die Zusammenarbeit mit Personen, die, wie der Antragsteller, Beträge erwirtschaften, die in der öffentlichen Wahrnehmung mit ethischen Grundsätzen unvereinbar erscheinen, grundsätzlich geeignet, auch den anderen Teil der Geschäftsbeziehung mit dem Verdikt der Unredlichkeit zu behaften. Die Zusammenarbeit der Antragsgegnerin mit Personen wie dem Antragsteller beruht aber nicht auf selbständigen und freien Entscheidungen der Antragsgegnerin, sondern auf der ihr durch Rechtssatz auferlegten gegenüber anderen Geschäftsbanken weitergehenden Verpflichtung. Sie kann sich sozusagen €ihre Kunden nicht aussuchen€.

Tritt darüber hinaus hinzu, dass die Antragsgegnerin - wie im vorliegenden Verfahren - das aus ihrer Sicht Mögliche getan hat, um die Zusammenarbeit mit einem €Ansehensbemakelten€ zu vermeiden und ist sie dadurch nur durch eine gerichtliche Entscheidung verpflichtet worden, braucht sie eine nachhaltige Einwirkung auf ihren Geschäftsbetrieb, etwa durch Störung des Vertrauensverhältnisses zu anderen Kunden, nicht zu besorgen. Sie ist - bei einer je nach Sichtweise kontrovers zu erörternden Rechtsfrage - durch eine Entscheidung außerhalb ihres Wirkkreises gezwungen worden, sich auf Geschäftsbeziehungen in einem Minimalmaß einzulassen.

Selbst wenn ein Imageschaden einen besonderen Grund für die Kündigung eines Girokontoverhältnisses auch bei einer Sparkasse begründen könnte, stünde dies im vorliegenden Fall dem geltend gemachten Anspruch auf Eröffnung eines Girokontos nicht entgegen, weil ein relevanter Imageschaden nicht zu besorgen wäre.

Erfolglos bleibt das Begehren des Antragstellers insoweit, als er mit dem Hauptantrag die Verpflichtung der Antragsgegnerin herbeizuführen sucht, Anderkonten zu eröffnen und zu unterhalten. Rechtsanwaltsanderkonten sind Konten, die ein Rechtsanwalt im eigenem Namen und mit eigener Verfügungsbefugnis treuhänderisch für einen anderen unterhält. Die Möglichkeit, Mandantengelder auf Anderkonten in Übereinstimmung mit der BRAO zu verwahren, ergibt sich aus § 43 a Abs. 5. Dieser verpflichtet den Rechtsanwalt fremde Gelder unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder auf ein Anderkonto einzuzahlen. Die Verwahrung von Geldern auf einem Anderkonto ist also nur eine von zwei Möglichkeiten, die die Abwicklung von Mandantengeldern zulässt. Im Rahmen des Eilverfahrens ist der Antragsteller also zur Fortsetzung seiner Inkassotätigkeit nicht darauf angewiesen, gerade Anderkonten für seine Mandanten zu unterhalten. Die Kammer erachtet es dann als für die Antragsgegnerin minder belastend, wenn diese nicht verpflichtet ist, Anderkonten jeweils für Gelder der jeweiligen Mandantschaft des Antragstellers zu eröffnen und zu unterhalten, sondern dem Antragsteller die Last aufzuerlegen, die eingehenden Gelder jeweils dem Forderungsinhaber zuzuordnen und zu verteilen. Eine eilbedürftige Entscheidung über die Abwicklung der Zahlungen unter Inanspruchnahme von Anderkonten vermochte die Kammer daher nicht zu erkennen.

Den Umfang des teilweisen Unterliegens mit diesem Anspruch bewertet die Kammer im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 155 Abs. 1 VwGO als hälftiges Unterliegen. Dies erscheint deshalb naheliegend, weil die Eröffnung und Führung des Anderkontos zunächst ausschließlicher Antrag im Schriftsatz vom 23.03.2010 gewesen ist und auch im Schriftsatz vom 23.04.2010 ausdrücklich als Hilfsantrag ergänzend gestellt wurde. Nur mit diesem Hilfsantrag ist das Begehren aber im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz erfolgreich.

Die Streitwertbemessung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG; dabei orientiert sich das Gericht an dem vom Antragsteller mitgeteilten Interesse. Von einer Reduzierung des Streitwerts nach Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat die Kammer abgesehen, weil die Angabe des eigenen wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers in der vorgenannten Höhe auf seine Angabe im Eilverfahren beruht.






VG Osnabrück:
Beschluss v. 29.04.2010
Az: 1 B 9/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/385572663f63/VG-Osnabrueck_Beschluss_vom_29-April-2010_Az_1-B-9-10


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