Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 25. Mai 2004
Aktenzeichen: I-20 U 187/03

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 25.05.2004, Az.: I-20 U 187/03)

Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal vom 18.12.2003 teilweise ab-geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beschluss des Vorsitzenden der Kammer vom 24. November 2003 wird insoweit bestätigt, als der Antragsgegnerin untersagt wird, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für ihr Warenangebot oder Teile ihres Warenangebotes mit der Aussage zu werben:

„0% SONDERFINANZIERUNG

Das kann sich bei uns jeder leisten“,

wie in der Anzeige der Anlage 1 zu diesem Urteil,

wenn die beworbene Finanzierung durch eine Bank nach den Bedingungen der Anlage 2 zu diesem Urteil erfolgt.

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu-rückgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Antragsgegnerin Berufung eingelegt, die sie mit einer Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil begründet. Sie ist der Auffassung, dass die beanstandete Werbeaussage vom verständigen, durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher unter keinen Umständen in dem vom Gericht des ersten Rechtszuges zugrunde gelegten Sinne verstanden werden könne.

Die Antragsgegnerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass die Werbung für den Fall angegriffen werde, dass die Kreditvergabe durcheine Bank nach den Bedingungen der Anlage 2 zu diesem Urteil erfolge und insbesondere eine Werbung angegriffen werde, wie sie sich aus der Anlage 1 zu diesem Urteil ergibt.

Unter Vertiefung und in Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens greift sie die streitgegenständliche Werbung als irreführend zum einen unter dem Gesichtspunkt an, dass die Kreditvergabe nicht nur aufgrund einer Einzelfallprüfung erfolgt, sondern dass ganze Verbrauchergruppen von der Kreditgewährung ausgeschlossen sind. Zum anderen greift sie die Werbung unter dem Gesichtspunkt an, dass über die Kreditvergabe nicht das werbende Unternehmen selbst entscheidet, sondern die Bank.

II.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der in der Urteilsformel bezeichnete Beschluss abzuändern, weil die mit diesem Beschluss erlassene einstweilige Verfügung nicht in vollem Umfang gerechtfertigt ist (§§ 924, 925, 936 ZPO).

Die Antragstellerin kann die Antragsgegnerin nicht in der ursprünglich beantragten Weise auf Unterlassung in Anspruch nehmen, da die beanstandete Werbung im Hinblick auf die beworbene Finanzierung nicht für sich allein, sondern nur in Verbindung mit den weitreichenden Ausschlusskriterien für ganze Gruppen von Kunden irreführend und damit wettbewerbswidrig ist (§§ 1, 3, 13, 25 UWG), und auch nur nach der konkreten Verletzungsform.

1. Die beanstandete Werbung ist - anders als die Antragstellerin anfangs angenommen hat - allein nicht geeignet, in dem durchschnittlich informierten und verständigen Werbeadressaten die irrige Vorstellung zu erwecken, dass jedermann - ohne Rücksicht auf seine Bonität - die beworbene Sonderfinanzierung für sich in Anspruch nehmen könne. Ginge der Eindruck der streitgegenständlichen Erbung allerdings doch dahin, dass die Möglichkeit der beworbenen Finanzierung auch in Fällen besteht, in denen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Kunden von vornherein fraglich ist, wäre die Werbung irreführend, da in diesen Fällen tatsächlich eine Finanzierung durch die X-Bank als Vertragspartnerin der Antragsgegnerin - wie diese selbst einräumt - nicht möglich ist.

Ob eine Werbung gemäß § 3 UWG als irreführend zu beanstanden ist, hängt maßgeblich von der Verkehrsauffassung ab, wie sie sich anhand des Gesamtendrucks der Aussage bildet, weshalb ohnehin nur ein Verbot nach der konkreten Verletzungsform in Betracht kommt.

Die angegriffene Werbung besteht zum einen aus dem Hinweis "Das kann sich bei uns jeder leisten" mit einem auf die Produkte der Antragsgegnerin weisenden Pfeil, zum anderen aus dem darüber stehenden, in Größe und Aufmachung zumindest gleichrangigen schwarzen Balken mit dem Hinweis "0% Sonderfinanzierung". Diese Aussagen lassen verschiedene Verständnismöglichkeiten zu. Zunächst lässt sich die Aussage, dass sich jeder "Das" leisten kann, auf die obenstehende "0% Sonderfinanzierung" bezeihen. Dies würde eine Aussage des Inhalts ergeben, dass es sich bei einer derart niedrigen Verzinsung um einen günstigen und insofern für jedermann erschwinglichen Kredit handelt. Das "Das" kann sich aber auch auf die im Werbeblock mit Pfeil markierten, unten angegebenen Produkte beziehen. Damit wäre ausgesagt, dass diese Produkte jedermann bezahlen kann, weil sie sehr günstig sind. Schließlich ist auch die Deutung möglich, die Aussage beziehe sich auf die "0% Sonderfinanzierung" im Zusammenhang mit den jeweiligen Produkten. Dies würde als Kombination der bisherigen Aussagen bedeuten, dass bei einer Kreditaufnahme mit 0%iger Verzinsung jedermann ohne Einschränkung die unten angegebenen Produkte kaufen kann.

Entscheidend ist letztlich aber die Frage, ob der verständige Verbraucher diesen drei möglichen Aussagen auch die weitergehende Aussage entnimmt, dass die Antragsgegnerin ohne Rücksicht auf besondere Bonitätskriterien eine Kreditgewährung zum Erwerb der Produkte gewährleistet. Hierfür spricht zwar die Tatsache, dass der Hinweis "Das kann sich bei uns jeder leisten" ohne zusätzlichen Hinweis auf die bestehenden Bonitätskriterien vorgenommen wird. Insofern ist jedoch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 1988, 459 - Teilzahlungsankündigung) zu berücksichtigen. Danach bedarf es in einer Werbung für Verkäufe gegen Teilzahlung keines besonderen Hinweises darauf, dass bei zweifelhafter wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Kunden keine unbedingte Lieferbereitschaft bestehe. Vielmehr rechne der Verkehr ohne Weiteres mit dieser redlicherweise zu erwartenden Beschränkung, ohne dass es eines besonderen Hinweises bedürfe.

Hieraus folgt im Hinblick auf den Streitfall, dass der Verkehr redlicherweise damit rechnen muss und auch damit rechnet, dass die Gewährung einer in Verbindung mit einem Produkt beworbenen Finanzierungsmöglichkeit vom Ergebnis einer stillschweigend vorbehaltenen Bonitätsprüfung abhängig ist und bei zweifelhafter wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Kunden verweigert werden kann. Die einzelfallbezogene Prüfung der Kundenbonität steht der Richtigkeit einer derartigen Werbung daher im Grundsatz nicht entgegen.

2. Im vorliegenden Streitfall besteht jedoch die Besonderheit, dass die Bonitätskriterien der X-Bank als Vertragspartnerin der Antragsgegnerin nicht nur einzelfallbezogen bestimmte Mindestanforderungen im Hinblick auf Beschäftigungsverhältnis, Alter, Wohnsitz und Identifizierung sowie weitere Anforderungen für Selbständige, Studenten, Auszubildende und Kunden mit einem Alter unter dreiundzwanzig Jahren enthalten, sondern darüber hinaus auch weitreichende Ausschlusskriterien für ganze Gruppen von Kunden. Hierzu zählen nicht nur Arbeitslose, Sozialhilfe- und Unterhaltsempfänger und Empfänger von Krankengeld, sondern auch Personen, die sich innerhalb der beruflichen Probezeit befinden, Tätigkeiten im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ausüben, Umschüler, geringfügig Beschäftigte, Hausfrauen und Hausmänner, Soldaten fremder Streitkräfte, Wehr- und Ersatzdienstleistende sowie Personen in Mutterschutz und Erziehungsurlaub. Mit derart weitreichenden Ausschlusskriterien, die unabhängig von einer einzelfallbezogenen Bonitätsprüfung ganze Gruppen von Kunden in derartigem Umfang von vornherein von der Gewährung der beworbenen Finanzierung ausschließen, brauchen die angesprochenen Kundenkreise redlicherweise nicht ohne besonderen Hinweis zu rechnen.

3. Da das erstrebte Verbot schon wegen des weitreichenden Ausschlusses ganzer Verbrauchergruppen gerechtfertigt ist, kommt es auf die ebenfalls gerügte Irreführung hinsichtlich der Verschiedenheit von werbendem und kreditgewährendem Unternehmen nicht mehr an. Es muss also nicht entschieden werden, ob auch der Umstand, dass im Streitfall über die Kreditvergabe nicht das werbende Unternehmen selbst entscheidet, sondern eine Bank, den Erlass einer einstweiligen Verfügung rechtfertigt. Hierzu sei nur angemerkt, dass aus der Werbung zwar nicht hervorgeht, dass nicht die Antragsgegnerin selbst, sondern die X-Bank die Finanzierung vornimmt und diese damit auch die maßgebliche Entscheidung über die Kreditgewährung trifft, dass die Verschiedenheit von Verkäufer und finanzierender Bank im Einzelhandel und insbesondere beim Handel mit Elektrogeräten und Unterhaltungselektronik inzwischen aber branchenüblich ist. Die angesprochenen Verkehrskreise müssen mithin mit einer derartigen Gestaltung der Kreditabwicklung redlicherweise rechnen, eine relevante Irreführung liegt hier fern. Zur Relevanz trägt die Antragstellerin auch nicht vor.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 I, 92 ZPO. Die Antragstellerin dringt hinsichtlich ihres ursprünglichen Antrags nur unter der Einschränkung durch, dass die beanstandete Werbeaussage in Verbindung mit einer Finanzierung durch eine Bank zu bestimmten Bedingungen untersagt wird und dass es um eine Werbung nach der konkreten Verletzungsform geht. Dies entspricht in Bezug auf die Kosten in etwa einem hälftigen Teilunterliegen.

Das Urteil ist als Berufungsurteil im einstweiligen Rechtsschutz ohne besonderen Ausspruch - auch hinsichtlich der Kostenentscheidung - vollstreckbar.

Streitwert bis zur Stellung des Antrags der Antragstellerin am 27.04.2004: 7.500,00 Euro, danach 3.500,00 Euro.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 25.05.2004
Az: I-20 U 187/03


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