Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Juli 2008
Aktenzeichen: 4 Ni 9/05

(BPatG: Beschluss v. 01.07.2008, Az.: 4 Ni 9/05)

Tenor

1. Die Erinnerung der Beklagten gegen den Beschluss der Rechtspflegerin vom 4. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Der Wert des Gegenstands des Erinnerungsverfahrens beträgt ... €.

Gründe

I.

Mit nicht rechtskräftigem Urteil vom 12. April 2006 hat der Senat die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Streitwert war auf ... € festgesetzt worden.

Die Beklagte hat Kostenfestsetzung beantragt und dabei neben den Kosten eines inländischen Patentanwalts und eines inländischen Rechtsanwalts auch eine Verfahrensgebühr sowie eine Terminsgebühr gemäß §§ 2, 13 RVG, Nr. 3100 und 3104 VV, eine Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV sowie näher spezifizierte Reisekosten gemäß Nr. 7004, 7005 VV für einen in der Schweiz ansässigen Rechtsanwalt in einer Gesamthöhe von ... € geltend gemacht.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. Dezember 2007 hat die Rechtspflegerin des Bundespatentgerichts die den Schweizer Rechtsanwalt betreffenden Gebühren als Verkehrsanwaltskosten in Höhe der (fiktiven) Reisekosten der Partei von Zürich nach Berlin von ... € angesetzt und die weitergehende Forderung zu- rückgewiesen. Zur Begründung wurde vorgebracht, bei den für die Hinzuziehung eines Verkehrsanwalts geltend gemachten Kosten komme es auf die Notwendigkeit zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung an, wobei jede Partei zur Kostenminimierung angehalten sei. Die Notwendigkeit zur Beauftragung eines ausländischen Verkehrsanwalts folge für eine im inländischen Patentnichtigkeitsverfahren betroffene ausländische Partei nicht automatisch aus deren Ausländereigenschaft, sondern es komme im Einzelfall darauf an, ob eine fernmündliche, eine schriftliche oder eine persönliche Unterrichtung des (inländischen) Prozessbevollmächtigten durch die Reise eines Mitarbeiters zumutbar ist oder nicht. Dies sei bei einem kaufmännisch geführten Unternehmen wie der hiesigen Beklagten anzunehmen.

Gegen den am 14. Dezember 2007 zugestellten Beschluss legte die Erinnerungsführerin mit Schriftsatz vom 28. Dezember form- und fristgerecht Erinnerung ein und brachte in der Begründung vom 15. Januar 2008 vor, die Einschaltung der Schweizer Rechtsanwälte sei notwendig gewesen, weil es bei der Entscheidung auch auf Schweizer Recht angekommen sei. Eine zweckdienliche Information der inländischen Prozessbevollmächtigten durch die ausländische Mandantin sei auf andere Weise nicht möglich gewesen. Da demnach die Hinzuziehung der Schweizer Rechtsanwälte zur Rechtsverfolgung erforderlich gewesen sei, seien auch die Kosten in voller Höhe erstattungsfähig; jedenfalls aber Verkehrsanwaltskosten in Höhe von einer Verfahrensgebühr von... € (§§ 2, 13 RVG, Nr. 3400 VV) zuzüglich der Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von ... € (Nr. 7002 VV), insgesamt also... €.

Die Erinnerungsgegnerin widerspricht diesem Vorbringen.

Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet.

Sowohl hinsichtlich der Grundlage als auch des Umfangs der Kostenpflicht verweist § 84 Abs. 2 PatG auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung (§§ 91 ff. ZPO).

1. Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Dazu gehören nach Absatz 2 dieser Vorschrift die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei.

2. Hinsichtlich der Notwendigkeit der Einschaltung der Schweizer Rechtsanwälte als weitere Hauptbevollmächtigte ist aber - ungeachtet der Frage der Bewertung des Schreibens der Erinnerungsführerin vom 20. November 2007 - darauf abzustellen, dass im vorliegenden Fall eine Information der inländischen Prozessbevollmächtigten durch die im deutschsprachigen Teil der Schweiz ansässige und als Aktiengesellschaft vollkaufmännisch agierende Erinnerungsführerin ohne weiteres möglich war, sei es mit den Mitteln der Telekommunikation, sei es durch die Informationsreise eines Vertreters der Partei zu beiden in Berlin tätigen inländischen Prozessbevollmächtigten. Auch wenn ein Interesse der Partei an der Bearbeitung durch die üblicherweise für sie tätigen Rechtsanwälte in der Schweiz anzuerkennen ist, führt dies nicht automatisch zur Notwendigkeit im Sinne einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung im Rahmen des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Insoweit wird voll inhaltlich auf den Beschluss der Rechtspflegerin vom 4. Dezember 2007, dort Ziffer III (S. 7 ff.) Bezug genommen.

Ergänzend ist noch anzuführen: Es gibt keine Notwendigkeit der Einschaltung Schweizer Rechtsanwälte, weil die Partei als Patentinhaberin selbst in der Schweiz ansässig ist und das europäische Patent (Streitpatent) unter Inanspruchnahme der Priorität einer Schweizer Patentanmeldung erteilt worden war, so war doch zu keinem Zeitpunkt das Schweizer Recht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits war zu keinem Zeitpunkt das Schweizer Recht, sondern vorliegend war der deutsche Teil eines europäischen Patents nach materiellem Recht des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) und nach formellem deutschen Recht (IntPatÜG, PatG, ZPO) zu beurteilen. Ob daneben bei der Patenterteilung Schweizer Recht eine Rolle spielte, ist vorliegend ohne Belang.

3. Auch die beantragte Kostenfestsetzung der in Höhe von ... € geltend gemachten Verkehrsanwaltsgebühren kommt vorliegend mangels Notwendigkeit im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht. Zweifellos hat die Erinnerungsführerin - wie die meisten Parteien - ihren Sitz nicht am Sitz des Bundespatentgerichts. Gleichwohl ist dem Vortrag nicht zu entnehmen, warum die Erinnerungsführerin, auch bei Berücksichtigung der Tatsache, dass sie nicht über eine zur Bearbeitung patentrechtlicher Fallgestaltungen kompetente Rechtsabteilung verfügt, nicht in der Lage gewesen sein soll, die beiden inländischen Prozessbevollmächtigten sachgerecht zu informieren, zumal sie nach dem Vortrag im Schriftsatz vom 15. Januar 2008, dort S. 9, regelmäßig gezwungen ist, mit mehreren Kanzleien das Schutzrecht betreffende Verfahren zu führen.

4. Wenn nach alledem im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. Dezember 2007 lediglich fiktive Reisekosten für eine Informationsreise in Höhe von ... € ange- setzt wurden, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Höhe des Gegenstandwerts ergibt sich aus dem geltend gemachten Kostenansatz in Höhe von ... € abzüglich der festgesetzten (fiktiven) Reisekosten in Höhe von ... €.

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BPatG:
Beschluss v. 01.07.2008
Az: 4 Ni 9/05


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