Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. November 2004
Aktenzeichen: 10 W (pat) 702/02

(BPatG: Beschluss v. 04.11.2004, Az.: 10 W (pat) 702/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Geschmacksmusterinhaberin beantragte mit der am 11. Januar 1996 beim Deutschen Patentamt (nunmehr Deutsches Patent- und Markenamt, DPMA) eingereichten Geschmacksmustersammelanmeldung die Eintragung von 4 Mustern mit der Bezeichnung "Manschettenknöpfe ... " in das Musterregister; die Eintragung erfolgte im September 1996.

Mit Schreiben vom 12. Juni 1998, das im Betreff zwar auch das Aktenzeichen des vorliegenden Verfahrens enthielt, sich aber im folgenden Text nur auf zwei andere Verfahren bezog, stellte die Geschmacksmusterinhaberin Antrag auf Stundung der Verlängerungsgebühren bis zum Ende des Jahres und bat weiterhin um Verfahrenskostenhilfe. Zum vorliegenden Verfahren wies das DPMA schließlich mit Bescheid vom 12. Januar 1999 darauf hin, dass die Schutzdauer erst am 11. Januar 2001 ende und es daher auf die wirtschaftliche Situation zu diesem Zeitpunkt ankomme; ein Antrag wäre daher am Ende des Jahres 2000 zu stellen.

Mit Bescheid vom 18. April 2001 gab das DPMA Nachricht gemäß § 9 Abs 3 Satz 3 GeschmMG aF (aF = die bis 31. Dezember 2001 geltende Fassung), dass der Schutz für die Geschmacksmustereintragung am 11. Januar 2001 ende, wenn nicht für die Verlängerung der Schutzdauer um weitere fünf Jahre die Verlängerungsgebühr mit Zuschlag in Höhe von insgesamt 660,- DM innerhalb von vier Monaten nach Zustellung der Nachricht entrichtet werde. Die Nachricht wurde als Einschreiben am 24. April 2001 zur Post aufgegeben. Im Adressenfeld und bei der Angabe des Anmelders/Inhabers wurde im Bescheid "S..." ange- geben.

Die Geschmacksmusterinhaberin teilte daraufhin zunächst mit Schreiben vom 23. April 2001 mit, dass Anmelder keine juristische Person, sondern S... als natürliche Person sei. Sie sei die einzige Gesellschafterin und Inhaberin der S... GmbH. Das DPMA legte dies als Umschreibungs- antrag aus und wies auf die Gebührenpflichtigkeit der Umschreibung hin.

Mit Schreiben vom 18. Mai 2001 hat die Geschmacksmusterinhaberin Antrag auf Hinausschiebung der Absendung der Gebührennachricht nach § 9 Abs 4 Satz 1 GeschmMG für den Zeitraum von zwei Jahren gestellt, hilfsweise Stundung der Gebührenzahlung für zwei Jahre. Diesem Antrag hat sie Belege über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt. Zudem hat sie angefragt, ob eine kostenfreie Umschreibung möglich sei; die Eintragung auf die S... GmbH sei nur versehentlich erfolgt.

Auf den erneuten Hinweis des DPMA auf die Gebührenpflichtigkeit der Umschreibung sowie auf die Notwendigkeit, glaubhaft zu machen, dass sie ohne Verschulden gehindert gewesen sei, den Antrag auf Stundung der Verlängerungsgebühr zu stellen, hat die Geschmacksmusterinhaberin in ihrem Schreiben vom 2. November 2001 vorgetragen, die Gebührennachricht des DPMA vom 18. April 2001 habe lediglich die Frist von vier Monaten enthalten. Sie habe angenommen, dass dies auch die Frist für den Stundungsantrag sei. Sie habe auch diesen in Unkenntnis als Stundungsantrag gestellt und bitte, diesen rückwirkend als Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zu akzeptieren.

Das Deutsche Patent- und Markenamt - Musterregister - hat durch Beschluss vom 27. November 2001 den Antrag auf Stundung der Gebühr für die Verlängerung der Schutzdauer und den Antrag auf kostenfreie Umschreibung zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe werde als Antrag auf Stundung der Verlängerungsgebühr gemäß § 9 Abs 5 GeschmMG aF ausgelegt, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung keine andere Gebührenerleichterung zulässig gewesen wäre. Die Voraussetzungen des § 9 Abs 5 GeschmMG aF lägen aber nicht vor. Der Antrag müsse innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung der Gebührennachricht gestellt werden. Da die Gebührennachricht am 27. April 2001 als zugestellt gelte, sei die Stellung des Stundungsantrags am 22. Mai 2001 verspätet. Die Geschmacksmusterinhaberin habe auch nicht glaubhaft gemacht, dass sie ohne Verschulden daran gehindert gewesen sei, rechtzeitig einen Antrag auf Stundung der Verlängerungsgebühr zu stellen. Zudem sei für eine Stundung der Nachweis erforderlich, dass dem Antragsteller die Zahlung der Gebühr nach Lage seiner Mittel zur Zeit nicht zuzumuten sei; wie sich aus den weiteren Verfahren der Geschmacksmusterinhaberin ergebe, sei diese aber seit 1998, mithin seit drei Jahren dauerhaft zahlungsunfähig, also nicht nur vorrübergehend. Der Antrag auf kostenfreie Umschreibung werde zurückgewiesen, da im Falle der Inhaberänderung die Umschreibgebühr fällig werde.

Hiergegen wendet sich die Geschmacksmusterinhaberin mit der Beschwerde. Das am 28. Dezember 2001 per Telefax eingegangene Beschwerdeschreiben enthält zwar als Absenderangabe die Angabe "S...", aber ganz am obe- ren Seitenrand die Absenderkennung "S... GmbH". Die Geschmacksmus- terinhaberin trägt vor, sie habe den Hinweis des Patentamts, dass ein Antrag auf Hinausschiebung des Absendens der Gebührennachricht am Ende des Jahres 2000 zu stellen sei, nicht erhalten; durch ihren damaligen Ortswechsel von F... nach N... sei es nachweislich trotz Nachsendeantrags zu Zustel- lungsproblemen gekommen. Ihr sei es daher nicht möglich gewesen, rechtzeitig Antrag auf Hinausschiebung des Absendens der Gebührennachricht zu stellen. Sie habe mit ihrem Antrag in der Tat einen Antrag auf Stundung der Verlängerungsgebühr gemäß § 9 Abs 5 GeschmMG beabsichtigt. Sie habe nicht gewusst, dass dieser Antrag innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung der Gebührennachricht zu stellen sei; sämtliche Schriftstücke, die sie bisher vom Patentamt bekommen habe, wiesen immer nur Fristen wie "innerhalb eines Monats" oder "binnen vier Monaten" nach Zustellung auf. Sie berufe sich deshalb auf die Anfechtbarkeit wegen Irrtums und falscher Übermittlung. Ihre Bedürftigkeit sei tatsächlich nur vorübergehender Art. Die Umschreibung sei zweitrangig.

Die Geschmacksmusterinhaberin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II 1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere durch die richtige Beschwerdeführerin eingelegt. Beschwerdeberechtigt sind am Verfahren vor dem Patentamt Beteiligte, § 10a Abs 1 GeschmMG in der bis 31. Mai 2004 geltenden Fassung iVm § 74 Abs 1 PatG. Das ist hier die S... GmbH, die im Musterregister als In- haberin des vorliegenden Geschmacksmusters eingetragen ist und der gegenüber auch die angefochtene Entscheidung ergangen ist. Die gebotene Auslegung des Beschwerdeschreibens ergibt, dass die Beschwerde auch von dieser, vertreten durch ihre Geschäftsführerin, eingelegt worden ist. Unklarheiten in dieser Richtung sind nicht zuletzt auch auf die teilweise irreführende Zustellpraxis des DPMA zurückzuführen, bei der in mehreren amtlichen Bescheiden die Geschäftsführerin nicht bloß als Zustellungsadressatin, sondern als Geschmacksmusterinhaberin bezeichnet worden ist.

Eine Beschwerdegebühr ist nicht gezahlt, aber auch nicht erforderlich. Nach § 10a Abs 1 Satz 3 GeschmMG in der hier maßgeblichen bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung - die Beschwerde ist noch unter Geltung des bis 31. Dezember 2001 geltenden Gebührenrechts eingelegt worden - ist zwar für die Beschwerde eine Gebühr nach dem Tarif zu zahlen. Der maßgebliche Tarif gemäß Gebührenverzeichnis Nr 244110 bzw Nr 244120 zu § 1 PatGebG in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung ist aber in ständiger Rechtsprechung dahingehend auszulegen, dass Beschwerden gegen Entscheidungen, die den Bestand der Anmeldung als solcher nicht berühren, keine Gebührenpflicht auslösen (vgl Eichmann/v. Falckenstein, GeschmMG, 2. Aufl, § 10a Rdn 9 unter Hinweis auf 4 W (pat) 707/95 vom 3. April 1995; zuletzt zB 10 W (pat) 703/99 vom 19. Juli 1999). Auch mit dem hier angefochtenen Beschluss ist keine Entscheidung über den Bestand einer Anmeldung getroffen worden, sondern nur über einen Stundungsantrag.

2. Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Das DPMA hat den am 18. Mai 2001 gestellten Antrag der Geschmacksmusterinhaberin, der nach seinem Wortlaut ein Antrag auf Hinausschiebung der Absendung der Gebührennachricht, hilfsweise ein Stundungsantrag ist und die Verlängerung ihrer vier Muster um weitere fünf Jahre für das 6. bis 10. Schutzjahr betrifft, zu Recht zurückgewiesen.

a. Die Verlängerungsgebühr für das 6. bis 10. Schutzjahr ist gemäß § 9 Abs 3 Satz 1 GeschmMG aF zum Ablauf der Schutzdauer fällig gewesen, hier also zum Ablauf des 11. Januar 2001. Die Gebührennachricht vom 18. April 2001 hat wirksam die Zahlungsfrist in Gang gesetzt. Sie ist zwar der Geschäftsführerin der Geschmacksmusterinhaberin, die als gesetzliche Vertreterin der GmbH grundsätzlich die richtige Zustellungsadressatin ist, zugestellt worden, ohne ausdrücklich deutlich zu machen, dass ihr in dieser Eigenschaft zugestellt wird. Die Erwiderung der Geschmacksmusterinhaberin in den nachfolgenden Schreiben zeigt aber, dass sie die Gebührennachricht tatsächlich erhalten hat; der Zustellungsmangel ist daher geheilt, § 10 Abs 5 GeschmMG aF iVm § 127 Abs 1 PatG, § 9 VwZG. Der Gebührennachricht hat auch kein rechtzeitig gestellter Antrag auf Hinausschiebung des Absendens der Gebührennachricht entgegengestanden. Der im Juni 1998 gestellte Antrag lief insoweit schon deshalb ins Leere, weil er sich auf den Zeitraum bis Ende 1998 bezogen hat, der lange vor dem hier maßgeblichen Fälligkeitstermin liegt; ob nach dem Inhalt des Schreibens überhaupt das vorliegende Geschmacksmuster gemeint war, kann daher dahingestellt bleiben. Die Zahlungsfrist endete vier Monate nach Zustellung der Gebührennachricht, hier also im September 2001. Der am 18. Mai 2001 gestellte Antrag der Geschmacksmusterinhaberin hat den Ablauf dieser Frist nicht gehindert, denn dieser Antrag ist weder als Antrag auf Verfahrenskostenhilfe (siehe unter b.) noch als Antrag gemäß § 9 Abs 5 GeschmMG aF erfolgreich (siehe unter c.).

b. Der am 18. Mai 2001 gestellte Antrag der Geschmacksmusterinhaberin ist, auch wenn er, wie die Geschmacksmusterinhaberin im patentamtlichen Verfahren geltend gemacht hat, als Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für die Verlängerungsgebühr ausgelegt wird, schon deshalb zurückzuweisen, weil nach der damaligen, bis 31. Dezember 2001 geltenden Rechtslage für Verlängerungsgebühren grundsätzlich keine Verfahrenskostenhilfe gewährbar war. Verfahrenskostenhilfe hat es nur für das Eintragungsverfahren gegeben, § 10b Satz 1 GeschmMG in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung. Bei den Verlängerungsgebühren hat es demgegenüber nur die Gebührenerleichterungen des § 9 Abs 4 GeschmMG aF (Hinausschiebung des Absendens der Gebührennachricht) und § 9 Abs 5 GeschmMG aF (Stundung, wenn ein Antrag auf Hinausschiebung des Absendens der Gebührennachricht versäumt war) gegeben (vgl Eichmann/v. Falckenstein, aaO, § 9 Rdn 7, § 10b Rdn 2).

Diese Rechtslage ist hier weiterhin maßgeblich. Nach Erlass der angefochtenen Entscheidung des DPMA sind zwar mittlerweile Gesetzesänderungen erfolgt, durch die die Möglichkeit der Verfahrenskostenhilfe für die Verlängerungs- bzw Aufrechterhaltungsgebühren eingeführt worden ist, vgl § 10b Satz 2 GeschmMG in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung, wobei gleichzeitig die Gebührenerleichterungen des § 9 Abs 4 u 5 GeschmMG aF entfallen sind (Art 18 Nr 5 und 8 des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001). Das neue Geschmacksmustergesetz, das am 1. Juni 2004 in Kraft getreten ist, hat hieran nichts geändert, § 24 Satz 2 GeschmMG nF. Die Gesetzesänderungen können aber für das vorliegende Verfahren keine Berücksichtigung finden. Besondere Übergangsvorschriften für die Einführung der Verfahrenskostenhilfe auch für die Verlängerungs- bzw Aufrechterhaltungsgebühren von Geschmacksmustern gibt es weder im Gesetz zur Bereinigung von Kostenregelungen vom 13. Dezember 2001 noch im neuen am 1. Juni 2004 in Kraft getretenen Geschmacksmustergesetz, so dass zwar im Grundsatz die Gesetzesänderungen auch in schon anhängigen Verfahren zu berücksichtigen sind. Hiervon ist aber dann eine Ausnahme zu machen, wenn es sich um in der Vergangenheit abgeschlossene prozessuale Tatbestände handelt; diese werden nicht von einem neuen Gesetz erfasst (vgl Baumbach/Lauterbach, ZPO, 62. Aufl, Einl III Rdn 78; zB zur fristgebundenen Einlegung des markenrechtlichen Widerspruchs BGH BlPMZ 2000, 320 - FRENORM/FRENON; BPatGE 35, 180, 182 - quickslide). Die vorliegende Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr für das 6. bis 10. Schutzjahr - einschließlich der hier entscheidungserheblichen Stundungsfrist von 14 Tagen nach Zustellung der Gebührennachricht gemäß § 9 Abs 5 GeschmMG aF (siehe unter c.) - ist vollständig noch unter Geltung des bis 31. Dezember 2001 geltenden Rechts abgelaufen. Der Verfahrenskostenhilfeantrag hat auch keine Hemmungswirkung auslösen können, da es zum Zeitpunkt seiner Stellung keine gesetzliche Grundlage für die Verfahrenskostenhilfe bezüglich Verlängerungsgebühren gab. Eine andere Beurteilung hätte nur dann erfolgen können, wenn die Zahlungsfrist bei Inkrafttreten des geänderten Gesetzes am 1. Januar 2002 noch nicht abgelaufen gewesen wäre. Da das nicht der Fall ist, verbleibt es hier dabei, dass nur das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Recht zugrunde gelegt werden kann.

c. Es führt zu keiner anderen Beurteilung, wenn man den Antrag der Geschmacksmusterinhaberin, der von seinem Wortlaut her ein Antrag gemäß § 9 Abs 4 GeschmMG aF (Antrag auf Hinausschiebung des Absendens der Gebührennachricht) und hilfsweise ein Stundungsantrag ist, als Stundungsantrag gemäß § 9 Abs 5 GeschmMG aF auslegt, wobei diese Auslegung dem in der Beschwerdebegründung erklärten Willen der Geschmacksmusterinhaberin entspricht. Denn der Antrag erfüllt nicht die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen.

Gemäß § 9 Abs 5 GeschmMG aF können, wenn ein Antrag, die Absendung der Nachricht hinauszuschieben, nicht gestellt worden ist, die Gebühr und der Zuschlag noch nach Zustellung der Nachricht gestundet werden, wenn dies innerhalb von vierzehn Tagen nach der Zustellung beantragt und die bisherige Säumnis genügend entschuldigt wird. Der Antrag gemäß § 9 Abs 5 GeschmMG aF ist, wie schon aus dem Wortlaut der Vorschrift deutlich wird, kein echter Stundungsantrag, sondern eine Art von Wiedereinsetzungsantrag in die versäumte Frist zur Stellung eines Antrags auf Hinausschiebung des Absendens der Gebührennachricht gemäß § 9 Abs 4 GeschmMG aF (vgl Eichmann/v. Falckenstein, aaO, § 9 Rdn 8; zur entsprechenden früheren Vorschrift im Patentgesetz, § 17 Abs 5 aF Schulte, PatG, 6. Aufl, § 17 Rdn 54; BPatGE 11, 21, 22). Die Geschmacksmusterinhaberin hat die Antragsfrist versäumt, denn ihr Antrag ist nicht innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung der Gebührennachricht Ende April 2001 gestellt worden, sondern erst nach Fristablauf am 18. Mai 2001. Sie hat auch ihre bisherige Säumnis, nicht rechtzeitig einen Antrag auf Hinausschiebung des Absendens der Gebührennachricht gestellt zu haben, nicht entschuldigt, wobei dieser Vortrag ebenfalls in der 14-Tagesfrist hätte erfolgen müssen.

Das Vorbringen der Geschmacksmusterinhaberin in ihrem Schreiben vom 2. November 2001 kann zwar sinngemäß als Antrag auf Wiedereinsetzung in die 14-Tagesfrist des § 9 Abs 5 GeschmMG aF angesehen werden. Wiedereinsetzung gemäß § 123 PatG ist insoweit grundsätzlich möglich (vgl Schulte, aaO, § 17 Rdn 57). Dieser Wiedereinsetzungsantrag ist aber jedenfalls unbegründet. Der Vortrag der Geschmacksmusterinhaberin, sie habe nicht gewusst, dass eine 14-Tagesfrist einzuhalten sei, ist nicht geeignet, ein Verschulden an der Fristversäumung auszuräumen. Mangelnde Gesetzeskenntnis ist grundsätzlich kein Wiedereinsetzungsgrund (vgl Schulte, aaO, § 123 Rdn 144). Ein Ausnahmefall, der etwa bei unübersichtlicher oder geänderter Rechtslage oder falscher Belehrung durch das DPMA anzunehmen wäre, liegt nicht vor. Da die Geschmacksmusterinhaberin in mindestens zwei weiteren Verfahren schon Stundungsanträge gestellt hatte, kann sie auch nicht als völlig unerfahren mit der Materie angesehen werden. Sie hätte sich im Zweifel beim DPMA erkundigen müssen, welche Frist für einen Stundungsantrag eingehalten werden muss.

3. Hinsichtlich des Umschreibungsantrags ist von einer Erledigung des Beschwerdeverfahrens auszugehen. Denn mit der Zurückweisung des Antrags vom 18. Mai 2001 steht fest, dass die Schutzdauer des vorliegenden Geschmacksmusters abgelaufen ist, weil es nicht wirksam verlängert worden ist; damit ist es im Musterregister zu löschen. Für eine Umschreibung gelöschter Geschmacksmuster ist kein Raum. Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass der patentamtlichen Akte kein Antrag auf Umschreibung zu entnehmen ist, sondern lediglich eine Anfrage, ob eine Umschreibung kostenfrei möglich ist. Ein Beschluss auf Zurückweisung des Antrags auf kostenfreie Umschreibung hätte daher schon deshalb nicht ergehen dürfen. Zudem hätte nach der bis 31. Dezember 2001 geltenden Rechtslage, wenn die Umschreibgebühr nicht gezahlt worden ist, lediglich festgestellt werden können, dass der Umschreibungsantrag als nicht gestellt gilt (§ 5 Abs 2 Satz 2 MusterRegV in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung).

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BPatG:
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Az: 10 W (pat) 702/02


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