Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Oktober 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 164/03

(BPatG: Beschluss v. 29.10.2003, Az.: 32 W (pat) 164/03)

Tenor

1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 13. Februar 2003 wird insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für die Dienstleistungen "Spezielle Trainings-, Wettkampf-, Ausbildungs- und Bildungsprogramme zur Förderung des Spitzensports durch Hochschulen" zurückgewiesen worden ist.

2. Die Beschleunigungsgebühr wird zurückgezahlt.

Gründe

I.

Die Wortmarke Partnerhochschule des Spitzensportsist am 15. April 2002 von dem Anmelder, einem Dachverband von Hochschulsportinstituten und -einrichtungen, zur Eintragung beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet worden und zwar zunächst für folgende Dienstleistungen:

Spezielle Trainings-, Wettkampf-, Ausbildungs- und Bildungsprogramme zur Förderung des Spitzensports; Sport- und Bildungsreisen; Verpflegung/Beherbergung der Teilnehmer an Reisen und Programmen.

Der Anmelder hat eine beschleunigte Prüfung beantragt und die dafür vorgesehene Gebühr entrichtet.

Nach einem ersten Beanstandungsbescheid vom 13. Mai 2002, zu dem der Anmelder mit Schriftsatz vom 21. Juni 2002 Stellung genommen hat, und einem weiteren Zwischenbescheid vom 28. November 2002 hat die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 die Anmeldung mit Beschluss vom 13. Februar 2003 zurückgewiesen. Unter Hinweis auf beigefügte Internetbelege wird ausgeführt, der gebräuchliche Begriff "Partnerhochschule" bezeichne in Verbindung mit der Zweckbestimmung "des Spitzensports" lediglich die Art der Dienstleistungen selbst. Der Verkehr werde ohne weitere Konkretisierung oder Verbindung der Marke mit einem anderen Herkunftszeichen keine Zuordnung zu einer bestimmten Hochschule oder zum Anmelder selbst vornehmen. Außerdem müsse es auch solchen Hochschulen und Institutionen, die nicht Mitglieder oder Kooperationspartner des Anmelders seien, uneingeschränkt möglich sein, die in der Anmeldung enthaltenen Begriffe frei zu verwenden und zu kombinieren.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders. In der mündlichen Verhandlung hat er das Dienstleistungsverzeichnis wie folgt eingeschränkt und präzisiert:

Spezielle Trainings-, Wettkampf-, Ausbildungs- und Bildungsprogramme zur Förderung des Spitzensports durch Hochschulen.

Die angemeldete Bezeichnung sei - ohne ergänzende Zusätze - mehrdeutig und interpretationsbedürftig, mithin für die beanspruchten Dienstleistungen nicht unmittelbar beschreibend sowie in Anbetracht der beteiligten hochgradig fachkundigen und aufmerksamen Verkehrskreise geeignet, einen Herkunftshinweis zu vermitteln. Dies gelte zum einen für die Hochschulen selbst, denen das betreffende werbewirksame "Prädikat" schon seit einigen Jahren bekannt sei. Er - der Anmelder - habe inzwischen bereits mit 35 deutschen Hochschulen (nach dem Stand vom 30. Juli 2003) Kooperationsverträge geschlossen, weitere kämen hinzu. Aber auch den Spitzenathleten - eingeschriebenen oder angehenden Studenten -, denen die betreffenden Dienstleistungen zugute kämen, sei zumindest bekannt, dass hinter der angemeldeten Marke ein "Unternehmen" stehe, auch wenn dieses möglicherweise nicht konkret bezeichnet werden könne. Der Anmelder verweist ergänzend auf zahlreiche eingetragene Marken mit dem Bestandteil "Partner"; für ihn selbst sei die sehr ähnliche Marke 302 17 965 "Partner des Hochschulsports" für teilweise gleiche Dienstleistungen registriert.

Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluss hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen aufzuheben und die Beschleunigungsgebühr zurückzuzahlen.

Das Verfahren der beschleunigten Prüfung nach § 38 MarkenG sei vor allem im Hinblick auf die sechsmonatige Prioritätsfrist der Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ), die für internationale Registrierungen nach dem Madrider Markenabkommen (MMA) von Bedeutung sei, geschaffen worden. Das Deutsche Patent- und Markenamt habe somit bei Anträgen auf beschleunigte Prüfung in der Regel innerhalb von sechs Monaten über die Eintragung zu entscheiden. Eine von ihm - dem Anmelder - verschuldete Verzögerung des Verfahrens liege nicht vor. Wenn die Markenstelle vorliegend erst nach rund 10 Monaten eine abschließende Entscheidung getroffen habe, rechtfertige dieser Umstand die Rückzahlung der Beschleunigungsgebühr aus Billigkeit.

II.

Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses hinsichtlich der jetzt noch beanspruchten Dienstleistungen, weil insoweit keine Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG vorliegen. Da die Markenstelle das Prüfungsverfahren nicht innerhalb einer angemessenen Frist zum Abschluss gebracht hat, ist die Beschleunigungsgebühr antragsgemäß zurückzuzahlen.

1. a) Nachdem der Anmelder in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende Fassung des Dienstleistungsverzeichnisses klargestellt hat, dass die betreffenden Dienstleistungsangebote nur durch Hochschulen erbracht werden, entbehrt die Marke "Partnerhochschule des Spitzensports" insoweit nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Ware erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE).

Der Anmelder hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die beteiligten Verkehrskreise in einem weit überdurchschnittlichen Maß sachkundig, informiert und aufmerksam sind. Dies gilt zum einen für die deutschen Hochschulen (Universitäten, Technische Hochschulen, Fachhochschulen), welche die vom Anmelder ausgearbeiteten speziellen Programme zur Förderung des Spitzensports im Rahmen von Kooperationsabkommen übernehmen und den unmittelbar Begünstigten gegenüber, d.h. den an der jeweiligen Hochschule als Studenten eingeschriebenen Hochleistungssportlern, anbieten und umsetzen (z.T. unter Mitwirkung weiterer Kooperationspartner wie den Olympiastützpunkten in den Landessportbünden oder den für die einzelnen Sportarten zuständigen nationalen Spitzenverbänden).

Da die Hochschulen selbst bzw. die an ihnen bestehenden, mit der Ausbildung von Sportstudenten oder dem allgemeinen Hochschulsport befassten Einrichtungen weitgehend dem Anmelder als Mitglieder angehören, sind sie ohne weiteres in der Lage, die unter der angemeldeten Marke angebotenen Dienstleistungen individuell dem Anmelder der Herkunft nach zuzuordnen. Die Bezeichnung erfüllt somit die Anforderungen an eine Marke im Rahmen des § 8 Abs. 2 MarkenG.

Aber auch im Hinblick auf die sportausübenden Studenten als die Endabnehmer der betreffenden Dienstleistungen vermag die Marke einen Herkunftshinweis zu vermitteln. Zwar wird wohl nur ein kleinerer Teil von ihnen in der Lage sein, den Anmelder unter seinem Vereinsnamen konkret zu benennen, jedoch wird auch hier weitgehend bekannt sein, dass ein die Belange des Hochschulsports wahrender Verband das Prädikat "Partnerhochschule des Spitzensports" an unterschiedliche Hochschulen vergibt. Wenn nun Dienstleistungen der beanspruchten Art an der jeweils vom Studenten besuchten Hochschule gerade unter dieser Bezeichnung angeboten werden, liegt der Schluss auf die Herkunft - im Sinne einer Gesamtverantwortung - aus einer "betrieblichen" Quelle nahe. Für einen Teil der Studenten mag dabei die Qualitätsfunktion der Marke im Vordergrund stehen (d.h. wie eine Art Gütesiegel wirken), was im übrigen keineswegs gegen die Annahme der Herkunft aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb spricht. Selbst wenn aber einzelne weniger gut informierte Studenten irrtümlich annehmen sollten, nur ihre Hochschule sei befugt, den Zusatz "Partnerhochschule des Spitzensports" zu führen, würden die so gekennzeichneten Dienstleistungen zwar möglicherweise der Herkunft nach unrichtig, letztlich aber doch einem Betrieb zugeordnet, so dass auch insoweit das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht verneint werden kann.

b) Die Marke ist auch nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Sie besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen dienen können. Abzustellen ist dabei nicht auf die Einzelbestandteile, sondern auf die Marke in ihrer Gesamtheit (allerdings ohne sonstige Zusätze, z.B. dem Namen einer bestimmten Universität usw). In dieser Gesamtheit stellt "Partnerhochschule des Spitzensports" für die speziellen Programme zur Spitzensportförderung an Hochschulen eine wenig konkrete Aussage dar. Eine eindeutige Angabe, welchen Inhalt diese Programme haben und welche Merkmale sie im einzelnen aufweisen, lässt sich dieser Bezeichnung nicht entnehmen. Im Falle einer Registrierung zugunsten des Anmelders werden Hochschulen, die diesem nicht angehören oder mit ihm keine Kooperationsverträge abschließen wollen, nicht daran gehindert, den Begriff "Partnerhochschule" zu verwenden (etwa beim Bestehen von Partnerschaften mit ausländischen Hochschulen) oder darauf hinzuweisen, dass sie sich um Spitzensportler in besonderer Weise bemühen. Ihnen ist lediglich das Recht genommen, die angemeldete Wortfolge markenmäßig zur Kennzeichnung der Dienstleistungen, für welche sie beansprucht ist, zu gebrauchen.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschleunigungsgebühr hat ebenfalls Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine Rückzahlung der Gebühr für einen Antrag auf beschleunigte Prüfung gemäß § 38 MarkenG aufgrund allgemeiner gebührenrechtlicher Grundsätze und verfassungsrechtlicher Erwägungen aus Billigkeitsgründen im Einzelfall dann in Betracht, wenn es zu keiner beschleunigten Prüfung kommt und die Gründe hierfür überwiegend im Bereich des Deutschen Patent- und Markenamts liegen (BGH GRUR 2000, 325). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

Nach § 38 MarkenG ist der Markenstelle eine vom normalen Verfahrensablauf bei Anmeldungen abweichende, schnellere Sachbehandlung aufgegeben. Dies ist allein durch die Entrichtung der zusätzlichen Gebühr gerechtfertigt, ohne dass der Anmelder weitere Gründe für sein Beschleunigungsbegehren anführen müßte. Ziel der beschleunigten Prüfung nach § 38 MarkenG ist im Regelfall nämlich die Eintragung der angemeldeten Marke innerhalb der sechsmonatigen Prioritätsfrist nach Art. 4 Abschn. A Abs. 1, C Abs. 1, D Abs. 1 PVÜ i.V.m. Art. 4 Abs. 2 MMA. Die Eintragung oder - bei einer Verneinung der Schutzfähigkeit - die Zurückweisung muss daher im Regelfall - soweit keine vom Anmelder zu vertretenden Verzögerungen vorliegen - spätestens sechs Monate nach Eingang des Antrags erfolgen. Andernfalls ist die Beschleunigungsgebühr zurückzuzahlen.

Bei der Abwägung der für oder gegen eine Rückzahlung sprechenden Gründe ist auch mit einzubeziehen, ob die Verfahrensverzögerung möglicherweise vom Anmelder selbst zu vertreten war, was vorliegend aber nicht der Fall ist. Denn der Anmelder hat auf den ersten, frühzeitig ergangenen Beanstandungsbescheid vom 13. Mai 2002 hin bereits mit Schriftsatz vom 21. Juni 2002 in der Sache Stellung genommen. Die dort geäußerte Bitte, zur Wahrung des rechtlichen Gehörs alle dem Amt vorliegenden entscheidungserheblichen Tatsachen vor einer abschließenden Beschlussfassung zu übermitteln, kann für sich gesehen nicht als ursächlich für die Verfahrensverzögerung angesehen werden. Wenn die Markenstelle ihren zweiten Beanstandungsbescheid erst am 28. November 2002 und somit bereits nach Ablauf der maßgeblichen Sechsmonatsfrist erlassen hat, so hat sie bereits dadurch gegen das Gebot einer beschleunigten Prüfung verstoßen. Erst recht gilt dies hinsichtlich des Zurückweisungsbeschlusses vom 13. Februar 2003, der fast 10 Monate nach Antragstellung erfolgt ist. Die antragsgemäße Rückzahlung der Beschleunigungsgebühr entspricht somit der Billigkeit.

Winkler Rauch Viereck Hu






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Az: 32 W (pat) 164/03


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