Landgericht Köln:
Urteil vom 23. November 2007
Aktenzeichen: 82 O 214/06

(LG Köln: Urteil v. 23.11.2007, Az.: 82 O 214/06)

Tenor

Es wird festgestellt:

1.

Der Verkauf und die Übertragung der unmittelbaren Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten sowie der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der S10 Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH sowie der Anteile an den C2 GmbH, P GmbH, Q10 Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH, C3 GmbH, C5 GmbH, Stahl- und E GmbH und der N. V. T2 Belgium S. A., Antwerpen/Belgien, an Q AG ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 28. Februar 2006 bzw. der Übertragung am 1. März 2006 bzw. unmittelbar vor dem 9. Mai 2006 rechtswidrig gewesen.

2.

Die Beschlussfassungen des Vorstandes der Beklagten zum Verkauf und zur Übertragung der unmittelbaren Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten sowie der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der S10 Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH sowie der Anteile an den C2 GmbH, P GmbH, Q10 Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH, C3 GmbH, C5 GmbH, Stahl- und E2 GmbH und der N. V. T2 Belgium S. A., Antwerpen/Belgien, an Q AG zu den vorgenannten Zeitpunkten sind unwirksam.

3.

Die Beschlussfassungen des Aufsichtsrats der Beklagten zum Verkauf und zur Übertragung der unmittelbaren Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten sowie der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der S10 Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH sowie der Anteile an den C GmbH, P GmbH, Q10 Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH, C3 GmbH, C7 GmbH, Stahl- und E2 GmbH und . der N. V. T2 Belgium S. A., Antwerpen/Belgien, an Q AG zu den vorgenannten Zeitpunkten sind unwirksam.

4.

Die Eingliederung der Beklagten in die Organisation der T2 SE sowie die Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten von der Q3 GmbH auf die E3 GmbH und die Übertragung von Beteiligungen an der C10 Bau-, Rechen- und Verwaltungszentrum GmbH und J GmbH auf Q AG sind rechtswidrig.

5.

Die Beschlussfassungen des Vorstandes zur Eingliederung der Beklagten in die Organisation der T2 SE sowie zur Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten von der Q3 GmbH auf die E3 GmbH und zur Übertragung von Beteiligungen an der C10 Bau-, Rechen- und Verwaltungszentrum GmbH, J GmbH auf Q AG sind unwirksam.

6.

Die Beschlussfassungen des Aufsichtsrats zur Eingliederung der Beklagten in die Organisation der T2 SE sowie zur Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten von der Q3 GmbH auf die E3 GmbH und zur Übertragung von Beteiligungen an der C10 Bau-, Rechen- und Verwaltungszentrum GmbH, J GmbH auf Q AG sind unwirksam.

7.

Die Beklagte ist verpflichtet, die Übertragung der unmittelbaren Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten sowie der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der S10 Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH sowie der Anteile an den C2 GmbH, P GmbH, Q10 Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH, C3 GmbH, C5 GmbH, Stahl- und E2 GmbH und der N. V. T2 Belgium S. A., Antwerpen/Belgien, auf Q AG rückabzuwickeln.

8.

Die Beklagte ist verpflichtet, die Eingliederung in die Organisation der T2 SE sowie die Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten von der Q3 GmbH auf die E3 GmbH und die Übertragung von Beteiligungen an der C10 Bau-, Rechen- und Verwaltungszentrum GmbH, J GmbH auf Q AG rückabzuwickeln.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 25 % und die Beklagte zu 75 %.

Tatbestand

Bei dem Kläger handelt es sich um einen Aktionärsverein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die außergerichtliche und gerichtliche Geltendmachung von Aktionärsrechten gehört.

Die Beklagte ist mit ihren Tochtergesellschaften eines der drei größten deutschen Bauunternehmen. Sie ist zusammen mit ihren Tochtergesellschaften ein eigenständiger Teilkonzern innerhalb des T2 SE-Konzerns, Villach/Österreich. Die T2 SE ist mit einer Beteiligung von 50 % + 1 Aktie Mehrheitsaktionärin der Beklagten. Die Ilbau Liegenschaftsverwaltung GmbH, eine 99,997 %ige Tochter der T2 SE, hält weitere 15,85 % der Aktien der Beklagten. Die restlichen Aktien der Beklagten befinden sich im Streubesitz.

Der bis zum 21.7.2006 geltende Unternehmensgegenstand der Beklagten lautete wie folgt:

"Gegenstand des Unternehmens ist die Übernahme und Ausführung von Bauleistungen auf allen Gebieten des Straßen-, Ingenieur-, Wasser-, Hoch- und Tiefbaues, die Herstellung und der Vertrieb von Baustoffen und Bauteilen, die Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben als Bauherr im eigenen Namen für eigene oder fremde Rechnung unter Verwendung von Vermögenswerten Dritter, die wirtschaftliche Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben als Baubetreuer im fremden Namen für fremde Rechnung, Tätigkeiten aller Art auf dem Gebiet des Umweltschutzes, die Erbringung von Dienstleistungen, die mit all dem im Zusammenhang stehen, sowie die Vornahme verwandter Tätigkeiten."

Die Hauptversammlung der Beklagten hat am 14.7.2006 beschlossen, den Unternehmensgegenstand "Hoch- und Ingenieurbau" in § 2 der Satzung zu streichen. Die beschlossene Änderung des Unternehmensgegenstandes der Beklagten wurde am 21.7.2006 in das Handelsregister eingetragen. Gegen den vorgenannten Beschluss der Hauptversammlung hat u. a. der Kläger Anfechtungsklage erhoben.

Bereits im Jahre 2001 erwarb die Beklagte die Sparte Verkehrswegebau der I2 AG und die Josef Riepl Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH ("Riepl"). Diese Gesellschaft beschäftigte rund 1000 Mitarbeiter und erbrachte im Jahr 2000 eine Bauleistung von rund 400 Mio. DM, davon jeweils die Hälfte im Hoch- und Ingenieurbau und im Straßen- und Tiefbau. Riepl hielt eine 50 %ige Beteiligung an der T4 GmbH, die ihrerseits eine 33,33 %ige Beteiligung an der B2 GmbH & Co. Kommanditgesellschaft für Straßenbaustoffe, dem größten Asphaltmischguthersteller in Bayern, hielt. Im Jahr 2003 erwarb die Beklagte aus der Insolvenzmasse der Ph. I3 AG die B3 GmbH, die damals über rund 1.610 Mitarbeiter und eine Bauleistung von rund € 200 Mio. verfügte. Im Oktober 2005 übernahm die Beklagte aus der Insolvenzmasse der C8 AG den größten europäischen Anbieter von Beton- und Verkehrswegebau-Leistungen, die HEILIT + W2 GmbH (nunmehr unter C6 GmbH firmierend) mit rund 1.950 Mitarbeitern und einem Umsatz von ca. 400 Mio. € sowie die im Hoch- und Ingenieurbau tätige C5 GmbH und Dywidag SF. und Ing. Bau GmbH, mit insgesamt rund 830 Mitarbeitern und einem Bauvolumen von rund 220 Mio. €. Mit Vertrag vom 12. Juni 2006 erwarb die Beklagte die C9 GmbH & Co. KG und die zugehörige Unternehmensgruppe. Am 8. September 2006 erwarb die Beklagte von der U2 GmbH die restliche 50 %ige Beteiligung an der T4 GmbH zu einem Kaufpreis von rund 23 Mio. €. Die T4 GmbH ist damit zu einer 100 %igen Tochter der Beklagten geworden. Die Bauleistung der T4 GmbH betrug im Jahre 2005 rund 140 Mio. € und wird im laufenden Geschäftsjahr voraussichtlich bei ca. 150 Mio. € liegen. Der Gesamtumsatz der in den Jahren 2001 bis 2006 erworbenen Straßen- und Tiefbaubeteiligungen liegt bei rund 776 Mio. €. Die Gesamtzahl der Mitarbeiter beläuft sich auf rund 4.400 Personen.

Im Jahr 2005 übernahm die T2 SE die Mehrheit an der Q AG, die damit zu einer Schwestergesellschaft der Beklagten wurde. Q AG verfügte über einen gut positionierten, großen und spezialisierten Hoch- und Ingenieurbaubereich.

Der Vorstand der Beklagten befasste sich erstmals im Sommer 2005 mit einer möglichen Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten an Q AG. Erste Gespräche mit dem Vorstand der Q AG fanden ebenfalls im Sommer 2005 statt.

Am 21. November 2005 beschloss der Vorstand der Beklagten, konkrete Verhandlungen mit der Q AG aufzunehmen. Der Aufsichtsrat der Beklagten befasste sich erstmalig in seiner Sitzung vom 16. September 2005 mit dieser Thematik . Er ermächtigte den Vorstand mit Beschluss vom 29. November 2005 zur Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten an Q AG (Anl. K 14, 27). Mit einer adhoc-Mitteilung vom 21.11.2005 teilte die Beklagte ihre Absicht mit, ihre Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten an Q AG zu verkaufen (Anl. K 15). Am 23. Februar 2006 wurde eine Übereinkunft über die Endfassung der Verträge über die Veräußerung des Großteils der eigenen Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der Beklagten und der organisatorischen Einheit "Hoch- und Ingenieurbau" von Riepl erzielt. Beide Verträge wurden am 28. Februar 2006 unterschrieben und mit Wirkung zum 1.3.2006 abgeschlossen.

Die Verträge zum Verkauf der im Hoch- und Ingenieurbau aktiven Beteiligungsgesellschaften der Beklagten an Q AG wurden am 13. April 2006 endverhandelt und am 4. Mai 2006 beurkundet. Nachdem der Aufsichtsrat der Q AG am 8. Mai 2006 seine Zustimmung zu den einzelnen Verträgen erteilt hatte, erfolgte jeweils die dingliche Übertragung der von der Beklagten unmittelbar bzw. mittelbar gehaltenen Anteile an den folgenden Beteiligungsgesellschaften:

C5 GmbH

Q10Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH

N. V. T2 Belgium S.A.

Stahl- und Verbundbau GmbH

C3 GmbH

Blees-Kölling-Bau GmbH

P GmbH.

Der Gesamtkaufpreis für den eigenen Hoch- und Ingenieurbaubereich der Beklagten, die organisatorische Einheit "Hoch- und Ingenieurbau" von Riepl und die im Hoch- und Ingenieurbau aktiven Beteiligungsgesellschaften der Beklagten lag bei rund 35,5 Mio. €. Hiervon wurden noch Beträge für übertragene Pensions- und Altersteilzeitverpflichtungen abgezogen. Der Nettokaufpreis betrug etwa 30,9 Mio. €. Die Kaufpreise wurden jeweils auf der Grundlage eines gemeinsamen Gutachtens zweier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ermittelt. Q AG hatte hierfür die F3 & U AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Stuttgart ("F3 & Young"), mandatiert. Für die Beklagte wurde die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Düsseldorf ("PwC"), tätig. Die Unternehmenswerte der eigenen Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der Beklagten, der organisatorischen Einheit "Hoch- und Ingenieurbau" von Riepl und der im Hoch- und Ingenieurbau aktiven Beteiligungsgesellschaften wurden von den beiden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften jeweils getrennt ermittelt und sodann in einem gemeinsamen Wertgutachten festgelegt.

Die Beklagte wird auch nach der Veräußerung ihres Hoch- und Ingenieurbaubereichs weiterhin Leistungen im Hoch- und Ingenieurbau anbieten, soweit sie im Zusammenhang mit dem Straßen- und Tiefbaugeschäft stehen und deren Mitangebot vom Markt erwartet wird. Beispiele hierfür sind etwa der Bau kleinerer Brücken bis zu einem Projektvolumen von 2,5 Mio. € je Brücke sowie Bauleistungen im Zusammenhang mit Betreibermodellen (z. B. Autobahn-Modellen) wie etwa Raststätten, Tankstellen oder Mautstationen. Außerdem ist die Beklagte über ihre 35 %ige Beteiligung an der C4 AG, Spittal/Drau, Österreich ("BHB"), weiterhin im Bereich Hoch- und Ingenieurbau tätig. Die BHB erbringt Hoch- und Ingenieurbauleistungen über ihre zahlreichen Beteiligungsgesellschaften in Zentral- und Osteuropa, insbesondere in Tschechien, Russland, Ungarn und Kroatien. Im Jahre 2005 betrug die Bauleistung der BHB im Hochbausegment etwa 1.584 Mio. € und im Ingenieurbau rund 211 Mio. €.

Neben den Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten hat sich die Beklagte auch von ihrem Projektentwicklungsgeschäft getrennt. Dieses war im Geschäftsbereich "Projektentwicklung" der Q5 GmbH angesiedelt und wurde im Einvernehmen mit der Beklagten mit Vertrag vom 23. Mai 2006 mit Wirkung zum 1. Juni 2006 an die E3 GmbH, einer gemeinsamen Tochtergesellschaft der Q AG (51% Anteile) und der T2 SE (49% Anteile), veräußert. Der Aufsichtsrat der Beklagten hat dieser Veräußerung mit Beschluss vom 10. Mai 2006 zugestimmt (Anl. B 7). Die Projektentwicklung war ein zum Hoch- und Ingenieurbau komplementäres Geschäftsfeld. Ihre isolierte Fortführung wäre wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen. Von dem Projektentwicklungsgeschäft wurden im Wesentlichen 79 Mitarbeiter, Geschäftskontakte, Knowhow und andere immaterielle Vermögensgegenstände übertragen. Die laufenden Projekte, Optionen und "anentwickeIten" Vorhaben werden von der Q5 GmbH abgewickelt. Außerdem sind die Grundstücke und das Sachanlagevermögen bei dieser Gesellschaft verblieben. Der Kaufpreis für den Geschäftsbereich Projektentwicklung der Q5 GmbH wurde ebenfalls auf Grundlage eines gemeinsamen Wertgutachtens von F3 & Young und PwC ermittelt. Danach betrug der Wert des Geschäftsbereichs Projektentwicklung € 1. Dies entspricht dem vereinbarten Kaufpreis. Die Beklagte und die Q5 GmbH sind mit Ausnahme der Abwicklung des Altgeschäfts künftig überhaupt nicht mehr auf dem Gebiet der Projektentwicklung tätig.

Die BRVZ Bau- Rechen- und Verwaltungszentrum GmbH ("BRVZ") erbringt seit dem Jahre 2005 Dienstleistungen in der kaufmännischen Verwaltung für die Beklagte und Q AG. Dazu zählen im Wesentlichen das Rechnungswesen, Lohn- und Gehaltsabrechnungen, die Finanzen und die übrigen Verwaltungstätigkeiten für Q AG und die Beklagte einschließlich ihrer jeweiligen regionalen Beteiligungsgesellschaften. Die BRVZ erbringt die Dienstleistungen zum Selbstkostenpreis mit einem geringen Gewinnaufschlag. Darüber hinaus unterhielt die BRVZ im Geschäftsjahr 2005 zu ca. 19 Gesellschaften des T2 SE-Konzerns, die ihren Sitz in Deutschland haben, Dienstleistungsverträge. Die BRVZ war vor der 50 %igen Beteiligung der Q AG eine 99 %ige Tochtergesellschaft der Beklagten. Die restliche Beteiligung in Höhe von 1 % wurde von der österreichischen Gesellschaft T2 GmbH, Spittal/Drau, Österreich ("SBS"), gehalten. Die SBS ist eine 100 %ige Tochter der T2 SE. Im Zuge der Zusammenlegung der zentralen Verwaltungsfunktionen der Q AG und der Beklagten in der BRVZ hat die Beklagte am 19. Dezember 2005 49,5 % der Anteile an dieser Gesellschaft zum 1. Januar 2006 an Q AG veräußert. Die Einräumung dieser Beteiligung hatte Q AG zu einer Bedingung für die Zusammenlegung der Verwaltungsfunktionen in der BRVZ gemacht. Die Veräußerung der Geschäftsanteile an der BRVZ erfolgte zum Nominalwert und belief sich auf 14.850 €. Die SBS hat am 9. März 2006 mit Wirkung zum 1. Januar 2006 jeweils 0,5 % ihrer Beteiligung an der BRVZ an Q AG und an die Beklagte veräußert. Auch hier erfolgte die Veräußerung der Geschäftsanteile an der BRVZ zum Nominalwert. Der Kaufpreis betrug jeweils 150 €. Die Satzung der BRVZ wurde im Zuge der Veräußerung der Anteile an Q AG so geändert, dass wesentliche Entscheidungen nur einstimmig von der Q AG und der Beklagten getroffen werden können. Die Beklagte hat ferner ein Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung der BRVZ in sämtlichen Angelegenheiten, die Dienstleistungen gegenüber der Beklagten und ihren Beteiligungsgesellschaften betreffen. Außerdem haben beide Gesellschaften das Recht, einen Geschäftsführer zu benennen. Die Satzungsänderungen wurden am 9. März 2006 beschlossen und am 12. Mai 2006 im Handelsregister der BRVZ eingetragen.

Die J2 GmbH ("BMTI") erbringt Dienstleistungen im Bereich der Baumaschinenlogistik für die Beklagte, Q AG und ihre jeweiligen Tochtergesellschaften. Diese Dienstleistungen werden in den folgenden fünf Bereichen erbracht: Vermieten, Reparieren/Wartung, Schalung, Planen/Montieren und Investieren. Dementsprechend unterteilt sich die BMTI in die fünf Unternehmensbereiche Mietmanagement, "Repmanagement", Schalungsmanagement, Anlagentechnik und Investmanagement. Die BMTI verfügt über kein Anlagevermögen. Sämtliche technischen Anlagen und Maschinen stehen im Eigentum der Beklagten, die nur die Administration dieser Anlagen und Maschinen auf die BMTI übertragen hat. Die BMTI erhält keine Erlöse aus der Vermietung von Geräten der Beklagten. Diese Erlöse kommen unmittelbar der Beklagen zugute. Ebenso wie bei der BRVZ hielt die Beklagte ursprünglich 99 % der Anteile an der BMTI. Die restlichen 1 % der Anteile wurden von der SBS gehalten. Im Zuge des Eintritts der Q AG in den T2 SE-Konzern hat Q AG ihre Maschinenlogistik in die BMTI eingebracht. Zugleich hat die SBS zunächst ihren 1 %igen Anteil an der BMTI am 9. März 2006 mit wirtschaftlicher Wirkung zum 1. Januar 2006 an die Beklagte abgetreten. Die Beklagte hat der Q AG am 9. März 2006 50 % der Anteile an der BMTI zum Nominalwert von 153.400 € abgetreten. Diese Abtretung erfolgte ebenfalls mit wirtschaftlicher Wirkung zum 1. Januar 2006. Die Änderungen wurden am 9. März 2006 beschlossen und am 14. Juni 2006 im Handelsregister der BMTI eingetragen.

Die Rechtsabteilungen der Beklagten, der Q AG und der HEILIT + C4 GmbH wurden mit Wirkung zum 1.7.2006 in der neuen T GmbH, vormals firmierend unter T3 GmbH, ("CLS") zusammengefasst. Die CLS war am 25. April 2006 gegründet und am 1. Juni 2006 in das Handelsregister des Amtsgerichts Köln unter HRB ......1 eingetragen worden. Die CLS erbringt nunmehr an den Standorten Köln und Stuttgart sämtliche Rechtsdienstleistungen für die deutschen Gesellschaften des T2 SE-Konzerns, also für die Beklagte, Q AG und ihre jeweiligen Tochtergesellschaften. Die CLS ist bei der Konzernobergesellschaft T2 SE verankert.

Die TPA Gesellschaft für Qualitätssicherung und J4 mbH, Villach/Österreich, ("TPA") ist für die Prüfung sowie für die Forschung und Entwicklung von Beton- und Asphalttechnologie zuständig. Die TPA ist eine 100 %ige Tochter der SBS.

Die Beklagte hat sich am 7. Juli 2006 mit wirtschaftlicher Wirkung zum 1. Januar 2006 von ihrer bisherigen 49 %igen Beteiligung an der W5 GmbH & Co. KG ("W5") und der W5 Verwaltung GmbH mit wirtschaftlicher Wirkung zum 1. Januar 2006 getrennt und diese an die bisherige 51 %ige Mitgesellschafterin X & O OHG ("X") veräußert. Der Kaufpreis lag bei ca. 107 Mio. €. Die Veräußerung wurde vom Bundeskartellamt initiiert, wobei die Parteien darüber streiten, ob dies im Zusammenhang mit dem Erwerb der Mehrheit der Anteile der Q AG durch die T2 SE steht.

Mit Datum vom 22. Dezember 2005 wurde für die Konzerngesellschaften des T2 SE-Konzerns ein syndizierter Avalkredit in Höhe von 1,5 Mrd. € mit einer Laufzeit von 3 Jahren (zusätzlich wurde eine zweimalige Verlängerungsoption um jeweils ein Jahr vereinbart, von der die erste bereits im Dezember 2006 realisiert worden ist) abgeschlossen. Der Avalkredit wird von 19 Banken mit unterschiedlicher Beteiligungsquote gewährt. Bei Abschluss des Avalkredits wurde eine Mithaftung der B ("B") vorgesehen. Seit der Verschmelzung der B auf die T2 SE, die am 5. August 2006 wirksam geworden ist, ist diese Mithaftung auf die T2 SE als Rechtsnachfolgerin der B übergegangen. Der Aufsichtsrat der Beklagten hatte deren Beitritt zu diesem Avalkredit bereits mit Beschluss vom 29. November 2005 genehmigt. Der Avalkredit hat wesentliche Teile der bisherigen Avalkreditfinanzierung der Beklagten bei Banken ersetzt. Zugleich wurden der bisherige Sicherheitenpool aufgelöst und alle Sicherheiten der Beklagten freigegeben. Der Avalkredit ist für die Beklagte in den Kosten nicht günstiger als ihre bisherige eigene Avalkreditfinanzierung. Die Beklagte haftet unter dem Avalkredit ausschließlich für Avale, die von ihr selbst oder von ihren Tochtergesellschaften bestellt werden. Hingegen haftet die T2 SE für alle Avale, die unter dem Avalkredit bestellt werden. Die Beklagte trägt einen auf sie entfallenden Anteil an der Arrangement Fee in Höhe von insgesamt 4 Mio. €. Bemessungsgrundlage für den Anteil der Beklagten war ihr Avalobligo, das quotal auf sie bei Kreditabschluss entfallen ist.

Nach der Veröffentlichung des Veräußerungsvorhabens bezüglich des Hoch- und Ingenieurbaus durch die adhoc-Mitteilung vom 21. November 2005 ist der Kurs der T2-Aktie von 60 € zum 31. Dezember 2003 auf rund 124 € zum 20. Dezember 2006 gestiegen (Anl. B4).

Mit adhoc-Mitteilung vom 19. Januar 2006 teilte die Beklagte mit, dass auf der nächsten Hauptversammlung ein Beherrschungsvertrag mit der T2 SE zur Abstimmung gestellt wird (Anl. K 15). Am 4. April 2006 teilte die Beklagte mit, dass die Hauptaktionärin den Abschluss eines Beherrschungsvertrages nicht weiter verfolgt und daher die Vorbereitungsarbeiten eingestellt werden (Anl. K 18).

Dr. U ist seit dem 1. Januar 2006 neben seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied der Beklagten auch als Vorstandsmitglied der T2 SE tätig. Mit Beschluss vom 8. März 2006 hat der Aufsichtsrat der Beklagten diese zusätzliche Tätigkeit von Dr. U genehmigt (Anl. B 11).

Der Kläger ist der Meinung, die Beklagte und Q AG seien nach dem Gesamtkonzept der T2 SE bzw. von Dr. Y faktisch verschmolzen worden. Die Integration der Beklagten in die T2 SE in Form der zahlreichen Strukturmaßnahmen sei für die Beklagte nachteilig und beseitige deren Eigenständigkeit. Es handele sich um Nachteilszufügungen im so genannten qualifiziert faktischen Konzern, die rückgängig zu machen seien. Die Nachteilszufügungen seien nicht dem Einzelausgleich im Sinne der §§ 311 ff. AktG zugänglich. Mit den Nachteilszufügungen habe die T2 SE zugleich ihre aktienrechtliche Treuepflicht gegenüber den außenstehenden Aktionären verletzt. Die umfassende Integration der Beklagten in den T2 SE-Konzern sei nur auf der Grundlage eines Beherrschungsvertrages zulässig gewesen.

Der Kläger beantragt festzustellen:

1. Der Verkauf und die Übertragung der unmittelbaren Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten sowie der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der Josef Riepl Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH sowie der Anteile an den C2 GmbH, P GmbH, Q10Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH, C3 GmbH, C5 GmbH, Stahl- und E2 GmbH und der N.V. T2 Belgium S.A., Antwerpen/Belgien, an Q AG ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 28. Februar 2006 bzw. der Übertragung am 1. März 2006 bzw. unmittelbar vor dem 9. Mai 2006 rechtswidrig gewesen.

2. Die Beschlussfassungen des Vorstandes der Beklagten zum Verkauf und zur Übertragung der unmittelbaren Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten sowie der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der Josef Riepl Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH sowie der Anteile an den C2 GmbH, P GmbH, Q10Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH, C3 GmbH, C5 GmbH, Stahl- und E2 GmbH und der N.V. T2 Belgium S.A., Antwerpen/Belgien, an Q AG sind rechtswidrig.

3. Die Beschlussfassungen des Aufsichtsrats der Beklagten zum Verkauf und zur Übertragung der unmittelbaren Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten sowie der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der Josef Riepl Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH sowie der Anteile an den C2 GmbH, P GmbH, Q10Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH, C3 GmbH, C7 GmbH, Stahl- und E2 GmbH und . der N.V. T2 Belgium S.A., Antwerpen/Belgien, an Q AG sind rechtswidrig.

4. Die Eingliederung der Beklagten in die Organisation der T2 SE sowie die Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten von der Q3 GmbH auf die E3 GmbH und die Übertragung von Beteiligungen an der BRVZ Bau-, Rechen- und Verwaltungszentrum GmbH und J GmbH auf Q AG sind rechtswidrig.

5. Die Beschlussfassungen des Vorstandes zur Eingliederung der Beklagten in die Organisation der T2 SE sowie die Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten von der Q2 GmbH auf die E3 GmbH und die Übertragung von Beteiligungen an der BRVZ Bau-, Rechen- und Verwaltungszentrum GmbH, J GmbH auf Q AG sind rechtswidrig.

6. Die Beschlussfassungen des Aufsichtsrats zur Eingliederung der Beklagten in die Organisation der T2 SE sowie die Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten von der Q2 GmbH auf die E3 GmbH und die Übertragung von Beteiligungen an der BRVZ Bau-, Rechen- und Verwaltungszentrum GmbH, J GmbH auf Q AG sind rechtswidrig.

7. Die Beklagte ist verpflichtet, die Übertragung der unmittelbaren Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten sowie der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der Josef Riepl Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH sowie der Anteile an den C2 GmbH, P GmbH, Q10Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH, C3 GmbH, C5 GmbH, Stahl- und E2 GmbH und der N.V. T2 Belgium S.A., Antwerpen/Belgien, auf Q AG rückabzuwickeln.

8. Die Beklagte ist ohne die vorherige Schaffung einer konzernrechtlichen Rechtsgrundlage dazu verpflichtet, die Eingliederung in die Organisation der T2 SE sowie die Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten von der Q3 GmbH auf die E3 GmbH und die Übertragung von Beteiligungen an der BRVZ Bau-, Rechen- und Verwaltungszentrum GmbH, J GmbH auf Q AG rückabzuwickeln.

9. Der Vorstand der Beklagten ist verpflichtet, von der T2 SE den Abschluss eines Beherrschungsvertrages zu verlangen.

10. Der Beklagten sind qualifizierte Nachteile zugefügt worden, deshalb steht ihr ein Anspruch auf Verlustausgleich entsprechend § 302 AktG zu. Die außenstehenden Aktionäre der Beklagten haben Ansprüche auf Gewährung eines angemessenen Ausgleichs und einer angemessenen Abfindung entsprechend §§ 304, 305 AktG, deren Höhe im Wege eines Spruchverfahrens bestimmt werden kann.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die Feststellungsklagen aus mehreren Gründen bereits für unzulässig.

Die Feststellungsklagen seien aber auch unbegründet. Die Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten an Q AG beruhe auf einer eigenständigen unternehmerischen Entscheidung der Beklagten und sei für sie ausschließlich vorteilhaft gewesen. Auch die übrigen Maßnahmen seien nicht zu beanstanden. Die Auslagerung von Aufgaben auf Servicegesellschaften wie die BRVZ, BMTI, CLS und TPA sei branchenüblich. Diese Maßnahmen seien für die Beklagte vorteilhaft, da sie an den Synergieeffekten beteiligt werde. Die Einbindung der Beklagten in den konzernweiten Avalkredit sei insbesondere deshalb vorteilhaft, da die früher gebundenen Sicherheiten freigegeben worden seien und die Finanzierung langfristig für die Beklagte günstiger sei. Sämtliche Maßnahmen gingen im Übrigen auf eigenständige Entscheidungen der Beklagten zurück. Unbedenklich sei insoweit ein Gleichlauf der Interessen der Beklagten und der T2 SE. Die Grenzen faktischer Konzernierung seien jedenfalls nicht überschritten worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie auf die dazu eingereichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Zulässigkeit der Feststellungsklage

Die aktienrechtliche Feststellungsklage des Klägers ist mit Ausnahme der Anträge zu den Ziffern 9 und 10 zulässig.

Übertragbarkeit der "Mangusta/Commerzbank II"-Grundsätze

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Zulässigkeit der aktienrechtlichen Feststellungsklage für den Fall der Kompetenzüberschreitung durch den Vorstand und den Aufsichtsrat bei der Ausnutzung eines genehmigtem Kapitals (BGH, Urteil vom 10.10.2005 - II ZR 90/03 "Mangusta/Commerzbank II", DStR 2005, 2092 ff.) auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar. Der Bundesgerichtshof hat zutreffend ausgeführt, dass eine Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen das Verwaltungshandeln in der Aktiengesellschaft eine Lücke im aktienrechtlichen Rechtsschutzsystem schließt und mit dem aktienrechtlichen Verbandsrecht vereinbar ist. § 147 AktG stehe nicht entgegen. Die aktienrechtliche Feststellungsklage eröffne der Gesellschaft im Falle von Rechtsverletzungen eine Selbstregulierung durch die nach dem AktG dazu berufenen Organe. Der Grundsatz der Subsidiarität einer Feststellungs- gegenüber einer Leistungsklage finde keine Anwendung. Die Feststellungsklage sei ohne unangemessene Verzögerung geltend zu machen (BGH, Urteil vom 10.10.2005 - II ZR 90/03 "Mangusta/Commerzbank II", DStR 2005, 2092, 2095). Auch wenn der Bundesgerichtshof die Zulässigkeit der aktienrechtlichen Feststellungsklage in dem vorstehend zitierten Urteil u. a. mit der durch die Siemens-Nold-Entscheidung herbeigeführten Absenkung der Anforderungen an den Hauptversammlungsbeschluss bezüglich der Kapitalerhöhung begründet hat, sind die übrigen Erwägungen des Bundesgerichtshofes aber allgemeingültig. Ein Rechtsschutzinteresse für die aktienrechtliche Feststellungsklage ist neben der Ausnutzung des genehmigten Kapitals auch bei anderen unmittelbaren Eingriffen der Verwaltung in Mitgliedschaftsrechte von Aktionären denkbar, z.B. bei Verstößen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (etwa im Rahmen des Erwerbs oder der Veräußerung eigener Aktien), sog. Holzmüller-Maßnahmen ohne Einschaltung der Aktionäre oder Satzungsdurchbrechungen (Drinkuth, Rechtsschutz beim genehmigten Kapital - zugleich Anmerkung zu BGH v. 10.10.2005 - II ZR 148/03, AG 2006, 36 und II ZR 90/03, AG 2006, 38, AG 2006, 142). Denn in diesen Fällen eines - unterstellten - rechtswidrigen Verhaltens usurpieren die handelnden Organe der Gesellschaft eine nicht ihnen, sondern der Hauptversammlung zukommende Zuständigkeit und greifen der Sache nach in die mitgliedschaftlichen Vermögens- und Herrschaftsrechte der Aktionäre ein (Goette: Zur jüngeren Rechtsprechung des II. Zivilsenats zum Gesellschaftsrecht, DStR 2006, 139, 142). Für diese Wertung spricht auch, dass gegen grenzüberschreitendes und in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre eingreifendes Verwaltungshandeln, etwa bezüglich Ausgliederungen, Beteiligungsverkäufe, Maßnahmen des Vorstands gegen Übernahmeangebote und Börsengänge von Tochterunternehmen, im Wege der Unterlassungsklage vorgegangen werden kann (vgl. dazu Busch: Mangusta/Commerzbank - Rechtsschutz nach Ausnutzung eines genehmigten Kapitals, NZG 2006, 81, 82 mit weiteren Nachweisen zur Rspr. und Lit.). Dann ist es schlüssig, den Aktionären in diesen "Elementarfällen" die Feststellungsklage zu eröffnen, falls die Unterlassungsklage, aus welchen Gründen auch immer, nicht zum Zuge kommen kann.

Die mit der Feststellungsklage angegriffenen Maßnahmen der Beklagten betreffen den Kläger in seinen nach Artikel 14 Grundgesetz geschützten Mitgliedschaftsrechten. Der Kläger behaupte, der Vorstand und der Aufsichtsrat der Beklagten hätten eine "faktische Verschmelzung", die die Vermögens- und Mitverwaltungsrechte der Aktionäre berühre bzw. die Hauptversammlungszuständigkeit begründe, zugelassen. Dies sei allenfalls im Rahmen eines Beherrschungsvertrages, der die Vermögensinteressen der Minderheitsaktionäre angemessen schütze, zulässig.

Rechtzeitige Klageerhebung

Die Feststellungsklage des Klägers ist rechtzeitig bei Gericht eingegangen.

Der Kläger hat seine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahmen am 6. Oktober 2006 bei Gericht eingereicht. Die beanstandeten Maßnahmen lagen zum diesem Zeitpunkt bereits einige Zeit zurück. Die angegriffenen Beschlüsse von Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten zur Veräußerung des Hochund Ingenieurbaubereichs stammen aus dem Jahre 2005. Die Übertragung dieses Unternehmensgegenstandes auf Q AG einschließlich der dazugehörigen Beteiligungen erfolgte am 1. März 2006 bzw. 9. Mai 2006. Das einstweilige Verfügungsverfahren, in dem es bereits um die hier streitgegenständlichen Maßnahmen ging, wurde mit Urteil vom 30. Mai 2006 abgeschlossen, nachdem das Verfügungsverfahren im Hinblick auf die erfolgten Veräußerungen weitgehend übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Am 14. Juli 2006 fand die Hauptversammlung der Beklagten statt, auf der die streitgegenständlichen Maßnahmen Gegenstand der Erörterung waren. Spätestens mit Abschluss der Hauptversammlung musste für den Kläger klar sein, dass die Beklagte an den bereits eingeleiteten und abgeschlossenen Strukturmaßnahmen festhalten will. Die vorliegende Klage ist hingegen erst knapp drei Monate später bei Gericht eingereicht worden.

Die einmonatige Anfechtungsfrist gemäß § 246 Abs. 1 AktG, deren Anwendung von einigen Autoren auch bei der Feststellungsklage gegen kompetenzüberschreitende Maßnahmen von Vorstand und Aufsichtsrat einer AG gefordert wird, ist von dem Kläger nicht eingehalten worden. Allerdings ist die Monatsfrist auf Feststellungsklagen der vorliegenden Art nicht anzuwenden. Denn diese Frist ist für derartige Feststellungsklagen unangemessen kurz. Die für die Feststellungsklage in Betracht kommenden Fallgestaltungen weisen in der Regel keine klare zeitliche Zäsur auf, anders als bei Hauptversammlungsbeschlüssen. Entscheidend muss sein, dass die Feststellungsklage nach Maßgabe der Rücksichtnahmepflicht gegenüber der Gesellschaft nicht missbräuchlich spät erhoben wird (BGH, Urt. vom 10.10.2005 - II ZR 90/03 "Mangusta/Commerzbank II", DStR 2006, 2092, 2095). Wenn aus systematischen Gründen die aktienrechtliche Anfechtungsklage gegen Beschlüsse von Vorstand und Aufsichtsrat der Gesellschaft wegen Eingriffs in das Kompetenzgefüge der Gesellschaft für unzulässig gehalten wird, kann auch die Anfechtungsfrist nicht ohne weiteres auf die Feststellungsklage gegen kompetenzüberschreitendes Verhalten der vorgenannten Organe der Gesellschaft angewendet werden. Ferner besteht bei derartigen Feststellungsklagen nicht das gleiche Bedürfnis nach einer kurzen Klagefrist wie bei der Anfechtungsklage. Die Wirksamkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen ist für die Gesellschaft, ihre Aktionäre und dem Rechtsverkehr von erheblicher Bedeutung. Bei der Feststellungsklage gegen rechtswidriges Verwaltungshandeln sind die angegriffenen Maßnahmen bereits erfolgt. Auch wenn in diesem Fall sowohl die Organe der Gesellschaft als auch ihre Aktionäre ein Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen haben, hat die Feststellungsklage allerdings nicht die einschneidende Wirkung wie die Anfechtungsklage. Die Feststellungsklage kann Grundlage für eine Rückabwicklung rechtswidriger Maßnahmen von Vorstand und Aufsichtsrat sein. Ferner kann eine Rechenschaftspflicht der Mitglieder dieser Organe der Gesellschaft gegenüber der nächsten ordentlichen Hauptversammlung begründet werden mit der Möglichkeit der Verweigerung der Entlastung. Ferner können etwaige Regress- und Schadensersatzansprüche begründet werden. Bei dieser Sachlage ist die Einhaltung der kurzen Anfechtungsfrist von einem Monat bei der Feststellungsklage gegen kompetenzüberschreitendes Verwaltungshandeln nicht geboten, abgesehen davon, dass die allgemeine Feststellungsklage ohnehin nicht fristgebunden ist.

Welche Frist angemessen ist, kann vorliegend offen bleiben. Denn die von dem Kläger erhobene aktienrechtliche Feststellungsklage ist in Anbetracht der Rücksichtnahmepflicht gegenüber der Beklagten jedenfalls rechtzeitig erhoben worden. Die Beklagte hat die Verfristung der Feststellungsklage nicht gerügt und dementsprechend auch keine Argumente vorgetragen, die für eine verspätete Klageeinreichung sprechen. Die Kammer hat bei ihrer Beurteilung berücksichtigt, dass es sich um einen schwierigen und komplexen konzernrechtlichen Vorgang handelt, der zunächst recherchiert und aufbereitet werden musste. Ferner darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte bereits aufgrund des einstweiligen Verfügungsverfahrens hinreichend darüber informiert war, dass der Kläger gegen die streitgegenständlichen Maßnahmen gerichtlich vorgehen will. Zudem war der Kläger im Rahmen der vor der Kammer erhobenen Anfechtungsklage zunächst gehalten, die Anfechtungsklage vorzubereiten, um die Monatsfrist zu wahren. Eine besondere Eilbedürftigkeit der Feststellungsklage ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagten im Zeitverlauf weiterer Schaden drohte. Die angegriffenen Maßnahmen waren alle bereits abgeschlossen.

Zulässigkeit der Anträge im Einzelnen

1.3.1 Auslegung der Anträge zu 1 bis 3

Die Anträge zu 1 bis 3 sind unter Berücksichtigung der gebotenen Auslegung zulässig.

Soweit mit den Anträgen zu 2 und 3 die Feststellung begehrt wird, dass die Beschlussfassungen des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten bezüglich des Verkaufs und der Übertragung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs einschließlich der diesbezüglichen Beteiligungen "rechtswidrig" sind, ist eine Auslegung in der Weise geboten, dass die Feststellung der Nichtigkeit der zu Grunde liegenden Beschlüsse begehrt wird. Denn die gegen die Gesellschaft zu richtende Feststellungsklage ist - da das Handeln der Geschäftsleitung in Form von Beschlüssen nur entweder rechtmäßig und dann wirksam oder aber rechtswidrig und dann nichtig ist verfahrenstechnisch auf die Feststellung der Nichtigkeit des zu Grunde liegenden Vorstands- bzw. Aufsichtsratsbeschlusses zu richten (BGH, Urt. vom 10.10.2005 - II ZR 90/03 "Mangusta/Commerzbank II", DStR 2006, 2092, 2093).

Der Antrag zu 1 ist hingegen zutreffend formuliert, da es hier nicht um Beschlüsse, sondern um sonstiges Handeln der Organe der Gesellschaft, hier in Form des Abschlusses schuldrechtlicher und dinglicher Verträge, geht.

1.3.2 Auslegung der Anträge zu 4 bis 6

Die Anträge zu 4 bis 6 sind zulässig. Die Anträge sind nicht unproblematisch, allerdings der Auslegung fähig.

Der Kläger wendet sich mit diesen Anträgen primär gegen die "Eingliederung" der Beklagten in die Organisation der T2 SE. Der Kläger verwendet den Begriff der Eingliederung nicht im rechtstechnischen Sinn gemäß § 319 AktG. Sein Antrag ist unter Berücksichtigung seines Vortrages aber dahin zu verstehen, dass er festgestellt haben will, dass es trotz rechtlicher Selbstständigkeit der Beklagten zu einem Konzernverhältnis mit der herrschenden Gesellschaft gekommen ist, das in seinen Wirkungen der Eingliederung bzw. Verschmelzung nahe kommt. Das ergibt sich aus der wiederholten Darlegung des Klägers, dass er von einer faktischen Verschmelzung der Beklagten mit der Q AG ausgeht.

Der Antrag zu 4 könnte jedoch auch so verstanden werden, dass in erster Linie eine seitens der T2 SE vorgenommene Eingliederung festgestellt werden soll, das heißt die Rechtswidrigkeit der von ihr veranlassten Maßnahmen im Rahmen der faktischen Konzernierung. Mangels Beteiligung der T2 SE in diesem Verfahren kann ihr gegenüber aber keine verbindliche Feststellung ergehen, sondern nur im Verhältnis des Klägers zur Beklagten. Der Antrag kann und muss deshalb so verstanden werden, dass der Kläger im Verhältnis zur Beklagten die Feststellung der Rechtswidrigkeit der beanstandeten konzernintegrativen Maßnahmen verfolgt, soweit es das Handeln der Beklagten selbst betrifft, um ihre Organe zur Geltendmachung von Unterlassungs- bzw. Beseitigungsansprüchen gegenüber der herrschenden Gesellschaft zu veranlassen bzw. um sekundäre Ansprüche der Aktionäre gegen die Organe der Beklagten, die in der Vergangenheit Unterlassungs- bzw. Beseitigungsansprüche nicht verfolgt haben, vorzubereiten. Für diese Auslegung spricht zudem, dass mit den Anträgen zu 5 und 6 die Beschlüsse des Vorstandes und des Aufsichtsrates der Beklagten im Zusammenhang mit der "Eingliederung" angegriffen werden. Daraus wird deutlich, dass insgesamt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der von der Beklagten veranlassten Maßnahmen beantragt wird.

Die Anträge zu 4 bis 6 sind auch hinreichend bestimmt. Es ist aus Sicht der Kammer nicht erforderlich, dass zur Konkretisierung der "Eingliederung" die einzelnen beanstandeten Maßnahmen in den Antrag aufgenommen werden. Zwar ist der vom Kläger verwendete Begriff der "Eingliederung" unbestimmt, so dass ein entsprechender Urteilstenor für sich gesehen wenig Aussagekraft hat. Doch sind gegebenenfalls zur Konkretisierung des Tenors die Urteilsgründe heranzuziehen.

1.3.3 Auslegung des Antrages zu 8

Der Antrag zu 8 ist bei der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt.

Der Beklagten ist einzuräumen, dass der Antrag zu 8 unglücklich formuliert ist, da die Feststellung der Rückabwicklungsverpflichtung nur für den Fall der fehlenden "Schaffung einer konzernrechtlichen Rechtsgrundlage" beantragt wird. Insofern wird eine Bedingung eingeführt, deren Eintritt nicht ohne weiteres festgestellt werden kann, und zwar schon deshalb nicht, da der Begriff der konzernrechtlichen Rechtsgrundlage vage und unbestimmt ist.

Allerdings ist die von dem Kläger angeführte Bedingung innerhalb des Antrages überflüssig und dient offenbar nur der Klarstellung. Das Rechtsschutzbegehren kann in der Weise ausgelegt werden, dass er die Rückabwicklung nach derzeitigem Rechtsstand begehrt. Der Kläger hält die Beklagte bereits nach derzeitigem Rechtsstand für verpflichtet, die beanstandeten Maßnahmen zurückzunehmen, und nicht erst dann, wenn sie in Zukunft keine konzernrechtliche Rechtsgrundlage schafft. Folglich bringt die Formulierung des Antrages lediglich eine Selbstverständlichkeit zum Ausdruck, nämlich dass die Pflicht zur Rückabwicklung nur auf der Grundlage des derzeitigen Sach- und Streitstandes besteht, die aber nach dem Abschluss eines Unternehmensvertrages oder einer Verschmelzung entfallen würde. Ob der Vorstand der Beklagten bei der späteren Schaffung einer konzernrechtlichen Rechtsgrundlage ohne weiteres von der Umsetzung eines Feststellungsurteils absehen kann oder er eine entsprechende Feststellungsklage erheben kann und muss, ist hier nicht zu entschieden.

1.3.4 Unzulässigkeit des Antrags zu 9

Der Antrag zu 9 ist hingegen unzulässig.

1.3.4.1 Fehlende Rechtsgrundlage

Der Kläger kann aus seinem Mitgliedschaftsrecht nicht auf den Abschluss eines Beherrschungsvertrages klagen, und zwar weder in Form der Feststellungsklage noch in Form der Leistungsklage. Ein Minderheitsaktionär kann lediglich die Unterlassung oder die Beseitigung von rechtswidrigen Maßnahmen bzw. die Feststellung der Rechtswidrigkeit solcher Maßnahmen verlangen, nicht aber die Vornahme der von ihm für richtig gehaltenen Maßnahmen. Ansonsten würden dem Minderheitsaktionär Gestaltungsrechte einräumt, die allenfalls der Hauptversammlung vorbehalten sind, beispielsweise die Beschlussfassung der Hauptversammlung über die in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Maßnahmen gemäß § 83 AktG. Die Kompetenzordnung in der Aktiengesellschaft würde verletzt. Das AktG hat das Recht und die Pflicht zur eigenverantwortlichen, an objektiven Sorgfaltsmaßstäben orientierten Geschäftsführung allein dem - bei seinem Handeln der Überwachung durch den von der Hauptversammlung gewählten Aufsichtsrat unterworfenen - Vorstand zugewiesen. Der Hauptversammlung der Aktionäre dagegen ist, von den gesetzlich geregelten Fällen abgesehen, die Mitwirkung an und die Einflussnahme auf die Geschäftsführungsmaßnahmen versagt. Im Rahmen dieses Systems der "Gewaltenteilung" obliegt die Kontrolle des Vorstandes dem Aufsichtsrat.

1.3.4.2 Treuwidrigkeit des Antrages

Der Antrag zu Ziffer 9 ist aber auch mit der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht bzw. Treu und Glauben gemäß § 242 BGB unvereinbar und damit wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig. Unstreitig hat u. a. der Kläger auf der Hauptversammlung der Beklagten am 14.7.2006 beantragt und dafür votiert, den Vorstand der Beklagten nach § 83 Abs. 1 AktG anzuweisen, eine Verschmelzung mit der Q AG vorzubereiten. Das geht aus dem von der Beklagten vorgelegten schriftlichen Verlangen des Klägers gemäß § 122 Abs. 1 Satz 1 AktG (Anl. B 8) hervor. Dieser Antrag des Klägers wurde auf der Hauptversammlung der Beklagten am 14.7.2006 zwar mit den Stimmen der Hauptaktionärin zurückgewiesen. Allerdings ist dieser ablehnende Beschluss auf die Anfechtungsklage des Klägers von der erkennenden Kammer für unwirksam erklärt und auf die positive Beschlussfeststellungsklage zusätzlich erkannt worden, dass der Beschluss, den Vorstand zum Abschluss bzw. Vorbereitung eines Verschmelzungsvertrages anzuweisen, wirksam gefasst worden ist. Damit steht nicht im Einklang, dass der Kläger nun in diesem Verfahren mit seiner Feststellungsklage das Ziel verfolgt, den Vorstand der Beklagten zu verpflichten, von der T2 SE den Abschluss eines Beherrschungsvertrages zu verlangen. Damit setzt sich der Kläger in Widerspruch zu seinem früheren Antrag und zu dem Beschluss der Hauptversammlung. Der Vorstand der Beklagten kann entweder eine Verschmelzung oder den Abschluss eines Beherrschungsvertrages verlangen und vorbereiten. Beides zugleich geht nicht.

Die Ausführungen des Klägers im letzten Schriftsatz vom 11.11.2007 geben keinen Anlass, die Dinge anders zu sehen. Der Kläger argumentiert darin, dass nicht davon auszugehen sei, dass auf einer Hauptversammlung der Q AG die für eine Verschmelzung mit der Beklagten erforderliche Mehrheit zustande kommt. Daher würde es wenig Sinn machen, eine Verschmelzung zu verlangen. Das sei anders bei dem beantragten Beherrschungsvertrag mit der T2 SE. Es sei nach dem beabsichtigten Börsengang der T2 SE damit zu rechnen, dass ihre Hauptversammlung einem Beherrschungsvertrag mit der Beklagten zustimmt. Diese Ausführungen überzeugen nicht. Sie stehen im Widerspruch zu den früheren Erklärungen des Klägers im Anfechtungsverfahren gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung 2006. Dort wurde argumentiert, dass die Verschmelzung mit der Q AG durchaus in Betracht komme, falls die Konditionen annehmbar seien. Abgesehen davon ist der Vorstand der Beklagten jedenfalls aufgrund des festgestellten Beschlussinhaltes angewiesen, einen solchen Vertrag zu verfolgen und vorzubereiten. Solange dieser Beschluss in der Welt und nicht ausgeführt ist, kann nicht gleichzeitig der Abschluss eines Beherrschungsvertrages verlangt werden.

1.3.5 Unzulässigkeit des Antrages zu 10

Der Antrag zu 10 ist ebenfalls unzulässig.

Es kann offen bleiben, ob der Antrag im Hinblick auf die Begriffswahl "Zufügung qualifizierter Nachteile" hinreichend bestimmt ist. Denn der Antrag ist aus einem anderen Grund schon unzulässig. Die begehrte Feststellung, dass der Beklagten ein Anspruch auf Verlustausgleich entsprechend § 302 AktG zusteht und die außenstehenden Aktionäre der Beklagten Ansprüche auf Gewährung eines angemessenen Ausgleichs bzw. einer angemessenen Abfindung entsprechend §§ 304, 305 AktG haben, deren Höhe in einem Spruchverfahren bestimmt werden soll, richtet sich, worauf die Beklagte hingewiesen hat, gegen ihre Hauptaktionärin, die T2 SE. Der Anspruch auf Verlustausgleich entsprechend § 302 AktG richtet sich gegen das herrschende Unternehmen (vgl. Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, Anh. § 317 Rn. 23). Die bei qualifizierter Nachteilszufügung im faktischen Konzern in Betracht kommenden Ausgleichs- um Abfindungsansprüche entsprechend §§ 304, 305 AktG (vgl. Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, Anh. § 317 Rn. 29) richten sich ebenfalls gegen das herrschende Unternehmen. Der Kläger will folglich nicht festgestellt wissen, dass ihm bzw. den Aktionären Ansprüche gegen die Beklagte zustehen bzw. die Organe der Beklagten die ihr gegenüber zu beachtenden Pflichten verletzt haben, sondern es geht um Ansprüche der Beklagten gegen die T2 SE. Damit ist nicht ein rein innergesellschaftliches Rechtsverhältnis betroffenen, sondern ein solches der Beklagten bzw. des Klägers zu einem außenstehenden Dritten. Eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO kann zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof auch auf die Feststellung gerichtet sein, dass zwischen der beklagten Partei und einem Dritten ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht, wenn dies zugleich für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von Bedeutung ist, der Kläger an einer alsbaldigen Klärung dieses Drittverhältnisses ein rechtliches Interesse hat und das Aktienrecht für die Austragung eines solchen Streits keine abschließende Regelung trifft (BGH, Urt. vom 10.10.2005 - II ZR 90/03 "Mangusta/Commerzbank II", DStR 2006, 2092, 2094). Betroffen waren aber jeweils innergesellschaftliche Fallgestaltungen. Vorliegend handelt es sich aber um eine Fallgestaltung mit Außenwirkung, das heißt der Kläger will Ansprüche der Beklagten gegen einen nicht am Verfahren beteiligten Dritten festgestellt haben. Insoweit ist ein unmittelbares Rechtsverhältnis zwischen den Parteien nicht mehr betroffen. Im Gegensatz zu innergesellschaftlichen Rechtsverhältnissen, bei deren Feststellung der Kläger die Umsetzung durch die Organe der Gesellschaft erwarten kann, ist dies bei Ansprüchen mit Außenwirkung gegen Dritte nicht der Fall. Denn die Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen der Gesellschaft und einem außenstehenden Dritten hat keinerlei Bindungswirkung, da der Dritte an dem Verfahren nicht beteiligt ist, und er folglich auch keine Einwendungen gegen den Antrag vorbringen kann. Die Feststellung, dass der Beklagten ein Anspruch gegen die Hauptaktionärin auf Verlustausgleich entsprechend § 302 AktG zusteht, könnte zwar getroffen werden, wäre allerdings sinnlos, da damit nicht feststeht, dass tatsächlich Ansprüche auf Verlustausgleich bestehen. Dazu müsste die Beklagte noch die Mehrheitsaktionärin verklagen, wobei der Ausgang eines solchen Verfahrens selbst dann völlig ungewiss wäre, wenn in diesem Verfahren die von dem Kläger beantragte Feststellung getroffen würde.

Auch eine entsprechende Anwendung von § 309 Abs. 4 Satz 1 AktG bzw. § 317 Abs. 4 in Verbindung mit § 309 Abs. 4 AktG, wonach auch die Aktionäre Ansprüche der Gesellschaft auf Schadensersatz geltend machen können, hilft nicht weiter. Im Gegenteil ergibt sich aus diesen Vorschriften, dass Ansprüche der abhängigen Gesellschaft bzw. ihrer Aktionäre gegen das herrschende Unternehmen geltend gemacht werden müssen. In dem Verfahren OLG Stuttgart (Beschluss vom 4.2.2000 - 4 W 15/98 (LG Stuttgart), NZG 2000, 744 ff.), in dem auch Verlustausgleichsansprüche und Abfindungsansprüche im Rahmen eines so genannten qualifiziert faktischen Konzerns geprüft wurden, war auch das herrschende Unternehmen an dem dortigen Spruchverfahren beteiligt. Vorliegend fehlt es an dieser Beteiligung, so dass Ansprüche auf Verlustausgleich bzw. Abfindungs- und Ausgleichsansprüche nicht festgestellt werden können.

Der Antrag kann auch nicht in dem Sinn ausgelegt werden, dass lediglich innergesellschaftlich, das heißt im Verhältnis des Klägers zur Beklagten, ein Anspruch auf Verlustausgleich entsprechend § 302 AktG bzw. Ausgleichs- und Abfindungsansprüche entsprechend §§ 304, 305 AktG festgestellt werden sollen. Eine derartige Feststellung ist - wie bereits erläutert worden ist - sinnlos, da die Hauptaktionärin daran nicht gebunden wäre. Sinnvoll wäre der Antrag allenfalls insoweit, als die Feststellung infrage steht, dass der Vorstand der Beklagten zur Geltendmachung von Verlustausgleich entsprechend § 302 AktG verpflichtet ist. Es kann offen bleiben, ob ein Feststellungsantrag mit diesem Inhalt (positives Tun) zulässig wäre. Der Kläger hat einen solchen Antrag nicht gestellt und er behauptet selbst nicht, dass ausgleichspflichtige Verluste entstanden sind, so dass für einen entsprechenden Antrag keine Grundlage besteht.

Begründetheit der Klage

2.1 Anträge zu 1 bis 3

Die Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Übertragung der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der Beklagten und der Riepl einschließlich der in diesem Bereich tätigen Tochterunternehmen auf Q AG (Antrag zu 1) nebst den dazu ergangenen Beschlüssen des Vorstands (Antrag zu 2) und des Aufsichtsrats (Antrag zu 3) der Beklagten sind begründet. Zwar unterlag die Veräußerung der vorgenannten Unternehmenssparte einschließlich der dazu zählenden Beteiligungen nicht dem Zustimmungsvorbehalt der Hauptversammlung der Beklagten nach den Holzmüller/Gelatine-Grundsätzen. Allerdings lag insofern eine Satzungsunterschreitung vor. Ferner wurde § 311 AktG verletzt, da der Vorgang von der T2 SE veranlasst wurde, er für die Beklagte nachteilig war und dieser Nachteil dem Einzelausgleich nicht zugänglich ist.

2.1.1. Hauptversammlungskompetenz nach der Holzmüller/Gelatine-Rechtsprechung

Die Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs der Beklagten an Q AG unterlag nicht dem Zustimmungsvorbehalt der Hauptversammlung der Beklagten nach der so genannten Holzmüller/Gelatine-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.

Danach kann eine im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehene Mitwirkung der Hauptversammlung bei Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands nur in engen Grenzen in Betracht kommen, nämlich dann, wenn sie an die Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der Gesellschaft zu bestimmen, rühren und in ihren Auswirkungen einem Zustand nahezu entsprechen, der allein durch eine Satzungsänderung herbeigeführt werden kann. Die Überschreitung der im Schrifttum in diesem Zusammenhang genannten Schwellenwerte zwischen 10% und 50% könnten nicht ausreichen. Die beschriebenen Voraussetzungen, die zur Durchbrechung der vom Gesetz vorgesehenen Kompetenz- und Arbeitsteilung in der AG führen, sind regelmäßig erst dann erfüllt, wenn der Bereich, auf den sich die Maßnahme erstreckt, in seiner Bedeutung für die Gesellschaft die Ausmaße der Ausgliederung in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen "Holzmüller"-Fall erreicht (BGH, Urteil vom 26.4.2004 - II ZR 155/02 (OLG Karlsruhe) "Gelatine", NZG 2004, 571).

Der Kläger erkennt, dass die Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs der Beklagten an Q AG keine "Holzmüller-Dimension" erreicht. Nach dem Geschäftsbericht der Beklagten für das Jahr 2005 lag der Umsatz der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten einschließlich der hochbaunahen Aktivitäten aus dem Projektgeschäft in 2004 bei 765,8 Mio. €, für den T2 AG-Konzern bei 1.748,5 Mio. € (Hoch- und Ingenieurbau 43,0%) und in 2005 bei 688,2 Mio. € gegenüber einer Gesamtleistung im Konzern von 1.796,9 Mio. € (Hoch- und Ingenieurbau 38,30%). Auch die übrigen Parameter des Hoch- und Ingenieurbaubereichs (Bauleistung, betriebliches Ergebnis, Segmentvermögen, Investitionen und Mitarbeiter) gehen nicht über 31% hinaus. Damit wird nicht einmal die 50%-Schwelle überschritten.

Die Argumentation des Klägers, dass die Beklagte bereits durch die in den neunziger Jahren begonnene Rückführung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs eine Entscheidung getroffen habe, die in die Beschlusskompetenz der Hauptversammlung nach Holzmüller-Grundsätzen falle, ist unerheblich. Richtig ist, dass der Anteil des Hoch- und Ingenieurbaus bei der Beklagten in den neunziger Jahren weit höher lag als im Jahr 2005. Selbst wenn die Beklagte den Straßenbau seit den neunziger Jahren verstärkt und den Hoch- und Ingenieurbau zurückgefahren hat, lag darin jedoch keine bewusste und abschließende Entscheidung, den Hoch- und Ingenieurbau aufzugeben. Es handelt sich um Entscheidungen im Rahmen normaler Geschäftsführung, falls dem einen oder dem anderen Geschäftsfeld des Unternehmens, je nach Profitabilität, ein stärkeres oder ein geringeres Gewicht beigemessen wird.

Auch die weitere Argumentation des Klägers, dass ein Entscheidungsvorbehalt der Hauptversammlung der Beklagten bezüglich der Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaus nach Holzmüller-Grundsätzen aus einer Satzungsunterschreitung und der Wirkung der Maßnahmen in ihrer Gesamtheit folge, d. h. unter zusätzlicher Berücksichtigung des Verkaufs der Projektentwicklung, der Ausgliederung von Verwaltungsaufgaben auf Servicegesellschaften, der Beteiligung der Beklagten am Konzern-Avalkredit usw., kann nicht beigepflichtet werden. Der Kläger führt dazu aus, dass die gesamte Umsetzung der Maßnahmen hinsichtlich der Auslagerung der wichtigsten kaufmännischen Zentralfunktionen auf Konzernunternehmen und die Degradierung der Beklagten zu einer faktischen Betriebsabteilung für den Straßenbau eine derart gravierende Strukturmaßnahme darstelle, dass sie der vorherigen Zustimmung der Hauptversammlung bedürfe. Diese Sichtweise ist nach der Ansicht der Kammer allerdings mit der Holzmüller-Doktrin im Grundsatz nicht vereinbar. Die Prüfung eines Maßnahmenbündels ist allenfalls dann zu erwägen, wenn die Verwaltung der Gesellschaft eine Maßnahme in viele Einzelmaßnahmen aufgegliedert hat, um die Holzmüller-Schwellenwerte zu unterschreiten, beispielsweise die Ausgliederung des wichtigsten Unternehmensbereichs in mehreren Einzelschritten vornimmt. Eine derartige Konstellation liegt aber hier nicht vor, da es sich um unterschiedliche Maßnahmen mit unterschiedlichen Auswirkungen für das Unternehmen und die Aktionäre handelt. Abgesehen davon könnten kalkulierbare Voraussetzungen, nach denen derartige Maßnahmenpakete eine Hauptversammlungszuständigkeit begründen, kaum genannt werden. Eine Ausdehnung der Holzmüller-Grundsätze auf Sachverhalte innerhalb des faktischen Konzerns ist auch nicht erforderlich, da in diesem Bereich sowohl der Gesellschaft als auch dem Aktionär Abwehrrechte zur Verfügung stehen.

2.1.2 Satzungsunterschreitung

Der Verkauf und die Übertragung der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der Beklagten und der Riepl einschließlich der Beteiligungen an Q AG waren aber aufgrund einer Satzungsunterschreitung rechtswidrig. Das gilt auch für die dazu gefassten Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten. Die Beschlüsse sind folglich nichtig.

2.1.2.1 Voraussetzungen

Nach herrschender und zutreffender Auffassung darf der Vorstand die satzungsmäßige Festlegung des Unternehmensgegenstandes nicht überschreiten. Andererseits muss er ihn grundsätzlich auch ausfüllen (OLG Stuttgart, Urteil vom 14.5.2003 - 20 U 31/02, NZG 2003, 778, 783 mit weiteren Nachweisen zur Rspr. und Lit.). Grundsätzlich bedarf somit jede Maßnahme, die dazu führt, dass der Unternehmensgegenstand dauerhaft über- oder unterschritten wird, einer Ermächtigung durch die Satzung. Davon betroffen sein können der Erwerb und die endgültige Abgabe einer unternehmerischen Beteiligung, die Ausgliederung von bislang selbst betriebenen Geschäftszweigen und die Gründung einer Tochtergesellschaft. Eine nur vorübergehende Unterschreitung des Unternehmensgegenstandes kann zulässig sein (Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 311 Rn. 31 mit weiteren Nachweisen zur Rspr. und Lit.; differenzierend: Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 317 Rn. 15).

Sowohl die Kammer als auch das OLG Köln haben im Rahmen eines Verfügungsverfahrens im Jahr 2006 bereits entschieden, dass in der Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs der Beklagten an Q AG eine Satzungsunterschreitung zu sehen ist. Die Bestimmung des Unternehmensgegenstandes in der Satzung bedeutet in der Regel auch, dass der genannte Tätigkeitsbereich ausgefüllt werden muss, so dass die dauerhafte Aufgabe eines in der Satzung genannten Produktionszweiges von der Zustimmung der Hauptversammlung abhängt. Die Angabe des Geschäftsgegenstandes schützt nämlich nicht nur das Informationsinteresse außenstehender Dritter, sondern dient auch der Präzisierung der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes der Gesellschaft (OLG Stuttgart, Urteil vom 14.5.2003 - 20 U 31/02, NZG 2003, 778, 783). Wenn es dem Belieben eines Mehrheitsgesellschafters überlassen wäre, den Unternehmensgegenstand auszufüllen, könnte er sich unter Missachtung des grundlegenden Rechts der Mitgesellschafter, über den Unternehmensgegenstand mitzubestimmen, dauerhaft auf ihm genehme Bereiche beschränken (vergleiche OLG Stuttgart, Urteil vom 14.5.2003 - 20 U 31/02, NZG 2003, 778, 783; OLG Köln, Urteil vom 30.5.2006, Anl. K 2, Blatt 29 ff. AH mit weiteren Nachweisen zur Rspr. und Lit.).

2.1.2.2 Verbindlichkeit des Unternehmensgegenstandes

Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt ihre Satzung in ihrer früheren Fassung nicht, dass der dort bezeichnete Unternehmensgegenstand unter Einschluss des Hoch- und Ingenieurbaubereichs für den Vorstand unverbindlich sein sollte. Es handelte sich nicht lediglich, so die Beklagte, um eine beispielhafte und unverbindliche Aufzählung von Aufgabenbereichen, die lediglich den Sinn hatten, den Begriff der Bauleistungen zu spezifizieren und den Vorstand zur Erbringung vielfältiger Bauleistungen zu ermächtigen. Für die Auslegung der Satzung spielt eine erhebliche Rolle, welche Geschäftsgegenstände in der Vergangenheit der Gesellschaft ihr charakteristisches Gepräge gegeben haben (OLG Stuttgart, Urteil vom 14.5.2003 - 20 U 31/02, NZG 2003, 778, 783 "Geschichtliche Prägung"). Unstreitig ist, dass die Beklagte in Umsetzung der Satzung in der Vergangenheit auf dem gesamten Bausektor tätig war. Dabei spielte der Hoch- und Ingenieurbau der Beklagten eine erhebliche Rolle, wie sich aus den wirtschaftlichen Kennzahlen für die Jahre 1990 bis 2005 ergibt (Anl. K 10). Nach den von der Beklagten gelieferten Zahlen machte die Bauleistung im Hoch- und Ingenieurbau im Jahre 1990 noch 62,27% aus. Im Jahr 2005 lag die Bauleistung in diesem Segment immerhin noch bei 36,96%. Durchschnittlich lag die Bauleistung in den Jahren 1990 bis 2005 bei 52,9%. Damit kann festgestellt werden, dass der Hoch- und Ingenieurbau den Unternehmensgegenstand der Beklagten in der Vergangenheit geprägt hat. Diesen durch die Satzung gedeckten wesentlichen Unternehmensgegenstand zur jederzeitigen Disposition des Vorstandes zu stellen, ist fern liegend.

2.1.2.3 Vollständige Aufgabe des Hoch- und Ingenieurbaubereichs

Für eine Satzungsunterschreitung ist unerheblich, dass die Beklagte ihre Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten nicht endgültig und vollständig an Q AG abgegeben hat.

Nach dem Vortrag der Beklagten bietet sie nach wie vor Hoch- und Ingenieurbauleistungen an, die im Zusammenhang mit Straßen- und Tiefbauleistungen stehen und deren Mitangebot von den Abnehmern und Kunden erwartet wird. Dazu zählten der Bau kleinerer Brücken bis zu einem Projektvolumen von 2,5 Mio. € je Brücke. Besonders ins Gewicht fielen Hoch- und Ingenieurbauleistungen im Zusammenhang mit Betreibermodellen (z. B. Autobahn-Modellen), wie etwa Raststättenanlagen, Tankstellen oder Mautstationen, ohne die Betreibermodelle nicht funktionstüchtig sind. Auch das Fortbestehen der 35%igen Beteiligung der Beklagten an der BHB, die in erheblichem Umfang Hoch- und Ingenieurbau betreibe, stehe einer Satzungsunterschreitung entgegen, weil diese Beteiligung ganz erheblich in das Betriebsergebnis der Beklagten einfließe. So habe die 35 %ige Beteiligung an der BHB im Jahr 2003 mit 11,9 Mio. €, in 2004 mit 8,4 Mio. € und in 2005 sogar mit 23,8 Mio. € zum Ergebnis der Beklagten beigetragen. Ohne den Ergebnisbeitrag der BHB wäre das Ergebnis der Beklagten in 2003 und 2004 negativ gewesen. Das hiermit einhergehende unternehmerische Risiko bedürfe einer satzungsmäßigen Grundlage in Form des Unternehmensgegenstands, weil der Vorstand andernfalls die Satzung überschritten hätte.

Wie die erkennende Kammer und das OLG Köln bereits zutreffend geurteilt haben, handelt es sich bei den Hoch- und Ingenieurbauleistungen im Zusammenhang mit Straßen- und Tiefbauleistungen um untergeordnete und unselbstständige Hilfsmaßnahmen; sie füllen den ursprünglichen Satzungsgegenstand nicht annähernd aus. Schließlich kann auch nicht entscheidend sein, dass die Beklagte über eine 35%ige Beteiligung an der BHB weiterhin im Bereich Hoch- und Ingenieurbau tätig ist. Denn einerseits ist die Beklagte mangels Mehrheitsbeteiligung nicht in der Lage, die Aktivitäten der BHB zu steuern. Andererseits kann auch die verbleibende Beteiligung nicht darüber hinweg täuschen, dass die Beklagte das in Zukunft wegfallende Geschäft im Bereich Hochbau nicht über die Beteiligung an der BHB kompensiert, da die Hochbau-Aktivitäten der BHB im zentral- und osteuropäischen Raum liegen. Zwar trifft die Satzung der Beklagten keine Aussage darüber, in welchen Ländern der Unternehmensgegenstand auszufüllen ist, doch geht es darum vorliegend nicht. Zum Ausdruck kommen soll, dass der Wegfall des Hoch- und Ingenieurbaus in Deutschland und im europäischen Ausland als wesentlicher und satzungsmäßig niedergelegter Unternehmensgegenstand der Beklagten nicht durch ihre Minderheitsbeteiligung an der BHB aufgewogen werden kann.

Ohne Bedeutung ist schließlich, dass die Beklagte das bis zum 28. Februar 2006 bestehende Hoch- und Ingenieurbau-Geschäft mit einem Volumen von 900 Mio. €, d. h. die laufenden Bauaufträge und Ausschreibungen, beibehalten und dieses bis zum Jahr 2008 abwickeln wird. Entscheidend ist, dass bereits mit der Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaus die Satzung unterschritten wurde. Ab der Veräußerung dieses Segments konnte die Beklagte jedenfalls nicht mehr aktiv werbend tätig sein, d. h. keine neuen Aufträge in diesem Bereich akquirieren. Daher ist unerheblich, dass noch Altaufträge abgewickelt werden.

2.1.2.4 Temporäte Satzungsunterschreitung

Ohne Bedeutung ist ferner, ob die Satzungsunterschreitung von vorherein lediglich temporärer Art war, weil die Hauptaktionärin jederzeit mit ihrer Mehrheit unter Berücksichtigung der grundsätzlich geringen Hauptversammlungspräsenzen eine Satzungsänderung herbeiführen konnte. Denn die Organe der Gesellschaft haben sich an die Satzung zu halten und nicht darauf zu spekulieren, ob die Hauptversammlung möglicherweise eine Satzungsänderung in ihrem Sinne herbeiführen könnte. Eine vorübergehende Satzungsunterschreitung kann allenfalls dann akzeptiert werden, falls die Satzungsänderung als sicher vorausgesetzt werden kann, diese im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang möglich ist und erhebliche Gründe vorliegen, die ein sofortiges Handeln gegen die bestehende Satzung erfordern. Dass ist denkbar, wenn der Gesellschaft durch eine Zurückstellung der satzungswidrigen Maßnahme und der damit verbundenen zeitlichen Verzögerung erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen. In einer global vernetzten Wirtschaftsordnung, in der es darauf ankommt, sich bietende Chancen umgehend zu nutzen oder aufkommenden Gefahren sogleich zu begegnen, wäre eine zu enge Bindung an jeweils einzuholende Entschließungen der nicht ständig präsenten, sondern regelmäßig nur mit erheblichem Aufwand an Zeit und Kosten einzuberufenden Hauptversammlung gänzlich impraktikabel und hätte eine Lähmung der Gesellschaft zur Folge (BGH, Urteil vom 26.4.2004 - II ZR 155/02 (OLG Karlsruhe) "Gelatine", NZG 2004, 571, 574, allerdings im Bezug auf eine ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit bzgl. Geschäftsführungsmaßnahmen, die einer Satzungsänderung nahe kommen).

Derartiges ist vorliegend aber nicht vorgetragen worden. Die Tatsache, dass die Vertragsverhandlungen mit der Q AG schwerfällig und mühsam waren, so die Beklagte, ist kein Grund, einen wesentlichen Unternehmensgegenstand unverzüglich aufzugeben. Dass die Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs der Beklagten an Q AG mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gescheitert wäre, wenn der Vorstand der Beklagten die Veräußerung von einer noch einzuholen Zustimmung der Hauptversammlung zu einer Satzungsänderung abhängig gemacht hätte, wie die Beklagte behauptet, kann nicht angenommen werden. Die Beklagte erläutert diesen pauschalen Vortrag nicht näher und stellt diesen auch nicht unter Beweis. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich oder vorgetragen worden, dass die vorgenannten Transaktionen aus der Sicht der Q AG oder der Beklagten unverzüglich vollzogen werden mussten. Zeitliche Vorgaben von Seiten der Q AG gab es offensichtlich nicht. Abgesehen davon wäre es ohnehin nur zu geringen zeitlichen Verzögerungen gekommen, da die schuldrechtlichen und dinglichen Verträge ab Frühjahr 2006 geschlossen wurden. Einige Monate später, nämlich am 14.7.2006, war bereits die Hauptversammlung der Beklagten. Im übrigen war der Abbruch der Vertragsverhandlungen durch Q AG für den Fall, dass die Beklagte die Veräußerung ihres Hoch- und Ingenieurbaubereichs von der Zustimmung ihrer Hauptversammlung zur Satzungsänderung abhängig gemacht hätte, auch deshalb fern liegend, da die Hauptaktionärin die Veräußerung initiiert hatte (siehe unten) und sie auch über die Mehrheit bei der Q AG verfügte.

Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang angesprochenen praktischen Probleme können ohne weiteres bewältigt werden. Die Situation, dass zunächst eine Satzungsänderung beschlossen wird, und sich anschließend der unrentable Unternehmensbereich als unverkäuflich erweist, ist praxisfern, jedenfalls aber vermeidbar. Der Vorstand kann, falls mit der Zustimmung zur Satzungsänderung zu rechnen ist, die Aufgabe des Unternehmensgegenstandes durch die Veräußerung soweit vorbereiten, dass der Vertragsabschluss unmittelbar nach Eintragung der Satzungsänderung in das Handelsregister erfolgen kann. Im Übrigen wird keine Hauptversammlung die Aufgabe eines Unternehmensgegenstandes und eine entsprechende Satzungsänderung beschließen, wenn eine Veräußerung nicht konkret bevor steht.

2.1.2.5 Satzungsänderung am 14.7.2006

Unerheblich ist, dass die Hauptversammlung der Beklagten am 14.7.2006 eine Satzungsänderung unter Ausschluss des Hoch- und Ingenieurbaubereichs beschlossen hat. Das ändert nichts daran, dass jedenfalls die Beschlussfassungen von Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten und die darauf beruhende Übertragung des vorgenannten Geschäftsbereichs wegen der Satzungsunterschreitung zum 28.2.2006, 1.3.2006 und 9.5.2006 rechtswidrig waren. Die Satzungsänderung wirkt nicht rückwirkend, sondern frühestens ab dem Zeitpunkt der Eintragung. Abgesehen davon ist der vorgenannte Beschluss der Hauptversammlung im Rahmen des Anfechtungsrechtsstreits durch Urteil der Kammer vom 5.10.2007 für nichtig erklärt worden.

2.1.2.6 Gefährdung der Rechte der Minderheitsaktionäre

Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es für die Frage der Satzungsunterschreitung nicht entscheidend darauf an, ob der Beteiligungswert der Minderheitsaktionäre durch die satzungswidrige Aufgabe eines Unternehmensgegenstandes gefährdet wird oder ob die Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaus an Q AG für die Beklagte wirtschaftlich vorteilhaft war. Ob der Vorstand die Satzung unterschreiten darf, hängt nicht einer wirtschaftlichen Gesamtschau bzw. von wirtschaftlichen Vorteilen für die Aktionäre ab. Es geht um die Kompetenzen des Vorstands und des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft. Die Befugnis zur Änderung der Satzung liegt bei der Hauptversammlung und nicht beim Vorstand. Der Vorstand hat dies zu respektieren und kann gegebenenfalls, soweit er dies für wirtschaftlich geboten hält, auf eine Änderung der Satzung hinwirken.

2.1.3 Vereinbarkeit mit §§ 311 ff. AktG

Die Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der Beklagten an Q AG widersprach § 311 AktG.

Gemäß § 311 Abs. 1 AktG darf ein herrschendes Unternehmen ohne Beherrschungsvertrag seinen Einfluss nicht dazu nutzen, eine abhängige Aktiengesellschaft zu veranlassen, ein für sie nachteiliges Rechtsgeschäft vorzunehmen oder Maßnahmen zu ihrem Nachteil zu treffen, es sei denn, dass die Nachteile ausgeglichen werden.

Vorliegend hat die T2 SE die von ihr abhängige Beklagte zur Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs an Q AG veranlasst. Diese Maßnahme war für die Beklagte nachteilig. Der Nachteil war nicht dem Einzelausgleich zugänglich.

2.1.3.1 Abhängigkeit der Beklagten von der T2 SE

Zwischen der Beklagten und der T2 SE bestand ein Abhängigkeitsverhältnis im Rahmen eines faktischen Konzerns nach §§ 17 Abs. 2, 18 Abs. 1 Satz 3 AktG.

2.1.3.2 Veranlassung durch die T2 SE

Zunächst ist davon auszugehen, dass die vorgenannten Maßnahmen von der Hauptaktionärin T2 SE veranlasst worden sind, auch wenn die Beklagte stets betont, dass es sich insoweit um eigenständige, ausschließlich wirtschaftlicher Vernunft folgende Entscheidungen der Beklagten gehandelt hat.

Für die Veranlassung genügt jede Einflussnahme auf die abhängige Gesellschaft. Gleichgültig ist, ob sie sich als Ratschlag, Einwilligung, Erwartung eines bestimmten Verhaltens oder als Weisung darstellt, auch, ob sie sich auf den Einzelfall bezieht oder in Gestalt von Richtlinien erfolgt (Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 311 Rn. 16). Unter gewissen Umständen kann die Veranlassung einer Maßnahme durch das herrschende Unternehmen vermutet werden. Das soll zunächst der Fall sein im Rahmen eines Konzernverhältnisses gemäß § 18 AktG (Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 311 Rn. 21; weitergehend Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 311 Rn. 34: einfache Abhängigkeit). Ferner soll eine personelle Verflechtung über Vorstandsdoppelmandate in der abhängigen und der herrschenden Gesellschaft eine unwiderlegbare Veranlassungsvermutung begründen (Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 311 Rn. 22).

Dass die Übertragung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs der Beklagten auf Q AG von der Mehrheitsaktionärin T2 SE veranlasst worden ist, steht für die Kammer außer Frage. Zwar kann das Doppelmandat von Dr. U als Vorstand der Beklagten und der T2 SE eine Veranlassung seitens letzterer nicht unwiderlegbar begründen, da Dr. U offiziell erst ab dem 1.1.2006 für die T2 SE tätig war, die Entscheidungen für die Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaus der Beklagten aber bereits im Jahre 2005 getroffen wurden. Allerdings ergibt sich die Veranlassung der Maßnahme durch die T2 SE aus ihrer umfassenden Ausübung von Leitungsmacht im Konzern und aus den zahlreichen Äußerungen von Dr. Y, dem Vorstandsvorsitzenden der früheren B, die die Mehrheit an der T2 SE hielt, sowie aus dem Geschäftsbericht der T2 SE für das Jahr 2005, wo es auszugsweise unter anderem heißt:

"Im Hoch- und Ingenieurbau wird durch die Bündelung der Aktivitäten bei der Q AG, die bis Mitte des Jahres 2006 abgeschlossen sein wird, eine Größenordnung erreicht, der die nachhaltig erfolgreiche Bearbeitung des deutschen Marktes gewährleistet (Geschäftsbericht der T2 SE für das Geschäftsjahr 2005, Seite 16, Anlage K 22).

"Die interne Organisation wurde durch den Hinzutritt der neuen Unternehmen angepasst. So werden die Sparten "Tunnel- und Ingenieurtiefbau" sowie der "Hochbau" zu einer Sparte "Hoch- und Ingenieurbau" zusammengefasst. Der Konzern wird künftig in drei Bausparten organisiert sein - "Straßenbau", "Hoch- und Ingenieurbau" sowie "Dienstleistungen" (Geschäftsbericht der T2 SE für das Geschäftsjahr 2005, Seite 30 f., Anlage K 23).

"Im Berichtsjahr konnten mit der Q AG und der C5 GmbH nennenswerte Kompetenzen hinzugewonnen werden. Die Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten in Deutschland werden künftig bei der Q AG gebündelt um einerseits die Marktführung zu erlangen, andererseits notwendige Synergien sowie Rationalisierungspotentiale im Sinne der Kostenführerschaft zu heben (Geschäftsbericht der T2 SE für das Geschäftsjahr 2005, Seite 40, Anlage K 24)."

Dr. Y hat sich als Vorstandsvorsitzender der B, die die Mehrheit der Aktien an der T2 SE hielt, parallel dazu in diversen Presseartikeln wie folgt geäußert (Interview im Heft November 2005 des Manager Magazin, Seiten 96 f.):

"Sicher, eine Verschmelzung von Q und T2 zur Q-T2 Bauaktiengesellschaft wäre unser bevorzugtes Modell gewesen. Statt einer deutschen Aktiengesellschaft haben wir nach wie vor zwei operative Aktiengesellschaften mit zwei Aufsichtsräten, zwei Hauptversammlungen, zwei Steuererklärungen. Das macht die Sache aufwändiger. Dass es wirklich 25 Mio. jährlich sind, glaube ich nicht; denn wir werden die beiden Unternehmen so weit wie möglich vereinheitlichen und straffen.

.......

Wir werden wie angekündigt aus Q und T2 zwei spartenreine Unternehmen machen. Die T2 wird sich auf den Straßenbau zurückziehen und den Markt für Ingenieurtiefbau und den Hochbau der Q überlassen. Dafür wird die T2 einen Kaufpreis bekommen. Wir werden sehen, wie hoch der sein wird."

In der hausinternen Zeitschrift der T2 SE "Inform", Ausgabe 1/2006 (Anl. K 30) findet sich folgende Erklärung:

"Am 1. März wurde es zur Gewissheit: Aus ehemaligen Konkurrenten sind Partner geworden, aus zwei Unternehmen wird eins. Denn mit diesem Datum wurde der Verkauf des Hoch- und Ingenieurbaus der T2 AG an Q rechtskräftig. Das bedeutet, dass T2 sich fortan in Deutschland auf den Straßen- undTiefbau konzentriert, während Q der Spezialist für den Ingenieur- und Hochbau sein wird. T2 kehrt damit zu seinen angestammten Wurzeln zurück, die schon in seinem Namen zum Ausdruck kommen, wurde das Unternehmen doch am 20. Juli 1923 als Straßenbau-Aktiengesellschaft gegründet. Durch diesen Zusammenschluss entsteht unter dem starken Markennamen Q Deutschlands Nummer Eins im Hoch- und Ingenieurbau, mit rund 8.000 Mitarbeitern und 2,5 Mrd. Euro Bauleistung."

Unmittelbar vor der Hauptversammlung der Beklagten am 14. Juli 2006 hat Herr Dr. Y dann in einem Interview in der Wirtschaftswoche "Vollzug" gemeldet (Heft 2006/28 vom 10. Juli 2006, Seite 62 f., Anlage K 6):

"Was hat T2 in Deutschland zu bieten€

"Im Hoch- und Ingenieurbau wird durch die Bündelung der Aktivitäten bei der Q AG, die bis Mitte des Jahres 2006 abgeschlossen sein wird, eine Größenordnung erreicht, der die nachhaltig erfolgreiche Bearbeitung des deutschen Marktes gewährleistet.

.......

Wir haben zwei Säulen: den Hoch- und Tiefbau, der bei unserer Beteiligung Q in Stuttgart angesiedelt ist, und den Straßenbau, der von der T2 in Köln betrieben wird. ... Beide Unternehmen steuern wir von Wien, von der österreichischen T2 aus."

In der Zeitschrift Gewinn, Ausgabe 10/06, hat sich Dr. Y zu dem Abstimmungsprozeduren im Konzern wie folgt geäußert:

"Ob es da nicht Reibungsverluste gibt zwischen dem Manager und den Stabsstellen, fragen Sie mich€ Es wissen alle, dass es so bei uns nicht nur verpönt, sondern verboten ist, sich in Reibungsverlusten zu ergehen. Sie wissen, dass ich das nicht goutiere, und das ist der große Vorteil eines eigentümergeführten Unternehmens: Wenn ich sage Ende der Debatte, dann ist die Debatte zu Ende."

Schließlich hat der Vorstand der Beklagten anlässlich der Hauptversammlung am 27.7.2005 folgendes mitgeteilt:

"Darüber hinaus wird der Alleingesellschafter unseres Großaktionärs, die B AG, vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen Kartellbehörden 53,6 % am Aktienkapital der Q AG in Stuttgart erwerben. In diesem Zusammenhang hat die B erklärt, dass sie beabsichtigt, die Hoch- und Ingenieurbau-Aktivitäten für die Märkte Deutschland und Benelux künftig in der Q AG zu konzentrieren, während der Straßenbau, der von Q nicht betrieben wird, bei der T2 AG verbleiben soll."

Bei diesen eindeutigen Aussagen kann darauf verzichtet werden, zusätzlich aus dem Prospekt für das öffentliche Angebot einer Teilschuldverschreibung der B vom 16. Mai 2006 (Anlage K 13) zu zitieren.

Dem Kläger ist zuzustimmen, dass die Äußerungen der Mehrheitsaktionärin T2 SE bzw. von Dr. Y den Eindruck erwecken, dass die Eigenständigkeit der Beklagten als selbstständiges Unternehmen völlig verkannt wird. Die Beklagte und auch Q AG werden als Unternehmen charakterisiert, die ausschließlich dem T2-Konzern zu dienen bestimmt sind und die sich allein Optimierungsbemühungen im Konzerninteresse zu unterwerfen haben. Aus den zitierten Äußerungen der Mehrheitsaktionärin, von Dr. Y und dem Vorstand der Beklagten kann davon ausgegangen werden, dass sämtliche Konzernunternehmen unter einer ausgeprägten Leitungsmacht, insbesondere von Dr. Y, stehen. Dort wurden bzw. werden die Entscheidungen getroffen, die von den abhängigen Konzernunternehmen umzusetzen sind; Widerspruch wird nicht geduldet. Angesichts der klaren Sprache der Mehrheitsaktionärin T2 SE bzw. von Dr. Y ist jedenfalls die Behauptung der Beklagten widerlegt, dass ihr Vorstand sich eigenständig für eine Übertragung der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten auf Q AG entschieden habe.

2.1.3.3 Nachteiligkeit der Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs der Beklagten an Q AG.

Die von der T2 SE veranlasste Übertragung des Hoch- und Ingenieurbaus der Beklagten an Q AG war nachteilig im Sinne von § 311 AktG.

2.1.3.3.1 Begriff

Der Nachteilsbegriff im Sinne von § 311 AktG ist entsprechend dem auf den Schutz der Gläubiger und der Minderheitsaktionäre gerichteten Regelungszweck zu bestimmen. Er erfasst daher jede Minderung oder konkrete Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage der Gesellschaft ohne Rücksicht auf Quantifizierbarkeit, soweit sie als Abhängigkeitsfolge eintritt (Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 311 Rn. 25; Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 311 Rn. 39). Maßgeblich sind die besonderen Verhältnisse der abhängigen Gesellschaft. Leitbild ist die unabhängige Gesellschaft. Entscheidend ist, ob aus ihrer Sicht bei fiktiver Unabhängigkeit die Maßnahme unter Berücksichtigung der Sorgfaltsanforderungen des § 93 Abs. 1 AktG getroffen worden wäre (Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 311 Rn. 41; Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 311 Rn. 34). Da insoweit ein weites unternehmerisches Ermessen besteht (OLG Stuttgart, Urt. v. 30.5.2007 - 20 U 12/06, AG 2007, 633, 637), liegt das eigentliche Problem darin, die pflichtgemäße von der pflichtwidrigen Ermessensausübung abzugrenzen (Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 311 Rn. 53). Dabei kommt dem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand und dem Zweck der abhängigen Gesellschaft besondere Bedeutung zu (Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 311 Rn. 41). Für die Beurteilung des nachteiligen Charakters und der Höhe des Nachteils ist der Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts oder der Maßnahme maßgeblich. Es ist eine exante-Prognose anzustellen, wobei sämtliche Umstände zu berücksichtigen sind, die einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter zum damaligen Zeitpunkt erkennbar gewesen wären (OLG Stuttgart, Urt. v. 30.5.2007 - 20 U 12/06, AG 2007, 633, 637; Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 311 Rn. 44). Der Begriff des Nachteils deckt sich nicht mit dem des Schadens (Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 311 Rn. 45). In Betracht kommen vor allem Maßnahmen wie die Aufgabe eines Teilmarkts, die Ausgliederung wesentlicher unternehmerischer Funktionen auf ein herrschendes Unternehmen oder ein anderes Unternehmen der Gruppe, Investitionsentscheidungen, Beiträge zur Konzernfinanzierung, Veräußerung von Finanzanlagen an Dritte, Konzernumlagen, Organisationsmaßnahmen, Verlagerung von Geschäftschancen usw. (Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 311 Rn. 36; Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 311 Rn. 46 ff.).

Ermessensmissbrauch ist nicht von vornherein anzunehmen bei Maßnahmen der Konzernintegration. Bei der Zentralisierung unternehmerischer Funktionen ist der nachteilige Charakter dann zu verneinen, wenn die abhängige Gesellschaft für den Fall der Beendigung des Abhängigkeitsverhältnisses weiterhin Zugriff auf die ausgelagerte Funktion hat und zudem an den mit der Zentralisierung verbundenen Kostenvorteilen und sonstigen Synergieeffekten partizipiert. Dagegen sind Maßnahmen, die den Bestand oder die Rentabilität der abhängigen Gesellschaft und damit deren Existenzfähigkeit nach Beendigung des Abhängigkeitsverhältnisses ernsthaft infrage stellen, ebenso nachteilig wie solche, bei denen der Gesellschaft auferlegten Risiken oder entzogenen Chancen keine äquivalenten Vorteile gegenüberstehen. Für Maßnahmen zur Spezialisierung im Konzern gelten vergleichbare Grundsätze. Sie sind nicht nachteilig, wenn die Lebensfähigkeit durch entsprechende Vorkehrungen nach Beendigung des Konzernverhältnisses, etwa durch die Zusage geeigneter Ersatzfunktionen oder der Wiedereinräumung von Funktionen, gesichert ist, oder mit der Aufgabe einer Funktionen die Übernahme einer neuen, unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und unter Zugrundelegung des gebotenen Beurteilungsspielraums gleichwertigen Funktion einhergeht (Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 311 Rn. 57a).

2.1.3.5 Darlegungs- und Beweislast

Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast ist von dem allgemeinen Grundsatz auszugehen, dass es dem Kläger obliegt, die anspruchsbegründenden Umstände darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Angesichts der Tatsache, dass außenstehende Gesellschafter kaum jemals in der Lage sein werden, ihrer Darlegungs- und Beweislast voll zu genügen, hat der Bundesgerichtshof die Substantiierungslast von außenstehenden Gesellschaftern eingeschränkt (BGH, Urteil vom 29.03.1993 - II ZR 265/91 "TBB", NJW 1993, 1200 ff.). Danach genügt es, dass Umstände dargelegt und gegebenenfalls bewiesen werden, die die Annahme zumindest nahe legen, dass bei der Unternehmensführung im Hinblick auf das Konzerninteresse die eigenen Belange der Gesellschaft über bestimmte, konkret ausgleichsfähige Einzeleingriffe hinaus, beeinträchtigt worden sind. Diese Erwägungen gelten auch für das Aktienrecht (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.5.2007 - 20 U 1 2/06, AG 2007, 633, 637; Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, Anh. § 317 Rn. 21). Kennt die Gesellschaft die maßgebenden Tatsachen und ist ihr die Darlegung des Sachverhalts zumutbar, so obliegt es ihr, substantiiert zu bestreiten und auf diesem Weg nähere Angaben zu machen (Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, Anh. § 317 Rn. 21).

Die dauernde und umfassende Leitung der abhängigen Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen, organisatorische Umstrukturierungsmaßnahmen oder schließlich personelle Verflechtungen legen nicht ohne weiteres die Annahme nahe, dass bei der Unternehmensführung im Hinblick auf das Konzerninteresse die eigenen Belange der abhängigen Gesellschaft beeinträchtigt worden sind (OLG Stuttgart, Urt. v. 30.5.2007 - 20 U 12/06, AG 2007, 633, 637; Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, Anh. § 317 Rn. 21, 22).

Abzulehnen ist allerdings die Auffassung, dass bei dem Umfang der Darlegungs- und Beweislast zu berücksichtigen ist, dass sich die Rechtsstellung von Minderheitsaktionären nicht mit der ungleich schwierigeren Position außenstehender Gesellschaftsgläubiger vergleichen lasse; der Minderheitsaktionär müsse sich ggf. um eine Sonderprüfung bemühen (OLG Stuttgart, Urt. v. 30.5.2007 - 20 U 12/06, AG 2007, 633, 638). Zwar hatte der Kläger dieses Verfahrens eine angesichts der damaligen Abstimmungsverhältnisse mögliche Vorgehensweise nach §§ 315 Satz 2, 142 Abs. 2 AktG auf der Hauptversammlung der Beklagten am 14.7.2006 gewählt. Allerdings kann dem Kläger der Umstand, dass er eine Sonderprüfung verlangen kann bzw. verlangt hat, nicht zum Nachteil gereichen. Er kann nicht anders behandelt werden als Minderheitsaktionäre, denen die Möglichkeit zur Sonderprüfung versperrt ist.

2.1.3.6 Parteivortrag zum Nachteil

Der Kläger begründet die Nachteiligkeit der Übertragung des Geschäftsbereichs Hoch- und Ingenieurbau wie folgt: Entgegen den Darstellungen der Beklagten entspreche die Übertragung des Ingenieur- und Hochbaus nicht dem bisherigen, langjährigen Unternehmenskonzept der Beklagten. Es treffe auch nicht zu, dass die Beklagte seit Jahren ihre Tätigkeiten im Hoch- und Ingenieurbau kontinuierlich heruntergefahren habe, um sich wieder ausschließlich auf das angestammte Geschäftsfeld zu konzentrieren. Bis weit in die neunziger Jahre hinein habe der Schwerpunkt der Tätigkeit der Beklagten im Hoch- und Ingenieurbau gelegen. Außerdem spreche keine einzige der in der Anlage K 10 vorgelegten betriebswirtschaftlichen Daten zwingend für eine Übertragung des Hoch- und Ingenieurbaus. Das zeigten vor allem auch die Angaben zur Bauleistung je Mitarbeiter. Während die Bauleistung im Hoch- und Ingenieurbau bei 287.185 € pro Mitarbeiter gelegen habe, betrage diese beim Straßen- und Tiefbau nur noch 182.310 €. Daraus ergebe sich eine Relation von 61:39 zugunsten des Hoch- und Ingenieurbaus. Der Straßen- und Tiefbau sei vor allem durch diverse Zukäufe überproportional gewachsen. Die Beklagte werde künftig nicht mehr in der Lage sein, ohne Zukauf von Spezial-Knowhow auch hoch komplexe, kombinierte Straßen- und Ingenieurtiefbau-Projekte aus einer Hand anbieten. Der Vorstand der Beklagten habe noch nicht einmal im Ansatz versucht, mögliche Interessenten für den Geschäftsbereich Hoch- und Ingenieurbau, insbesondere aus dem Ausland, zu finden. Vielmehr habe er sich darauf beschränkt, den "Vorschlag" bzw. sein "Angebot" gleich umzusetzen. Aus diesem Grund sei der Kaufpreis für die Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs auch nicht marktangemessen. Bezeichnenderweise habe sich offenbar für diese Transaktion auch keine Investmentbank finden lassen, die die sonst an dieser Stelle üblicherweise vorgelegte Fairness-Opinion erstellt hätte. Dass die Beklagte und die T2 SE die Nachteiligkeit der vorgenannten Maßnahme selbst erkannt haben, ergebe sich aus der Ankündigung eines Beherrschungsvertrages gemäß adhoc-Mitteilung vom 19.1.2006 (Anl. K15), wovon nach Vollzug der Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaus allerdings wieder Abstand genommen worden sei. Die Übertragung des Hoch- und Ingenieurbaus führe zudem zu einer Verlagerung von Geschäftschancen. Das widerspreche dem konzernrechtlichen Wettbewerbsverbot. Die in der Vergangenheit mögliche Risikodiversifizierung bei der Beklagten auf der Grundlage der Geschäftsfelder Ingenieur- und Hochbau und Straßen- und Tiefbau sei weggefallen. Die Mehrheitsaktionärin T2 SE habe durch die Schaffung von zwei spartenreinen Gesellschaften in Deutschland eine Risikodiversifizierung auf Konzernebene herbeigeführt. Die Übertragung des Ingenieur- und Hochbaus sei auch deshalb rechtwidrig, weil die Vertretungsbefugnis von Vorstand und Aufsichtsrat eingeschränkt gewesen sei. Das Geschäft sei auch für den Vorstand der Q AG erkennbar nicht mehr von der nach § 78 AktG bestehenden Vertretungsmacht des Vorstands der Beklagten gedeckt gewesen. Ein zur Unwirksamkeit im Außenverhältnis führerender Missbrauch der Vertretungsmacht liege bereits dann vor, wenn der Vertragspartner weiß oder es sich ihm aufdrängen muss, dass ein Geschäftsführer ohne die erforderliche Beschlussgrundlage handelt. Bereits mit Schreiben vom 29. November 2005, 13. Dezember 2005 und 3. Februar 2006 habe der Vorstand des Klägers die Vorstände der Beklagten und der Q AG auf die hier bestehenden und zuvor im Einzelnen dargestellten Risiken hingewiesen (Anlagenkonvolut K 17). Die sich aus der Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaus ergebenden Nachteile seien auch nicht quantifizierbar. Die hier bestehende Gefährdungslage werde noch deutlicher, wenn sich der Mehrheitsaktionär künftig dazu entscheiden sollte, die Mehrheitsbeteiligung aufzugeben und die Beklagte aus dem Konzernverbund zu entlassen. Es sei nicht einmal eine Schätzung nach § 287 ZPO möglich. Daher erfordere die streitgegenständliche Maßnahme als Grundlage einen Beherrschungsvertrag.

Die Beklagte behauptet dazu, die Veräußerung ihrer Hoch- und Ingenieurbausparte an Q AG beruhe ausschließlich auf ihrer eigenen unternehmerischen Entscheidung. Sie markiere den Schlusspunkt einer langjährigen Entwicklung, die Mitte der neunziger Jahre begonnen habe. Die Beklagte habe damals den Entschluss gefasst, sich auf ihr historisches und profitables Kerngeschäft im Straßen- und Tiefbau zu konzentrieren. In der Folge habe sie diesen Unternehmensbereich durch Zukäufe nachhaltig verstärkt. Zugleich seien die ertragsschwachen Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten in dieser Zeit sukzessiv vermindert worden. Die Veräußerung dieser Sparte sei stets auf der langfristigen Agenda der Beklagten gewesen, habe aber wegen des Fehlens eines passenden Käufers zunächst nicht realisiert werden können. Die Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten sei weder für sich genommen noch in ihrer konkreten Ausgestaltung für die Beklagte nachteilig gewesen. Die veräußerten Aktivitäten hätten im Vergleich zum Gesamtgeschäft der Beklagten allenfalls ein Drittel ausgemacht. Der Kaufpreis sei marktangemessen gewesen; er sei auf der Grundlage der Gutachten von unabhängigen Wirtschaftsprüfern ermittelt worden. Drittangebote seien mangels geeigneter Erwerber nicht eingeholt worden. Geschäftschancen habe die Beklagte nicht verloren, da mit dem vorgenannten Bereich keine Geschäftschancen verbunden gewesen seien.

2.1.3.7 Würdigung

Unter Würdigung des Vortrags der Parteien ist festzustellen, dass die von der T2 SE veranlasste Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs der Beklagten an Q AG für erstere nachteilig war, weil deren Satzung unterschritten wurde, ihre Geschäftschancen auf die T2 SE beziehungsweise auf ein von ihr abhängiges Unternehmen - einem langjährigen Wettbewerber der Beklagten übertragen wurden und der Kaufpreis nicht angemessen war.

2.1.3.7.1 Satzungsunterschreitung

Die Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs der Beklagten an Q AG war bereits satzungsunterschreitend. Insofern kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Der Vorstand und der Aufsichtsrat der Beklagten haben ihre Pflichten verletzt. Die Satzungsunterschreitung war aus der exante-Sicht eines ordentlichen Geschäftsführers bzw. Aufsichtsrat nicht zu vertreten.

2.1.3.7.2 Veräußerung an einen langjährigen Wettbewerber

Die Beklagte hat nach eigenem Vortrag ihren Hoch- und Ingenieurbaubereich bis zum Jahre 2005 nicht an den Wettbewerber Q AG veräußern wollen. Erst die Übernahme der Mehrheit der Anteile der Q AG durch die T2 SE führte offensichtlich zu einem Meinungsumschwung bei der Beklagten. Das ist bemerkenswert und möglicherweise damit zu erklären, dass die Geschäftsfelder im Konzern von der Mehrheitsaktionärin T2 SE verteilt wurden, und zwar durch die Errichtung von zwei spartenreinen Bauunternehmen, so dass die Beklagte während der Konzernzugehörigkeit eine Konkurrenztätigkeit der Q AG nicht befürchten muss. Allerdings war auch vom Vorstand der Beklagten zu berücksichtigen, dass Q AG spätestens dann wieder zu einem Wettbewerber der Beklagten wird, falls sie beziehungsweise Q AG aus dem T2-Konzern ausscheidet. Insofern wäre zu erläutern gewesen, warum die Aufgabe des Geschäftsbereichs Hoch- und Ingenieurbau zu Gunsten der Q AG bis zum Jahre 2005 aus Gründen des Wettbewerbs ausgeschlossen war, nach Eintritt der Q AG in dem T2-Konzern dieser Aspekt aber offensichtlich keine Rolle mehr spielte. Die Tatsache der Konzern-Zugehörigkeit der Q AG ab 2005 kann jedenfalls für einen pflichtgemäß urteilenden Vorstand der Beklagten kein Grund gewesen sein, einen wichtigen Geschäftsbereich an einen Konkurrenten abzugeben.

2.1.3.7.3 Übertragung von Geschäftschancen

Die Beklagte hat mit der Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten an Q AG werthaltige Geschäftschancen an die T2 SE beziehungsweise an ein von ihr abhängiges Unternehmen übertragen.

Wie bereits erläutert worden ist, kann die Übertragung von Geschäftschancen der abhängigen Gesellschaft auf das herrschende Unternehmen oder ein Konzernunternehmen einen Nachteil im Sinne von § 311 AktG begründen (vergleiche Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 311 Rn. 51 mit weiteren Nachweisen zur Rspr. und Lit.).

Substanzlos ist die Darstellung der Beklagten, dass mit ihrem Hoch- und Ingenieurbau keine Geschäftschancen verbunden gewesen seien, da dieser Bereich keinen positiven Beitrag zum Gesamtergebnis geleistet habe und lediglich der Straßen- und Tiefbau profitabel sei. Dass die Beklagte im Hoch- und Ingenieurbaubereich nicht über die für einen erfolgreichen Marktauftritt erforderliche Größe verfügte, wird von der Beklagten ohne nähere Erläuterung behauptet. Dagegen spricht, dass die Beklagte langjährig in dem Hochbaubereich tätig war.

Ausweislich der von beiden Parteien zitierten Anl. K 10 (Gegenüberstellung der Erträge des Hoch- und Ingenieurbaus und des Straßen- und Tiefbaus der Beklagten) sind im Hoch- und Ingenieurbau in der Zeit von 1994 bis 2005 mit Ausnahme der Jahre 1999, 2000 und 2002 negative Erträge erwirtschaftet worden. Aber auch im Bereich Straßen- und Tiefbau wurden vereinzelt negative Erträge erwirtschaftet, zuletzt in den Jahren 2001 und 2002. Ab 2003 sind allerdings positive Erträge zwischen 5,9 Mio. € und 15,8 Mio. € ausgewiesen. Insgesamt schließt der Hoch- und Ingenieurbau für die Zeit von 1990 bis 2005 mit einem negativen Betrag in Höhe von 167,3 Mio. € ab. Der Straßen- und Tiefbau dagegen schließt positiv mit 98,7 Mio. € ab. Die Zahl der Mitarbeiter hat sich für den Hoch- und Ingenieurbau von 4.414 Personen im Jahre 1998 auf 2.468 Personen im Jahre 2005 verringert, für den Straßen- und Tiefbau von 4.710 Personen im Jahr 1998 auf 6.968 Personen im Jahr 2005 erhöht. Die Bauleistung lag im Hoch- und Ingenieurbau bei 945 Mio. € im Jahr 1998 und bei 952 Mio. € im Jahr 2005. Die durchschnittliche Bauleistung lag bei 1.004.500.000 €. Die Bauleistung pro Mitarbeiter lag im Jahr 2005 bei 385.730 €. Im Bereich Straßenund Tiefbau lag die Bauleistung im Jahr 1998 bei 750 Mio. € und im Jahre 2005 bei 1.624.000.000 €, durchschnittlich bei 1.152.750.000 €. Die Bauleistung pro Mitarbeiter lag dort bei 233.065 €.

Dass sich bei diesen Zahlen im Bereich des Hoch- und Ingenieurbaus der Beklagten, vor allem bei einer durchschnittlichen Bauleistung von ca. 1 Mrd. €, für diese keine Geschäftschancen ergaben, kann nicht nachvollzogen werden. Dass ihr ehemaliger Hoch- und Ingenieurbau nicht zu positiven Erträgen führen konnte, behauptet die Beklagte nicht; das würde auch durch die vorgenannten Zahlen widerlegt. Dass der Hochbaubereich möglicherweise restrukturierungsbedürftig war, bedeutet nicht, dass in diesem Bereich kein Geld zu verdienen war. Die Beklagte hätte strukturelle Probleme abbauen und über sinnvolle Zukäufe nachdenken können, wie sie es im Bereich des Straßenbaus getan hat. Dass mit dem Hochbau keine Geschäftschancen verbunden waren, wird auch widerlegt durch den Kaufpreis für diese Sparte, der üblicherweise von den Ertragsaussichten abhängt. Dass im Rahmen der Unternehmensbewertung bzw. Spartenbewertung eine rein substantielle Betrachtung der Sachwerte vorgenommen wurde, weil positive Erträge nicht zu erwirtschaften waren, behauptet die Beklagte selbst nicht.

Dass die pauschale Behauptung der Beklagten, mit dem Hoch- und Ingenieurbau seien Geschäftschancen nicht verbunden gewesen, unzutreffend ist, ergibt sich auch aus dem Bericht des Vorstandes der Beklagten auf der Hauptversammlung 2005 (Anl. K 38). Dort wird ausgeführt, dass der Markt an einer gesamtwirtschaftlichen Konjunkturschwäche leide und die Aufträge im Zeitraum von 1995 bis 2004 stark eingebrochen seien. Im Übrigen wird ausgeführt:

"Unsere Bauleistung betrug im Geschäftsjahr 2004 insgesamt 3,42 Mrd. € und lag damit um 0,3 % oder 11 Mio. € knapp über dem Vorjahreswert.

In dem Segment Straßenbau haben wir die Marktentwicklung antizipiert und die Leistung plangemäß um 115 Mio. € reduziert, so dass sein Anteil leicht auf 34 % zurückging.

Im Segment Hochbau wurde nur durch die Arbeit an einigen sehr großen - größtenteils mittlerweile abgeschlossenen - Projekten das Leistungsniveau des Vorjahres erreicht. In den Benelux-Ländern war die Leistung leicht rückläufig.

Im Berichtsjahr 2004 haben wir in unserem Segment Hochbau eine weitere Konsolidierung vorgenommen, die durch die außergewöhnlich gute Entwicklung der Direktion Nord nicht ganz deutlich wird. Der Auftragseingang des Segments Hochbau - einschließlich der Anteile an Beteiligungsgesellschaften und Arbeitsgemeinschaften - erhöhte sich im Jahr 2004 im Vergleich zum Vorjahr um 20 % auf 970 Mio. € (812 Mio. €). Dies resultierte im Wesentlichen aus sehr hohen Zuwächsen in der Direktion Nord und darüber hinaus der Direktion Benelux. Die Leistung des Segments lag 2004 mit 868 Mio. € auf Vorjahresniveau. Rund ein Viertel der Gesamtleistung wurde in Arbeitsgemeinschaften erbracht. Im Geschäftsjahr 2004 lag das Betriebliche Ergebnis des Segments Hochbau bei -12,3 Mio. €, nach +1,3 Mio. € im Vorjahr. Verantwortlich hierfür waren die bereits erwähnten Verluste aus zwei Großprojekten in Berlin und München. Die Direktionen in Nord- und Westdeutschland sowie unsere Direktion Benelux, die die Märkte in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg bearbeitet, haben sich insgesamt positiv entwickelt. Die Strukturanpassungen der letzten Jahre zeigen hier Wirkung. Der Auftragseingang in den Benelux-Staaten konnte 2004 deutlich gesteigert werden.

Mit der Insolvenz der C8-AG hat sich Anfang des laufenden Jahres ein bedeutender Wettbewerber aus dem deutschen Markt verabschiedet. Wir erwarten allerdings nicht, dass der Preiswettbewerb davon nennenswert beeinflusst wird. Es ist uns aber im Zuge der Insolvenzabwicklung gelungen, die Anteile an W GmbH, C5 GmbH und DYWIDAG Schlüsselfertig und Ingenieurbau GmbH über die I GmbH zu erwerben. Wir haben damit die Gelegenheit erhalten, unsere Position im deutschen Markt zu arrondieren, bzw. im für uns bisher nur regional betriebenen Ingenieurtiefbau flächendeckend auszudehnen. Durch die Integration der in der neu gegründeten I zusammengefassten Gesellschaften in den Konzern der T2 AG verbessert sich die Marktposition in allen Sparten.

.......

Der Zuwachs in Ingenieur- und Tunnelbaukompetenz der C5 GmbH stellt eine passgenaue Ergänzung dar, die uns in die Lage versetzt, künftig ohne Zukauf von Spezial-Knowhow auch hoch komplexe, kombinierte Straßen- und Ingenieurtiefbau-Projekte aus einer Hand anbieten zu können. Die von mir an dieser Stelle vor einem Jahr angekündigte Kompetenzerweiterung ist hierdurch mit einem Schlag gelungen. Ferner ergibt sich eine willkommene, regionale Arrondierung im schlüsselfertigen Hochbau.

Aus diesen Zitaten wird deutlich, dass die Entwicklung des Hoch- und Ingenieurbaus der Beklagten keinesfalls so aussichtslos war, wie es die Beklagte darstellen will. Insbesondere durch den Erwerb der DYWIDAG hatte sich die Beklagte zusätzliche Geschäftschancen erhofft.

Neben den Geschäftschancen, die aus dem Hochbaubereich unmittelbar resultieren, hat die Beklagte auch Geschäftschancen verloren, die sich daraus ergeben, dass die Beklagte zuvor Projekte mit Schwerpunkten sowohl im Hoch- und Ingenieurbau als auch im Straßen- und Tiefbau aus einer Hand anbieten konnte. Zwar behauptet die Beklagte, sie sei dazu nach wie vor in der Lage, da sie weiterhin diejenigen Hoch- und Ingenieurbauleistungen anbiete, die zum Straßen- und Tiefbau komplementär sind und am Markt erwartet werden, wie etwa der Bau kleiner Brücken und die für Betreibermodelle (z. B. Autobahn-Modelle) erforderlichen Hochbaumaßnahmen wie die Errichtung von Raststätten, Tankstellen oder Mautstationen. Das ist allerdings nicht nachvollziehbar, denn die Beklagte erbringt im Rahmen der Betreibermodelle allenfalls noch Nebenleistungen im Hochbau, sie bietet aber nicht mehr das gesamte Leistungsspektrum des Hoch- und Ingenieurbaus an, insbesondere auch nicht mehr die Projektentwicklung im Hochbau. Die Beklagte hat ihre Struktur und ihr Leistungsspektrum verändert, sie ist heute ein anderes Unternehmen.

2.1.3.7.4 Unangemessenheit des Kaufpreises

Darüber hinaus lässt sich nicht feststellen, dass die Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs an Q AG zu marktgerechten Bedingungen erfolgte.

Nicht überzeugend ist zunächst das Argument der Beklagten, dass eine Nachteilszufügung durch die Mehrheitsaktionärin T2 SE schon deshalb ausscheide, weil sie über 66% der Anteile an der Beklagten, jedoch nur über 57,3% der Anteile an der Q AG verfüge. Die T2 SE, so die Beklagte weiter, hätte sich mit einem für die Beklagte zu niedrigen Kaufpreis selbst geschadet. Dieses Argument ist nur vordergründig überzeugend. Denn es sind in Zusammenhang mit der Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaus an Q AG zahlreiche Vorteile auf der Ebene der T2 SE denkbar, etwa in Form von Synergieeffekten, die einen möglichen Wertverlust, der sich bei rein anteilsmäßiger Betrachtung ergeben könnte, mehr als kompensieren können.

Nach Ansicht der Kammer war schon die unterlassene Einholung von Drittangeboten ermessensfehlerhaft. Die Beklagte hat nicht ansatzweise erläutert, warum eine Veräußerung an ausländische Unternehmen nicht erwogen wurde. Die Beklagte hat lediglich größere deutsche Wettbewerber aufgeführt, die aus ihrer Sicht für eine Veräußerung in Betracht kamen. Sie hat dann jeweils Gründe angeführt, warum eine Veräußerung an diese Unternehmen nicht sinnvoll war. Im Vordergrund stand die Erwägung, dass man mit einer Veräußerung die Marktposition von Wettbewerbern verbessert hätte. Zu den Wettbewerbern habe bis 2005 auch Q AG gezählt. Die Beklagte hat sich nicht dazu erklärt, warum nicht Bauunternehmen aus dem europäischen Ausland in Betracht gezogen wurden. Nach eigenen Angaben ist die Beklagte im Hoch- und Ingenieurbau insbesondere in den Benelux-Staaten und in Norddeutschland gut positioniert gewesen. Aufgrund des Auslandsgeschäfts wäre der Hochbau der Beklagten sicherlich auch für ausländische Hochbauunternehmen interessant gewesen, unabhängig davon, dass auch der Schwerpunkt in Norddeutschland für ausländische Unternehmen interessant sein kann - etwa um einen Markteintritt in Deutschland einzuleiten.

Ob der Bruttopreis 35,5 Mio. € bzw. der Nettokaufpreis von 30,9 Mio. € (nach Abzug von Pensionsverpflichtungen) für den veräußerten Hoch- und Ingenieurbau mit einem Umsatzvolumen von ca. 1 Mrd. € jährlich angemessen ist, lässt sich schon deshalb nicht beurteilen, weil nicht erläutert wurde, auf welcher Basis die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften den Preis ermittelt haben. Allein die Tatsache, dass sowohl die Beklagte als auch Q AG einen Wirtschaftsprüfer eingeschaltet haben, bedeutet nicht, dass der von den Wirtschaftsprüfern ermittelte Kaufpreis angemessen ist. Denn es handelt sich um einen Dienstleistungsauftrag an Wirtschaftsprüfer, der von dem Auftraggeber definiert wird. Beispielsweise können die Auftraggeber festlegen, ob der Wert eines Unternehmenssegments nach Substanz- oder Ertragswertgesichtspunkten oder etwa nach einem Mischverfahren ermittelt werden soll. Ferner kann festgelegt werden, ob der subjektive oder der objektivierte Unternehmenswert ermittelt werden soll und welche Parameter in die Abzinsung ermittelter Erträge einfließen sollen. Daher ermitteln Wirtschaftsprüfer den für die Parteien im Rahmen des erteilten Auftrags richtigen Wert, nicht unbedingt aber den marktgerechten Wert. Es ist zwar nicht völlig auszuschließen, dass vorliegend ein marktgerechter Wert ermittelt werden sollte, jedoch eher unwahrscheinlich angesichts der Behauptung der Beklagten, dass die veräußerte Sparte keine Geschäftschancen beinhaltet habe. Der Bruttokaufpreis für die Hoch- und Ingenieurbausparte ist angesichts des Umsatzvolumens von ca. 1 Mrd. € eher gering. Das alles hätte von der Beklagten näher erläutert werden müssen. Die Kammer sieht insofern die Beklagte in der Pflicht, da der Kläger Anhaltspunkte für eine Unangemessenheit des Kaufpreises - Satzungsunterschreitung, unterlassene Einholung von Drittangeboten, Veräußerung an einen potenziellen Wettbewerber - dargelegt hat und die Beklagte die Einzelheiten der eingeholten Gutachten der Wirtschaftsprüfer kennt.

2.1.3.7.5 Verlagerung der Risikodiversifizierung

Mit der Übertragung des Hoch- und Ingenieurbaus verändert sich auch die Risikodiversifizierung. Dem Kläger ist zuzustimmen, dass die Risikodiversifizierung nach der Veräußerung des Hochbaus an Q AG auf die Ebene der Mehrheitsaktionärin T2 SE verlagert worden ist. Dass eine Risikodiversifizierung mangels Geschäftschancen in diesem Bereich ausgeschlossen ist, kann nicht angenommen werden. Insofern ist auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen.

2.1.3.7.6 Entwicklung des Unternehmens bzw. des Börsenkurses

Definierbare Vorteile aus der Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs, die ein damit befasster Vorstand einer unabhängigen Gesellschaft bei einer exante-Sicht berücksichtigen konnte, sind von der Beklagten nicht dargelegt worden.

Ohne Bedeutung ist, ob die Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs der Beklagten an Q AG auf dem Kapitalmarkt äußerst positiv aufgenommen wurde - nach der Veröffentlichung des Veräußerungsvorhabens durch die adhoc-Mitteilung vom 21. November 2005 sei der Kurs der T2-Aktie von 60 € zum 31.12.2003 auf rund 124 € zum 20. Dezember 2006 gestiegen. Das kann viele Gründe haben, auch die positive Entwicklung des Kapitalmarktes seit dem Jahr 2003. Ohne Bedeutung ist ferner, dass das Ergebnis der Beklagten aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit im Jahre 2006 mit 24 Mio. € über dem negativen Vorjahreswert lag. Jedenfalls sind diese Aspekte aus der exante-Sicht eines pflichtgemäßen Vorstands bzw. Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft irrelevant.

2.1.3.8 Einzelausgleich

Unabhängig davon, dass die Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaus der Beklagten an Q AG auch dann im Sinne von § 311 AktG rechtswidrig wäre, wenn ein Einzelausgleich möglich ist, da die T2 SE die Nachteile der Beklagten nicht ausgeglichen hat bzw. zu einem Ausgleich offensichtlich nicht bereit ist, kommt vorliegend ein Einzelausgleich der nachteiligen Maßnahme auch nicht in Betracht.

Die Aufgabe des wesentlichen Unternehmensgegenstandes Hoch- und Ingenieurbau entzieht sich auch unter Berücksichtigung von § 287 ZPO dem Einzelausgleich. Eine Rückabwicklung der schuldrechtlichen und dinglichen Verträge bedeutet entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass damit der Einzelausgleich möglich ist. Vielmehr wird damit lediglich ein bereits eingetretener Nachteil begrenzt. Die eingetretenen Nachteile für die Beklagte sind jedoch nicht bezifferbar und können auch nicht nach § 287 ZPO geschätzt werden. Denn mögliche Schäden bestehen darin, dass der Beklagten h Geschäftschancen entgangen sind bzw. ihr künftig noch entgehen werden, Mitarbeiter und Knowhow verloren gegangen sind usw. Der gesamte Schaden ist so komplex und unwägbar, dass die Größenordnung nicht annähernd bestimmt werden kann.

2.1.3.9 Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrats

Die auf die Übertragung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs gerichteten Beschlüsse des Vorstandes und des Aufsichtsrats der Beklagten waren jedenfalls zu den beantragten Zeitpunkten rechtswidrig und damit unwirksam. Für den Vorstand und den Aufsichtsrat der Beklagten waren die Veranlassung der Maßnahme durch die Mehrheitsaktionärin T2 SE sowie die daraus folgenden Nachteile erkennbar.

Unerheblich ist, dass der Vorstand und der Aufsichtsrat der Beklagten am 28. August 2006 und am 13. September 2006 die streitgegenständlichen Veräußerungsverträge bezüglich des Hoch- und Ingenieurbaubereichs nochmals gebilligt haben. Dadurch konnten gesetzliche Verstöße, vor allem im Hinblick auf § 311 AktG, nicht geheilt werden.

2.1.3.10 Zusammenfassung

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Aufgabe des Teilmarktes Hoch- und Ingenieurbau verbunden mit der Übertragung dieses Bereichs auf ein Schwesterunternehmen für die Beklagte nachteilig war. Es ist davon auszugehen, dass ein Vorstand einer im Sinne von § 17 AktG unabhängigen Gesellschaft unter Beachtung des Pflichtenstandards des § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG die Verkaufsentscheidung so jedenfalls nicht getroffen hätte. Die Entscheidung ist nach der Sachlage dieses Verfahrens kaufmännisch nicht mehr vertretbar. Es liegt eine Ermessensüberschreitung des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten vor.

2.2 Anträge zu 4 bis 6

Die Anträge zu 4 bis 6 sind ebenfalls begründet.

Die Integration der Beklagten in die Organisation der T2 SE sowie die Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten von der Q3 GmbH auf die E3 GmbH und die Übertragung der Beteiligungen an der BRVZ Bau-, Rechen- und Verwaltungszentrum GmbH und J GmbH auf Q AG einschließlich der dazu gehörigen Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten sind rechtswidrig.

Nach Auffassung der Kammer geht die Integration der Beklagten in den T2 SE-Konzern über die Möglichkeiten faktischer Konzernierung hinaus und hätte des Abschlusses eines Beherrschungsvertrages bzw. einer Verschmelzung bedurft. Die T2 SE hat das ausschließlich an ihren Interessen ausgerichtete Gesamt-Konzept umgesetzt. Dabei hat sie ihren beherrschenden Einfluss dazu genutzt, die Beklagte zur Vornahme nachteiliger Rechtsgeschäfte zu veranlassen. Die Hauptaktionärin T2 SE hat das Unternehmen der Beklagten massiv verändert. Die T2 SE hat zunächst veranlasst, dass die Beklagte einen traditionellen, wesentlichen Unternehmensgegenstand - den Hoch- und Ingenieurbau an die Schwestergesellschaft Q AG verkauft. Ferner wurde veranlasst, dass zentrale Unternehmensfunktionen der Beklagten ausgelagert und teilweise dem Einfluss der Hauptaktionärin ausgesetzt und die diesbezüglichen Beteiligungen der Beklagten teilweise unter Wert bzw. ohne nachvollziehbaren Grund veräußert wurden. Zudem war das Doppelmandat von Dr. U als Vorstand der Beklagten und der T2 SE - von letzterer veranlasst - bedenklich, weil es die unabhängige Geschäftsführung von Dr. U für die Beklagte erheblich tangiert. Schließlich war auch die Veräußerung der W5-Anteile der Beklagten von der T2 SE veranlasst worden; sie diente ihr und nicht der Beklagten. Die Umgestaltungsprozesse sind unstreitig, allerdings nicht unproblematisch, wie die Beklagte meint.

2.2.1 Unerheblichkeit der Rechtsfigur des "qualifiziert faktischen Konzerns"

Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Maßnahmen im Rahmen des faktischen Konzerns kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die zum GmbH-Konzernrecht entwickelte Rechtsfigur des so genannten qualifiziert faktischen Konzerns (BGH, Urteil vom 29.03.1993 - II ZR 265/91 "TBB", NJW 1993, 1200), die vom Bundesgerichtshof zugunsten der Innenhaftung aus existenzvernichtenden Eingriffs aufgegeben wurde (zuletzt BGH, Urteil vom 16.7.2007 - II ZR 3/04 (OLG Rostock) "Trihotel", NZI 2007, 603), im Aktien-Konzernrecht anwendbar ist. Denn auch ohne die Rechtsfigur des qualifiziert faktischen Konzerns, bei dem es letztlich nur um die Verlustausgleichspflicht entsprechend § 302 AktG geht, kann an Hand der aktienrechtlichen Regelungen beurteilt werden, ob Maßnahmen im Rahmen faktischer Konzernierung zulässig oder unzulässig und damit rechtswidrig sind.

Eine qualifizierte Nachteilszufügung begründet einen Zustand, der nach dem Regelungsmodell der §§ 291 ff., 311 ff., 319 ff. AktG nur durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrages oder durch eine Eingliederung legitimiert werden kann. Eine entsprechende Einflussnahme ist deshalb ungeachtet der Frage einer Verlustausgleichspflicht entsprechend § 302 AktG rechtswidrig. Die außenstehenden Aktionäre können sich hiergegen durch Geltendmachung von Abwehr- und Beseitigungsansprüchen zur Wehr setzen (Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, Anh. § 317 Rn. 27; § 317 Rn. 20 mit weiteren Nachweisen zur Rspr. und Lit.). Im Ergebnis ist es weithin anerkannt, dass die abhängige Gesellschaft das herrschende Unternehmen auf Unterlassung solcher nachteiliger Einflussnahmen in Anspruch nehmen kann, die ihrer Art nach dem Nachteilsausgleich nach § 311 nicht zugänglich sind und deren Rechtswidrigkeit somit von vornherein feststeht (Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 317 Rn. 19, § 311 Rdnr. 9, 41, 43; Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 317 Rn. 10). Die Grundlage des Unterlassungsanspruchs ist abschließend nicht geklärt. Als zutreffend erscheint es, den Anspruch unmittelbar aus § 317 AktG herzuleiten. Ist nämlich in den genannten Fällen der Geltungsbereich des § 311 AktG und damit der Bereich erlaubter Einflussnahme verlassen, so gebieten es der Schutzzweck des § 317 AktG und das Zusammenspiel dieser Vorschrift mit § 311 AktG, der abhängigen Gesellschaft die Abwehr einer per se rechtswidrigen Einflussnahme zu ermöglichen. Daneben könnten Abwehransprüche der Gesellschaft und der Aktionäre auch aus der Treuepflicht hergeleitet werden (vgl. Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 317 Rn. 10).

Richtig ist zwar der Ausgangspunkt der Beklagten, dass eine faktische Konzernierung grundsätzlich zulässig ist (Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 311 Rn. 8 ff.; Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 311 Rn. 6). Allerdings setzen die Vorschriften der §§ 311 ff. AktG der Konzernleitung durch das herrschende Unternehmen in verschiedener Hinsicht Grenzen. So besteht auch für das herrschende Unternehmen eine Bindung an den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand der abhängigen Gesellschaft. Des Weiteren darf das herrschende Unternehmen seinen Einfluss nur im Rahmen der Funktionsfähigkeit des Systems des Einzelausgleichs ausüben. Ferner wird die abhängige Gesellschaft weiterhin eigenverantwortlich durch ihren Vorstand geleitet. Er ist nicht verpflichtet, Weisungen des herrschenden Unternehmens zu befolgen. Die §§ 311 ff. AktG begründen demnach kein Weisungsrecht und damit auch keine rechtlich abgesicherte Konzernleitungsmacht des herrschenden Unternehmens gegenüber der abhängigen Gesellschaft in dem Sinne, dass das Konzerninteresse auch gegenüber widerstreitenden Interessen der abhängigen Gesellschaft und der Außenseiter durchgesetzt werden könnte (Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 311 Rn. 9 ff.).

2.2.2 Umfassende Eingliederung der Beklagten in das Gesamtkonzept der T2 SE

Der Kläger trägt zu Recht vor, dass die Beklagte vollständig in das unternehmerische Gesamtkonzept der T2 SE integriert worden ist. Zwar ist eine solche Integration nicht ohne weiteres nachteilig für die abhängige Gesellschaft, ebenso wie die Ausübung umfassender Leitungsmacht nicht per se nachteilig ist. Doch ergibt das Gesamtkonzept der T2 SE, dass ausschließlich ihre Interessen im Vordergrund standen und die Interessen der abhängigen Gesellschaft nachrangig waren. Aus dem Gesamtkonzept der T2 SE ergibt sich, dass sie eine Verschmelzung der Beklagten mit der Q AG anstrebte und Umstrukturierungsmaßnahmen an diesem Ziel ausgerichtet hat. Allein das begründet bereits die Vermutung, dass die T2 SE und die Beklagte nicht stets gleiche Interessen verfolgten und die T2 SE auch für die Beklagte nachteilige Maßnahmen in Kauf nahm. Im Einzelnen:

Der Kläger hat das Gesamtkonzept der T2 SE im Einzelnen erläutert. Die Zielsetzungen der T2 SE im Sinne einer möglichst weitgehenden Integration der Beklagten und anderer Konzerngesellschaften in den Konzern sowie deren Ausrichtung an dem Konzerninteresse ergeben sich bereits aus den zahlreichen Erläuterungen im Geschäftsbericht der T2 SE und den Interviews von Dr. Y, dem Vorstandsvorsitzenden der B, die seinerzeit die Mehrheit an der T2 SE hielt. Insofern kann auf die vorstehenden Ausführungen zur Veranlassung der Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs durch die T2 SE verwiesen werden (vgl. Ziffer 0 oben). Nach der Umsetzung der Ankündigungen von Dr. Y wurde eine Unternehmensstruktur präsentiert, in der die Beklagte und andere Konzerngesellschaften als Konzern-"Marke" deklariert sind (Anl. K 11).

2.2.3 Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten

Die Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten auf die E3 GmbH ist mit den §§ 311 ff. AktG nicht zu vereinbaren. Dieses von der T2 SE veranlasste Geschäft ist für die Beklagte nachteilig. Die Entscheidung des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten, den Projektentwicklungsbereich zu den nachfolgend näher bezeichneten Bedingungen zu veräußern, war unabhängig von der damit sachlich zusammenhängenden Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs ermessensfehlerhaft und kaufmännisch nicht vertretbar.

2.2.3.1 Parteivortrag

Der Geschäftsbereich "Projektentwicklung" der Beklagten, der bei der Q5 GmbH angesiedelt war, wurde im Einvernehmen mit der Beklagten mit Vertrag vom 23. Mai 2006 mit Wirkung zum 1. Juni 2006 an die E3 GmbH, einer gemeinsamen Tochtergesellschaft der Q AG und der T2 SE, veräußert. Der Aufsichtsrat der Beklagten hat dieser Veräußerung mit Beschluss vom 10. Mai 2006 zugestimmt. Von dem Projektentwicklungsgeschäft wurden im Wesentlichen 79 Mitarbeiter, Geschäftskontakte, Knowhow und andere immaterielle Vermögensgegenstände veräußert. Die laufenden Projekte, Optionen und "anentwickelten" Vorhaben werden von der Q5 GmbH abgewickelt. Außerdem sind die Grundstücke und das Sachanlagevermögen bei dieser Gesellschaft verblieben. Der Kaufpreis für den Geschäftsbereich Projektentwicklung der Q5 GmbH wurde ebenfalls auf Grundlage eines gemeinsamen Wertgutachtens von F3 & Young und PwC ermittelt. Danach betrug der Wert des Geschäftsbereichs Projektentwicklung 1,00 €. Dies entspricht dem vereinbarten Kaufpreis. Die Beklagte und die Q5 GmbH sind mit Ausnahme der Abwicklung des Altgeschäfts künftig überhaupt nicht mehr auf dem Gebiet der Projektentwicklung tätig.

Die Beklagte behauptet insoweit, dass die Q5 GmbH wegen der Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten an Q AG kein Interesse daran gehabt, als Gegenleistung für die Veräußerung des Projektentwicklungsgeschäfts Anteile an der E3 GmbH zu erhalten. Die Veräußerung des Projektentwicklungsgeschäfts sei eine eigenständige Entscheidung des Vorstands der Beklagten gewesen. Die Veräußerung des Projektentwicklungsgeschäfts sei für die Beklagte auch nicht im Sinne von § 311 AktG nachteilig gewesen. Sie sei vielmehr eine logische Folge der Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der Beklagten gewesen, weil sie hierzu komplementär sei. Ihre isolierte Fortführung wäre wirtschaftlich unsinnig gewesen. Der Kaufpreis für den Geschäftsbereich Projektentwicklung der Q5 GmbH sei angemessen gewesen. Dies sei schon dadurch sichergestellt gewesen, dass er auf Grundlage eines gemeinsamen Wertgutachtens von F3 & Young und PwC ermittelt worden sei. Danach habe der Barwert der zukünftigen Ertragsüberschüsse des Geschäftsbereichs Projektentwicklung 24.054.000 € betragen. Hiervon sei ein Betrag in gleicher Höhe abgezogen worden, weil die E3 GmbH als Käufer zur Darstellung des mit dem Ertragswert verbundenen Geschäftsvolumens Eigenkapital in dieser Höhe habe zur Verfügung stellen müssen. Als symbolischer Kaufpreis sei daher ein Betrag von € 1,00 vereinbart worden.

In dem Geschäftsbericht der T2 SE für das Geschäftsjahr 2005 (Anlage K 26, Seite 48) wird zum Bereich Projektentwicklung Hochbau ausgeführt, dass das Geschäftsfeld von einer konzerneigenen Organisationseinheit in Deutschland und Benelux betrieben werde. Die Zusammenführung der bestehenden Projektentwicklungsaktivitäten von T2 und Q sollen in der E3 GmbH gebündelt werden, um damit weitere Synergieeffekte möglich zu machen.

Nach dem Vortrag des Klägers in Verbindung mit der Presseerklärung der Q AG vom 1. Juni 2006 (Anl. K 25) von der Beklagten nicht infrage gestellt - ist die 1965 entstandene Q5 GmbH einer der ersten Projektentwickler Deutschlands gewesen. Sie zählte zu den führenden Projektentwicklern im privatwirtschaftlichen Sektor und entwickelte bis Ende 2005 über 375 Projekte mit einem Volumen von über 4 Milliarden Euro. Insgesamt sind 1,2 Mio. m2 Gewerbefläche, 295.000 m2 Handelsfläche und 13.800 Wohnungen entstanden. Sie hat auch bereits diverse PPP-Projekte (Q4) akquiriert. Die Q GmbH hat sich bereits vor Jahren bei Projekten im PPP-Segment einen Namen gemacht mit ganzheitlichen Konzepten in enger partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit Behörden, Nutzern, Investoren und Kommunen. Von der Planung über den Bau und die Finanzierung bis zu der Betreibung erfolgte alles in Partnerschaft mit der öffentlichen Hand. Darüber hinaus realisierte das 1990 gegründete Unternehmen auch eine Vielzahl an zukunftsweisenden Projekten in der Privatwirtschaft, so z. B. auch das Friedrich Carre in Berlin. Zur weiteren Verzahnung der geschäftlichen Aktivitäten im Geschäftsfeld der Projektentwicklung, das auch das zukunftsträchtige Geschäftsfeld Q4 umfassen soll, wurde die "E3 GmbH" gegründet.

Der Kläger bestreitet den von der Beklagten behaupteten Verkehrswert von angeblich 1,00 €. Das sei nicht glaubhaft, weil mit dem Geschäftsbereich Projektentwicklung auch die Geschäftskontakte, das Knowhow und die künftigen Geschäftschancen übertragen worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte nicht wenigstens Geschäftsanteile an der E3 GmbH als Gegenleistung für die Übertragung ihres Projektentwicklungsbereichs übernommen habe. An den künftigen Geschäftschancen des für 1,00 € übertragenden Bereichs profitiere fortan alleine die Mehrheitsaktionärin T2 SE, die auffälligerweise Geschäftsanteile an der E3 GmbH erhalten habe. Damit sei offenbar der Projektentwicklungsbereich der Beklagten faktisch ohne Gegenleistung mittelbar an die Großaktionärin übertragen worden.

Die Beklagte hat darauf lediglich erwidert, dass der Kläger ins Blaue hinein behaupte, dass der Kaufpreis für die Projektentwicklung nicht angemessen gewesen sei.

2.2.3.2 Verstoß gegen § 311 AktG

Aus der Sicht der Kammer erfolgte die Veräußerung der Projektentwicklungsaktivitäten auf Veranlassung der T2 SE und war für die Beklagte klar nachteilig im Sinne von § 311 AktG.

An der Veranlassung der Maßnahme durch die T2 SE ist nicht zu zweifeln. Insofern kann auf die vorstehenden Erläuterungen Bezug genommen werden (vgl. 0 oben). Hinzu kommt vorliegend, dass die T2 SE aus dieser Transaktion unmittelbare Vorteile hatte, nämlich den Erwerb der Geschäftsanteile an der E3 GmbHG.

Die Maßnahme benachteiligt die Beklagte. Nach dem Vortrag der Parteien ist festzustellen, dass die Beklagte ihr durchaus ertragsstarkes Projektentwicklungsgeschäft an die E3 GmbH praktisch ohne jede Gegenleistung abgegeben hat, d. h. de facto verschenkt hat. Die Beklagte bzw. ihre Tochtergesellschaft hat einen Kaufpreis für die Übertragung des Projektentwicklungsgeschäftes nicht erhalten; der symbolische Wert soll 1,00 € betragen haben. Die von der Beklagten dafür gelieferte Begründung ist nicht nachvollziehbar. Der Ertragswert des Projektentwicklungsbereichs soll angeblich bei 24.054.000 € gelegen haben. Das ist durchaus nachvollziehbar angesichts der Tatsache, dass wesentliche assets des Projektentwicklungsbereichs veräußert wurden. Nicht nachvollziehbar ist hingegen, warum die E3 GmbH als Käufer des mit dem Ertragswert verbundenen Geschäftsvolumens Eigenkapital in dieser Höhe zur Verfügung stellen musste. Möglicherweise will die Beklagte damit andeuten, dass der von ihr genannte Ertragswert des Projektentwicklungsbereichs ohne Einsatz von Eigenkapital durch die E3 GmbH in gleicher Höhe gar nicht hätte generiert werden können. Das hieße letztlich aber, dass der Projektentwicklungsbereich der Beklagten dann tatsächlich wertlos gewesen wäre, d. h. mit dem übertragenen Knowhow, den Mitarbeitern und den immateriellen Vermögenswerten Erträge überhaupt nicht zu generieren gewesen wären. Die Beklagte behauptet aber selbst nicht, dass der Projektentwicklungsbereich wertlos war, d. h. mit ihm Erträge nicht zu erzielen gewesen wären. Das ist auch völlig fern liegend, da die Q5 GmbH in der Vergangenheit Umsätze in Höhe von circa 4 Milliarden € und positive Erträge generiert hatte.

Die Beklagte bzw. ihre Tochter hat auch keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an der E3 GmbH erhalten. Gesellschafter der E3 GmbH sind Q AG mit 51% und die T2 SE mit 49%. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar und deutet auf eine Bevorzugung der T2 SE zulasten der Beklagten hin, dass die T2 SE nun mit 49% an der E3 GmbH beteiligt ist. Offenbar hat Q AG ihre bisherige Q GmbH in die neue Gesellschaft E3 GmbH eingebracht. Eine Leistung der T2 SE im Zusammenhang mit dem Erwerb der Minderheitsbeteiligung an der E3 GmbH ist nicht dargelegt worden. Daher lässt sich nicht nachvollziehen, warum die T2 SE mit 49% an der E3 GmbH beteiligt worden ist.

Nicht nachvollziehbar ist ferner, warum die Beklagte, wenn sie bereits die Projektentwicklungsaktivitäten ohne Gegenwert abgibt, nicht zumindest eine Beteiligung an der E3 GmbH übernimmt. Selbst wenn die Beklagte kein unternehmerisches Interesse mehr an dem Hoch- und Ingenieurbaubereich hatte, war aber zumindest ein finanzielles Interesse an einer Beteiligung von 49% an der neu geschaffenen E3 GmbH vorhanden, zumal sich die Beklagte dadurch im Hinblick auf eine denkbare spätere Trennung von der Schwestergesellschaft eine gesellschaftsrechtlich vermittelte Einflussnahme gesichert hätte.

Bei zusammenfassender Betrachtung ist die Abgabe der Projektentwicklungsaktivitäten an die E3 GmbH aus der exante-Sicht des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten ermessensfehlerhaft und kaufmännisch nicht vertretbar.

2.2.4 BRVZ

Im Ergebnis ist auch die Auslagerung von Verwaltungsaufgaben der Beklagten auf die BRVZ einschließlich der Übertragung von Anteilen an dieser Gesellschaft von der T2 SE veranlasst worden und für die Beklagte im Sinne von § 311 AktG nachteilig.

Wie die Beklagte zu Recht ausführt, ist die Zentralisierung von Verwaltungsaufgaben im faktischen Konzern nicht per se nachteilig. Die Beklagte hat die Kostenvorteile von rund 15% im Einzelnen erläutert. Sie hat zudem deutlich gemacht, dass sie in eigenen Angelegenheiten ein Weisungsrecht gegenüber der BVRZ hat und ihr Vorstand damit die Leitungsmacht gemäß § 76 AktG ausüben kann. Darüber hinaus hat sie die Üblichkeit der Bündelung von zentralen Verwaltungs- und Servicefunktionen in gemeinsamen Servicegesellschaften als eine normale Erscheinung des Wirtschaftslebens erläutert. Die T2 SE habe hingegen keinerlei gesellschaftsrechtliche Einflussmöglichkeit auf diese Servicegesellschaften. Es handele sich um eine Form des Outsourcings von Sach-/Dienstleistungen. Die Beklagte verdiene durch einen Aufschlag als Gesellschafterin der BRVZ sogar noch an der Inanspruchnahme von Leistungen durch Dritte.

Vorliegend stellt sich weniger die Frage, ob die Übertragung von wesentlichen Verwaltungsfunktionen auf die BRVZ für die Beklagte vorteilhaft war, denn die Beklagte hatte diese Funktionen bereits zuvor auf die BRVZ ausgelagert. Daher kann es nur darum gehen, ob die Zusammenarbeit mit der Q AG in diesem Bereich und die zu diesem Zweck von der Beklagten übertragenen Gesellschaftsanteile der BRVZ auf Q AG nachteilig waren.

Dabei fällt zunächst auf, dass die Beklagte eine 50%ige Beteiligung an der von ihr aufgebauten BRVZ an Q AG zum Nominalwert von 14.850 € veräußert hat. Zuvor war die BRVZ eine 99%ige Tochter der Beklagten mit circa 200 Mitarbeitern, die nach der Mitbeteiligung der Q AG um circa 30 Mitarbeiter erweitert wurde. Es mag sein, dass die von der Beklagten erläuterten Kostenvorteile eingetreten sind. Tatsache ist aber, dass die Beklagte einen Anteil von 50% an einem eingeführten Unternehmen zum Nominalwert von 14.850 € veräußert hat. Die Beklagte hatte keine Veranlassung, die BRVZ unterhalb des Verkehrswertes zu veräußern. Jedenfalls sind solche Gründe nicht vorgetragen worden. Es ist auch nicht erkennbar bzw. erläutert worden, dass der Beklagten aus der Teilveräußerung der BRVZ zum Nominalwert im Rahmen der übrigen Konditionen Vorteile eingeräumt worden sind. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass Q AG ein gewisses Knowhow und ihre Mitarbeiter in die BRVZ eingebracht hat - insofern steht aber der Vortrag entgegen, dass der Beklagten dafür zusätzliche Aufwendungen in Höhe von circa 2 Mio. € entstanden sind -, bestand aber keine Veranlassung, die 50%ige Beteiligung am Unternehmen zum Nominalwert zu veräußern.

Hinzu kommt, dass offensichtlich auch ein Ausstiegszenario für die Beklagte für den Fall der Trennung vom Konzernverbund nicht vorgesehen ist. Der Kläger hat bezüglich aller durchgeführten Maßnahmen die berechtigte Frage gestellt, was passiert, wenn die Beklagte aus dem T2-Konzern ausscheidet. Selbst wenn der Beklagten eine Kündigung der zugrunde liegenden Dienstleistungsverträge mit der Q AG mit einer Frist von 6 Monaten - so der Vortrag der Beklagten möglich sein sollte, ist aber nicht erkennbar, dass die Beklagte dabei keine wirtschaftlichen Nachteile erleidet. Denn Q AG ist schließlich Mitgesellschafter in Höhe von 50% der Geschäftsanteile an der BRVZ. Dieser Wert ist für die Beklagte verloren.

Ob ein weiterer Nachteil für die Beklagte darin liegt, dass die BRVZ unstreitig auch für die Gesellschaften der T2 SE Dienstleistungen erbringt, kann offen bleiben. Es ist jedenfalls nicht selbstverständlich, dass Außenstehende die gleichen Verrechnungspreise zahlen wie die Gesellschafter der BRVZ, d. h. die Beklagte und Q AG.

Selbst bei Einräumung eines weiten kaufmännischen Ermessens muss jedenfalls die Zentralisierung von Verwaltungsaufgaben bei der BRVZ in der erfolgten Form als pflichtwidrig bezeichnet werden. Der Vorstand einer unabhängigen Gesellschaft hätte bei Kostenvorteilen sicherlich zentrale Aufgaben auf ein Gemeinschaftsunternehmen übertragen, dabei jedoch nicht ohne Grund die Anteile an einem bereits eingeführten Dienstleistungsunternehmen übertragen, jedenfalls aber nicht zum Nominalwert, sondern allenfalls zum Verkehrswert. Er hätte zudem sichergestellt, dass im Falle der Kündigung des Verhältnisses eine Rückübertragung zu gleichen Konditionen möglich ist.

2.2.5 BMTI

Für die von der Beklagten und der Q AG vorgenommene Installation des Gemeinschaftsunternehmens BMTI gelten die Ausführungen zur BRVZ entsprechend, das heißt die Vorgehensweise zur BMTI war aufgrund des dargelegten Gesamtkonzepts von der T2 SE veranlasst worden und für die Beklagte nachteilig.

Ebenso wie bei der BRVZ hielt die Beklagte ursprünglich 99% der Anteile an der BMTI. Die Beklagte hat der Q AG am 9. März 2006 50% der Anteile an der BMTI zum Nominalwert von 153.400 € abgetreten, und zwar mit wirtschaftlicher Wirkung zum 1.1.2006. Im Zuge des Eintritts der Q AG in den T2-Konzern hat Q AG ihre Maschinenlogistik in die BMTI eingebracht. Zwar kann auch in diesem Fall davon ausgegangen werden, dass durch die Verankerung der BMTI als gemeinsamer Dienstleister der Beklagten und der Q AG Kostenvorteile erzielt worden sind, und dass die Beklagte weiterhin ihre Rechte in der BMTI bei eigener Betroffenheit geltend machen kann. Aber auch hier muss moniert werden, dass die Beklagte die bereits etablierte Gesellschaft in Höhe eines Anteils von 50% zum Nominalwert und nicht zum Verkehrswert an Q AG abgegeben hat. Eine Rückabwicklung des Vertrages zu vertretbaren Konditionen für die Beklagte ist offensichtlich auch nicht vorgesehen. Soweit vorgetragen wird, dass Q AG vor der Übertragung der hälftigen Gesellschaftsanteile an der BMTI ihre Maschinelogistik in die Gesellschaft eingebracht habe, kann nicht beurteilt werden, ob es sich um eine angemessene Gegenleistung für die Übertragung der Geschäftsanteile zum Nominalwert handelte. Insoweit liegt eine Sacheinlage vor, die weder vom Gericht noch ex ante von dem Vorstand der Beklagten auf ihre Werthaltigkeit überprüft werden kann. Die Beklagte hätte dazu näher vortragen müssen.

2.2.6 CLS

Auch die Verlagerung von zentralen Verwaltungsaufgaben der Beklagten auf die CLS überschreitet die Grenzen faktischer Konzernierung und ist im Sinne von § 311 AktG nachteilig für die Beklagte.

Das wird besonders deutlich bei der Gründung der CLS. Die Beklagte begründet die Zusammenfassung und Zentralisierung der bisherigen Rechtsabteilung der Beklagten, der Q AG und der C8 GmbH in der CLS damit, dass die Beklagte an den Synergieeffekten und Kostenvorteilen partizipieren und sie zudem von dem fachlichen Austausch und dem Spezialwissen der in der CLS zusammengefassten Mitarbeiter profitieren soll. Ferner sei die gesellschaftsrechtliche Verankerung der CLS als Tochter der T2 SE wegen der Vorgaben des Rechtsberatungsgesetzes erforderlich gewesen. Im Übrigen seien zentrale Rechtsabteilungen in den Konzernobergesellschaften weit verbreitet.

Dieser Vortrag wird den berechtigten Einwänden des Klägers aber nicht gerecht. Zutreffend ist, dass der Vorstand der Mehrheitsgesellschafterin T2 SE den Mitarbeitern der CLS jederzeit Einzelweisungen erteilen kann, und zwar auch im Zusammenhang mit Tätigkeiten für die Beklagte. Das ist besonders brisant, wenn es um die Beurteilung konzernrechtlicher Sachverhalte geht. Ähnliches gilt, wenn es um rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Q AG, etwa bezüglich der übertragenen Hochbauaktivitäten, geht. Dass eine Einflussnahme durch die T2 SE auf die Beklagte nicht fern liegend ist, lässt sich aus der Veranlassung diverser nachteiliger Maßnahmen nach Maßgabe dieser Urteilsgründe schließen.

Kostenvorteile sind von der Beklagten nicht näher erläutert worden. Vorgelegt wurde der Dienstleistungsvertrag zwischen der CLS und der Beklagten (Auszug Anlage B 20). Daraus ergeben sich die Konditionen im Einzelnen aber nicht. Daraus ist lediglich erkennbar, wie im Falle einer Interessenkollision verfahren werden soll. Danach ist der Auftragnehmer, die CLS, nicht verpflichtet, bei erkennbarer Interessenkollision einen Auftrag anzunehmen. Ferner ist sie berechtigt, das Mandat zu beenden, falls eine Interessenkollision später erkannt wird. Auftraggeber und Auftragnehmer werden in einer internen Abstimmung mit der an der Interessenkollision beteiligten Konzerngesellschaft die weitere Verfahrensweise festlegen. Durch diese Vorkehrungen wird nicht verhindert, dass die Hauptaktionärin ihren Einfluss, auch in konzernrechtlichen Fragen, über die CLS auf die Beklagte geltend machen kann. Die Verfahrensweise bei einer Interessenkollision hängt weitgehend davon ab, wie sich der Auftraggeber, sprich die CLS, entscheidet. Selbst wenn sie eine Interessenkollision offen legt, kann sie im Rahmen der Abstimmung der weiteren Verfahrensweise ihren Einfluss geltend machen.

Ein pflichtgemäß handelnder Vorstand einer unabhängigen Gesellschaft hätte der Verlagerung der zentralen Rechtsabteilung auf eine Konzernobergesellschaft in der geschehenen Weise nicht zugestimmt. Die Möglichkeit, die Gesellschaft gemäß § 76 AktG eigenverantwortlich zu leiten, wurde mit der Übertragung der Rechtsabteilung der Beklagten auf die CLS erheblich eingeschränkt. Diese Übertragung ist nicht vergleichbar mit einem so genannten Outsourcing, d. h. der Übertragung eines Teilbereichs auf unabhängige außenstehende Dritte im Rahmen eines Dienstleistungsvertrages. Vorliegend wurde ein wichtiger Unternehmensbereich auf die Obergesellschaft verlagert, die erkennbar eigene Interessen verfolgt, die sich mit den Interessen der Beklagten nicht decken müssen. Damit wird faktisch ein von Rechts wegen nicht bestehendes Weisungsrecht der Konzernobergesellschaft in einem für das Unternehmen relevanten Bereich begründet. Würde man die Verlagerung auf die Konzernobergesellschaft für unbedenklich halten, könnte mit gleicher Berechtigung auch die Geschäftsführung als solche auf ein von der Obergesellschaft kontrolliertes Unternehmen ausgelagert werden mit der Begründung, die Geschäftsführung auf Konzernebene bringe zahlreiche Vorteile, insbesondere Kostenvorteile, für alle konzernbeteiligten Unternehmen mit sich. Kostenvorteile sind daher generell nicht geeignet, die eigenständige Leitung des Unternehmens und seiner einzelnen zentralen Bereiche aufzugeben und auf einen Dritten zu übertragen, der eine unabhängige und konfliktfreie Interessenwahrnehmung nicht gewährleisten kann.

Der von der Beklagten angesprochene Aspekt des Rechtsberatungsgesetzes spielt keine Rolle, da die pflichtgemäße Alternativhandlung, die Beibehaltung der eigenen Rechtsabteilung bzw. die Übertragung auf einen unabhängigen Dritten, rechtlich unbedenklich ist.

2.2.7 Doppelmandat von Dr. U

Das Vorstandsmandat von Dr. U bei der T2 SE - von ihr veranlasst ist für die Beklagte nachteilig im Sinne von § 311 AktG. Die unternehmerische Eigenständigkeit der Beklagten wird durch diese Organverflechtung verletzt.

2.2.7.1 Parteivortrag

Der Kläger trägt dazu vor, die Aufgaben von Dr. U seien so zugeschnitten, dass er die im Vorstand der Großaktionärin entwickelten Vorgaben für den Hoch- und Ingenieurbau umsetzen sowie die in Deutschland tätigen Gesellschaften noch weiter verzahnen könne. Durch die ausschließliche Vergütung der Vorstandsdoppelmitgliedschaft von Dr. U durch die Großaktionärin werde zudem der Anreiz gesetzt, Entscheidungen nicht im Unternehmensinteresse der Beklagten, sondern im Konzerninteresse der Großaktionärin zu treffen.

Die Beklagte behauptet dazu, dass Dr. U seine Amtsausübung als Vorstandsmitglied der Beklagten ausschließlich an deren Unternehmensinteresse ausrichte. Der Aufsichtsrat der Beklagten habe die zusätzliche Tätigkeit von Dr. U im Vorstand der T2 SE eingehend geprüft. Interessenkonflikte habe er nicht feststellen können. Aus diesem Grund habe er dem Vorstandsamt von Dr. U bei der T2 SE zugestimmt. Seit der Aufnahme der Tätigkeit im Vorstand der T2 SE am 1. Januar 2006 erhalte Dr. U von beiden Gesellschaften eine Vergütung, die sich im Wesentlichen nach dem tatsächlichen zeitlichen Aufwand für die jeweilige Gesellschaft richte. Von dem zunächst vorgesehenen Konzept einer alleinigen Vergütung durch die T2 SE sei Abstand genommen worden. Auch die Tätigkeit von Dr. U als Aufsichtsratsmitglied der Q AG sei kein Indiz für eine qualifiziert faktische Konzernierung. Dr. U sei im Vorstand der T2 SE für den Hoch- und Ingenieurbaubereich zuständig. Folglich liege es nahe, dass er die in diesem Segment tätige Q AG als Mitglied des Aufsichtsrats überwache.

2.2.7.2 Nachteile für die Beklagte

Der Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, dass Vorstandsdoppelmandate eine in der Wirtschaft weit verbreitete Erscheinung sind. Sie und andere personelle Verflechtungen sind kein Beleg für eine qualifiziert faktische Konzernierung (vgl. Habersack in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht. Anh. § 317 Rn. 21). Vorstandsdoppelmandate werden auch durch Ziff. 4.3.5 des Corporate Governance Kodex ausdrücklich anerkannt. Danach sollen Nebentätigkeiten von Vorstandsmitgliedern lediglich die Zustimmung durch den Aufsichtsrat benötigen.

Allerdings ging das von der T2 SE an den Vorstand der Beklagten übertragene Mandat deutlich über das übliche und unbedenkliche Maß hinaus. Durch das Doppelmandat und die damit verbundene Vergütungsstruktur wurde Dr. U incentiviert, sein Verhalten und seine Entscheidungen ausschließlich am Konzerninteresse der T2 SE bzw. an den Interessen von Dr. Y auszurichten und nicht an dem Unternehmensinteresse der Beklagten, da er nach eigener Aussage seit dem 1. Januar 2006 sein Gehalt ausschließlich von der T2 SE erhielt. Zudem war die erfolgsabhängige Komponente der Vergütung allein an die Konzerngewinne und nicht an die Gewinne der Beklagten gekoppelt.

2.2.7.3 Honorierung durch die T2 SE

Die Ausrichtung von Dr. U an den Interessen der Großaktionärin wurde incentiviert durch eine großzügige Gehaltserhöhung, die ausschließliche Gehaltszahlung durch die Großaktionärin und die Gewährung einer erfolgsabhängigen Vergütung anhand des Konzernergebnisses. Es ist bezeichnend, dass Dr. U die Anknüpfung der erfolgsabhängigen Vergütung an den Konzerngewinnen der Großaktionärin in der Hauptversammlung 2006 als Selbstverständlichkeit bezeichnete. Damit ist belegt, dass der Vorstand der Beklagten sein Verhalten am Konzerninteresse ausrichtet. Eine solche Vergütung des Vorstands einer abhängigen Aktiengesellschaft mit außenstehenden Aktionären ist nicht mehr üblich. Durch diese Fehlincentivierung wird die eigenverantwortliche Leitungsmacht des Vorstands der Beklagten praktisch ausgehebelt und eine elementare Funktionsbedingung des Regelungsmodells des faktischen Konzerns außer Kraft gesetzt.

Die Behauptung der Beklagten, Dr. U erhalte ab dem 1. Januar 2006 von beiden Gesellschaften eine Vergütung, die sich im Wesentlichen nach dem tatsächlichen zeitlichen Aufwand für die jeweilige Gesellschaft richte, ist widerlegt durch die an § 400 AktG zu messenden Erklärungen von Dr. U in der Hauptversammlung 2006, wo er folgende Antworten auf die Fragen von Aktionären gab:

"Das Vorstandsmandat wurde mir im Sommer 2005 angeboten. Der Aufsichtsrat der T2 SE hat mich in der zweiten Jahreshälfte 2005 mit Wirkung zum 1.1.2006 in den Vorstand dieser Gesellschaft berufen. Mein Anstellungsvertrag datiert vom 22.12.2005. Die Zustimmung des Aufsichtsrates der T2 AG zu meiner Vorstandsdoppeltätigkeit erfolgte in der Aufsichtsratssitzung am 8. März 2006. Der Beschluss erfolgte einstimmig. Ich habe den Aufsichtsrat der Gesellschaft im unmittelbaren Zusammenhang mit der Aufnahme meiner Tätigkeit im Vorstand der T2 SE darüber informiert. Wie bereits erwähnt, wurde der Beschluss zu § 88 AktG am 8.3.2006 gefasst." (Anhang zum notariellen Protokoll, auszugsweise Anlagenkonvolut K 40).

"Ich war im Geschäftsjahr 2005 ungefähr 20 % meiner Arbeitszeit am Verwaltungssitz der T2 SE in Österreich. Eine feste Abgrenzung gibt es nicht. Auch in Wien nehme ich teilweise Aufgaben unserer Gesellschaft wahr." (Anhang zum notariellen Protokoll, S. 3, auszugsweise Anlagenkonvolut K 40)

"Meine Vorstandstätigkeit bei der T2 SE steht in keinem Zusammenhang mit der Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbausparte. Ich werde seit dem 1.1.2006 ausschließlich von der T2 SE bezahlt. Ich erhalte höhere Bezüge als vormals bei der T2 AG." (Anhang zum notariellen Protokoll, S. 7, auszugsweise Anlagenkonvolut K40)

"Seit dem 1.1.2006 erhalte ich mein Gehalt von der T2 SE. Von der T2 AG erhalte ich seit diesem Zeitpunkt keine Vergütung mehr." (Anhang zum notariellen Protokoll, S. 8, auszugsweise Anlagenkonvolut K 40)

"Ich erhalte meine Vergütung ausschließlich von der T2 SE. Darin sind erfolgsabhängige Bestandteile enthalten, die sich - selbstverständlich - am Konzernergebnis orientieren." (Anhang zum notariellen Protokoll, S. 9, auszugsweise Anlagenkonvolut K 40)

Aus diesen Zitaten, die von der Beklagten inhaltlich nicht angegriffen worden sind, geht klar hervor, dass ihr Vorstand Dr. U seit dem 1. Januar 2006 ausschließlich von der Großaktionärin T2 SE honoriert wird, von ihr höhere Bezüge als vormals von der Beklagten erhält und der erfolgsabhängige Teil seiner Vergütung von der Erreichung der Konzernziele abhängig ist. Bei einer vollständigen Bezahlung von Dr. U durch die T2 SE war nicht nur zu erwarten, dass er die Interessen der Großaktionärin T2 SE wahrnimmt, sondern war es aufgrund seines Vertrages mit der T2 SE sogar seine Pflicht, deren Interessen zu verfolgen.

2.2.7.4 Faktische Tätigkeit von Dr. U für die T2 SE in 2005

Darüber hinaus muss davon ausgegangen werden, dass Dr. U in 2005 schon zu 20% faktisch, d. h. ohne Vertragsgrundlage, für die T2 SE tätig war. Dies ergibt sich aus den Angaben von Dr. U in der Hauptversammlung der Beklagten am 14. Juli 2006.

Die Beklagte kann nicht damit gehört werden, dass vor dem 1. Januar 2006 kein faktisches Vorstandsdoppelmandat von Dr. U bestanden habe. Die Beklagte ist der Meinung, die Aussagen von Dr. U in der Hauptversammlung 2006 seien falsch interpretiert worden. Er habe lediglich mitgeteilt, dass er im Geschäftsjahr 2005 rund 20% seiner Arbeitszeit am Verwaltungssitz der T2 SE in Österreich verbracht habe. Dort sei er aber entgegen der Darstellung des Klägers ganz überwiegend für die Beklagte tätig gewesen. So habe er dort den Erwerb der I GmbH und C7 GmbH durch die T2 SE begleitet. Die Begleitung dieses Erwerbs habe im unmittelbaren Interesse der Beklagten gelegen. Außerdem habe sich Dr. U vor Ort intensiv mit der BHB (und deren operativen Tochtergesellschaften) beschäftigt, die als Beteiligungsgesellschaft der Beklagten in nicht unerheblichem Maße zum Betriebsergebnis der Beklagten beitrage.

Diese Interpretation der Beklagten ist angesichts der Angaben von Dr. U in der Hauptversammlung 2006 nicht haltbar. Denn auch nach dem Vortrag der Beklagten lautete die Frage an den Vorstand Dr. U in der Hauptversammlung 2006:

"Bitte erläutern Sie uns, wie Ihre Tätigkeit bei beiden Gesellschaften zeitlich abgegrenzt ist. Wie viele Stunden arbeiten Sie durchschnittlich in der Woche noch für unsere Gesellschaften, wie viele für die T2 SE€ Gibt es insoweit eine feste Abgrenzung€"

Diese Fragestellung war eindeutig und nicht falsch zu verstehen. Wenn der Vorstand Dr. U auf die Frage, wie viel er für die T2 SE gearbeitet hat, antwortet, dass er im Geschäftsjahr 2005 20% seiner Arbeitskraft am Verwaltungssitz der T2 SE in Österreich verbracht hat, so bedeutet dies nicht anderes, dass er damit ausdrücken will, für diese Gesellschaft tätig gewesen zu sein. Es mag sein, dass der Vorstand Dr. U darüber hinaus am Sitz der T2 SE in Österreich auch für die Beklagte tätig war. Doch zielte die Frage nicht darauf ab, so dass auch keine Veranlassung für Dr. U bestand, darüber Angaben zu machen.

2.2.7.5 Tätigkeit für einen Wettbewerber ohne Genehmigung nach § 88 AktG

Bemerkenswert ist weiter, dass Dr. U ohne Genehmigung des Aufsichtsrats spätestes seit dem 1. Januar 2006 pflichtwidrig unter Verstoß gegen § 88 AktG für einen Wettbewerber tätig war; der Aufsichtsrat der Beklagten hat die Tätigkeit erst am 8. März 2006 genehmigt. Eine solche Vorgehensweise ist nur erklärlich, wenn die Genehmigung des Aufsichtsrates der Beklagten aufgrund der Anordnung der Hauptaktionärin beschlossene Sache war.

Die Beklagte behauptet, die beabsichtigte Vorstandstätigkeit von Dr. U bei der T2 SE sei bereits anlässlich der Konzerntagung am 5. November 2005 offen gelegt worden. Die eigentliche Bestellung von Dr. U zum Mitglied des Vorstands der T2 SE sei erst in der Aufsichtsratssitzung der T2 SE vom 30. November 2005 mit Wirkung zum 1. Januar 2006 erfolgt. Eine formelle Befassung des Aufsichtsrats der Beklagten sei also erst nach dem 30. November 2005 in Betracht gekommen, weil erst ab diesem Zeitpunkt festgestanden habe, dass der Aufsichtsrat der T2 SE die Bestellung zum 1. Januar 2006 wirklich umsetzen wollte. Die formelle Befassung des Aufsichtsrats der Beklagten sei am 8. März 2006 in der nächsten planmäßigen Aufsichtsratssitzung nach der Bestellung von Dr. U zum Vorstandsmitglied der T2 SE erfolgt. Nach dem Sinn und Zweck von § 88 AktG sei hier keine Einwilligung des Aufsichtsrats der Beklagten vor der Aufnahme des Vorstandsamts durch Dr. U bei der T2 SE erforderlich gewesen. § 88 AktG solle nur verhindern, dass Vorstandsmitglieder ohne vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats in Wettbewerb zu ihrer Gesellschaft treten. Da die T2 SE auf ganz anderen geographischen Märkten als die auf dem deutschen Markt tätige Beklagte agiere, habe hier von vornherein keine Gefahr bestanden, dass Herr Dr. U als Vorstandsmitglied eines Wettbewerbers tätig wurde.

Diese Ausführungen überzeugen nicht. Erforderlich ist gemäß § 88 Abs. 1 AktG die Einwilligung des Aufsichtsrates. Einwilligung bedeutet vorherige Zustimmung, § 183 BGB. Eine Genehmigung in dem Sinn, dass zunächst unzulässiges Vorstandsverhalten rückwirkend rechtmäßig wird, ist ausgeschlossen (vergleiche Hüffer, AktG, 7. Auflage 2006, § 88 Rn. 5). Ohne eine Einwilligung des Aufsichtsrats soll der Vorstand einer Aktiengesellschaft gemäß § 88 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht Mitglied des Vorstandes einer anderen Handelsgesellschaft sein. Damit will das Gesetz ohne Rücksicht auf die Branchennähe den vollen Einsatz des Vorstandes für die Gesellschaft sichern (Hüffer, AktG, 7. Auflage 2006, § 88 Rn. 4). Ohne Einwilligung des Aufsichtsrats soll der Vorstand einer Aktiengesellschaft gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 AktG auch nicht für einen Wettbewerber tätig sein. Die nach dem Gesetz erforderliche Einwilligung fehlte vorliegend. Die T2 SE war im Jahre 2005 als Wettbewerber der Beklagten zu betrachten, allein schon wegen der Beteiligung an der Q AG, die seinerzeit ebenso wie die Beklagte im Hoch- und Ingenieurbau tätig war. Auch die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass Dr. U ab dem 1. Januar 2006 für die T2 SE tätig war und von ihr bezahlt wurde. Ob sich die Geschäftstätigkeiten der Beklagten und der T2 SE beziehungsweise der sonstigen von ihr abhängigen Gesellschaften geographisch überschnitten, ist nicht entscheidend.

2.2.8 Veräußerung der W5

Die Veräußerung dieser Beteiligung an die X-Gruppe erfolgte allein im Konzerninteresse der Großaktionärin T2 SE und ist nachteilig für die Beklagte im Sinne von § 311 AktG. Die von der T2 SE veranlasste Veräußerung ist aus der exante-Sicht eines unabhängigen Geschäftsführers der Beklagten kaufmännisch nicht mehr zu rechtfertigen.

2.2.8.1 Parteivortrag

Der Kläger hat dazu vorgetragen, die Beklagte habe sich von ihrer 49 %igen Beteiligung an der W5, die deutschlandweit ein Netz von über 100 Asphaltmischwerken betreibe, getrennt, um eine drohende kartellrechtliche Untersagung des Erwerbs der Mehrheitsbeteiligung an der Q AG durch die T2 SE abzuwenden. Der Kläger hat sich insoweit auf einen Bericht im Manager-Magazinonline vom 2. Oktober 2006 (Anlage K 33) gestützt. Grund für die Auflage des Bundeskartellamtes sei nach dem zitierten Bericht gewesen, dass die Roba, ein Tochterunternehmen der Q AG, und die W5 zusammen eine marktbeherrschende Stellung bei Asphaltmischgut eingenommen hätten. Die Beklagte habe als Straßenbauunternehmen künftig auf den unmittelbaren gesellschaftsrechtlich vermittelten Zugang zum Markt für Asphaltmischgut verzichtet, während dieses Geschäft künftig allein bei der Q AG, die ausschließlich im Hochbau tätig ist, fortgeführt werde. Ergänzend bezieht sich der Kläger auf einen Beschluss des Bundeskartellamtes im Fusionskontrollverfahren B1 - 26820 - Fa - 186/06 - vom 19. September 2006 (Anl. K 36).

Die Beklagte behauptet hingegen, Grund für diese Veräußerung sei ein vom Bundeskartellamt gegen die W5 eingeleitetes Entflechtungsverfahren gewesen. Die W5-Beteiligungen hätten veräußert werden müssen, da das Bundeskartellamt im Zuge des Verfahrens X/NMW AZ B 1-29/05, dem der Erwerb von Teilen der Schmidt-Gruppe durch die X KG zugrunde gelegen habe, entgegen seiner bisherigen Spruchpraxis von einer gemeinsamen Beherrschung der W5 durch die Beklagte und die X KG ausgegangen sei. Dies hätte für die Beklagte zukünftig zu erheblichen operativen Einschränkungen beim Erwerb von Asphaltmischgutanlagen oder der Begründung von Kooperationen geführt. Mit dem Erwerb der Q AG und dem mittelbaren Erwerb der Roba durch die T2 SE habe das nichts zu tun. Die T2 SE habe die Veräußerung gerade nicht veranlasst. Die Beklagte habe sich ausschließlich aufgrund des Wechsels in der Auffassung des Bundeskartellamts dazu gezwungen gesehen, die W5-Beteiligungen zu veräußern.

2.2.8.2 Veranlassung der Veräußerung der W5 Anteile durch die T2 SE

Der Vortrag der Beklagten überzeugt nicht. Sie hat sich zu der Presseveröffentlichung im Managermagazin und zu dem Beschluss des Bundeskartellamtes vom 19.6.2006 nicht geäußert. Aus diesen Unterlagen geht für die Kammer zweifelsohne hervor, dass die Veräußerung der Anteile der Beklagten an der W5 eine Auflage des Bundeskartellamtes war, die im Zusammenhang mit dem Zusammenschlussverfahren B/Q stand. Damit diente die Übertragung der W5-Anteile seitens der Beklagten der B bzw. der T2 SE.

Bereits in dem Bericht des Managermagazins vom 2. Oktober 2006 wird unter der Überschrift "Kartellamt genehmigt Fusion von T2/Roba unter Auflagen" ausgeführt, dass das Bundeskartellamt den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an der Q AG beziehungsweise an deren Tochter Roba durch die österreichische Bauholding T2 SE unter Auflagen freigegeben habe. Um eine Untersagung abzuwenden, sei die T2 AG bereit, ihre 49%ige W5-Beteiligung an die X-Gruppe zu veräußern. Dies habe das Bundeskartellamt mitgeteilt. T2 werde außerdem weitere Verflechtungen mit der X-Gruppe auflösen.

Diese Presseveröffentlichung steht in Einklang mit einem Beschluss des Bundeskartellamtes im Fusionskontrollverfahren 81 - 26820 - Fa - 186/06 - vom 19. September 2006; dort wird Folgendes ausgeführt:

"Hintergrund des Zusammenschlussverfahrens ist zum einen das anhängige Fusionskontrollverfahren B 1 - 169/05 - B/Q, bei dem die Beschlussabteilung nach Verweisung durch die Kommission die Auswirkungen des Erwerbs der C3 GmbH auf die Regionalmärkte für Asphaltmischgut in Berlin, München, Halle/Leipzig, Chemnitz und Rostock prüft. Insoweit hat T2 aufgrund der Bedenken der Beschlussabteilung die Veräußerung der T2-Beteiligung an der W5 und die Entflechtung der Gemeinschaftsunternehmen mit der X-Gruppe im Raum Chemnitz (SAM, CAW, AAL) angeboten. Zur Umsetzung dieser Entflechtungen haben X und T2 unter anderem vereinbart, dass T2 verschiedene Asphaltmischwerke und Beteiligungen als Kompensation für ihren Anteil an der W5 erhält. Diese Erwerbsvorgänge bilden den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens."

Damit steht fest, dass die Veräußerung der W5-Anteile von der Mehrheitsaktionärin T2 SE veranlasst worden ist. Das ergibt sich zwangsläufig daraus, dass diese Transaktion im Zusammenhang mit dem Fusionskontrollverfahren B/Q steht und die Beklagte kein eigenes Interesse an der Veräußerung der W5-Anteile hatte. Die kartellrechtlichen Gründe betrafen nicht unmittelbar die Beklagte, sondern standen ausschließlich im Zusammenhang mit dem Erwerb der Mehrheitsbeteiligung an der Q AG durch die Großaktionärin T2 SE. Eigene unternehmerische Interessen der Beklagten sind mit diesem Rückzug nicht verbunden, denn sie gab in einer adhoc-Meldung vom 12. Mai 2006 (Anlage K 34) für diese Veräußerung allein kartellrechtliche Gründe an.

2.2.8.3 Nachteile für die Beklagte

Die Veräußerung der W5-Anteile war für die Beklagte nachteilig im Sinne von § 311 AktG. Die Beklagte verzichtet damit als Straßenbauunternehmen künftig auf den unmittelbaren gesellschaftsrechtlich vermittelten Zugang zum Markt für Asphaltmischgut, während dieses Geschäft künftig allein bei der Q AG, die ausschließlich im Hochbau tätig ist, fortgeführt wird.

Die Nachteile der Beklagten werden durch den von X zu zahlenden Kaufpreis für die Anteile nicht ausgeglichen, weil der Rückzug aus diesem Markt für die Beklagte als größter Nachfrager nach Asphaltmischgut in Deutschland langfristig einen strategischen Nachteil darstellt. Das gilt erst recht, nachdem sich die Beklagte ganz auf den Straßenbau konzentriert hat. Der strategische Nachteil für die Beklagte wird belegt durch eine Aussage des Präsidenten des Bundeskartellamts, der die Entflechtung der W5 als wettbewerbsfördernden Impuls wertete (Anlage K 33). Gestärkt wird damit also allein die Konkurrenz der Beklagten im Straßenbau, nicht jedoch die Position der Beklagten im Wettbewerb, die künftig in Bezug auf die Beschaffung von Asphaltmischgut erheblich verschlechtert wird. Die Veräußerung der W5-Anteile ist daher auch aus der exante-Sicht des Vorstands bzw. des Aufsichtsrats der Beklagten nicht vertretbar.

Der Nachteil der Beklagten ist nicht durch zusätzliche Sachleistungen der X-Gruppe kompensiert worden. Die Beklagte hat für ihre Anteile an der W5 als Sachabfindung bestimmte Mischwerksbeteiligungen und Mischwerke erhalten, die ihr nunmehr alleine gehören. Nicht erkennbar ist allerdings, in welchem Umfang die Beklagte Mischwerke erhalten hat. Die darlegungspflichtige Beklagte hat sich dazu nicht geäußert. Abgesehen davon wird der Verzicht der Beklagten auf den unmittelbaren gesellschaftsrechtlich vermittelten Zugang zum Markt für Asphaltmischgut damit nicht kompensiert. Es war gerade Sinn des kartellrechtlichen Verfahrens, die Position des T2-Konzerns auf dem Markt für Asphaltmischgut - über die Einwirkung auf die Beklagte zu schwächen und die Konkurrenz zu stärken.

2.2.9 Einbeziehung in den konzernweiten Avalkredit

Die Einbeziehung der Beklagten in den konzernweiten Avalkredit war hingegen nicht nachteilig für die Beklagte. Jedenfalls hat die Beklagte die von dem Kläger dargelegten und für eine Nachteiligkeit sprechenden Umstände entkräftet.

2.2.9.1 Parteivortrag

Der Kläger hat im Wesentlichen vorgetragen, dass die zentralisierte Konzernfinanzierung der Beklagten keine Kostenvorteile im Vergleich zu ihrer bisherigen Avalkreditfinanzierung biete. Darüber hinaus müsse die Beklagte 4 Mio. € Arrangement Fee an die Großaktionärin abführen. Die Beklagte verliere durch die Einbindung in den konzernweiten Avalkredit ihre finanzielle Eigenständigkeit und Unabhängigkeit und werde dadurch neben der gesellschaftsrechtlichen Beherrschung durch Dr. Y und die Großaktionärin im Rahmen der Finanzierung zusätzlich abhängig.

Die Beklagte hat dargelegt, dass ihre Einbeziehung in den syndizierten Avalkredit des T2-Konzerns für sie außerordentlich vorteilhaft sei. Die Beklagte hafte ausschließlich für die von ihr selbst oder für ihre Tochtergesellschaften bestellten Avale. Die Laufzeit der Finanzierung sei im Vergleich zur vorherigen Finanzierung verlängert worden. Dadurch habe sich für die Beklagte eine langfristige finanzielle Planungssicherheit ergeben. Ferner seien die von der Beklagten im Rahmen der bisherigen Sicherheiten-Poolverträge gestellten Sicherheiten freigegeben worden, u. a. Grundschulden an nahezu allen eigenen Grundstücken der Beklagten sowie an den Beteiligungen der Beklagten an der W5 und der BHB. Unter dem syndizierten Avalkredit stelle die Beklagte hingegen selbst keine Sicherheiten. Alle im Rahmen des früheren Poolvertrags gestellten Sicherheiten seien damit frei geworden. Der unternehmerische Handlungsspielraum der Beklagten habe sich dadurch erheblich erweitert. Zudem habe sich der Verwaltungsaufwand der Fremdfinanzierung verringert. Die Zahlung eines Anteils an der Arrangement Fee in Höhe von 4 Mio. € sei für die Beklagte ebenfalls nicht nachteilig. Die Höhe der Arrangement Fee sei marktüblich und finanziell sogar günstig. Die Beklagte habe unter dem auf sie entfallenden Anteil des syndizierten Avalkredits ein jährliches Avalvolumen von ca. 500 Mio. €. Die Gebühr für die Inanspruchnahme betrage jeweils 0,6 % der gezogenen Avalsumme. Unter dem vorherigen Sicherheiten-Poolvertrag habe die Beklagte hingegen 1 % der entsprechenden Avalhöhe als Gebühr an die Banken entrichten müssen. Die jährliche Ersparnis liege bei einem Gesamtavalvolumen von ca. 500 Mio. € demnach 2 Mio. € p.a. Bei einer Laufzeit des syndizierten Avalkredits von fünf Jahren könne die Beklagte insgesamt 10 Mio. € einsparen. Der Anteil an der Arrangement Fee würde sich damit schon nach ca. zwei Jahren amortisieren.

2.2.9.2 Würdigung

Der Kläger ist diesem substantiierten Vortrag der Beklagten nicht entgegengetreten. Bei dieser Sachlage kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte im Rahmen der konzernweiten Avalkreditfinanzierung nur Nachteile erleidet, wie zum Beispiel die Belastung mit einer Provisionszahlung von 4 Mio. € sowie eine zusätzliche Einbuße an Eigenständigkeit. Sie hat auch erhebliche Vorteile generieren können, wie z. B. die Freigabe von Sicherheiten und die Einsparung weiterer Provisionen auf mittelfristige Sicht. Unter Berücksichtigung des weiten kaufmännischen Ermessensspielraums der Geschäftsführung der Beklagten kann diese Maßnahme - insoweit in Übereinstimmung mit dem OLG Stuttgart zu der gleich gelagerten Frage der Einbeziehung der Q AG in die Avalkreditfinanzierung des T2-Konzerns (OLG Stuttgart, Urt. v. 30.5.2007 - 20 U 12/06, AG 2007, 633 ff.) nicht als nachteilig angesehen werden.

2.2.10 Konzernrechtliches Wettbewerbsverbot

Die T2 SE verstößt nicht gegen ein konzernrechtliches Wettbewerbsverbot.

Das Wettbewerbsverbot im Konzern wird kontrovers diskutiert. Es kann offen bleiben, ob und in welchem Umfang ein solches Wettbewerbsverbot besteht (vgl. dazu OLG Stuttgart, Urt. v. 30.5.2007 - 20 U 12/06, AG 2007, 633, 639 mit weiteren Nachweisen zur Rspr. und Lit.). Denn der Verletzung eines etwaigen Wettbewerbsverbots steht derzeit auf tatsächlicher Ebene entgegen, dass im Konzern die Sparten Hoch- und Ingenieurbau einerseits und Straßenbau andererseits getrennt wurden. Wie die Situation zu beurteilen ist, wenn der frühere Hoch- und Ingenieurbaubereich der Beklagten an diese zurückübertragen wird, ist hier nicht zu entscheiden.

2.2.1.1 Einzelausgleich

Es bedarf keiner Entscheidung, ob die gegen § 311 AktG verstoßenden Maßnahmen entsprechend den vorstehenden Ausführungen dem Einzelausgleich zugänglich sind. Mangels Ausgleich bzw. Bereitschaft zur Leistung eines Ausgleichs durch die T2 SE sind die Maßnahmen auch dann rechtswidrig, falls finanzielle oder sonstige Kompensationen möglich wären.

2.2.1.2 Beschlussfassungen des Aufsichtsrat der Beklagten

Soweit vorstehend die Beschlüsse des Vorstands der Beklagten als rechtswidrig eingestuft worden sind, gilt dies gleichermaßen für die Beschlüsse des Aufsichtsrats der Beklagten. Der Aufsichtsrat verfügte über die gleichen Informationen. Er hat die rechtswidrigen Beschlüsse des Vorstands gebilligt.

2.3 Antrag zu 7

Der Antrag zu 7 auf Feststellung, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, die Übertragung der unmittelbaren Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten sowie der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der Josef Riepl Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH sowie der Anteile an den C2 GmbH, P GmbH, Q10Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH, C3 GmbH, C5 GmbH, Stahl- und E2 GmbH und der N.V. T2 Belgium S.A., Antwerpen/Belgien, auf Q AG rückabzuwickeln, ist begründet.

Wie auch die Beklagte einräumt, ist seit der Holzmüller-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 25.02.1982 - II ZR 174/80 (Hamburg) "Holzmüller", NJW 1982, 1703, 1706) anerkannt, dass der Aktionär rechtswidrige Eingriffe der Verwaltung in seine mitgliedschaftliche Rechtsstellung mit der Unterlassungs- und Beseitigungsklage bekämpfen kann. Denn der Aktionär hat einen verbandsrechtlichen Anspruch darauf, dass die Gesellschaft seine Mitgliedschaftsrechte achtet und alles unterlässt, was sie über das durch Gesetz und Satzung gedeckte Maß hinaus beeinträchtigt. Mit dieser gegen die AG gerichteten actio negatoria kann jeder Aktionär den Übergriff der Verwaltung in mitgliedschaftliche Zuständigkeiten (Kompetenzübergriff) abwehren (vgl. Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, Kommentar, 4. Aufl. 2005, Anh. § 317 Rn. 27, 28).

Es kann offen bleiben, ob der Kläger die Rückgängigmachung der Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaubereichs aufgrund der kompetenzübergreifenden Satzungsunterschreitung des Vorstandes und des Aufsichtsrats der Beklagten verlangen kann. Denn unstreitig ist die Satzung geändert worden. Auch wenn der diesbezügliche Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 14. Juli 2006 erfolgreich vom Kläger angefochten und für unwirksam erklärt worden ist, muss aber berücksichtigt werden, dass das vorgenannte Urteil noch nicht rechtskräftig, der hier relevante Beschluss von der Hauptversammlung der Beklagten im Jahre 2007 bestätigt worden und im Übrigen der Beschluss auch in das Handelsregister eingetragen worden ist.

Allerdings ist die Veräußerung des Hoch- und Ingenieurbaus der Beklagten an Q AG jedenfalls wegen der Verletzung von § 311 AktG vom Vorstand der Beklagten rückabzuwickeln. Diese Strukturmaßnahme war unter Berücksichtigung des vorliegenden Sach- und Streitstandes nachteilig für die Beklagte und damit auch nachteilig für die außenstehenden Aktionäre. Ein Einzelausgleich ist, wie erläutert worden ist, nicht möglich. Bis zum Abschluss eines Beherrschungsvertrages zwischen der Beklagten und der Mehrheitsaktionärin T2 SE besteht daher ein Rechtsanspruch des Klägers, dass die von der T2 SE veranlasste Veräußerung des Geschäftsfeldes Hoch- und Ingenieurbau an Q AG rückgängig gemacht wird.

2.4 Antrag zu Ziffer 8

Der Antrag zu Ziffer 8 auf Feststellung, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, die Eingliederung in die Organisation der T2 SE sowie die Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten von der Q3 GmbH auf die E3 GmbH und die Übertragung von Beteiligungen an der BRVZ Bau-, Rechen- und Verwaltungszentrum GmbH, J GmbH auf Q AG rückabzuwickeln, ist begründet.

Diese Maßnahmen verstoßen, wie erläutert worden ist, ebenfalls gegen § 311 AktG. Die Beklagte ist verpflichtet, die Verletzung der Aktionärsrechte durch die Rückabwicklung der rechtswidrigen Maßnahmen nach Maßgabe der Ausführungen zu den Anträgen zu 4 bis 6 zu kompensieren.

Prozessuale Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Kammer hat das Teilunterliegen des Klägers bezüglich der Anträge zu Ziffer 9 und 10 in Höhe von 25% gewertet.

Streitwert: 500.000 €






LG Köln:
Urteil v. 23.11.2007
Az: 82 O 214/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/382d68965fdb/LG-Koeln_Urteil_vom_23-November-2007_Az_82-O-214-06




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