Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Oktober 2000
Aktenzeichen: 28 W (pat) 147/99

(BPatG: Beschluss v. 18.10.2000, Az.: 28 W (pat) 147/99)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 27. August 1994 angemeldete und am 19. Juni 1995 für die Waren

"Endoprothesen"

eingetragene Marke 2 907 953 siehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch erhoben aus der älteren Marke 2 074 372 MO die unter anderem für die Waren

"Chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate, künstliche Gliedmaßen, Augen und Zähne; orthopädische Artikel; chirurgisches Nahtmaterial;"

eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 10 des Deutschen Patent- und Markenamts hat eine mittlere Warenähnlichkeit angenommen und die Gefahr von Verwechslungen verneint, da ausgehend vom Gesamteindruck der Marken der gegebenenfalls übereinstimmende Bestandteil "Mo" die jüngere Marke selbst dann nicht präge, wenn man davon ausgehe, daß es sich hierbei insgesamt um ein Phantasiewort handele.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag, den Beschluß aufzuheben und dem Widerspruch stattzugeben.

Sie beruft sich darauf, Inhaberin einer Zeichenserie mit dem Bestandteil "MO" zu sein und führt aus, es bestehe Verwechslungsgefahr, da von Warenidentität auszugehen sei und der Gesamteindruck der jüngeren Marke ebenfalls von "MO" bestimmt werde, wobei die graphische Gestaltung nicht kennzeichnend wirke.

Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er bestreitet bereits die Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und vertritt die Auffassung, die kreisförmige Umrahmung des Eigennamens "Moje" unterstreiche die Einheitlichkeit der Kennzeichnung, die daher nicht zu der Zeichenserie der Widersprechenden passe, so daß auch eine assoziative Verwechslungsgefahr zu verneinen sei.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet. Zwischen der angemeldeten Marke und der Widerspruchsmarke besteht keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne der §§ 9 Abs 1 Nr 2, 152 ,158 Abs 2 Satz 2 MarkenG.

Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist von der Ähnlichkeit der Waren, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und der Ähnlichkeit der Marken auszugehen. Zwischen diesen Faktoren besteht eine Wechselwirkung, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND).

Was die beiderseitigen Waren betrifft, ist von der Registerlage auszugehen. Da die Widerspruchsmarke für alle Warenoberbegriffe der amtlichen Klasseneinteilung in Klasse 10 Schutz genießt, sind zwangsläufig auch die dort nicht ausdrücklich aufgeführten Waren "Endoprothesen" unter einen dieser Warenoberbegriffe zu subsumieren. Denn bei diesen Produkten handelt es sich nach der Definition bei Pschyrembel (Klinisches Wörterbuch, 258 Aufl, 1998, S 426) um (orthopädische) Ersatzstücke aus Fremdmaterial, die einem erkrankten oder zerstörten Gewebe- bzw Organteil nachgebildet sind und in das Innere des Körpers eingebracht werden. Damit ist vorliegend von Warenidentität auszugehen, so daß an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Abstand strenge Anforderungen zu stellen sind, denen diese aber vorliegend genügt. Dabei legt der Senat eine normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zugrunde und berücksichtigt als stark kollisionshemmendes Element, daß von den Spezialwaren vor allem der angegriffenen Marke, bei denen es sich im wesentlichen um Implantate handelt, ausschließlich und insbesondere der ärztliche Fachverkehr angesprochen wird.

Soweit die beiderseitigen Marken in der Buchstabenfolge "MO" übereinstimmen, kann dies auch vor dem Hintergrund identischer Waren eine Verwechslungsgefahr nicht begründen. Ausgangspunkt der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist stets der Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Kennzeichnungen, da sich der markenrechtliche Schutz auf das eingetragene Zeichen in seiner konkreten Form bezieht. In diesem Zusammenhang fällt bereits auf, daß die angegriffene Marke gestalterische Elemente enthält, die nicht als übliche graphische Ausschmückung abgetan werden können, sondern in ihrer Komplexität und Beziehung zueinander am Kennzeichenschutz teilnehmen. So erinnert die Umrahmung des Wortes "MOJE" durch einen Kreis, dessen Mittelpunkt innerhalb des ansonsten schwarz gestalteten Buchstabens "O" deutlich erkennbar ist, an die Darstellung eines Schnittes durch einen Knochen samt Knochenmark. Kann der Gestaltung eine kennzeichnende Wirkung im vorliegenden Fall nicht abgesprochen werden, halten die Marken als Ganzes ohne weiteres den zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr erforderlichen Abstand zueinander ein. Zwar wird der Verkehr bei der Benennung der angegriffenen Marke zwanglos auf den Wortteil zurückgreifen, was bei der Prüfung der klanglichen Ähnlichkeit zu berücksichtigen ist. Aber dann ständen sich vorliegend typische Kurzwörter gegenüber, wobei die bestehenden geringen Übereinstimmungen in lediglich zwei von insgesamt vier Buchstaben eine Verwechslungsgefahr auch in klanglicher wie schriftbildlicher Hinsicht mit Sicherheit ausschlössen.

Es besteht auch nicht die Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Das Vorhandensein eines übereinstimmenden Elements in beiden Marken reicht allein noch nicht zur Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr aus. Vielmehr muß dem übereinstimmenden Bestandteil Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukommen, was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn der Verkehr aufgrund ähnlich gebildeter Serienzeichen an den Stammbestandteil gewöhnt ist. Die Widersprechende hat zwar vorgetragen, daß sie über mehrere einheitlich aus dem Wort "MO" und einem beschreibenden Zusatz gebildete Marken verfügt. Der fachlich geschulte Verkehr ordnet jedoch die angegriffene Marke nicht der Widersprechenden zu, sondern faßt sie wegen ihres unterschiedlichen Zeichenaufbaus als einheitliches Phantasiezeichen oder als Eigennamen auf, ohne daß er trotz der unterschiedlichen Schrifttypen innerhalb des Wortes "MOJE" Veranlassung hat, den Bestandteil "JE" gegenüber dem Wortanfang in den Hintergrund treten zu lassen. Entscheidend gegen eine fälschliche Zuordnung der jüngeren Marke zum Geschäftsbetrieb der Widersprechenden wirkt jedoch der Gesamteindruck der jüngeren Marke, der sich nicht auf die Wiedergabe des Wortes "MOJE" beschränkt, sondern die konkrete graphische Gestaltung mitumfaßt, die in phantasievoller Weise auf das Tätigkeitsfeld des Markeninhabers Bezug nimmt und somit mitkennzeichnend wirkt. Eine andere rechtliche Beurteilung könnte sich allenfalls ergeben, wenn es sich bei der Widerspruchsmarke "Mo" um den Firmennamen oder das Firmenschlagwort der Widersprechenden handeln würde. Das ist jedoch nicht der Fall, denn die Firma lautet vollständig "B...", so daß auch dieser Gesichtspunkt die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr nicht begründen kann.

Die Beschwerde war daher unter allen rechtlichen wie tatsächlichen Gesichtspunkten zurückzuweisen. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand vorliegend kein Anlaß (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Stoppel Grabrucker Martens Mü/prö

Abb. 1






BPatG:
Beschluss v. 18.10.2000
Az: 28 W (pat) 147/99


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