Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Oktober 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 42/01

(BPatG: Beschluss v. 23.10.2002, Az.: 26 W (pat) 42/01)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Juli 2000 und 16. Januar 2001 aufgehoben, soweit der angemeldeten Marke die Eintragung für die Waren und Dienstleistungen "Teile von Landfahrzeugen; Rollstühle; Veranstaltung und Vermittlung von Reisen, Veranstaltung von Stadtbesichtigungen, Reisebegleitung; Beherbergung und Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen eines Krankenhauses, Dienstleistungen eines Alten- und Pflegeheimes" versagt worden ist.

Im übrigen wird die Beschwerde hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen "Kraftfahrzeuge, insbesondere Spezialfahrzeuge für den Behindertentransport; Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, insbesondere Behindertentransporte; Vermittlung von Verkehrsleistungen" zurückgewiesen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt begehrt die Bezeichnung Telebusfür die Waren und Dienstleistungen

"Kraftfahrzeuge, insbesondere Spezialfahrzeuge für den Behindertentransport; Teile von Landfahrzeugen; Rollstühle; Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, insbesondere Behindertentransporte; Veranstaltung und Vermittlung von Reisen, Vermittlung von Verkehrsleistungen, Veranstaltung von Stadtbesichtigungen, Reisebegleitung; Beherbergung und Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen eines Krankenhauses, Dienstleistungen eines Alten- und Pflegeheimes"

die Eintragung in das Markenregister.

Die Markenstelle für Klasse 39 hat diese Anmeldung zurückgewiesen. Sie stelle eine beschreibende, freihaltebedürftige Angabe dar. Ein Telebus bringe einen Verbraucher mit einem Kraftfahrzeug über eine bestimmte Entfernung zu einem gewünschten Ziel. Darüber hinaus vermittle die Vorsilbe "Tele-" auch den Eindruck, das Transportmittel könne aus der Entfernung angefordert werden, nämlich per Telefon. "Tele-" sei nämlich eine Vorsilbe, die im Zusammenhang mit Telekommunikation häufig gebraucht werde, wie etwa "Telefon", "Telefax" oder "Telebrief". Im übrigen könnten Transportmittel für Behinderte häufig telefonisch angefordert werden, da sie nicht nach einem bestimmten Fahrplan verkehrten. Daher sei die angemeldete Bezeichnung beschreibend für Spezialfahrzeuge sowie den mit diesen Fahrzeugen erbrachten und im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen.

Hiergegen wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde. Die angemeldete Marke bestehe nicht ausschließlich aus beschreibenden Angaben. Ein Nachweis für eine häufige Benutzung des Begriffs "Telebus" sei nicht erbracht worden. Vielmehr handle es sich bei der Kombination der Wörter "Tele" und "Bus" um eine Phantasiebezeichnung, die auch als Datenleitung für die Telekommunikation verstanden werden könne und damit allenfalls mittelbar beschreibend sei. Auch sei weder ein konkretes, gegenwärtiges noch ein zukünftiges Freihaltebedürfnis nachgewiesen. Der angemeldeten Bezeichnung fehle auch nicht jegliche Unterscheidungskraft. Es handle sich nämlich bei ihr nicht um ein sprachgebräuchliches Wort, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde. Vielmehr erwecke sie nur symbolhaft eine undeutliche begriffliche Vorstellung und sei damit zureichend phantasievoll und konkret unterscheidungskräftig.

II.

Die zulässige Beschwerde ist im Umfang der versagten Waren und Dienstleistungen unbegründet. Der angemeldeten Bezeichnung fehlt insoweit die gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrundeliegenden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Einer Wortmarke kann danach eine ausreichende Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn ihr kein für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch nicht um eine gebräuchliche Bezeichnung handelt, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung im Verkehr (BGH BlPMZ 1998, 248 - TODAY, 1999, 257, 258 - PREMIERE II) stets nur als solche verstanden wird (BGH MarkenR 1999, 349 - YES).

Die Bezeichnung "Telebus" wird im Zusammenhang mit den versagten Waren und Dienstleistungen ausschließlich als beschreibende Angabe in dem Sinne verstanden werden, daß es sich hierbei um ein geräumiges, für den Transport mehrerer Personen oder größerer Gegenstände geeignetes Fahrzeug handelt, das aus der Ferne bzw per Telekommunikation angefordert werden kann. Die Vorsilbe "Tele-" bedeutet nämlich in Wortzusammensetzungen soviel wie "fern, weit" (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 2000, S 1242). Auch bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabs (BGH GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten-Schlechte Zeiten) ist im Hinblick auf die versagten Waren und Dienstleistungen davon auszugehen, daß sich die angemeldete Bezeichnung auf eine verständliche Beschreibung beschränkt. Der angesprochene Verkehr wird in diesem Zusammenhang auch nicht an eine Datenleitung für die Telekommunikation denken bzw erinnert werden, denn diese Interpretation bietet sich im Hinblick auf diese Waren und Dienstleistungen nicht an. Wegen der Geläufigkeit der Vorsilbe "Tele-" in weiteren Wortzusammensetzungen (vgl Wahrig, aaO, S 1242 f) sowie der Verständlichkeit des Wortes "Bus" werden die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres davon ausgehen, daß es sich bei den so bezeichneten "Kraftfahrzeugen" um solche handelt, die von Ferne, mittels Telekommunikation gefordert werden können, bzw daß die zurückgewiesenen Dienstleistungen mittels solcher Busse erbracht werden können. Daher hat der Verkehr keine Veranlassung für die Annahme, es könne sich insoweit um eine individuelle Herkunftsbezeichnung handeln (BGH BlPMZ 1998, 248 - TODAY). Dies gilt um so mehr, als es vergleichbare Verkehrssysteme gibt, wie zB Sammeltaxis oder Ruf-Busse in ländlichen Gegenden (vgl. "resicar"-Bus, Linie, Schwarz).

Hinsichtlich derjenigen Waren und Dienstleistungen, deren Eintragung nicht versagt worden ist, sind keine Eintragungshindernisse erkennbar. Insoweit hat die angemeldete Bezeichnung keinen beschreibenden Sinngehalt, so daß die herkunftshinweisende Unterscheidungsfunktion nicht verneint werden kann.

Ein Anlaß, die Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs 2 MarkenG zuzulassen, besteht nicht. Die Voraussetzungen für die Annahme einer ausreichenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG sind durch die unter Geltung des Markengesetzes ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (BGH aaO - YES; GRUR 1999, 1093 - FOR YOU; GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHÖN; GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten-Schlechte Zeiten; aaO - TODAY). Der vorliegende Sachverhalt wirft demgegenüber keine neuen rechtlichen Gesichtspunkte auf, die eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung enthalten oder deren Klärung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

Kraft Reker ist erkrankt und kann deshalb nicht unterschreiben.

Kraft Eder Hu






BPatG:
Beschluss v. 23.10.2002
Az: 26 W (pat) 42/01


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