Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Oktober 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 98/03

(BPatG: Beschluss v. 25.10.2004, Az.: 30 W (pat) 98/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 5. Mai 2000 und vom 16. Januar 2003 aufgehoben, soweit darin die eingetragene Marke 398 48 180 wegen der Widersprüche aus den Marken 2 907 778 und IR 660 855 gelöscht werden soll.

Die Widersprüche aus diesen Marken werden auch insoweit zurückgewiesen.

Soweit in den vorgenannten Beschlüssen der Markenstelle die Löschung der Marke 398 48 180 wegen des Widerspruchs aus der Marke 945 596 angeordnet worden ist, sind diese wirkungslos.

Gründe

I.

In das Markenregister eingetragen ist unter 398 48 180

- nach eine Beschränkung im Bescherdeverfahren - für die Waren:

"Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Haarwässer; Zahnputzmittel, alle vorgenannten Waren nicht für veterinärmedizinische Zwecke und Erzeugnisse.

Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke, alle vorgenannten Waren nicht für veterinärmedizinische Zwecke und Erzeugnisse.

Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis."

Widerspruch erhoben haben beschränkt auf die Klassen 3 und 5 die Inhaberin der rangälteren, seit 1995 für die Waren

"Allopathische und homöopathische Produkte und Präparate, pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke", eingetragenen Marke 2 907 798 ALHOPHARM, ohne Beschränkung die Inhaberin der international registrierten und sich noch im Widerspruchsverfahren befindlichen Marke IR 660 855 ALPHARMA, die Schutz unter anderem für die Waren

"Produits pharmaceutiques, veterinaires et hygieniques; substances dietetiques à usage medical, aliments pour bebes; empl‰tres; materiel pour pansement; matières pour plomber les dents et pour empreintes dentaires; desinfectants; produits pour la destruction des animaux nuisibles; fongicides, herbicides; additifs pour fourrages à usage medical; produits chimiques à usage medical"

begehrt, und ebenfalls unbeschränkt die Inhaberin der seit 1973 für

"Veterinärmedizinische Präparate"

unter 945 596 eingetragenen Marke ALMAPHARM, deren Schutzdauer zuletzt im Jahre 2003 verlängert worden ist.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, auf der Grundlage der ursprünglichen Fassung des Warenverzeichnisses die Marke 398 48 180 wegen der Widersprüche aus den Marken 2 907 778, IR 660 855 und 945 596 für die Waren

"Seifen; ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide"

(teilweise) gelöscht und im übrigen die Widersprüche zurückgewiesen. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, hinsichtlich der vorgenannten Waren bestehe hinsichtlich der Widerspruchszeichen eine engste bis mittlere Warenähnlichkeit. Die Endsilben "-pharm" und "-pharma" seien zwar kennzeichnungsschwach, dürften aber bei der Betrachtung des Gesamteindrucks nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben. Unter Würdigung dieser Umstände reiche der klangliche Abstand der Widerspruchsmarken nicht mehr aus.

Die Beschwerde der Markeninhaberin stützt sich zum einen darauf, daß die Zeichenteile "pharm" bzw "pharma" kaum kennzeichnend seien, deshalb auch keine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens vorliege, und es insbesondere daher auf die - ausreichend unterschiedlichen - Wortanfänge ankomme. Im übrigen handele es sich bei der angegriffenen Marke um eine besonders graphisch gestaltete Wort-/Bildmarke, deren Struktur in keiner der Widerspruchsmarken ihre Entsprechung finde.

Nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses hat die Widersprechende zu 3. ihren Widerspruch zurückgenommen.

Die Markeninhaberin beantragt, die angegriffenen Beschlüsse aufzuheben.

Die Widersprechenden zu 1. und 2. beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Widersprechende zu 1. führt zur Begründung aus, die angesprochenen Verkehrskreise würden sich vorrangig am Wortbestandteil der angegriffenen Marke orientieren und diese als einen Gesamtbegriff auffassen. Der dortige Zeichenbestandteil "ALPHA" sei zudem kennzeichnungsschwach, da er auf ein Qualitätsmerkmal hinweise. Insgesamt reiche wegen der identischen Wortanfänge und Zeichenendungen der Abstand nicht mehr aus.

Die Widersprechende zu 2. hebt hervor, daß das Widerspruchszeichen komplett die angegriffenen Marke enthalte und nur in der Mitte zusammengeschoben sei.

Das Widerspruchszeichen IR 660 855 ist während des Widerspruchsverfahrens auf die jetzige Widersprechende zu 2. umgeschrieben worden.

II.

Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Die Widersprechende zu 2. ist nach der Umschreibung des Widerspruchszeichens IR 660 855 auf sie nach § 28 Abs. 2 Satz 3 MarkenG sachlich legitimiert.

2. Bezüglich der noch gegenständlichen Widersprüche besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Widerspruch aus der Marke 2 907 778 - ALHOPHARM.

Nach der maßgeblichen Registerlage können sich die gegenüberstehenden Marken auch auf identischen Waren begegnen.

Der Senat geht von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft des Widerspruchszeichens aus. Zwar ist dessen Bestandteil "PHARM" als Hinweis auf Pharmazeutika isoliert kennzeichnungsschwach. Bei der gebotenen Betrachtung des Zeichens in seiner Gesamtheit ergibt sich indes ein normaler Schutzumfang.

Gleichwohl ist ein ausreichend deutlicher Zeichenabstand gegeben, der der Annahme einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr entgegensteht.

Die angegriffene Marke wird zwar in relevantem Umfang mit "ALPHAPHARM" wiedergegeben werden. Die graphische Gestaltung verleiht ihr kein eigenständiges Gepräge. Bei der dort gegebenen ovalen Umrandung handelt es sich um ein übliches Mittel der Gebrauchsgraphik. Ebensowenig tritt das schleifenförmige Bildelement als selbständiges Kennzeichnungsmittel hervor. Dieses wird verbreitet als der griechische Buchstabe "" und damit als ein Element zur Visualisierung des entsprechenden Zeichenteils angesehen werden. Der darunter angeordnete Zeichenteil "PHARM" wird trotz des fehlenden Trennungsstriches und der zwischengeschalteten Linie mit dem Bestandteil "ALPHA" zu einem Wort verbunden werden. Dafür spricht zum einen, daß der Verkehr bei der Anordnung auch zusammengehöriger Elemente von Wortmarken Trennungsstriche nicht notwendigerweise erwartet. Zudem erscheinen vorliegend die Wortbestandteile als ein aussprechbarer und nicht sinnwidrig verbundener Gesamtbegriff.

Der klangliche Abstand reicht indes aus. Zwar darf die Übereinstimmung in den Zeichenteilen "PHARM" nicht außer Acht gelassen werden. Diesen kommt aber wegen ihrer Kennzeichnungsschwäche nur eine eingeschränkte Bedeutung zu (BPatG, PAVIS PROMA, Knoll, 30 W (pat) 235/96 - ac PHARMA/Azupharma). Die Abweichungen in den bei der Kollisionsprüfung im Vordergrund stehenden ersten Worthälften sind aber insbesondere wegen der unterschiedlichen Vokalfolge wie auch des Sinngehalts von alpha so deutlich, daß eine klangliche Verwechslungsgefahr ausscheidet.

Widerspruch aus IR 660 855 - ALPHARMA.

Auch insoweit ist keine Verwechslungsgefahr gegeben. Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und einer möglichen Warenidentität liegt ein ausreichend deutlicher Zeichenabstand vor. Die sich gegenüberstehenden Zeichen weisen ein hinreichend unterschiedliches Klangbild auf. Die angesprochenen Verkehrskreise werden sich angesichts der sinntragenden Bestandteile "PHARM" bzw "pharma" nicht zu sehr an der übereinstimmenden Vokalfolge orientieren. Vielmehr werden sie eher geneigt sein, die vorstehenden Bestandteile entsprechend ihrem Sinngehalt gedanklich gleichzusetzen. Ausgehend davon reicht der Abstand in den bei der Kollisionsprüfung eher im Vordergrund stehenden Wortanfängen aus.

Bezüglich des im Beschwerdeverfahren zurückgenommenen Widerspruchs aus der Marke 945 596 ist entsprechend § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO auszusprechen, daß die angegriffenen Beschlüsse hinsichtlich der angeordneten Löschung wirkungslos sind.

Eine Kostenauferlegung (§ 71 Abs. 1 MarkenG) ist nicht veranlaßt.

Dr. Buchetmann Winter Schramm Pü/Ja






BPatG:
Beschluss v. 25.10.2004
Az: 30 W (pat) 98/03


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