Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. November 2004
Aktenzeichen: 7 W (pat) 302/03

(BPatG: Beschluss v. 10.11.2004, Az.: 7 W (pat) 302/03)

Tenor

Das Patent 44 21 219 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2004, Beschreibung, gemäß Patentschrift 44 21 219, wobei der Absatz 0032 ersatzlos gestrichen wird, 1 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 4, gemäß Patentschrift 44 21 219.

Gründe

I.

Gegen das Patent 44 21 219 mit der Bezeichnung Metallische Flachdichtung mit örtlich einstellbarer Verformbarkeit, dessen Erteilung am 31. Januar 2002 veröffentlicht worden ist, hat die R... GmbH & CO. KG in N...

Einspruch erhoben. Sie macht geltend, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig sei.

Sie beantragt, das Patent zu widerrufen Das Patentinhaberin beantragt, das Patent aufrechtzuerhalten, mit den Patentansprüche 1 bis 7 vom 10.11.2004, Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift, wobei in der Beschreibung der Absatz 0032 gestrichen wird.

Hilfsweise erkläre sie die Teilung des Patents.

Sie macht geltend, daß der Gegenstand des eingeschränkten Patentanspruchs 1 neu und erfinderisch sei.

Zwei weitere Firmen hatten ebenfalls Einspruch erhoben. Zum Einspruch der Firma F... Systems in H..., wurde durch Beschluss festge- stellt, dass er als nicht erhoben gilt, da die Einspruchsgebühr verspätet bezahlt worden ist.

Die Firma E... AG in D..., hat ihren Einspruch mit Schreiben vom 17.06.2003 zurückgezogen.

Der Patentanspruch 1 hat folgende Fassung:

Metallische Flachdichtung, insbesondere Zylinderkopfdichtung, welche einstückig ausgebildet ist und in beiden Oberflächen jeweils mehrere konzentrisch zueinander verlaufende Aussparungen aufweist, die jeweils einen Verdrängungsraum bilden, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass die Aussparungen so ausgebildet sind, dass sich zwischen ihnen Dichtungsteilflächen ergeben, die auf der einen Oberfläche eine andere Breite wie auf der anderen Oberfläche aufweisen und dadurch auf der einen Oberfläche der Dichtung die tragende Fläche der Dichtung kleiner ist, als auf der anderer Oberfläche oder dass die Aussparungen in der einen Oberfläche gegenüber den Aussparungen in der gegenüberliegenden Oberfläche horizontal versetzt angeordnet und so tief sind, dass sich zwischen ihnen Wände ergeben und zwei gegenüberliegende Wände unterschiedliche Wanddicken aufweisen.

Nach der Streitpatentschrift Spalte 1, Zeile 68 bis Spalte 2, Zeile 5 liegt die Aufgabe vor, eine metallische Flachdichtung anzugeben, welche auf einfache Weise herstellbar ist und die bei der Abdichtung zweier unterschiedlicher Materialien wie z.B. einem Graugußblock und einem Aluminium-Kopf, eine einfache Anpassung an die jeweiligen Werkstoffeigenschaften ermöglicht.

Die Patentansprüche 2 bis 7 sind auf Merkmale gerichtet, die die metallische Flachdichtung nach Patentanspruch 1 weiter ausgestalten sollen.

Im Einspruchsverfahren sind folgende Druckschriften neu genannt worden:

1. DE-OS 19 07 682 2. JP-Patent Abstract 612 55 253 A 3. DE-OS 16 75 305 4. DE-OS 19 23 482 5. DE-OS 22 52 483 6. Druckschriften gemäß EP-Recherchebericht zu PCT / EP 95/00496 In der mündlichen Verhandlung sind zum Stand der Technik nur die unter 1., 2. und 4. genannten Druckschriften behandelt worden.

II.

1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Satz 1 Ziff 1 PatG in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 Art. 7 durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist ausreichend substantiiert und daher zulässig. Er hat zur beschränkter Aufrechterhaltung des Patents geführt.

3. Die Formulierung des Patentanspruchs 1 ist zulässig, da diese eine Kombination der erteilten Patentansprüche 1 und 4 darstellt. Die Präzisierung des ersten kennzeichnenden Merkmals dahingehend, dass die Dichtungsteilflächen auf der einen Oberfläche eine andere Breite als auf der anderen Oberfläche aufweisen und dadurch auf der einen Oberfläche der Dichtung die tragende Fläche der Dichtung kleiner ist als auf der anderen Oberfläche, ist aus der Beschreibung der Patentschrift Spalte 3, Zeilen 1 bis 5 iVm Zeilen 24 bis 29 als zur Erfindung gehörig entnehmbar.

Das Merkmal, daß die tragende Fläche auf einer Oberfläche kleiner ist als auf der anderen Oberfläche, ist zwar im Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel nach Figur 2 beschrieben, jedoch wird mit Bezugnahme auf die in den Figuren 1 bis 4 beschriebenen Ausführungsbeispiele allgemein festgestellt, dass die tragende Fläche der Dichtung in Abstimmung auf den Werkstoff der abzudichtenden Fläche entsprechend groß ausgebildet wird (vgl Sp 2, Z 61 bis Sp 3, Z 5).

Aus dieser Aussage folgt unmittelbar, dass bei unterschiedlichen Werkstoffen der beiden abzudichtenden Flächen auch die entsprechende Dichtungsoberflächen in ihren Ausmaßen diesem Unterschied angepaßt werden müssen, d.h. unterschiedlich groß sind.

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist unbestritten neu, da aus keiner der zum Stand der Technik genannten Druckschriften alle Merkmale des Patentanspruchs 1 hervorgehen.

5. Der offensichtlich gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, da die Entgegenhaltungen dem Durchschnittsfachmann, hier einem Entwicklungsingenieur des Maschinenbaus, der auf dem Gebiet der Konstruktion von Flachdichtungen tätig ist, keine Anregungen zum Auffinden des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 geben können.

Der Patentanspruch 1 umfaßt zwei Lösungsvarianten. Die erste Variante umfaßt vom Patentanspruch 1 die Merkmale des Oberbegriffs und das kennzeichnende Merkmal der Dimensionierung der Dichtungsflächen auf den beiden Oberflächen.

Nur die in der deutschen Offenlegungsschrift 19 23 482 beschriebene Flachdichtung weist das Merkmal des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 auf, daß die Flachdichtung in beiden Oberflächen konzentrisch zu einander verlaufende Aussparungen, dort als "Täler" bezeichnet, aufweist (vgl S 3, Abs 3 bis S 4, Abs 1 iVm Fig 2).

Zwischen den Aussparungen sind jedoch nicht Dichtungsteilflächen angeordnet, sondern Dichtkämme, also spitz zulaufende Erhebungen die im Schnitt Kammform aufweisen.

Beim Verspannen der Dichtung wird erreicht, dass infolge der auf die Dichtkämme einwirkende erhöhte Flächenpressung ein Werkstofffluß vom Dichtkamm zum Dichttal eintritt. Durch die Rückverformung des Dichtkammes erfolgt eine Anpassung der Dichtungsoberfläche an die Oberfläche der abzudichtenden Fläche (vgl S 3, Abs 2, bis 11 Z).

In die beiden Oberflächen der Flachdichtung werden, wie aus der Figur 2 hervorgeht, die Aussparungen so einarbeitet, so dass gleiche Dichtkämme entstehen.

Die dem Patent zugrundeliegende Aufgabe, eine Anpassung der Dichtungsoberflächen an unterschiedliche Materialien zu erreichen, ist in der o.a. Druckschrift nicht angesprochen. Es geht bei dieser bekannten Flachdichtung darum, eine Anpassung an Unebenheiten der abzudichtenden Oberflächen zu erreichen.

Es war also dieser Druckschrift kein Hinweis dahingehend zu entnehmen, auf den beiden Oberflächen Dichtflächen von unterschiedlicher Ausdehnung vorzusehen.

Die Flachdichtungen nach der deutschen Offenlegungsschrift 1 907 682 und des JP-Patent-Abstract weisen das die in beiden Oberflächen der Flachdichtung konzentrisch zu einander verlaufenden Aussparungen betreffende Merkmal des Oberbegriffs nicht auf, da das Material dieser Flachdichtungen überall in wesentlichen die gleiche Stärke aufweist.

Die Flachdichtung nach den deutschen Offenlegungsschrift 1 907 682 weist mindestens eine umlaufende Dichtsicke am Brennraumrand auf. Durch das Einprägen der Sicke entstehen beidseitig der Dichtungsoberfläche wirksam werdende Ableitungskanäle (vgl. S 3, Abs 3). Es geht also bei der bekannten Flachdichtung neben der verbesserten Dichtungswirkung der Sicke, auch um eine Ableitung von Leckgasen. Das dort zugrundeliegende Problem und die angegebene Lösung weisen also in eine andere Richtung als beim Patent, so daß kein Vorbild für die patentgemäße Lösung aus dieser Druckschrift entnehmbar ist.

Auch bei der Flachdichtung nach dem JP-Patent-Abstract wird das Dichtungsmaterial so verformt, dass Erhebungen entstehen, wobei die Materialdicke im wesentlichen konstant bleibt, wie aus der Figur, die einen Querschnitt durch die Dichtung zeigt, hervorgeht. Durch diese Maßnahme soll eine größere Dicke der Dichtung an vorgegebenen Stellen im Vergleich zur Materialstärke erreicht werden (vgl. "Constitution" letzter Satz).

Auch bei dieser bekannten Flachdichtung sind keine umlaufenden Aussparungen in der Dichtungsoberfläche iSd angefochtenen Patents vorhanden, so daß auch aus dieser Druckschrift keine Anregung dieser Druckschriften keine Anregung zum Auffinden des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nach Variante 1 entnehmbar ist.

Da keine der Druckschriften einen Hinweis darauf gibt, die Oberfläche der Dichtung mit Aussparungen zu versehen und zwar so, dass auf der einen Oberfläche eine andere Breite wie auf der anderen Oberfläche entsteht und dadurch auf der einen Oberfläche die tragende Fläche der Dichtung kleiner ist als auf der anderen Oberfläche, kann auch eine Zusammenschau dieser Druckschriften den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Variante 1 nahelegen.

Die übrigen Druckschriften liegen vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Variante 1 weiter weg und haben deshalb in der mündlichen Verhandlung keine Rolle mehr gespielt. Sie können daher auch in einer Zusammenschau mit den o.a. im einzelnen abgehandelten Druckschriften den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Variante 1 nicht nahelegen.

Die zweite Lösungsvariante umfaßt vom Patentanspruch 1 die Merkmale des Oberbegriffs und das kennzeichnende Merkmal, daß die Aussparungen in der einen Oberfläche gegenüber den Aussparungen in der gegenüberliegenden Oberfläche horizontal versetzt angeordnet und so tief sind, daß sich zwischen ihnen Wände ergeben und zwei gegenüberliegende Wände unterschiedliche Wanddicken aufweisen.

Wie vorstehend ausgeführt worden ist, weist nur die Flachdichtung nach der deutschen Offenlegungsschrift 19 23 482 umlaufende Aussparungen auf. Diese Aussparungen sind jedoch in beiden Oberflächen gegenüberliegend angeordnet, so dass dieser bekannte Gegenstand eine versetzte Anordnung der Aussparungen nicht nahelegen kann (vgl. Fig. 2 mit zugehöriger Beschreibung).

Da die übrigen Entgegenhaltungen noch nicht einmal umlaufende Aussparungen aufweisen, können sie auch in einer Zusammenschau mit der deutschen Offenlegungsschrift 19 23 482 den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Variante 2 nicht nahelegen.

Der Patentanspruch 1 ist daher rechtsbeständig.

Ihm können sich die Patentansprüche 2 bis 7, deren Merkmale der weiteren Ausgestaltung der metallischen Flachdichtung nach Patentanspruch 1 dienen als echte Unteransprüche anschließen.

Tödte Eberhard Köhn Zugleich für den sich in Urlaub befindenden Tödte.

Dr. Pösentrup Hu






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Az: 7 W (pat) 302/03


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