Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Juni 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 193/01

(BPatG: Beschluss v. 19.06.2002, Az.: 32 W (pat) 193/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 23. Februar 1998 für Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten;

Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäteneingetragene Wortmarke 397 28 484 Marathon-Welleist Widerspruch erhoben aus der Wortmarke 1 135 913 Marathondie seit 3. August 1989 u.a. für Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränkeneingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 41 hat den Widerspruch mit Beschluss vom 23. Mai 2001 zurückgewiesen, weil in der angegriffenen Marke der Bestandteil "Marathon" nicht prägend sei. Er sei sogar kennzeichnungsschwach. Außerdem ergebe "Marathon-Welle" einen Gesamtbegriff, wie er auch in anderen Zusammensetzungen (z.B. Joggingwelle) entstehe.

Gegen diese Entscheidung hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung sie vor allem darauf abstellt, die Waren seien identisch. "Marathon" stehe am Anfang der angegriffenen Marke und präge daher deren Gesamteindruck, zumal "Welle" beschreibend sei. Es handle sich um eine sich auftürmende Wassermasse und nicht um eine ansteigende Beliebtheit.

Die Widersprechende beantragt,

"die Markenanmeldung "Marathon-Welle" zurückzuweisen."

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich nicht geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil keine Gefahr von Verwechslungen besteht.

Nach § 9 Abs 1 Nr 2, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke besteht (vgl. BGH GRUR 2000, 886 - Bayer/BeiChem; 2001, 158, 159 - Drei-Streifen-Kennzeichnung), so dass z.B. ein geringerer Grad an Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad an Markenähnlichkeit ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 1999, 995, - HONKA; 2000, 603 - Ketof/ETOP; 2000, 1040 - FRENORM/FRENON).

Die angegriffene Marke hält von der Widerspruchsmarke einen trotz teilweiser Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausreichenden Abstand ein, weil in der angegriffenen Marke der Bestandteil "Marathon" nicht allein kollisionsbegründend wirkt.

Beim Vergleich der Marken ist von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz auszugehen, dass auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen ist. Wegen der deutlich unterschiedlichen Zeichenlängen sind dabei hier keine Verwechslungen zu befürchten. Das gilt auch, wenn sich das ältere Zeichen in dem jüngeren zusammengesetzten Zeichen identisch wiederfindet (BGH GRUR 1996, 777 - JOY; 1996, 547 - Blendax Pep; 1996, 406 - JUWEL).

Etwas anderes würde nur gelten, wenn "Marathon" in der angegriffenen Marke eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen wäre (BGH BlPMZ 1996, 180 - Springende Raubkatze). Hier sind jedoch keine Tatsachen feststellbar, die dies annehmen ließen oder es erlauben würden, dem Bestandteil "Welle" eine zumindest mitprägende Funktion innerhalb des Kennzeichens abzusprechen (vgl. BGH GRUR 1996, 977 - DRANO/P3-drano), denn "Welle" ist auch im Zusammenhang mit Getränken kein glatt beschreibendes Element, wie dies etwa bei "Marathon-Drink" o.ä. der Fall wäre.

Eine Verwechslungsgefahr bei Hinzutreten einer abweichenden Silbe ist ausgeschlossen, wenn die zusätzliche Silbe - wie hier - Klangwirkung, Schriftbild und Sinngehalt der jüngeren Marke bestimmt und damit von der älteren Bezeichnung abhebt (BGH GRUR 1993, 972 - Sana/Schosana). In der angegriffenen Marke verbinden sich "Marathon" und "Welle" zu einem Gesamtbegriff, der angibt, dass "Marathon" von vielen betrieben wird (vgl. Joggingwelle) oder über längere Zeit aktuell ist (vgl. Hitzewelle). Außerdem kann "Marathon-Welle" eine besonders lang anhaltende, große Welle beschreiben (vgl. Marathonsitzung). Solche Kombinationen sind allgemein bekannt. Ihre zergliedernde, abspaltende Betrachtungsweise wäre zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr nur zulässig, wenn dafür besondere Gründe vorlägen (vgl. BGH GRUR 1977, 218 - ESSOARCOL/MERCOL; BlPMZ 1977, 371 - ABELRAP; 1996, 200 - Innovadiclophlont/Diclophlogont). Solche Gründe sind hier nicht feststellbar. Insbesondere handelt es sich bei "Welle" um keine abgegriffene und branchenübliche Endung (vgl. BGH GRUR 1998, 924 - salvent/Salventerol).

Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei "Welle" um ein bekanntes Unternehmenskennzeichen oder einen Serienstamm handelt und der Verbraucher daher seine Aufmerksamkeit zur Individualisierung der Ware allein auf "Marathon" richten wird (vgl. BGH aaO - DRANO/P3-drano).

Somit tritt "Marathon" in "Marathon-Welle" nicht als eigenständiger, selbständig kennzeichnender Bestandteil hervor, womit keine unmittelbare Verwechslungsgefahr festgestellt werden kann - gleiches gilt für eine begriffliche. Für diese reicht es nämlich nicht aus, dass "Marathon" und "Marathon-Welle" einen identischen Teil aufweisen. Voraussetzung ist vielmehr das Vorliegen eines übereinstimmenden Sinngehalts. Von einem solchen kann hier aber nicht ausgegangen werden, weil "Marathon-Welle" die oben beschriebenen Bedeutungen aufweist, die sich alle von "Marathon" absetzen, das eine Sportart oder eine Stadt in Griechenland bezeichnet.

Es besteht auch nicht die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Dazu wäre erforderlich, dass "Marathon" in der angegriffenen Marke selbständig hervortritt, was durch den neuen Gesamtbegriff nicht der Fall ist. In "Marathon-Welle" kommt dem übereinstimmenden Element "Marathon" daher kein Hinweischarakter auf die Inhaberin der älteren Marke zu. "Marathon" ist weder ein bekanntes Kennzeichen, noch verwendet die Widersprechende eine Serie, zu der dann auch "Marathon-Welle" gehören könnte. Jedenfalls ist dazu von der Widersprechenden nichts vorgetragen.

Winkler Sekretaruk Dr. Albrecht Hu






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Beschluss v. 19.06.2002
Az: 32 W (pat) 193/01


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