Landgericht Köln:
Urteil vom 19. Mai 2011
Aktenzeichen: 31 O 588/10

(LG Köln: Urteil v. 19.05.2011, Az.: 31 O 588/10)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz der nach Teilklagerücknahme noch streitgegenständlichen Abmahnkosten. Der Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus GoA. Die Abmahnung war nicht berechtigt.

I. Der mit der Abmahnung geltend gemachte Beseitigungsanspruch stand der Klägerin nicht zu. Er ergibt sich weder aus § 14 Abs. 2 und 5 MarkenG noch aus § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG.

Es kann offen bleiben, ob der Klägerin gegenüber Herrn D1 prioritätsältere Marken- oder Firmenrechte an dem Zeichen "B" für Übersetzungen zustehen und ob etwaige Rechte des Herrn D1 an dem Zeichen durch Aufgabe seines Geschäftsbetriebs erloschen sind. Auch wenn das der Fall ist, scheidet eine Haftung des Beklagten aus.

1. Ob überhaupt, wenn ja ab wann und in welchem Umfang der Admin-C der Domain für markenverletzende Domainamen und Inhalte auf einer Internetseite haftet, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die wohl herrschende Auffassung geht inzwischen davon aus, dass eine Haftung als Störer jedenfalls nicht per se aufgrund der Stellung als Admin-C in Betracht kommt. (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, Nach § 15, Rn. 228 m.w.Nw.). Nach der Rechtsprechung des OLG Köln soll eine Haftung vor Kenntniserlangung von einer Rechtsverletzung generell ausscheiden (Urteil vom 15.08.2008 - 6 U 51/08 -, Juris-Tz. 18 ff.). Eine Haftung des Admin-C als Störer setzt jedenfalls voraus, dass er Prüfpflichten verletzt hat. Ob solche aufgrund der Umstände des Einzelfalls auch in Betracht kommen, bevor der Admin-C über eine Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt wird, kann vorliegend offen bleiben. Denn der Beklagte hat weder etwaige proaktive Prüfpflichten, noch solche nach Erhalt der Abmahnungen verletzt.

a) Soweit den Beklagten, der nicht nur Admin-C, sondern auch technischer Ansprechpartner für "www.E-uerbersetzungen.de" war und die Seite als Webdesigner gestaltet hat, schon vor den Abmahnungen durch die Klägerin Prüfpflichten im Hinblick auf etwaige Kennzeichenverletzungen auf der Internetseite des Herrn D1 trafen, können diese sich nur auf offenkundige Rechtsverletzungen beziehen, die für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind. Die streitgegenständlichen Kennzeichenrechtsverletzungen sind das nicht. Die Überprüfung der kennzeichenrechtlichen Lage setzt vorliegend eine genaue Kenntnis der Prioritätslage voraus, also der Zeitpunkte, ab denen die Klägerin und Herr D1 das Zeichen "B" genutzt haben, sowie der konkreten Art und des Umfangs der Zeichennutzung. Eine derartige Überprüfung wäre dem Kläger gar nicht möglich gewesen. Vor der Abmahnung hat er auch keine Anhaltspunkte, dass eine kennzeichenrechtliche Kollisionslage bestehen könnte.

b) Auch nachdem er durch die Abmahnungen Kenntnis davon hatte, dass die Klägerin sich besserer Rechte an dem Zeichen "B" für Übersetzungsdienstleistungen berühmt, war der Beklagte nicht verpflichtet, das Zeichen auf der Internetseite "E-uebersetzungen.de" zu beseitigen. Auch nach Kenntnisnahme sind die Prüf- und Handlungspflichten des Admin-C auf das Zumutbare beschränkt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Admin-C im Falle einer Änderung oder Abschaltung einer Internetseite aufgrund einer fehlerhaften Beurteilung der Zeichenrechtslage auch Schadensersatzansprüche des Domaininhabers ausgesetzt sein kann. Eine aktive Beseitigung von rechtsverletzenden Zeichenverwendungen ist ihm daher nur zuzumuten, wenn er durch den Anspruchsteller in die Lage versetzt wird, einen Rechtsverstoß ohne erheblichen eigenen Aufwand sicher feststellen zu können. Das war hier nicht der Fall.

aa) Ob die Klägerin oder Herr D1 ältere Rechte an dem Zeichen "B" für Übersetzungen haben, erfordert eine aufwändige Prüfung. Anhand der ihm mit den Abmahnungen zugänglich gemachten Unterlagen der Klägerin konnte der Beklagte nicht einmal überprüfen, ob überhaupt Kennzeichenrechte zugunsten der Klägerin bestehen. Selbst im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 12.04.2011 Unterlagen vorgelegt, die geeignet sein können, das Bestehen von Rechten an dem Zeichen "B" für Übersetzungen vor 2003 zu belegen. Der Beklagte hatte aber auch keine Möglichkeit zu überprüfen, seit wann Herrn D1 das Zeichen "B" für Übersetzungen nutzt. Dass der Internetauftritt aus dem Jahr 2003 stammt, schließt nicht aus, dass Herr D1 das Zeichen schon vorher genutzt hat. Der Beklagte konnte hierzu keine eigenen Kenntnisse haben, eine Verpflichtung, weitergehende Recherchen anzustellen, überschreitet die Grenzen des Zumutbaren bei Weitem.

bb) Auch ob Herr D1 sein Unternehmen inzwischen aufgegeben hat, so dass es auf die Prioritätsfrage nicht mehr ankäme, konnte und musste der Beklagte nicht überprüfen. Die Klägerin hatte ihm mit der Abmahnung vom 19.10.2010 lediglich über die Auskunft der Stadt Marburg berichtet und mitgeteilt, dass Herr D1 unter den angegebenen Telefonnummern nicht erreichbar war. Das rechtfertigt indes noch nicht den zwingenden Schluss darauf, dass Herr D1 sein Unternehmen aufgegeben hat. Ein Übersetzungsbüro kann auch von Ghana aus betrieben werden. Die Angabe einer nicht mehr konnektierten Telefonnummer kann auf bloßer Nachlässigkeit beruhen. Eine Pflicht zu eigenen Nachforschungen traf den Beklagten nicht.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Da ein Beseitigungsanspruch nicht bestand, kommt eine Pflicht des Beklagten, die Kosten der Teilrücknahme nach billigem Ermessen zu tragen, nicht in Betracht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: bis zur Teilrücknahme: 50.000,00 €

danach: 1.902,80 €






LG Köln:
Urteil v. 19.05.2011
Az: 31 O 588/10


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