Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Januar 2006
Aktenzeichen: 28 W (pat) 249/04

(BPatG: Beschluss v. 11.01.2006, Az.: 28 W (pat) 249/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die für die Waren und Dienstleistungen Ascenseurs, commandes, coulisseaux à galet; Appareils electriques de surveillance, capteurs, logiciels (programmes enregistres) pour manoeuvres, ordinateurs, supports de donnees magnetiques et Montage, entretien et reparations d'ascenseursmit Priorität vom 8. Februar 2002 international registrierte Wortmarke IR 784 507 ACTIVE RIDE CONTROL sucht um Schutz in Deutschland nach.

Die Markenstelle für Klasse 07 hat das Schutzgesuch wegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen, da die beanspruchte Wortfolge rein beschreibend lediglich darauf hinweise, dass die Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Fahrtkontrolle/Fahrtsteuerung stünden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der IR-Markeninhaberin. Sie ist der Auffassung, dass die IR-Marke nicht als beschreibend angesehen werden könne, da im betroffenen Waren- und Dienstleistungsbereich eine solche Wortfolge nicht gebräuchlich sei und die Wettbewerber andere Umschreibungen für aktive Fahrtsteuerung verwendeten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der schutzsuchenden Wortfolge steht das Eintragungshindernis der §§ 107,113, 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, denn die Bezeichnung "Active Ride Control" ist für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine freihaltebedürftige Sachangabe.

Nach der Vorschrift des § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr (u. a.) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die englische Wortfolge "Active Ride Control" wird nach den Feststellungen des Senats in Bereichen, in denen Englisch Fachsprache ist, bereits als Fachbegriff - vor allem in der Fahrzeugtechnik - verwendet und ist auch in der beanspruchten geschlossenen Wortfolge in technischen Dokumenten nachweisbar, z. B. in der Europäischen Patentschrift EP 1 189 774 A1 als Teil der Beschreibung ("ACTIVE RIDE CONTROL FOR A VEHICLE SUSPENSION SYSTEM"), was in den bibliographischen Daten von DEPATISnet mit "aktive Regelung des Fahrverhaltens für ein Fahrzeugaufhängungssystem" wiedergegeben wird. In der US-Patentschrift US 2005 145439 wird die Wortfolge sogar zur Beschreibung eines Systems zur Regelung des Fahrverhaltens von Aufzügen verwendet (im 2. Absatz der Beschreibung der Patentschrift). Dass dieses Patent möglicherweise auf ein konzernverbundenes Unternehmen der IR-Markeninhaberin zurückgeht, ändert nichts an der Tatsache, dass die Wortfolge rein beschreibend im Fließtext erscheint, um einen ganz bestimmten technischen Sachverhalt zu erläutern. Gleichermaßen wird in einem Aufsatz aus dem Jahre 1999 in "dSPACE NEWS" zu von Mitarbeitern der IR-Markeninhaberin die Technik der "Active Ride Control in Elevators" (so die Überschrift) in rein beschreibender Weise dargestellt. Zudem hat die IR-Markeninhaberin in einer eigenen Medienmitteilung vom 6. November 2002 darauf hingewiesen, dass sie "mit dem aus der Automobilindustrie adaptierten Konzept der aktiven Aufhängung neue Maßstäbe bezüglich Fahren auf unebenen Führungsschienen (setzt)". Damit gibt sie unmissverständlich zu erkennen, dass sie einen bereits bekannten technischen Fachbegriff im Zusammenhang mit Aufzügen einsetzt. Mit ihrem Schutzgesuch will sie letztlich einen Begriff monopolisieren, der auf dem zumindest nahe stehenden, wenn nicht sogar unmittelbar einschlägigen Warengebiet eine gängige Fachwortkombination darstellt, die ihr als Marke ersichtlich nicht zusteht. Ihr Einwand, dass der Begriff bisher von Wettbewerbern nicht aufgegriffen worden sei, sondern diese alternative Umschreibungen gewählt hätten, rechtfertigt nicht den Ausschluss eines Freihaltungsbedürfnisses. Denn die Verwendung der Wortfolge in der Automobiltechnik zeigt ja die grundsätzliche Eignung zur Beschreibung, so dass ihr ungehinderter Einsatz gewährleistet sein muss.

Wie sich aus dem vorgenannten Mitarbeiterartikel auch unmissverständlich ergibt, können alle mit der IR-Marke beanspruchten Waren - Antriebe, Rollenführungsschuhe, elektrische Überwachungsapparate, Sensoren, Steuerungssoftware, magnetische und digitale Speichermedien - in ihrer Verwendung bei Aufzügen dazu dienen, ein aktiv geregeltes Kabinenfahrwerk zu schaffen, welches Unebenheiten der Führungsschienen eines Aufzuges ausgleicht und dadurch insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten Vibrationen im Fahrgastraum minimiert, was den Fahrkomfort verbessert. Ebenso beschreibend ist die Wortfolge für die Dienstleistungen - Montage, Unterhalt und Reparatur -, weil diese lediglich der Umsetzung bzw. dem Erhalt der aktiven Fahrsteuerung dienen können. An der ungehinderten Verwendbarkeit dieser Wortfolge durch die Mitbewerber besteht damit ein aktuelles Bedürfnis.

Ob daneben noch das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§§ 107, 113, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) gegeben ist, kann bei dieser Sachlage dahinstehen; allerdings dürften die Voraussetzungen hierfür angesichts der beteiligten Fachkreise, für die Englisch Fachsprache ist, und der leicht verständlichen Wörter des englischen Grundwortschatzes ohne weiteres gegeben sein.

Nach alledem war der IR-Marke der Schutz für die Bundesrepublik Deutschland zu versagen und die Beschwerde zurückzuweisen.






BPatG:
Beschluss v. 11.01.2006
Az: 28 W (pat) 249/04


Link zum Urteil:
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