Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 14. Februar 1992
Aktenzeichen: 6 W 43/91

(OLG Köln: Beschluss v. 14.02.1992, Az.: 6 W 43/91)

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den am 11. Juni 1991 verkündeten Beschluß der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 0 594/87 SH I - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Schuldnerin auferlegt.

Gründe

Die sofortige Beschwerde der

Schuldnerin ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne

Erfolg.

Das Landgericht hat mit dem

angefochtenen Beschluß gegen die Schuldnerin zu Recht ein

Ordnungsgeld in Höhe von 200.000,-- DM wegen schuldhafter

Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot der einstweiligen

Verfügung des Landgerichts vom 5. November 1987 - 31 0 594/87 -

verhängt.

1.

In Óbereinstimmung mit dem Landgericht

ist davon auszugehen, daß die vom Gläubiger im vorliegenden

(dritten) Ordnungsmittelverfahren beanstandeten und im

angefochtenen Beschluß unter Ziffer I. 3. angeführten Gewinnspiele

objektiv gegen den Kern des Unterlassungsgebots vom 5. November

1987 verstoßen. Dieses Unterlassungsgebot war gemäß § 3 UWG gegen

die Schuldnerin ergangen, weil ein nicht unbeachtlicher Teil der

angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der konkreten Gestaltung

des damals beanstandeten Gewinnspiels annahm, er habe einen

Hauptpreis gewonnen, wenn seine "Herz-Glücks-Zahlen" denjenigen

des ersten, zweiten oder dritten Preises entsprachen, während in

Wirklichkeit nur die Möglichkeit eines derartigen Gewinns bestand.

Die Gewinnspiele, die Gegenstand dieses Ordnungsmittelverfahrens

sind, verstoßen aber in der selben Weise gegen § 3 UWG. Auch sie

vermitteln nicht unbeachtlichen Teilen der Verbraucher den

unrichtigen Eindruck, diese hätten mit der für sie bestimmten

Gewinnummer auf den Losen bereits jeweils einen der ausgelobten

Hauptpreise gewonnen, obwohl tatsächlich nur eine bloße

Gewinnchance besteht. Wegen der Begründung im einzelnen wird

insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in

Ziffer II. 1. der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Das

Beschwerdevorbringen der Schuldnerin ist nicht geeignet, Zweifel

gegenüber diesen Darlegungen des Landgerichts zu begründen.

2.

Der Gläubiger ist auch nicht gehindert,

diese objektiven Zuwiderhandlungen der Schuldnerin gegen das

Unterlassungsgebot vom 5. November 1987 zum Gegenstand von

Ordnungsmittelanträgen zu machen. Die Schuldnerin hat zwar

behauptet, es sei am 14. November 1989 während der

Vergleichsverhandlungen im zweiten Ordnungsmittelverfahren zum

Abschluß einer Freizeichnungsvereinbarung mit dem Gläubiger

gekommen. Nach dem Ergebnis der in beiden Instanzen durchgeführten

Beweisaufnahme kann aber nicht von einer derartigen Vereinbarung

der Parteien ausgegangen werden.

Die Zeugen Gr. und Dr. Br. haben bei

ihrer Vernehmung durch den Senat übereinstimmend bekundet, daß

sich der Zeuge Gr. mit dem Zeugen Er. oder dem damaligen

Prozeßbevollmächtigten der Schuldnerin im Termin vom 14. November

1989 nicht über die Gestaltung der zukünftigen Werbung der

Schuldnerin geeinigt haben. Der Zeuge Gr. hat dabei, wie bereits

in seiner Aussage vor dem Landgericht, erklärt, daß er sich zwar an

Vorhaltungen seitens des damaligen Prozeßbevollmächtigten der

Schuldnerin, Rechtsanwalt Dr. Bü., erinnere, der versucht habe, am

14. November 1989 noch vor dem Gespräch über den eigentlichen

Vergleich zum zweiten Ordnungsmittelverfahren auch eine Einigung

über die Gestaltung der zukünftig von der Schuldnerin

durchzuführenden Gewinnspiele herbeizuführen. Er - der Zeuge Gr. -

habe aber sofort klargemacht, daß er, bzw. der Gläubiger eine

derartige Freizeichnung grundsätzlich nicht gebe. Daran habe er

trotz Unmuts-äußerungen von Rechtsanwalt Dr. Bü. und auch der

Kammermitglieder festgehalten. Eine wörtliche oder sinngemäße

Erklärung dahingehend, daß er mit dieser Werbung leben könne, habe

er nicht abgegeben. Der Zeuge Gr. hat weiterhin erklärt, eine

konkrete Werbung der Schuldnerin sei ihm am 14. November 1989 nicht

vorgelegt worden, wenn er auch nicht ausschließen könne, daß

Rechtsanwalt Dr. Bü. eine Werbung hochgehalten habe. Rechtsanwalt

Dr. Bü. sei auch nicht zu dem Tisch gekommen, an dem er - der Zeuge

Gr. - mit dem Zeugen Dr. Br., dem damaligen Prozeßbevollmächtigen

des Gläubigers, gesessen habe.

Diese Aussage des Zeugen Gr. wird

bestätigt durch die Bekundungen des Zeugen Dr. Br.. Auch nach der

Darstellung des Zeugen Br. ist am 14. November 1989 vor den

Verhandlungen zur Höhe des von der Schuldnerin für das zweite

Ordnungsmittelverfahren vergleichsweise zu zahlenden Geldbetrags

von Rechtsanwalt Dr. Bü. die Frage gestellt worden, ob eine

Einigung über die Gestaltung der zukünftigen Werbung der

Schuldnerin möglich sei. Der Zeuge Dr. Br. hat hierzu weiter

erläutert, ihm sei bereits vor dem Termin vom 14. November 1989

telefonisch von Rechtsanwalt Dr. Bü. angekündigt worden, daß die

Schuldnerin auch hierüber am 14. November 1989 mit dem Gläubiger

sprechen wolle. Schon bei diesem Telefonat habe er - der Zeuge Dr.

Br. - jedoch darauf hingewiesen, daß der Gläubiger bei der Vergabe

derartiger Freizeichnungen sehr zurückhaltend sei; dies habe er

anschließend auch telefonisch dem Berichterstatter der Kammer

erklärt. In Óbereinstimmung mit dem Zeugen Gr. hat der Zeuge Dr.

Br. weiterhin bekundet, es sei dann am 14. November 1989 nicht zu

einer Freizeichnungsvereinbarung gekommen; vielmehr habe entweder

der Zeuge Gr. oder er - der Zeuge Dr. Br. - die Frage, ob eine

derartige Absprache möglich sei, verneint. Trotz anschließender

Vorhaltungen seitens der Schuldnerin bzw. ihres damaligen

Prozeßbevollmächtigten und ebenfalls seitens der Kammer sei es

dabei geblieben. Der Zeuge Gr. habe vielmehr jeweils erklärt, daß

die Schuldnerin solche Absprachen grundsätzlich nicht treffe.

Danach sei Rechtsanwalt Dr. Bü. an den Richtertisch getreten und

habe den Kammermitgliedern, nicht aber ihm oder den Zeugen Gr.,

Unterlagen gezeigt sowie mit den Kammermitglieder diskutiert. Da

ausweislich des Minenspiels von Rechtsanwalt Dr. Bü. und der

Kammermitgliedern diese Diskussion ersichtlich nicht im Sinne der

Schuldnerin ausgefallen sei, habe Rechtsanwalt Dr. Bü. seine

Unterlagen wieder zusammengeschoben und sei zu seinem Anwaltstisch

gegangen, ohne die Unterlagen ihm - dem Zeugen Dr. Br. - oder dem

Zeugen Gr. zu zeigen. Durch die Vorlage der Unterlagen sei es zu

einem Meinungsumschwung der Kammermitglieder gekommen, denn der

Berichterstatter habe nunmehr erklärt, daß man eine Vereinbarung

über das zukünftige Werbeverhalten der Schuldnerin ohne

schriftliche Vorbereitung nicht treffen könne. Dem habe er - der

Zeuge Dr. Br. - zugestimmt; aber auch Rechtsanwalt Dr. Bü. habe

dies nunmehr angesichts der Ànderung der Auffassung der Kammer

akzeptiert. Es sei dann zu den Vergleichsverhandlungen über den

von der Schuldnerin für das zweite Ordnungsmittelverfahren zu

zahlenden Betrag gekommen. Ein Gespräch über die Gestaltung der

zukünftigen Gewinnspiele der Schuldnerin habe danach nicht mehr

stattgefunden, auch nicht unmittelbar im Anschluß an den Termin

vom 14. November 1989.

Der Senat hat keine Zweifel, diesen

Aussagen der Zeugen Gr. und Dr. Br. zu folgen, die sowohl nach dem

persönlichen Eindruck, den der Senat von den Zeugen gewonnen hat,

als auch nach Würdigung aller sonstigen Umstände überzeugend sind.

Beide Zeugen haben sich ersichtlich bemüht, den Verlauf des Termins

vom 14. November 1989 so darzustellen, wie er ihnen heute noch in

Erinnerung ist. Ihre Bekundungen werden zudem durch objektive

Umstände bestätigt.

Zunächst ist ohne weiteres

nachvollziehbar, daß sich der Zeuge Gr. am 14. November 1989

geweigert hat, einer Freizeichnungsvereinbarung zuzustimmen. Der

Gläubiger hatte vor diesem Termin bereits ein einstweiliges

Verfügungsverfahren sowie ein Ordnungsmittelverfahren gegen die

Schuldnerin durchgeführt, in denen er jeweils die konkrete

Gestaltung der von der Schuldnerin veranstalteten Gewinnspiele

beanstandet hat. Eine derartige Beanstandung war ebenfalls

Gegenstand des zweiten Ordnungsmittelverfahrens, das zu dem Termin

vom 14. November 1989 geführt hat. In einer derartigen Situation

liegt es auf der Hand, daß der Zeuge Gr. (und der Zeuge Dr. Br.)

sich - wenn überhaupt - nur bei Vorlage einer konkreten Werbung mit

einer Freizeichnung einverstanden erklären wollten und konnten.

Unstreitig ist aber etwas derartiges im Termin vom 14. November

1989 gerade nicht vorgelegt worden. Auch die Schuldnerin behauptet

nämlich insoweit lediglich, es sei dem Zeugen Gr. eine

"Textformulierung" gezeigt worden mit dem Satz

"... die Glücksnummern auf dieser

Seite

wurden mehrfach vergeben, die

Hauptgewinne zwischen 1 x und 10 x. Um zu erfahren, ob Sie einer

der Hauptgewinner sind, müssen Sie uns Ihr eingeklebtes Herz

deshalb unbedingt schicken. ...",

der bis dahin auf der Rückseite der

Lostüten gestanden habe. Eine konkrete Form, die dem Zeugen Gr.

deutlich machte, wie dieser Satz auf der Vorderseite des

Gewinnspiels plaziert und graphisch gestaltet werden sollte, wie

insbesondere auch die zukünftigen Gewinnspiele unter Einschluß

dieses Hinweises gestaltet werden sollten, ist danach im Termin vom

14. November 1989 nicht präsentiert worden. Dem Zeugen Gr. fehlte

daher wie allen anderen Prozeßbeteiligten dieses Termins letztlich

jede konkrete Grundlage zur Feststellung, wie die Schuldnerin

zukünftig werben wollte. Es ist daher auch verständlich, daß die

Mitglieder der Kammer des Landgerichts, wie vom Zeugen Dr. Br.

bekundet, bei Vorlage lediglich derartiger, für eine

Freizeichnungsvereinbarung ungeeigneter Unterlagen ebenfalls ihren

anfänglichen Versuch aufgegeben haben, auf eine entsprechende

Absprache der Parteien hinzuwirken.

Für die Richtigkeit der Darstellung der

Zeugen Gr. und Dr. Br. spricht darüber hinaus, daß der

Prozeßvergleich vom 14. November 1989 keinen Anhaltspunkt für

eine Freizeichnungsvereinbarung aufweist, obwohl der Vergleich nach

dem übereinstimmenden Vortrag beider Parteien erst nach der

Diskussion über eine Freizeichnung protokolliert worden ist. Gerade

angesichts des unstreitig großen Interesses der Schuldnerin an

einer derartigen Vereinbarung und des vom Zeugen Dr. Br. bekundeten

Bemühens von Rechtsanwalt Dr. Bü., schon vor dem Termin vom 14.

November 1989 eine derartige Vereinbarung telefonisch zumindestens

vorzubereiten, wäre es aber unverständlich, wenn eine tatsächlich

am 14. November 1989 zustandegekommene Absprache über das

zukünftige Werbegebaren der Schuldnerin nicht im Prozeßvergleich

festgehalten worden wäre. Zumindest hätte es nahegelegen, daß

entweder der damalige Prozeßbevollmächtigte der Schuldnerin oder

aber die Schuldnerin selbst die angebliche Absprache mit dem Zeugen

Gr. nach dem Termin unverzüglich durch ein Bestätigungsschreiben an

den Gläubiger schriftlich festhielt. Aber auch dies ist unstreitig

nicht geschehen.

Daß der Gläubiger schließlich erst ca.

1 Jahr nach dem 14. November 1989 erstmals wieder ein Gewinnspiel

der Schuldnerin beanstandet hat, ist vom Zeugen Gr.

nachvollziehbar damit erklärt worden, daß z. B. die

Verbraucherzentralen, die den Gläubiger i. d. R. benachrichtigen,

zunächst auf entsprechende Information durch die Verbraucher

angewiesen sind und im übrigen teilweise zunächst solche

Informationen sammeln, ehe sie sie an den Gläubiger

weiterleiten.

Die Bekundungen des Zeugen Rüdiger Er.

sind demgegenüber nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der

Bekundungen der Zeugen Gr. und Br. zu begründen und den Abschluß

der von der Schuldnerin behaupteten Freizeichnungsvereinbarung im

Termin vom 14. November 1989 zu beweisen.

Der Zeuge Er., der vor dem Senat im

wesentlichen seine erstinstanzliche Aussage wiederholt hat,

bestätigte zunächst die Darstellung der Zeugen Gr. und Dr. Br.,

wonach es am 14. November 1989 zu einer Diskussion über die Frage

der Freizeichnung gekommen sei und der Zeuge Gr. wiederholt seine

Weigerung erklärt habe, eine derartige Vereinbarung abzuschließen.

Allerdings soll diese Diskussion nach der Bekundung des Zeugen Er.

- anders als nach der Aussage der Zeugen Gr. und Dr. Br. - erst

nach dem Gespräch über die Höhe des von der Schuldnerin

vergleichsweise zu zahlenden Betrags stattgefunden haben. Der Zeuge

Er. hat darüber hinaus bekundet, Rechtsanwalt Dr. Bü. habe, nachdem

der Zeuge Gr. auch seitens der Kammer aufgefordert sei, sich zu dem

künftigen Werbeverhalten der Schuldnerin zu äußern, ein Gewinnspiel

mit Lostüte auf den Tisch vor den Zeugen Gr. gelegt und gefragt, ob

dieser damit einverstanden sei, wenn der aufklärende Hinweis nicht

mehr auf der Rückseite, sondern auf der Vorderseite stehe. Der

Zeuge Gr. habe daraufhin zunächst längere Zeit nichts gesagt und

dann wörtlich oder zumindest sinngemäß erklärt: "Ja, damit kann ich

leben". Weitere Einzelheiten der Gestaltung, wie z.B. Größe, Farbe

des Hinweises usw., seien nicht mehr besprochen worden. Der

Berichterstatter der Kammer habe danach gefragt, ob er die Lostüte

auch einmal sehen könne und dann nach Blick auf die Lostüte

offengelassen, ob sich die Kammer damit einverstanden erklären

könne. Anschließend sei der Vergleich protokolliert worden, aber

ohne die Freizeichnungsvereinbarung, was von ihm - dem Zeugen Er.

- jedoch im Termin vom 14. November 1989 nicht bemerkt worden sei,

da er in Gedanken immer noch mit der Erklärung des Zeugen Gr.

beschäftigt gewesen sei.

Diese Aussage des Zeugen Er. vermag

nicht zu überzeugen, und zwar schon deshalb, weil sie nicht

nachvollziehbar macht, warum die angebliche Freizeichnung durch

den Zeugen Gr. nicht im Prozeßvergleich festgehalten oder

zumindest wenige Tage spä-ter schriftlich gegenüber dem Gläubiger

bestätigt worden ist. Für die Richtigkeit der Darstellung des

Ablaufs vom 14. November 1989 durch die Zeugen Dr. Br. und Gr. und

gegen die Bekundung des Zeugen Er. spricht zudem die Erklärung des

Zeugen Er. zu seinem Gespräch mit Rechtsanwalt Dr. Bü. unmittelbar

im Anschluß an den Termin. Danach soll Rechtsanwalt Dr. Bü. zu dem

Termin erklärt haben, daß die Schuldnerin mit der im Vergleich

vereinbarten Zahlung von 75.000,-- DM sehr zufrieden sein könne;

von einer Erklärung des Rechtsanwalts zu der angeblichen

Freizeichnungsvereinbarung wußte dagegen der Zeuge Er. nichts zu

berichten. Angesichts des von dem Zeugen Er. selbst bekundeten

übergroßen Interesses der Schuldnerin an einer Freizeichnung durch

den Gläubiger und auch im Hinblick auf die von dem Zeugen Dr. Br.

angeführten Bemühungen von Rechtsanwalt Dr. Bü., schon vor dem

Termin vom 14. November 1989 vom Gläubiger zu erfahren, ob eine

derartige Absprache möglich sei, weiterhin angesichts der von allen

Zeugen bekundeten heftigen Diskussion im Termin wegen der

Weigerung des Zeugen Gr. eine Freizeichnung zu geben, ist völlig

unwahrscheinlich, daß im unmittelbaren Anschluß an den Termin die

angeblich dann doch noch dem Zeugen Gr. abgerungene Freizeichnung

im Gespräch zwischen dem Zeugen Er. und Rechtsanwalt Dr. Bü.

unerwähnt geblieben sein soll, zumal sich dieses Gespräch eben

gerade auch mit dem Ergebnis des Termins für die Schuldnerin und

nicht nur mit anderen Dingen beschäftigte.

Die Schuldnerin hat danach den von ihr

behaupteten Abschluß einer Freizeichnungsvereinbarung mit dem

Gläubiger im Termin vom 14. November 1989 nicht bewiesen.

3.

Die Schuldnerin hat auch schuldhaft

gegen das Unterlassungsgebot vom 5. November 1987 verstoßen. Bei

Zugrundelegen der ihr möglichen und zumutbaren Sorgfaltspflicht

hätte die Schuldnerin ohne weiteres erkennen können, daß sie mit

den Gewinnspielen, die Gegenstand des vorliegenden (dritten)

Ordnungsmittelverfahrens sind, die Verbraucher in gleicher Weise

im Sinne von § 3 UWG irreführt, wie dies mit dem Gewinnspiel

geschehen ist, das zu dem Unterlassungsgebot geführt hat.

Welche Sorgfaltsanforderungen dieses

Unterlassungsgebot an sie stellt, sind der Schuldnerin durch die

ausführlichen Beschlüsse des Landgerichts und des Senats im zweiten

Ordnungsmittelverfahren im einzelnen vor Augen geführt worden. Wenn

die Schuldnerin dennoch wiederum mehrfach Gewinnspiele

veranstaltet, die in gravierender Weise und für sie ohne große

Óberlegungen erkennbar gegen das Unterlassungsgebot verstoßen, muß

dieses Verhalten der Schuldnerin zumindest als grob fahrlässig

gewertet werden.

Dies gilt auch dann, wenn man zugunsten

der Schuldnerin davon ausgeht, daß der Zeuge Er. an das Bestehen

der von ihm bekundeten angeblichen Freizeichnungsvereinbarung vom

14. November 1989 geglaubt hat, wofür sprechen könnte, daß

sämtliche im vorliegenden Verfahren beanstandeten Gewinnspiele auf

der Vorderseite den Hinweis tragen, der Gegenstand dieser

Vereinbarung gewesen sein soll. Nach seiner eigenen Darstellung

konnte der Zeuge Er. nämlich allenfalls von einer

Freizeichnungsvereinbarung "dem Grunde nach" ausgehen. Der Zeuge

hat selbst erklärt, daß dem Zeugen Gr. kein konkretes Beispiel für

das von der Schuldnerin zukünftig beabsichtigte Werbeverhalten d.

h. für die Gestaltung von Gewinnspielen unter Einschluß des

fraglichen Hinweises vorgelegt worden ist. Weiterhin hat der Zeuge

bei seiner Vernehmung durch den Senat deutlich gemacht, daß er nach

dem angeblichen Einverständnis des Zeugen Gr. auf eine Erörterung

gewartet habe, wie der fragliche Hinweis im einzelnen gestaltet

werden sollte und es als eigenartig empfunden habe, daß es zu

dieser Erörterung nicht gekommen sei. Angesichts der

vorausgegangenen gerichtlichen Auseinandersetzungen der Parteien

sowie vor allem auch aufgrund der vom Zeugen Er. bekundeten

Haltung des Zeugen Gr. im Termin vor dessen angeblichen

Einverständnisses mit der Freizeichnung konnte und durfte der Zeuge

Er. diese vermeintliche Absprache aber nicht dahin werten, daß der

Zeuge Gr. damit mit jedweder Gestaltung und Plazierung des

fraglichen Hinweises ungeachtet insbesondere auch der übrigen

Gestaltung des Gewinnspiels einverstanden war. Tatsächlich hat auch

der Zeuge Er. das Verhalten des Zeugen Gr. nicht in diesem Sinne

verstanden, wie die bereits angeführte Bekundung des Zeugen

belegt, wonach dieser auf weitere Erörterungen mit dem Zeugen Gr.

gewartet habe, da, wie der Zeuge Er. weiterhin erklärt hat,

letztlich trotz der Absprache alles offen gewesen sei. Der Zeuge

Er. hat damit also selbst die angebliche Vereinbarung mit dem

Gläubiger als ausfüllungsbedürftig empfunden.

Diese Bedenken des Zeugen Er. mußten

sich noch verstärken, nachdem er spätestens nach Vorlage des

Terminsprotokolls feststellte, daß die angebliche Freizeichnung

nicht protokolliert worden war. In dieser Situation und angesichts

seiner eigenen erheblichen Zweifel gegenüber der Reichweite des

vermeintlichen Einverständnisses des Zeugen Gr., durfte der Zeuge

Er. daher nicht einfach in eigener Regie und ohne Absprache mit der

Schuldnerin die Gestaltung und Plazierung des fraglichen Hinweises

bei den künftigen Gewinnspielen vornehmen. Er hätte sich vielmehr

mit der Schuldnerin oder aber zumindestens mit seinem Anwalt in

Verbindung setzen müssen, um diese Bedenken auszuräumen, was jedoch

nicht geschehen ist. Dieses der Schuldnerin zuzurechnende

Verhalten des Zeugen Er. kann aber nur als grob fahrlässig

bezeichnet werden. Der Zeuge Er. ist, wie seine Vernehmung durch

den Senat deutlich gemacht hat, ein erfahrener Kaufmann, der es

nach seiner eigenen Erklärung gewohnt ist, kaufmännische

Absprachen mit einem Bestätigungsschreiben zu fixieren, um auf

diese Weise Zweifel über Gegenstand und Reichweite von

Vereinbarungen auszuräumen. Warum dies nicht auch bei der für die

Schuldnerin überaus wichtigen Frage der Freizeichnung trotz der

von ihm selbst geäußerten erheblichen Zweifel zur Reichweite der

Absprache geschehen ist, vermochte der Zeuge auch nach intensiver

Befragung durch den Senat nicht verständlich zu machen. Hat danach

die Schuldnerin selbst dann grob fahrlässig gegen das

Unterlassungsgebot vom 5. November 1987 gehandelt, wenn man dem

Zeugen Er. darin folgt, daß er an das Bestehen der von ihm

bekundeten Absprache vom 14. November 1989 geglaubt habe, kam es

auf die Vernehmung der Zeugen Günter Er. und Grasboeck nicht mehr

an. Diese Zeugen können nach dem Vorbringen der Schuldnerin nur

dazu bekunden, was ihnen der Zeuge Rüdiger Er. nach dem Termin vom

14. November 1989 über die dort angeblich zustandegekommene

Freizeichnungsvereinbarung berichtet hat, also nur dazu, wie der

Verlauf des Termins vom Zeugen Rüdiger Er. verstanden und

interpretiert worden ist. Dazu ist jedoch der Zeuge Rüdiger Er. vom

Senat ausführlich vernommen worden.

4.

Die Gewinnspiele, die Gegenstand des

vorliegenden (dritten) Ordnungsmittelverfahrens sind, sind

insgesamt als eine fortgesetzte Handlung anzusehen. Sie verstoßen

sämtlich in identischer Weise gegen das Unterlassungsgebot vom 5.

November 1987, sind im wesentlichen gleichartig gestaltet und

stehen auch untereinander in zeitlichem und räumlichem

Zusammenhang. Daß insoweit "nur" von einem fahrlässigen Verhalten

der Schuldnerin auszugehen ist, hindert nicht die Bejahung des

Fortsetzungszusammenhangs (vgl. Baumbach-Hefermehl,

Wettbewerbsrecht, 16. Aufl., UWG Einl. Rdn. 592 m.w.N.). Eine

Unterbrechung des Fortsetzungszusammenhangs liegt nicht vor. Zwar

sind einige der hier in Rede stehenden Gewinnspiele ersichtlich

erst nach Zustellung des ersten Ordnungsmittelantrags in diesem

Verfahren veranstaltet worden. Grundsätzlich wird aber der

Fortsetzungszusammenhang erst durch die Zustellung des

Ordnungsmittelbeschlusses unterbrochen (vgl. Baumbach-Hefermehl

a.a.0.). Umstände, die vorliegend ausnahmsweise eine andere

Bewertung erfordern, sind nicht ersichtlich.

5.

Angesichts des erheblichen

Schuldvorwurfs sowie des Umfangs der Zuwiderhandlung der

Schuldnerin erscheint das von dem Landgericht festgesetzte

Ordnungsgeld in Höhe von 200.000,-- DM als angemessen und

erforderlich, um die Zuwiderhandlungen der Schuldnerin gegen das

Unterlassungsgebot vom 5. November 1987 und ahnden und die

Schuldnerin insbesondere zukünftig von weiteren Zuwiderhandlungen

abzuhalten.

Dabei war zunächst zu berücksichtigen,

daß es sich vorliegend nach Art und Umfang um gravierende Verstöße

gegen das Unterlassungsgebot vom 5. November 1987 handelt. Wie die

früheren Gewinnspiele der Schuldnerin sind auch die in diesem

Verfahren zu beurteilenden Gewinnspiele offensichtlich bundesweit

und flächendeckend vertrieben worden. Hinzu kommt, daß zwar von

einer fortgesetzten Handlung auszugehen ist, diese sich aber über

einen langen Zeitraum erstreckt hat, mit einer entsprechend

intensiven Irreführungsgefahr für die angesprochenen Verbraucher.

Weiterhin mußte zu Lasten der Schuldnerin ins Gewicht fallen, daß

es sich im Streitfall um das dritte Ordnungsmittelverfahren handelt

und die Schuldnerin in den vorausgegangenen beiden

Ordnungsmittelverfahren bereits beachtliche Beträge (50.000,00 DM

Ordnungsgeld für das erste Ordnungsmittelverfahren, 75.000,00 DM

vergleichsweise an den Gläubiger für das zweite

Ordnungsmittelverfahren) gezahlt hat. Dies läßt nur den Schluß zu,

daß die Vorteile, die der Schuldnerin aus den Werbeveranstaltungen

mit den Gewinnspielen erwachsen, derart hoch sind, daß die ersten

beiden Ordnungsmittelverfahren und die in diesem Zusammenhang von

der Schuldnerin gezahlten 125.000,00 DM keinerlei Einfluß auf das

Werbeverhalten hatten. Die sich darin offenbarende Einstellung der

Schuldnerin, trotz auf der Hand liegender Bedenken gegenüber der

wettbewerblichen Zulässigkeit dieser Gewinnspiele weiterhin in

der beanstandeten Form zu werben, zeigt sich ebenfalls deutlich in

der Haltung des Zeugen Rüdiger Er., der seine erheblichen Zweifel

zur Reichweite der von ihm bekundeten Absprache mit dem Gläubiger

einfach zur Seite wischte, ohne zunächst eine Abstimmung mit dem

Gläubiger herbeizuführen oder zumindest Rechtsrat bei einem Anwalt

einzuholen. Zu Recht wertet daher die Kammer das Verhalten der

Schuldnerin dahin, daß sich für die Schuldnerin diese Art von

Werbemaßnahmen selbst bei Berücksichtigung der mit ihnen

verbundenen erheblichen Kosten und insbesondere auch der von der

Schuldnerin für die ersten beiden Ordnungsmittelverfahren bezahlten

125.000,00 DM wirtschaftlich lohnen. Es muß daher, wie das

Landgericht zutreffend ausführt, das für das dritte

Ordnungsmittelverfahren zu verhängende Ordnungsgeld auch danach

bemessen werden, daß es den durch das unlautere Verhalten erzielten

Gewinn abschöpft, um auch auf diese Weise einen entsprechenden

Druck auf die Schuldnerin auszuüben, zukünftig das

Unterlassungsgebot vom 5. November 1987 zu beachten.

Eine Herabsetzung des vom Landgericht

festgesetzten Ordnungsgeldes von 200.000,00 DM kam daher nicht in

Betracht.

Die vom Landgericht angeordnete

Ersatzordnungshaft entspricht ebenfalls der objektiven und

subjektiven Intensität der Zuwiderhandlung, so daß es auch insoweit

bei der Entscheidung des Landgerichts bleibt.

Die Kostenentscheidung der danach

insgesamt erfolglosen Beschwerde der Schuldnerin beruht auf § 97

Abs. 1 ZP0.

Beschwerdewert: 200.000,00 DM.






OLG Köln:
Beschluss v. 14.02.1992
Az: 6 W 43/91


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