Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 26. Oktober 2010
Aktenzeichen: 13 A 637/10

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 26.10.2010, Az.: 13 A 637/10)

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 3. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen der Klägerin zu prüfen sind, liegen nicht vor.

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seines klageabweisenden Urteils im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin sei nicht klagebefugt. Sie sei nicht Adressatin des angefochtenen Verwaltungsakts und als nicht unmittelbar beteiligte Dritte durch diesen auch nicht in subjektiven eigenen Rechte oder in zumindest anderweitig rechtlich geschützten Interessen verletzt. Die Vorschriften des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) gewährten dem einzelnen Lebensmittelhersteller oder -inverkehrbringer keine subjektiv-öffentlichen Rechte auf Schutz vor mittelbaren Eingriffen in Geschäftsbeziehungen. Die Klägerin könne sich auch nicht erfolgreich auf ihre Grundrechte aus Art. 12 und Art. 14 GG berufen. Durch das an ihre Geschäftspartnerin ergangene Verbot des vorübergehenden Inverkehrbringens sei sie nicht in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit betroffen. Den angefochtenen Maßnahmen fehle im Hinblick auf die Klägerin die berufsregelnde Tendenz. Weder werde ihr der Vertrieb des Produkts verboten noch würden ihr Pflichten auferlegt. Art. 14 Abs. 1 GG vermittele keinen Erwerbsschutz. Einnahmeausfälle und Aufwendungen, die mittelbar durch das in der Verfügung ausgesprochene Verbot des vorübergehenden Inverkehrbringens entstünden und die Existenz des Betriebs als solchen nicht bedrohten, beträfen den Unternehmer allenfalls in seinem eigentumsrechtlich als solchem nicht geschütztem Vermögen. Die Klägerin müsse sich insoweit auf die aus den vertraglichen Beziehungen mit ihrer Vertragspartnerin folgenden Rechte und entsprechenden Rechtsschutzmöglichkeiten verweisen lassen. Im Übrigen wäre die Klage auch unbegründet. Die für das Distelöl zusätzlich verwendete Bezeichnung "kaltgepresst, aus 1. Pressung" sei zur Täuschung der Verbraucher geeignet. Ausweislich der Untersuchungsbefunde hätten die vom Beklagten beanstandeten Proben Anteile an di- und oligomeren Triglyceriden enthalten, die in kaltgepresstem Öl nicht enthalten sein könnten. Dies sei auf Grund der vom Beklagten vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme nachvollziehbar und überzeugend dargelegt worden. Dass zusätzliche Untersuchungsbefunde auf andere Indikatoren für eine Wärmebehandlung nicht erhoben worden seien, begegne keinen Bedenken. Die genaue Ursachenfeststellung obliege der Klägerin oder ihren Vertragspartnern. Der von der Klägerin vorgelegte Prüfbericht sei nicht geeignet, die amtlichen Untersuchungsergebnisse der Proben in Frage zu stellen. Dass das dort festgestellte Untersuchungsergebnis für polymeres Triglycerid von < 0,05 % dieselbe Charge betreffe, zu der die eine der amtlich genommenen Proben gehöre, sei nicht nachvollziehbar.

Die dagegen erhobenen Einwände zeigen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht auf.

Bei dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, durch den die Einzelfallgerechtigkeit gewährleistet wird, kommt es nicht darauf an, ob die angefochtene Entscheidung in allen Punkten der Begründung richtig ist, sondern nur darauf, ob ernstliche Zweifel im Hinblick auf das Ergebnis der Entscheidung bestehen. Ernstliche Zweifel sind dabei anzunehmen, wenn gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, d. h., wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung in der angefochtenen Gerichtsentscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2009

1 BvR 812/09 -, NJW 2010, 1062, 1063; BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838; Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Loseblattsammlung, 20. Ergänzungslieferung, § 124 Rdnr. 26 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 124 Rdnr. 6 f.

In diesem Sinne bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Es kann offenbleiben, ob die Klage - wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat - unzulässig ist, denn jedenfalls ist sie unbegründet, weil die angefochtenen Verwaltungsakte rechtmäßig sind und die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt ist.

Für die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Klägerin fehle die erforderliche Klagebefugnis, könnte sprechen, dass nicht sie, sondern die Firma N. N1. H. C. International GmbH (im Folgenden: N1. ) Adressatin der angefochtenen Verfügungen vom 6. Mai 2008 und 2. Juni 2008 gewesen ist.

Vgl. zu einer entsprechenden Konstellation: OVG NRW, Beschluss vom 12. Oktober 2010 - 13 A 567/10 -.

Die von der Klägerin als Nichtadressatin gegen die Verfügungen erhobene Anfechtungsklage ist gemäß § 42 Abs. 2 Alt. 1 VwGO nur zulässig, wenn sie geltend machen kann, durch die Verwaltungsakte in eigenen Rechten verletzt zu sein. Eine Verletzung eigener Rechte kann der klagende Nichtadressat regelmäßig nur geltend machen, wenn die Möglichkeit besteht, dass der Verwaltungsakt seine Grundrechte oder eine einfachgesetzliche Norm verletzt, die ihn als Dritten zu schützen bestimmt ist. Nach der sog. Schutznormtheorie vermitteln einen derartigen Drittschutz nur solche Vorschriften, die nach dem in ihnen enthaltenen und durch Auslegung zu ermittelnden Entscheidungsprogramm auch der Rücksichtnahme auf die Interessen des betreffenden Dritten dienen.

Vgl. zur vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung vertretenen Schutznormtheorie i. d. R. im Zusammenhang mit einem Verwaltungsakt mit Doppelwirkung - den einen begünstigend, den anderen belastend - u. a. BVerwG, Urteile vom 26. Oktober 1995 - 3 C 27.94 -, NVwZ-RR 1996, 537, vom 16. Juni 1994 - 3 C 12.93 -, NJW 1995, 1628, vom 16. März 1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329 (334), jeweils auch juris.

Eine einfachgesetzliche Norm, die der Klägerin in dieser Weise Schutz gewährte, ist durch den angefochtenen Verwaltungsakt nicht verletzt. § 11 LFGB, mit dessen Vorliegen die auf der Grundlage des § 39 Abs. 2 Nr. 2 LFGB angeordnete Verfügung begründet worden ist, dient allein dem Schutz der Allgemeinheit, nämlich dem Verbraucherschutz, und nicht dem der Klägerin als Lieferantin des von dem Verbot betroffenen Produkts. Auch ansonsten ist wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat - keine einfachgesetzliche Vorschrift des LFGB ersichtlich, die der Klägerin als Lebensmittellieferantin ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz vor durch an Dritte erlassene, mittelbare Beeinträchtigungen verursachende Verwaltungsakte gewähren könnten.

Der Senat lässt offen, ob das Verwaltungsgericht die mögliche Verletzung von Grundrechten der Klägerin durch die von ihr angefochtenen Verwaltungsakte zu Recht verneint hat.

Grundsätzlich kann sich die Klägerin für ihre gewerbliche Tätigkeit auf das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berufen, das die Erwerbszwecken dienende freie unternehmerische Betätigung schützt. Diese Schutzwirkung entfaltet das Grundrecht nicht nur gegenüber Regelungen mit unmittelbarer Rechtswirkung. Auch staatliche Maßnahmen, die nur mittelbar auf die gewerbliche Betätigung einwirken, können in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG eingreifen, wenn ihnen eine objektive berufsregelnde Tendenz innewohnt. Das von der handelnden staatlichen Stelle verfolgte Handlungsziel fasst dann den Geschehensablauf unabhängig von der Länge der Kausalkette zu einer einheitlichen grundrechtsbeeinträchtigenden Handlung zusammen.

Vgl. zu Letzterem: BVerwG, Urteil vom 27. März 1992 7 C 21.90 -, BVerwGE 90, 112 (120); zum Eingriff in die Berufsfreiheit: Urteil vom 18. April 1985 3 C 34.84 -, BVerwGE 71, 183 (190), jeweils auch juris; vgl. auch Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 42 Rdnr. 395 f.

Das nicht an die Klägerin gerichtete vorübergehende Verbot des Inverkehrbringens, bis die Verkehrsfähigkeit des von der Klägerin gelieferten Produkts geklärt ist, könnte ihr gegenüber mit berufsregelnder Tendenz ergangen sein. Die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin besteht im Vertrieb von "Bio"-Produkten wie dem von dem Verbot betroffenen "Bio-Distelöl". Die Klägerin könnte durch das Verbot des Inverkehrbringens dieses Produkts in ihrer unternehmerischen Tätigkeit gezielt eingeschränkt worden sein. Jedenfalls dürfte sich der mit der Verfügung verfolgte Zweck, die Verbraucher vor Irreführung zu schützen und das weitere Inverkehrbringen des Produkts (vorübergehend) zu verbieten, wohl nicht verwirklichen lassen, ohne zugleich die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin zu beschränken. Ob die dadurch verursachte Beeinträchtigung ihrer unternehmerischen Tätigkeit aber mit Blick darauf, dass sie außer dem von dem Verbot betroffenen Öl rund 650 andere Produkte (s. www.biozentrale.de) vertreibt, überhaupt eine für die Annahme einer tatsächlichen Grundrechtsbetroffenheit hinreichende Intensität erreicht, braucht angesichts des im Übrigen erfolglosen Berufungszulassungsverfahrens nicht weiter geklärt zu werden.

Vgl. zur Annahme einer nicht nur unerheblichen Betroffenheit: OVG NRW, Beschluss vom 12. Oktober 2010 13 A 567/10 , vgl. darüber hinaus zur berufsregelnden Tendenz bei einer Rufnummernabschaltung nach dem TKG: OVG NRW, Beschlüsse vom 25. März 2010 13 B 226/10 -, NVwZ-RR 2010, 595, und vom 5. August 2010 13 B 690/10 u. a. -, juris.

Hinsichtlich des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG dürfte es entsprechend der Auffassung des Verwaltungsgerichts weiter fraglich sein, ob durch die Verfügungen eine eigentumsfähige Rechtsposition der Klägerin betroffen sein kann. Geschützt wird durch Art. 14 Abs. 1 GG das wirtschaftliche Unternehmen mit seinen personellen und gegenständlichen Grundlagen, die Sach- und Rechtsgesamtheit des Betriebs in ihrer Substanz.

Vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 8. Juni 1977 2 BvR 499/74 und 1042/75, BVerfGE 45, 142 (173), und vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 u. a. -, BVerfGE 105, 252, 277 f., sowie Urteil vom 29. November 1961 1 BvR 148/57 , BVerfGE 13, 225 (229).

Dazu dürfte aber nicht die bloße Erwartung der Klägerin gehören, ihr Produkt in Zukunft ungehindert weiter an die Adressatin der Verfügung liefern zu können. Ob die von der Klägerin zur Begründung ihrer Klagebefugnis vertretene Auffassung, die durch den angefochtenen Verwaltungsakt verursachte Beeinträchtigung der laufenden Geschäftsbeziehungen zu dessen Adressatin sei als Eingriff in den Schutzbereich des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu qualifizieren, die sie unter Hinweis auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Arnsberg geltend macht,

vgl. VG Arnsberg, Beschluss vom 2. Oktober 1996 3 L 1611/96 , in dem das Gericht zur Begründung der "von Art. 14 GG erfassten Lieferbeziehungen" eines Schweineschlachtbetriebs mit einer Lebensmitteleinzelhandelskette in erster Linie die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zitiert,

bedarf vor dem Hintergrund, dass ernstliche Zweifel am Ergebnis der erstinstanzlichen Entscheidung nicht bestehen, ebenfalls keiner vertiefenden Auseinandersetzung.

Für die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Klage sei mangels Klagebefugnis unzulässig, könnte weiter sprechen, dass die Klägerin trotz einer möglicherweise gegebenen Rechtsbetroffenheit die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts gleichwohl nicht erfolgreich geltend machen kann. (Bau)Ordnungsrechtliche Verfügungen ergehen regelmäßig unbeschadet der privaten Rechte Dritter, lassen deren Rechte also unberührt, sodass der nicht an sie gerichtete Verwaltungsakt von ihnen auch dann nicht angefochten werden kann, wenn sie Eigentümer der durch den Verwaltungsakt betroffenen Sache sind oder sonstige Rechte hinsichtlich der betroffenen Sache haben. Das (Mit-)Eigentum oder sonstige Berechtigungen eines Dritten berühren grundsätzlich nicht die Rechtmäßigkeit der nicht auch an ihn gerichteten Ordnungsverfügung, sondern können nur ein gesetzliches Vollzugshindernis bilden.

Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28. April 1972 - IV C 42.69 -, BVerwGE 40, 101 = juris, m. w. N.

Auch die Frage, ob diese für den Bereich des Bauordnungsrechts entwickelten Grundsätze auf das hier in Frage stehende ordnungsrechtliche Vorgehen des Beklagten auf der Grundlage des LFGB übertragbar sind,

vgl. für ein gegen einen Dritten ergangenes, auf das Chemikaliengesetz gestütztes Verbot des Inverkehrbringens PCB-haltiger Recyclingprodukte: Hess. VGH, Beschluss vom 10. November 1995 - 14 TH 2919/94 -, NVwZ-RR 1996, 330 = juris,

erfordert wegen des insgesamt erfolglosen Berufungszulassungsverfahrens der Klägerin keine weitergehende Klärung.

Angesichts der Erfolglosigkeit des Zulassungsverfahrens kann ebenfalls dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, auch die hilfsweise erhobene Feststellungsklage sei unzulässig.

Das Verwaltungsgericht dürfte allerdings zu Recht das für die Zulässigkeit der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Bestehen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beklagten verneint haben. Nach dieser Vorschrift kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i. S. d. Vorschrift werden rechtliche Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlichrechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Die streitige Beziehung muss sich weiter durch ein dem öffentlichen Recht zuzurechnenden Verhalten zu einer konkreten Rechtsbeziehung verdichtet haben. Dies setzt voraus, dass die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist. Das Erfordernis einer Verdichtung der Rechtsbeziehung zu einem konkreten Rechtsverhältnis rechtfertigt sich aus dem Anliegen, den Verwaltungsgerichten nicht die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen aufzubürden.

Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 28. Januar 2010 8 C 19.09 -, juris, vom 23. Januar 1992 3 C 50.89 -, BVerwGE 89, 327 und vom 13. Januar 1969 - 1 C 86.64 -, Buchholz 310 § 43 Nr. 31 m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 25. November 2009 - 13 A 1536/09 -, juris Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, a. a. O., § 43 Rdnr. 5; Kopp/Schenke, a. a. O., § 43 Rdnr. 11.

Dass eine in diesem Sinne zu einem konkreten Rechtsverhältnis verdichtete Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten bestünde, lässt sich nicht feststellen. Denn die streitige Frage, ob die Bezeichnung des Erzeugnisses "Grünes Land Bio Distelöl" gegen § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB verstößt, hat sich deshalb nicht in einer für eine Feststellungsklage erforderlichen Weise konkretisiert, weil sich der Beklagte gegenüber der Klägerin weder irgendwelcher verwaltungsrechtlicher Eingriffsbefugnisse berühmt noch die Einleitung eines Bußgeldverfahrens gegen sie angedroht hat.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage nicht nur im Ergebnis zu Recht abgewiesen, auch die Ausführungen zur fehlenden Begründetheit der Klage begegnen keinen ernstlichen Zweifeln. Die erstinstanzliche Entscheidung geht zutreffend davon aus, dass durch das Inverkehrbringen des Distelöls unter der Bezeichnung "kaltgepresst, aus 1. Pressung" gegen die Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers vor Täuschung verstoßen worden ist.

Die Ordnungsverfügungen finden ihre Ermächtigungsgrundlage in § 39 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 LFGB. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren erforderlich sind. Sie können nach § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LFGB insbesondere vorübergehend verbieten, dass ein Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LFGB angeordneten Prüfung vorliegt. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 LFGB ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen. Eine Irreführung liegt nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB insbesondere dann vor, wenn bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet werden.

Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Normen sind erfüllt.

Durch die Angabe "kaltgepresst, aus 1. Pressung" auf den Flaschen des von den Ordnungsverfügungen betroffenen Distelöls liegt eine Irreführung über dessen Beschaffenheit vor. Für die Beurteilung, ob eine Angabe zur Täuschung der Verbraucher geeignet ist, ist die Verkehrsauffassung maßgeblich. Bei der Ermittlung der Verkehrsauffassung ist in erster Linie die mutmaßliche Erwartung eines Durchschnittsverbrauchers, der angemessen gut unterrichtet und angemessen aufmerksam und kritisch ist, unter Berücksichtigung sozialer, kultureller und sprachlicher Faktoren zugrunde zu legen.

Vgl. hierzu Erwägungsgrund (18) der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005; Wehlau, LFGB, Kommentar, 2010, § 11 Rdnr. 24, 117; vgl. im Übrigen zu dem bisher vertretenen Begriff des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers: EUGH, Urteil vom 16. Juli 1998 C210/96 -, Gut Springheide, Slg. I 1998, 4657, www.curia.europa.eu = juris; BVerwG, Beschluss vom 18. Oktober 2000 1 B 45.00 , LRE 40, 166 = juris; vgl. hierzu auch: OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Oktober 2010 13 A 567/10 , und vom 15. März 2010 - 13 A 1038/07 -, LRE 60, 124 = juris.

Zur Ermittlung der Erwartung eines Durchschnittsverbrauchers in diesem Sinne (aber auch eines verständigen Durchschnittsverbrauchers im Sinne der zitierten Rechtsprechung) dienen die im Deutschen Lebensmittelbuch niedergelegten Leitsätze als "Sachverständigengutachten von besonderer Qualität" und wesentliche Auslegungshilfen. Als solche begründen sie eine Vermutungswirkung dafür, was der Verbraucher von einem nach Herstellung, Beschaffenheit und sonstigen Merkmalen in den Leitsätzen beschriebenen Lebensmittel erwartet.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1987 3 C 18.87 -, Buchholz 418.711 LMBG Nr. 24 = juris, und Beschluss vom 18. Oktober 2000 1 B 45.00 -, a. a. O; OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Oktober 2010 13 A 567/10 , vom 15. März 2010 13 A 1038/07 - a. a. O., und vom 30. März 2009 13 B 1910/08 -, juris.

Das Vorstellungsbild des Verbrauchers kann weitgehend auch durch herkömmliche Handelsbräuche beeinflusst sein. Der Verbraucher verlässt sich vielfach nur darauf, unter einer ihm bekannten Bezeichnung ein Lebensmittel der üblichen und allgemein anerkannten Beschaffenheit zu erhalten. Er sieht von einer eigenen Beurteilung ab und erwartet nur noch, dass die Ware so hergestellt ist, wie die damit befassten Fachkreise und Stellen es für ein bestimmtes Erzeugnis als richtig befunden haben. In diesem Rahmen gewinnen Handelsbräuche, die sich aus Richtlinien und Begriffsbestimmungen der Herstellerverbände ergeben können, an Bedeutung. Sie können insbesondere, wenn sie unangefochten bleiben, eine bestimmte Verkehrsauffassung schaffen. Dass den Verbrauchern in der Regel Richtlinien unbekannt sind und sich viele um die Beschaffenheit von Lebensmitteln nicht kümmern, führt nicht zu der Annahme, dass die Verbraucher es etwa nicht missbilligten, wenn sie erführen, dass der Hersteller abweichend andere oder geringwertige Stoffe verwendet. Solche Richtlinien stellen allerdings nur ein Mindestmaß dessen dar, was der Verbraucher nach Treu und Glauben erwarten darf.

Vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band II, Loseblattkommentar, 129. Ergänzungslieferung, § 11 Rdnr. 292 f. m. w. N.

Ausgehend hiervon entspricht das Distelöl unter der verwendeten Bezeichnung "kaltgepresst, aus 1. Pressung" nicht der Verbrauchererwartung.

Dafür sprechen bereits die für die Beurteilung der Verbrauchererwartung insoweit maßgeblichen Leitsätze für Speisefette und Speiseöle vom 17. April 1997 in der Bekanntmachung vom 10. Oktober 1997 (GMBl. S. 864), geändert durch Bekanntmachung von 18. Oktober 2001 (GMBl. S. 755, 759), die u. a. Folgendes regeln:

Allgemeine Beurteilungsmerkmale

...

Herstellung Native Speisefette und -öle werden aus nicht vorgewärmter Rohware durch Pressen ohne Wärmezufuhr oder durch andere schonende mechanische Verfahren gewonnen. Sie können gewaschen und filtriert oder zentrifugiert sein. Sie sind jedoch weder entsäuert noch gebleicht oder desodoriert. ... Nicht raffinierte Speisefette und -öle werden durch Ausschmelzen oder schonende mechanische Verfahren wie Pressen oder Zentrifugieren gewonnen. Sie können gewaschen und/oder mit Wasserdampf behandelt, getrocknet und filtriert oder zentrifugiert sein. Sie sind jedoch weder entsäuert noch gebleicht oder desodoriert.

Wasserdampf wird nur in einem solchen Umfang angewandt, wie es zur Verbesserung der Haltbarkeit notwendig ist.

...

Beschaffenheitsmerkmale

Geruch und Geschmack sind neutral bis arteigen, jedoch nicht bitter, tranig, ranzig oder fischig. Native oder raffinierte Speiseöle weisen allerdings einen deutlichen, artspezifischen Saat- oder Furchtgeschmack auf. Zur Objektivierung eines abweichenden sensorischen Befundes werden ergänzend herangezogen:

2.1 Die Säurezahl (mg Kaliumhydroxid pro Gramm Fett oder Öl) als Maß für den Gehalt an freien Fettsäuren. Sie beträgt bei

- nativen und nicht raffinierten Speisefetten und -ölen

bis zu 4,0

- raffinierten Speisefetten und -ölen

bis zu 0,6

....

Die Peroxidzahl (Miliäquivalente aktiver Sauerstoff pro Kilogramm

Fett oder Öl) als Maß für die beginnenden oxidativen Fettveränderungen. Sie beträgt bei

- nativen und nicht raffinierten Speisefetten und -ölen

bis zu 10,0

- raffinierten Speisefetten und -ölen

bis zu 5,0

....

Die folgenden Anteile an Verunreinigungen werden nicht überschritten:

bei 105° C flüchtige Bestandteile

bei tierischen Fetten 0,3 Prozent

bei pflanzlichen Speisefetten und -ölen 0,2 Prozent unlösliche Verunreinigungen 0,05 Prozent

...

Besondere Beurteilungsmerkmale

...

B. Hinweise auf besondere Herstellung

1. Speiseöle mit der Bezeichnung nativ werden entsprechend Abschnitt I B Nr. 1 hergestellt.

Wird die Bezeichnung nativ bei pflanzlichen Speiseölen durch die Bezeichnung kaltgepresst oder aus erster Pressung ergänzt, so werden diese Speiseöle mit besonderer Sorgfalt bei der Auswahl der Rohstoffe durch Pressen ohne Wärmezufuhr unter möglichst schonenden Bedingungen gewonnen.

2. Speisefette und -öle mit der Bezeichnung nicht raffiniert werden entsprechend Abschnitt I B Nr. 2 hergestellt.

Wird die Bezeichnung nicht raffiniert bei pflanzlichen Speiseölen durch die Bezeichnung kaltgepresst oder aus erster Pressung ergänzt, so werden diese Speiseöle mit besonderer Sorgfalt bei der Auswahl der Rohstoffe durch Pressen ohne Wärmezufuhr unter möglichst schonenden Bedingungen gewonnen.

...

Danach findet sich wie die Klägerin zu Recht entgegen den Ausführungen des Dr. H1. in seiner gegenüber dem Beklagten abgegebenen gutachterlichen Stellungnahme geltend macht - in diesen Leitsätzen kein Grenzwert für polymere Triglyceride in Speiseölen. Es sind aber Hinweise darauf enthalten, dass bei nativen oder nicht raffinierten Ölen, sofern die Bezeichnung "kaltgepresst" oder "aus erster Pressung" angegeben ist, eine möglichst schonende und vor allem eine Gewinnung ohne Wärmezufuhr zu erfolgen hat. Dagegen, dass das Distelöl besonders schonend und ohne Wärmezufuhr gewonnen worden ist, sprechen die bei den chemischen Untersuchungen gemessenen Werte für polymere Triglyceride in den von dem Beklagten beanstandeten Proben. Dort wurde ein Gehalt an polymeren Triglyceriden von 0,25 % und 0,33 % ermittelt; auch die von der Klägerin in Auftrag gegebenen Gegenproben wiesen Werte von 0,27 % und 0,28 % auf. Die Gutachter, die das streitige Distelöl untersucht, aber auch andere, die in diesem Zusammenhang gutachterliche Äußerungen abgegeben haben, gehen im Einklang mit den von der Deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft (DGF) aufgestellten Qualitätskriterien

vgl. "Qualitätskriterien für kaltgepresste Speiseöle", Positionspapier der DGF-Fachgruppe Analytik und Qualitätssicherung in Zusammenarbeit mit der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e. V. (ufop), der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH (CMA), des Verbands Deutscher Oelmühlen e. V. (VDOe) und des Bundesverbands Dezentraler Ölmühlen e. V. (BDOel), dort unter II. 2.1 (s. dazu die nachfolgenden Ausführungen) -

von einem Grenzwert für di- und polymere Triglyceride von ≤ 0,1 % aus,

s. Untersuchungsbefund und Beurteilung der am 19. Februar 2008 genommenen Probe vom 8. April 2008, Berliner Betrieb für Zentrale Gesundheitliche Aufgaben; Gutachten vom 28. Mai 2008 zu Befund-Nr.: 2008001812 der am 6. Mai 2008 genommenen Probe, Dr. H1. , Chemisches Untersuchungsamt I. ; u. a. Prüfbericht: AR-07-JJ-009844-01 vom 25. Januar 2007, F. Analytik GmbH, I1. ; Untersuchung von amtlicher Gegenprobe "Bio Distelöl" vom 23. und 29. Mai 2008, F. Laborservices GmbH, B. ; s. auch die von der Klägerin zu den Akten gereichte Power-Point-Präsentation: Analytische und lebensmittelrechtliche Kriterien für die Unterscheidung von nativen und raffinierten Ölen und Fetten, Bertrand Matthäus, Max Rubner-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, Münster, s. u. a. Folien 13, 18, 22,

dessen Überschreiten in dem beprobten Distelöl unstreitig (nämlich um nahezu das Dreifache bzw. mehr als das Dreifache) festgestellt wurde. Die Gutachter der Proben und auch der Gegenproben gehen übereinstimmend davon aus, dass der deutlich erhöhte Gehalt an polymeren Triglyceriden auf eine thermische Behandlung des beprobten Öls schließen lasse, sodass mit Blick auf diese Auffassungen von einer den Vorgaben der Leitsätze widersprechenden Gewinnung oder Behandlung des Distelöls und damit von einer Irreführung der Verbraucher durch die Bezeichnung "kaltgepresst, aus 1. Pressung" auszugehen ist.

Dass das so bezeichnete Distelöl mit einem den Grenzwert von ≤ 0,1 % deutlich überschreitenden Gehalt an polymeren Triglyceriden nicht der Verbrauchererwartung entspricht, wird zudem durch die das Verbraucherleitbild maßgeblich beeinflussenden und bereits zitierten "Qualitätskriterien für kaltgepresste Speiseöle" bestätigt. Diese von der DGF in Zusammenarbeit mit Erzeuger- und Herstellerverbänden entwickelten Kriterien legen über die in den Leitsätzen definierten Beschaffenheitsmerkmale kaltgepresster Speiseöle fest:

Beschaffenheitsmerkmale

...

Der Gehalt an di- und polymeren Triglyceriden zum Nachweis einer Erhitzung beträgt für:

kaltgepresste Speisefette und -öle pflanzlicher Herkunft ≤ 0,10 %

...

Diesen Qualitätsanforderungen entspricht das beprobte "kaltgepresste" Distelöl wegen des wie dargelegt - deutlichen Überschreitens des Grenzwerts von ≤ 0,1 % nicht.

Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf die von ihr vorgelegte Power-Point-Präsentation des Herrn Dr. Matthäus und auf Stellungnahmen, die dieser in Telefonaten mit ihrem Prozessbevollmächtigten abgegeben haben soll, ausführt, der festgestellte Anstieg der Triglyceride sei nicht durch Erhitzung des Öls, sondern lagerungsbedingt verursacht worden, allein der erhöhte Gehalt an Triglyceriden lasse jedenfalls keinen Rückschluss auf eine thermische Behandlung zu, vermag sie nicht durchzudringen. In der Power-Point-Präsentation stellt Dr. N2. , der am Max Rubner-Institut tätig ist, der DGF angehört und zurzeit der Fachgruppe der DGF "kaltgepresste Speiseöle" vorsitzt (s. www.dgfett.de), zunächst an keiner Stelle den von der Fachgruppe der DGF "Analytik und Qualitätssicherung" in dem Positionspapier "Qualitätskriterien für kaltgepresste Speiseöle" festgelegten Grenzwert in Frage. Vielmehr geht er offensichtlich selbst von diesem Grenzwert für den Gehalt an polymeren Triglyceriden aus (s. wie oben bereits angeführt: Folien 13, 18, 22) und misst dem Parameter "di- und polymere Triacylglyceride" hinsichtlich der Aussage über eine Temperaturbehandlung zudem eine mittlere Aussagekraft zu (Folie 14). Es ist zwar richtig, dass nach seinen Darstellungen (auch) die Dauer der Lagerung einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Gehalt an polymeren Triglyceriden haben kann (Folien 21 und 22); dem Grenzwert von 0,1 % hinsichtlich des Triglycerid-Gehalts schreibt er aber auch insoweit eine gesonderte Bedeutung zu. In der vierten Spalte der mit "Rückschlüsse aus dem Lagerversuch bei 60° C auf tatsächliche Lagerbedingungen" überschriebenen Tabelle (Folie 22) stellt er die "Tage bis zum Erreichen von PTG (gemeint sind die polymeren Triacylglyceride oder Triglyceride) = 0,1 % bei 20° C" dar; danach ist der Grenzwert von 0,1% bspw. beim Weizenkeimöl nach kurzer Lagerzeit (nach 21 bis 37 Tagen) und etwa beim Leinöl erst nach deutlich längerer Lagerzeit (nach 320 Tagen) erreicht. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass der Grenzwert von 0,1% bzw. dessen Erreichen nach Auffassung von Dr. N2. gleichermaßen wie bei der Erhitzung auch bei der Lagerung von kaltgepresstem Speiseöl für die Beurteilung der Beschaffenheit des Öls eine Rolle spielt und deshalb die Höhe des Gehalts an polymeren Triglyceriden auch insoweit ein qualitätsbildendendes Beschaffenheitsmerkmal darstellt.

Vgl. jedenfalls zum Einfluss des durch Erhitzung verursachten Anstiegs von polymeren Triglyceriden auf die Qualität von Speiseöl oder fett: DGF, Optimal Frittieren, Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft, S. 6 f., www.dgfett.de; Forschungskreis der Ernährungsindustrie, Abschlussbericht AiF 14340 N "Positive Beeinflussung der Fettsäurenzusammensetzung im Produkt beim Vorfrittieren mit Rapsöl", vom 1. Oktober 2007, S. 2 f., www.ufop.de.; Tanja Harb, Ermittlung der Qualität von Frittierfetten aus Wiener Imbissständen und Fast Food Restaurants, Diplomarbeit, Universität Wien, März 2010, S. 18 f., 28, 31, http://othes.univie.ac.at; vgl. etwa auch Alfonso Ranalli u.a., "Improving Virgin Olive Oil Quality by Means of Innovative Extracting Biotechnologies", Journal of Agricultural and Food Chemistry 2003, 2597 f., wonach der analytische Parameter der polymeren Triglyceride eine Rolle für die Beurteilung der Qualität nativen Olivenöls spielt.

Angesichts dessen entspricht das beprobte Distelöl damit wegen des festgestellten erheblichen Überschreitens des Grenzwerts, unabhängig davon, ob eine Erhitzung des Öls stattgefunden hat oder ob der hohe Gehalt an polymeren Triglyceriden (nur) durch Lagerung entstanden sein sollte, auch unter Berücksichtigung der von Dr. N2. aufgestellten Kriterien nicht den Qualitätsanforderungen, die ein kaltgepresstes Speiseöl zu erfüllen hat.

Abgesehen davon findet die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung unter Berücksichtigung der Darstellungen des Herrn Dr. N2. auch aus anderen Gründen eher ihre Bestätigung, als dass sie dadurch - wie die Klägerin meint - in Frage gestellt werden könnte. Denn mit Blick auf die Darstellungen in der Power-Point-Präsentation ergeben sich durch die Bezeichnung "kaltgepresst, aus 1. Pressung" (ohne zusätzliche Hinweise) weitere für eine Irreführung der Verbraucher sprechende Anhaltspunkte. Dr. N2. zeigt in einem Diagramm, überschrieben mit "Einfluss der Wasserdampfwäsche auf den Gehalt an polymeren Triacylglyceriden" (Folie 16), einen Zusammenhang zwischen der Temperatur bei der Wasserdampfwäsche sowie deren Dauer und dem Gehalt an polymeren Triglyceriden auf, der danach mit zunehmender Temperatur und Dauer der Wasserdampfwäsche nahezu linear ansteigt. Mit Blick darauf dürfte einiges dafür sprechen, dass das Distelöl mindestens - so wie es Dr. H1. in seiner Stellungnahme gegenüber dem Beklagten auch vermutet - einer Wasserdampfbehandlung unterzogen worden ist, die zwar nach den Leitsätzen und den Qualitätskriterien der DGF nicht grundsätzlich im Widerspruch zur Bezeichnung "kaltgepresst, aus 1. Pressung" steht. Danach dürfen nicht raffinierte Speiseöle zur Verbesserung der Haltbarkeit dampfbehandelt werden (s.o. Leitsatz I B Nr. 2.); eine Dampfbehandlung ist aber, was Dr. N2. ausdrücklich hervorhebt (s. Folie 12), durch entsprechende Hinweise kenntlich zu machen (vgl. Nr. I. 2. der Qualitätskriterien). Ein Hinweis auf eine Dampfbehandlung findet sich jedoch auf den Flaschen an keiner Stelle.

Auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten "Bewertung der Aussagekraft des analytischen Parameters ‚Polymere Triglyceride‘ (PTG) im Hinblick auf eine Verfälschung von kaltgepresstem Distelöl" vom 16. April 2010, erstellt von Prof. Dr. K. A. , ergibt sich nichts anderes. Vielmehr ist auch unter Zugrundelegung dieser Bewertung von einer durch die Bezeichnung "kaltgepresst, aus 1. Pressung" verursachenden Irreführung der Verbraucher auszugehen. Denn schließlich zweifelt Prof. Dr. A. die Aussagekraft des Parameters PTG (nur) "hinsichtlich der Indikation einer ‚milden‘ thermischen Behandlung (Wasserdampfbehandlung)" an, nicht hingegen hinsichtlich der Indikationen "nativ" oder "raffiniert". Ein Überschreiten des von diesem Sachverständigen nicht angezweifelten Gehalts an polymeren Triglyceriden für die Indikation "native" Öle (nämlich "kleiner 0,03 %" und damit weit unter dem durch die DGF in den Qualitätskriterien festgelegten Grenzwert von 0,1 %) ist in dem beprobten Distelöl aber auf jeden Fall festgestellt worden. Davon ausgehend liegt jedenfalls keine Indikation dahingehend vor, bei dem "kaltgepressten" Distelöl könne es sich um "natives", eben ohne Wasserdampf behandeltes oder sonst thermisch unbehandeltes Öl handeln. Die Flaschen enthalten zwar keinen Hinweis auf "natives" Öl, einen solchen auf eine etwaige Wasserdampf- oder sonstige Behandlung aber ebenso wenig. Mithin dürfte der (verständige) Durchschnittsverbraucher wohl nur annehmen können, er kaufe ein "kaltgepresstes, aus 1. Pressung" gewonnenes, ohne Wasserdampf oder sonst thermische Behandlung hergestelltes Öl. Ausgehend hiervon lässt sich eine Divergenz zwischen dem Istzustand (der [hohe] Gehalt an polymeren Triglyceriden indiziert nicht ein tatsächlich kaltgepresstes unbehandeltes Öl) und dem Sollzustand (nach den Angaben auf den Flaschen soll es sich aber um ein kaltgepresstes unbehandeltes Öl handeln) und deswegen auch unter Berücksichtigung der sachverständigen Äußerungen des Prof. Dr. A. eine zur Irreführung des Verbrauchers geeignete Bezeichnung über die Beschaffenheit des Distelöls feststellen.

Nichts anderes ergibt sich auch, soweit Prof. Dr. A. weiter anführt, der Anstieg des Gehalts an polymeren Triglyceriden könne durch Lagerung entstanden sein. Er weist darauf hin, Distelöl sei wegen des hohen Gehalts an zweifach ungesättigter Linolsäure reaktiver gegenüber oxidativen Veränderungen, zu denen auch die Neigung zur Di- und Oligomerisierung zu rechnen sei, als andere Öle, in denen die einfach ungesättigten Ölsäuren überwögen und für die die maßgeblichen PTG-Werte ermittelt worden seien. Deshalb sei auch ein sortenspezifisch schnelleres Ansteigen des PTG-Werts bei einer Lagerung anzunehmen. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass der natives oder nicht raffiniertes Öl auszeichnende niedrige Gehalt an polymeren Triglyceriden mit zunehmender Lagerung des Distelöls nicht mehr gewährleistet werden und damit im Widerspruch zu der mit der Bezeichnung "kaltgepresst, aus 1. erster Pressung" ausgelobten qualitätsbildenden Eigenschaft eines niedrigen PTG-Gehalts stehen kann. Dass der Verbraucher beim Kauf kaltgepressten Distelöls aber erwartet, dies zeichne sich - während der gesamten Mindesthaltbarkeitsdauer - durch einen niedrigen Gehalt an polymeren Triglyceriden aus, ergibt sich aus den die Verbrauchererwartung mitbestimmenden, bisher auch in Bezug auf Distelöl unangefochtenen Qualitätskriterien der DGF und im Übrigen auch aus der von Prof. Dr. A. benannten Fachliteratur, die von PTG-Gehalten für native Öle - wie bereits ausgeführt - von "kleiner 0,03 %" und für kaltgepresste wassergedämpfte Öle von "kleiner 0,1 %" ausgeht. Mit Blick darauf spielt es auch keine Rolle, dass, wie Prof. Dr. A. ausführt, für einen Nachweis einer thermischen Behandlung zusätzliche chemische Parameter mit einzubeziehen seien, zumal er insoweit lediglich von "höherer Evidenz" hinsichtlich des zu führenden Nachweises spricht; das wiederum deutet darauf hin, dass er die Führung eines Nachweises für eine thermische Behandlung durch den Parameter "PTG-Gehalt" wohl nicht grundsätzlich in Frage stellt.

Unabhängig davon ergeben sich aus der Bewertung des Prof. Dr. A. zusätzliche Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot nach § 11 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 LFGB. Das am 19. Februar 2008 sowie am 6. Mai 2008 beprobte Distelöl dürfte zum Zeitpunkt der Probennahmen und erst recht zum Ablauf der Mindesthaltbarkeitsdaten Juni 2008 und Oktober 2008 neben dem unstreitig festgestellten hohen Gehalt an polymeren Triglyceriden auch den sonst auf den Flaschen ausgelobten Eigenschaften nicht mehr entsprochen haben. Hinsichtlich des am 19. Februar 2008 beprobten Distelöls verweist die Klägerin auf den Prüfbericht vom 25. Januar 2007 mit dem handschriftlichen Vermerk "MHD: 06.08 L5C"; demzufolge muss dieses Öl spätestens im Januar 2007 hergestellt worden, damit zum Zeitpunkt der Probenahme 13 und bei Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatum 17 Monate alt gewesen sein. Ausgehend von dem handschriftlich vermerkten Zusatz "MHD: 10.08 L2E" auf dem Analysenzertifikat vom 30. Mai 2007 muss auch das am 6. Mai 2008 beprobte Distelöl zum Zeitpunkt der Probenahme 12 und bei Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums ebenfalls 17 Monate gewesen sein. Prof. Dr. A. weist wie oben bereits ausgeführt - hinsichtlich der Linolsäure (zweifach ungesättigte Fettsäure), die in einem hohen Anteil in Distelöl enthalten ist, auf eine gegenüber der in anderen kaltgepressten Ölen dominierenden Ölsäure (einfach ungesättigte Fettsäure) deutlich höhere Neigung zu oxidativen Veränderungen hin. Mit Blick darauf, dass für andere kaltpresste Öle (mit geringeren oxidativen Neigungen) oftmals sogar eine kürzere Mindesthaltbarkeit (nämlich von bis zu 12 Monaten) vorgesehen ist,

vgl. etwa SalatÖl, www.oehmuehlesolling.de; Fettsäuren und Ölsäuren, www.pflanzenöl.ch; Pflanzenöl: Wie lange ist es haltbar€, www.kochbar.de; Wikipedia, Stichwort Sonnenblumenöl, www.wikipedia.org,

liegt es jedenfalls auf der Hand, dass Distelöl (wegen der darin zu einem hohen Prozentsatz enthaltenen - so Prof. Dr. A. - 12mal schneller als Ölsäure reagierenden Linolsäure) nach 12, aber wohl erst recht nach 17 Monaten nach der Herstellung in seiner Beschaffenheit nicht unverändert Bestand haben kann. Denn wegen des danach eher als bei anderen kaltgepressten Ölen eintretenden Oxidationsprozesses dürften sich bspw. insbesondere die in einem hohen Gehalt vorhandenden und die Qualität des Öls maßgeblich bestimmenden mehrfach ungesättigten Fettsäuren schon vor Ablauf von 12, aber jedenfalls vor Ablauf von 17 Monaten negativ verändert haben.

Vgl. hierzu Lebensmittel-Lexikon, Stichwort Fettverderb, S. 555 und 556, www.books.google.de, wonach die Oxidationswahrscheinlichkeit um so stärker ist, je mehr ungesättigte Fettsäuren in einem Öl enthalten sind und im Übrigen der durch Oxidation bedingte Abbau von Linolsäure in zwei Reaktionsgleichungen veranschaulicht ist; vgl. zu den bei der Oxidation stattfindenden chemischen Prozessen außerdem: Chemie und Biochemie ungesättigter Fettsäuren, Prof. Dr. Wolf-H. Kunau, Angewandte Chemie, 88. Jahrgang 1976, Seite 97 (107), wonach ungesättigte Fettsäuren aus Kohlenwasserstoffketten bestehen und in ihrem Kohlenstoffgerüst Doppelbindungen aufweisen, auf Grund derer bei der Oxidation Zwischenprodukte auftreten, die sich von den Ausgangssäuren durch Verlust der ersten Doppelbindung und/oder Kettenverkürzung unterscheiden.

Angesichts der mit hoher Wahrscheinlichkeit jedenfalls vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums eintretenden die Beschaffenheit des Öls verändernden Oxidation dürfte deshalb auch insoweit eine Irreführung i. S. d. § 11 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 LFGB vorliegen. Schließlich erwartet der Verbraucher, dass die Eigenschaften eines Produkts und insbesondere diejenigen, die es besonders auszeichnen, wie dies hinsichtlich des hohen Gehalts an mehrfach ungesättigten Fettsäuren im Distelöl der Fall ist, bis zum Ablauf seines Mindesthaltbarkeitsdatums unverändert erhalten bleiben.

Darüber hinaus ist anzumerken, dass - entgegen der Annahme der Klägerin - gerade auch das sensorische Testergebnis der am 19. Februar 2008 genommenen Probe mit "produktspezifisch, saatig" insbesondere vor dem Hintergrund der Ausführungen des Prof. Dr. A. für eine thermische Behandlung oder mindestens für eine Wasserdampfbehandlung spricht. Denn mit Blick auf den während der Lagerung im Distelöl schneller voranschreitenden Oxidationsprozess als in übrigen kaltgepressten Ölen (mit oftmals kürzerer Haltbarkeit) wäre wohl, wenn das Öl tatsächlich weder einer Wasserdampf- noch einer sonstigen thermischen Behandlung zugeführt worden wäre, nach Ablauf von mehr als einem Jahr nach Herstellung des Öls eine Geschmacksveränderung zu erwarten gewesen.

Vgl. hierzu Lebensmittel-Lexikon, a. a. O., wonach das Öl wegen der während des Oxidationsprozesses stattfindenden chemischen Reaktionen zunächst sauer wird, wodurch bereits Geruch und Geschmack beeinträchtigt werden, und nach weiteren chemischen Reaktionen ranzig wird, unangenehm schmeckt und riecht.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung hat die Klägerin auch nicht aufgeworfen, soweit sie geltend macht, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht festgestellt, der Prüfbericht der F. vom 25. Januar 2007 sei nicht geeignet, das Untersuchungsergebnis hinsichtlich der am 19. Februar 2008 genommenen Probe in Frage zu stellen. Trotz der inzwischen abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen hat die Klägerin nicht glaubhaft machen können, dass der Prüfbericht dieselbe Charge betrifft, zu der auch die am 19. Februar 2008 entnommene Probe des Distelöls gehörte. Der vormalige Geschäftsführer des Herstellers, der D. H. GmbH & Co. KG, versichert (nur), dass das am 25. Januar 2007 geprüfte mit dem (erst) am 22. Februar 2007 an die Firma I. gelieferten identisch und in seiner Firma keiner thermischen Behandlung unterzogen worden sei. Etwaige Details, die für die tatsächliche Identität des laut Prüfbericht vom 25. Januar 2007 geprüften und am 19. Februar 2008 beprobten Öls sprechen könnten, hat er nicht angegeben oder bspw. durch Lieferscheine belegt, aus denen etwa eine mit dem Prüfbericht identische Losnummer des geprüften und des an die Firma I. gelieferten Öls hervorginge. Abgesehen davon ist er eine Erklärung schuldig geblieben, was in der der Zeit nach der Prüfung am 25. Januar 2007 bis zur Lieferung am 22. Februar 2007, also während des Zeitraums von immerhin einem Monat, mit dem (wegen des hohen Anteils an mehrfach ungesättigten Fettsäuren) sehr empfindlichen und nur begrenzt lagerungsfähigen Öls geschehen ist, bspw. wie es gelagert oder ob es weiterbehandelt oder nicht doch (zur Verbesserung der Haltbarkeit) einer Wasserdampfbehandlung zugeführt worden ist. Genauso verhält es sich mit der eidesstattlichen Versicherung des Verkaufsleiters der Firma C1. GmbH, die das von der Probenahme betroffene Öl (erst) am 16. März 2007 (also zwei Monate nach der Herstellung) abgefüllt, nachdem sie es am 22. Februar 2007, also wiederum fast einen Monat zuvor, von der Vorlieferantin, der Firma I. geliefert bekommen haben will. Der Verkaufsleiter erklärt zwar, er habe die handschriftlich vermerkten Angaben "MHD 06.08, Los L5C" auf dem Prüfbericht angebracht, nachdem er aus den internen Unterlagen zur Rückverfolgbarkeit mit Gewissheit habe sagen können, dass der Prüfbericht zu der gleichen Charge wie die amtliche entnommene Probe gehöre. Seine Versicherung enthält auch mehr Details als die des vormaligen Geschäftsführers des Herstellers. Aber er bleibt ebenfalls eine überzeugende Begründung und vor allem einen Beleg für die Behauptung schuldig, der Prüfbericht vom 25. Januar 2007 beziehe sich auf das später beanstandete Öl. Unabhängig davon erklärt auch er nicht, was in dem (weiteren) Monat bis zur Abfüllung mit dem Öl geschehen ist und versichert zudem auch (nur), dass das Öl keiner thermischen Behandlung unterzogen worden ist; davon, dass das Öl keiner Wasserdampfbehandlung zugeführt worden ist, ist jedenfalls auch in seiner Versicherung nicht die Rede.

Selbst wenn aber eine Identität des am 25. Januar 2007 geprüften und am 19. Februar 2008 beprobten Öls bestehen sollte, sind die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 LFGB gleichwohl erfüllt, weil, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, das beprobte Distelöl mit der Bezeichnung "kaltgepresst, aus 1. Pressung" (und den ansonsten ausgelobten Eigenschaften) nicht der Verbrauchererwartung entspricht.

Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass die Rechtssache keine besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten aufweist, sich die in dem Verfahren entscheidungserheblichen Fragen vielmehr ohne weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen.

Die Klägerin hat auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht dargetan. Den von ihr aufgeworfenen Zulässigkeitsfragen kann schon keine grundsätzliche Bedeutung zukommen, weil sie, wie sich aus Vorstehendem ergibt, nicht entscheidungserheblich sind. Eine grundsätzliche Bedeutung resultiert auch nicht aus der von der Klägerin als klärungsbedürftig angeführten Frage, ob anhand einer Endproduktanalyse ohne Kenntnis des Werdegangs unter Zugrundelegung gesetzlich nicht geregelter Grenzwerte eine Irreführung angenommen werden könne. Die Klärungsbedürftigkeit einer als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Frage ist nicht schon dann zu bejahen, wenn diese noch nicht ober- oder höchstrichterlich entschieden ist. Nach der Zielsetzung des Zulassungsrechts ist vielmehr Voraussetzung, dass aus Gründen der Einheit oder Fortentwicklung des Rechts eine ober- oder höchstrichterliche Entscheidung geboten ist. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt deshalb, wenn sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts nach allgemeinen Auslegungsregeln und auf der Grundlage der bereits vorliegenden Rechtsprechung ohne weiteres beantworten lässt.

Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Aufl. 2010, § 124 Rdnr. 127, 142 f., jeweils m. w. N.

So liegt es hier; die von der Klägerin aufgeworfene Frage kann, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, auf der Grundlage des § 11 Abs. 1 LFGB unter Heranziehung der im Deutschen Lebensmittelbuch niedergelten Leitsätze für Speisefette und Speiseöle sowie der von der DGF entwickelten, das Vorstellungsbild des Verbrauchers ebenfalls beeinflussenden "Qualitätskriterien für kaltgepresste Speiseöle" und auch auf der Grundlage der bereits zur Frage des Irreführungsverbots nach § 11 LFGB ergangenen Rechtsprechung ohne weiteres beantwortet werden.

Eine Zulassung kommt auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in Betracht. Soweit die Klägerin vorbringt, das Verwaltungsgericht habe wegen des Vorliegens eines schwierigen, von technologischem Hintergrundwissen geprägten Sachverhalts die Pflicht gehabt, ein Sachverständigengutachten einzuholen, sie habe dies im Übrigen im Rahmen der Klagebegründung beantragt, auch habe das Verwaltungsgericht den Beweisantrag zur Vernehmung des Zeugen Spohn nicht aufgegriffen, führt auch dies nicht zum Erfolg des Rechtsmittels. Der damit geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen Verstoßes gegen § 86 Abs. 1 VwGO liegt nicht vor. Die Klägerin hat schon nicht substantiiert dargelegt, dass und warum sich dem Verwaltungsgericht die unterbliebene Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Im Übrigen verletzt ein Gericht die Pflicht zur Sachaufklärung von Amts wegen regelmäßig dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung - wie hier - nicht förmlich i. S. v. § 86 Abs. 2 VwGO beantragt hat.

Vgl. hierzu Kopp/Schenke, a. a. O. § 124 Rdnr. 13, m. w. N.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 26.10.2010
Az: 13 A 637/10


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