Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Mai 2009
Aktenzeichen: 7 W (pat) 369/05

(BPatG: Beschluss v. 06.05.2009, Az.: 7 W (pat) 369/05)

Tenor

Das Patent 198 58 197 wird widerrufen.

Gründe

I.

Gegen die am 4. Mai 2005 veröffentlichte Erteilung des Patents 198 58 197 mit der Bezeichnung "Triebwerk" ist am 31. Juli 2005 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, dass der Gegenstand des Patents wegen fehlender Neuheit, zumindest mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sei. Zum Stand der Technik hat die Einsprechende unter anderem die Druckschriften DE 26 57 529 A1 (D4) und DE 41 36 880 A1 (D6)

genannt.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent 198 58 197 in vollem Umfang zu widerrufen.

Sie hat mit Schriftsatz vom 9. April 2009 ihr Nichterscheinen zur mündlichen Verhandlung angekündigt und Entscheidung nach Aktenlage beantragt. Die Patentinhaberin und der Patentinhaber stellen den Antrag, das Patent 198 58 197 in vollem Umfang aufrecht zu erhalten.

Sie haben sich zum Einspruchsschriftsatz sachlich nicht geäußert und sind in der mündlichen Verhandlung auch nicht erschienen. Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:

"Triebwerk mit einer Brennkammer (1) und einer daran anschließenden Düse (3), dadurch gekennzeichnet, dass die Brennkammer (1) und die Düse (3) aus Kohlenstofffaser -verstärkten Siliziumcarbid (C/SiC) bestehen und in eine metallische Tragstruktur

(7) eingebaut sind, wobei zwischen Tragstruktur (7) und Brennkammer (1) bzw. Düse (3) eine Isolierung (2) angebracht ist."

Weiterbildungen des Gegenstands des Patentanspruchs 1 sind in den rückbezogenen Ansprüchen 2 bis 10 angegeben.

Für weitere Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1.

Der Senat ist für die Entscheidung im vorliegenden Einspruchsverfahren auch nach der -mit Wirkung vom 1. Juli 2006 erfolgten -Aufhebung der Übergangsvorschriften des § 147 Abs. 3 PatG noch auf Grund des Grundsatzes der "perpetuatio fori" gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO analog i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG zuständig (vgl. BGH GRUR 2009, 184, 185 -Ventilsteuerung; GRUR 2007, 862 f. -Informationsübermittlungsverfahren II).

2.

Der zulässige, insbesondere fristund formgerecht erhobene Einspruch ist begründet. Der Gegenstand des Streitpatents stellt keine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG §§ 1 bis 5 dar.

Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, ein Triebwerk bestehend aus einer Brennkammer und einer Düse zu schaffen, das eine hohe Temperatur-, Druckund Abriebfestigkeit aufweist bei niedriger Dichte, hoher Wärmeleitfähigkeit, niedriger Wärmeausdehnung und nahezu unbegrenzter Geometrieund Formenvielfalt der dafür verwendeten Materialkombinationen (Abs. [0006]).

Die erteilten Ansprüche 1 bis 10 sind zulässig und in den ursprünglichen Unterlagen auch als erfindungswesentlich offenbart. Insbesondere basiert der erteilte Anspruch 1 auf den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 7.

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 mag neu sein, beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.

Als hier zuständiger Fachmann ist ein Dipl.-Ing. des Maschinenbaus zugrundezulegen, der Berufserfahrung in der Luftund Raumfahrt, insbesondere auf dem Gebiet der Herstellung von Antriebsund Triebwerksbauteilen, besitzt.

Aus der DE 26 57 529 A1 (D4) entnimmt der Fachmann eine Brennkammer für eine Gasturbine (Ziff. 16, 17 in Fig. 1) mit einer inneren Düse (Ziff. 48), jeweils aus Keramik, die in eine metallische Tragstruktur (Ziff. 36, 47 ,51) eingebaut ist, wobei zwischen Brennkammer und Düse einerseits und der metallischen Tragstruktur andererseits eine Isolierung (Ziff. 37, 46 ,49) angebracht ist (S. 8, Abs. 3 bis S. 9, Abs. 2). Dass derartige Brenner mit Düsen prinzipiell ähnlich einem Triebwerk, wie es im Anspruch 1 genannt ist, aufgebaut sind und auch die Beanspruchung einzelner Komponenten denen eines Triebwerks ähnlich ist, gehört zum technischen Grundwissen des Fachmanns. Auch die Beanspruchungen verschiedener Komponenten, insbesondere Düse und Brennraum mit ihren zum Teil extremen Anforderungen, z. B. hohe Temperaturwechsel-, Druck-, Abriebund Oxidationsfestigkeit sowie eine niedrige Werkstoffdichte, erfordern bei Brennkammern für Gasturbinen und Triebwerke darauf abgestimmte besondere Werkstoffe und Herstellungsverfahren, z. B. keramische Brennkammerbzw. Düsenwände. Als ein dafür geeigneter Werkstoff ist in der D4 Siliziumcarbid SiC (S. 10, Abs. 2) offenbart. Der Fachmann greift in seinem steten Bestreben nach Verbesserung des bekannten Standes der Technik die DE 41 36 880 A1 (D6) auf, die sich in ihrer Aufgabenstellung mit den o. g. Anforderungen an Triebwerksteile befasst (Sp. 2, Z. 41 bis 48) und dazu Werkstoffe mit diesbezüglich verbesserten Eigenschaften nennt. In der D6 ist die Herstellung eines oxidationsbeständigen Bauteils, insbesondere für Hohlkörper, z. B. Teilen von Raketentriebwerken mit extremer Temperaturwechsel-, Abriebund Oxidationsfestigkeit beschrieben (Sp. 1, Z. 3 bis 52). Als einfaches und kostengünstiges Verfahren wird dazu die Verwendung und Bearbeitung von kohlenstofffaserverstärktem Siliziumcarbid (C/SiC), insbesondere zur Auskleidung von Brennkammern und Düsen, gelehrt (vgl. Fig. 1 und 2 sowie Beschr. Sp. 4, Z. 17 bis Sp. 5, Z. 60). Mit diesen Kenntnissen über die für die Beanspruchung von Brennkammerund Düsenauskleidung besseren Eigenschaften von kohlenstofffaserverstärktem Siliziumcarbid (C/SiC) nach der D6 gegenüber nicht faserverstärkten keramischen Werkstoffen, z. B. Siliziumcarbid (SiC) nach der D4 ist dann aufgrund gleichartiger Beanspruchungen eine Verwendung des aus der D6 bekannten Werkstoffs C/SiC bei Brennkammern und Düsen mit metallischer Tragstruktur und zwischengeordneter Isolierung (wie aus der D4 bekannt) für den Fachmann naheliegend.

Demgegenüber ist der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.

Da der Patentanspruch 1 mangels erfinderischer Tätigkeit seines Gegenstands nicht rechtsbeständig ist, haben auch die auf ihn rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 10 keinen Bestand. Dass in diesen Unteransprüchen noch Merkmale von Patent begründender Bedeutung enthalten wären, haben die Patentinhaberin bzw. der Patentinhaber im Übrigen nicht geltend gemacht und ist für den Senat auch nicht ersichtlich.

Nach alledem war das Patent zu widerrufen.

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BPatG:
Beschluss v. 06.05.2009
Az: 7 W (pat) 369/05


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